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Geht auch ganz einfach:

Zukunft des Verbrennungsmotors: Analyse

Hersteller entwickeln nach wie vor neue Motoren

Jürgen Voigt Geschäftsführender Redakteur Test & Technik
Inhalt
  1. Komplett neu entwickelte Motoren sind rar, aber es gibt sie
  2. CO2-Grenzen in Deutschland, USA & China
  3. Weniger Schadstoffe, mehr Effizienz
  4. Elektrifizierung rettet Verbrenner
  5. Verbrenner-Aus auf globaler Ebene

Bevor wir alle ausschließlich mit Strom fahren, werden wir noch ein paar bemerkenswerte Antriebe erleben, die ihre Kraft aus der Verbrennung von Kraftstoff schöpfen. So sieht die Zukunft des Verbrennungsmotors aus!

(Letztes Update: 04.09.2023)

 

Komplett neu entwickelte Motoren sind rar, aber es gibt sie

Der Mobilitätswandel vom Verbrennungsmotor hin zum E-Antrieb macht auch vor den Entwicklungsabteilungen nicht Halt. Doch die Wende hin zum Stromantrieb – die hier grundsätzlich auch niemand infrage stellt – vollzieht sich nicht ruckartig, sondern peu à peu, was dem Verbrennungsmotor durchaus noch einen Entwicklungsspielraum verschafft und gleichzeitig den hochqualifizierten Motoren-Ingenieur:innen mehr Kreativität denn je abverlangt.

Neue Sechszylinder bei Mazda und Porsche

Aktuell finden wir durchaus Beispiele für komplett neu entwickelte Motorengenerationen, wie den Reihensechszylinder-Turbodiesel im Mazda CX-60, der sich unter anderem durch ein neues, mehrstufiges Brennverfahren auszeichnet. Damit erreicht dieser Motor niedrige Rohemissionswerte und läuft sehr sparsam, also mit moderatem CO2-Ausstoß. Dem neuen Diesel aus der e-Skyactiv D-Serie stellt die japanische Marke demnächst einen Sechszylinder-Benziner mit der bereits aus den Mazda Vierzylindern bekannten Kompressionszündung zur Seite. Diese exklusive e-Skyactiv X-Technologie verbindet den schadstoffarmen Lauf eines Benziners mit der Effizienz eines Diesels. Doch nicht nur aus Japan werden wir noch komplett neue Motorengenerationen erleben. Als eine der letzten Modellreihen wird zum Beispiel auch die Ikone aus Zuffenhausen noch einen rundum neuen Sechszylinder-Boxer-Antrieb bekommen, bevor dann der Porsche 911 irgendwann rein elektrisch fahren wird. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Das passiert, wenn alle auf Elektroautos umsteigen (Video):

 
 

CO2-Grenzen in Deutschland, USA & China

Die meisten Aggregate-Entwickler:innen beschäftigen sich derzeit jedoch überwiegend mit der Optimierung und der Ergänzung bereits existierender Motorenbaureihen. Die Leitlinien für diese Entwicklung setzen die gesetzlichen Regelungen. Bei uns in der EU ist dies zum einen die voraussichtlich ab 2025 für die Zulassung von Neufahrzeugen maßgebliche Abgasnorm Euro 7, zum anderen die per EU-Verordnung vorgesehene stufenweise Senkung des durchschnittlichen Flotten-CO2-Ausstoßes von derzeit 95 g/km auf null Gramm CO2 pro km ab 2035.

Was die in der Euro 7 geregelte Emission von Schadstoffen betrifft, setzt die Zulassungs-Gesetzgebung in den USA sowie in China ähnliche Limits, jedoch teils mit unterschiedlichen Schwerpunkten und erheblich differierenden Messverfahren. Zum Beispiel wurden die Temperaturbedingungen für Abgastests deutlich ausgeweitet. So muss eine Abgasreinigung etwa auch bei 45 Grad Außentemperatur einwandfrei funktionieren. Auch die stets punktgenaue Lambda-1-Regelung des Luft-Kraftstoff-Gemischs beim Ottomotor stellt an die Präzision der Einspritzung und an die lückenlose Kontrolle des Verbrennungsvorgangs hohe Ansprüche. Was den damit verbundenen Ausstoß an unverbrannten Kohlenwasserstoffen, aber auch an besonders kleinen Partikeln betrifft, könnte den Motoren-Entwicklungsteams zudem eine Überarbeitung der in der DIN EN 288 geregelten Kraftstoffqualität helfen – einen möglichst geringen Gehalt an Aromaten-Verbindungen und eine Absenkung des End-Siedepunkts zu erreichen.

 

Weniger Schadstoffe, mehr Effizienz

Die für eine einwandfreie katalytische Abgasreinigung notwendige strikte Einhaltung eines kontrolliert ausgewogenen (stöchiometrischen) Kraftstoff-Luftgemischs stellt hohe Ansprüche an die Regelung der Temperatur bei der Verbrennung und im Abgas. Wo man bisher mit einem kurzzeitig angefetteten Gemisch (Kühlen mit Sprit) besonders bei aufgeladenen Motoren die Brennraumtemperatur schnell senken konnte, könnte in Zukunft – neben einer bereits praktizierten gekühlten Abgasrückführung – auch eine kontrollierte Wassereinspritzung weiterhelfen. Praktische Versuche damit gibt es bereits seit einigen Jahren, zum Einsatz in der Großserie kam es bislang nicht. Auch die Aufladung – in der Regel per Turbolader – bietet hinsichtlich Effizienz und Fahrbarkeit noch Potenzial. Lader in Kombination mit einer kleinen E-Maschine können, je nach Last- und Fahrzustand, spontan eine Boost-Funktion umsetzen, aber auch elektrische Energie aus dem Abgas ziehen, um sie später aus einem Puffer-Akku wieder zu nutzen.

Doch um die CO2-Flottengrenzwerte laut EU-Verordnung auch künftig einzuhalten, werden alle diese Maßnahmen nicht genügen. Dass im Moment alle Hersteller die geforderten 95 g CO2/km einhalten, liegt zum einen an der flexiblen Auslegung der Regelung. So gelten die 95 g nicht für alle gleich, sondern es wird je Hersteller ein Sollwert ermittelt, bei dem unter anderem auch das durchschnittliche Fahrzeuggewicht in der Flotte oder auch der Anteil an Elektro-Fahrzeugen eine Rolle spielt. Für Mercedes liegt der einzuhaltende Zielwert (Stand 2022) bei 124 g/km, den Mercedes – wie viele andere Hersteller auch – mit 112 g/km deutlich unterbieten konnten. Das sollte in Zukunft auch so bleiben, denn jedes einzelne Gramm CO2 über dem Zielwert in jedem einzelnen verkauften Auto zieht eine Strafzahlung von 95 Euro nach sich. Liegt ein Auto, das sich 1000 Mal verkauft, zum Beispiel zehn Gramm über dem geforderten Grenzwert, bedeutet das für den Hersteller eine Strafe von 950.000 Euro. Allein um das zu verhindern, werden insbesondere große und leistungsstarke Verbrennungsmotoren ohne umfassende Elektrifizierung nicht überleben.

 

Elektrifizierung rettet Verbrenner

Das Mittel der Wahl ist hier der Ausbau zum Plug-in-Hybrid (PHEV). Nicht zuletzt wegen der Verbrenner-freundlichen Norm zur Ermittlung von Verbrauch und CO2-Ausstoß von PHEV-Modellen, bei der der als emissionsfrei gewertete Betrieb im Elektro-Modus höher angesetzt wird als in der Fahrpraxis üblich, senken PHEV-Modelle trotz ihrer meist hohen Antriebsleistung den CO2-Ausstoß in der Flotte erheblich. Das setzt natürlich voraus, dass die Kundschaft das PHEV-Angebot auch annimmt. Bei höherpreisigen Fahrzeugen mag das noch funktionieren, den großen technischen und damit auch kostenintensiven Aufwand für einen PHEV-Antrieb in einem vergleichsweise kompakten und günstigen Format zu integrieren, dürfte schwierig werden. Dort erschöpft sich der Elektrifizierungsgrad derzeit meist im Mildhybrid, – eine im Antriebsstrang (etwa im Getriebe) oder im Riementrieb integrierte E-Maschine, die Bremsenergie zurückgewinnen kann (Rekuperation), die sich dann aus einem Akku wieder abrufen lässt, um etwa den Verbrenner beim Beschleunigen zu unterstützen. Rein elektrisch fahren kann der Mildhybrid jedoch nicht.

Das aber kann der Vollhybrid, den insbesondere Toyota über die letzten Jahrzehnte klassenübergreifend etabliert hat, bis hinunter zum Kleinwagen Yaris. Der Vollhybrid nutzt ebenfalls ausschließlich den per Rekuperation gewonnenen Strom, setzt aber durch ausgeklügeltes Zusammenspiel von Elektrotechnik und Mechanik höhere Leistungen und Drehmomente um, sodass zum Beispiel in der City kurze Streckenabschnitte auch rein elektrisch zurückgelegt werden können. Doch mit der Vollhybrid-Technik allein lassen sich die CO2-Flottenwerte künftig nicht mehr einhalten. Deshalb wird aus dem Vollhybrid-Pionier Toyota Prius in der nun anlaufenden fünften Generation ein reines Plug-in-Hybrid-Auto.

 

Verbrenner-Aus auf globaler Ebene

Global betrachtet wird es auch in Zukunft noch eine recht stabile – und profitversprechende – Nachfrage nach Verbrennungskraftmaschinen geben. Auch deshalb nennen viele Unternehmen – darunter BMW – keinen fixen Termin für den Ausstieg aus dem Verbrenner, wie es unter anderem VW und Audi tun. Die Renault Group folgt hier ebenfalls einem Technologie-offenen Ansatz und hat zusammen mit dem chinesischen Auto-Giganten Geely sowie dem saudi-arabischen Öl-Konzern Aramco ein gemeinsames Unternehmen gegründet. Ziel: die Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Verbrennungsmotor- und Hybrid-Antrieben. Aramco übernimmt dabei den Part des e-Fuel-Experten, denn die Saudis arbeiten inzwischen intensiv an Kraftstoffen, die nicht mehr auf Erdöl basieren, sondern auf regenerativ (grünem, also etwa mithilfe von Sonnenenergie) erzeugtem Wasserstoff. Mit diesen e-Fuels wäre der klimagasarme Betrieb des Verbrenners auch in Zukunft weiter möglich, wenngleich der dafür genutzte und derzeit nur in geringem Umfang verfügbare grüne Wasserstoff dringend auch woanders benötigt wird: zum Beispiel im Ruhrgebiet für die bereits angekündigte zukunftssichere Erzeugung von Eisen und Stahl.

Ein finales Ende der fossilen Antriebe ist in China erst 2060 in Sicht. Laut Präsident Xi Jinping will China dann CO2-Neutralität erreichen. Auch in Japan dürfen Hybride weiter ohne Ausstiegsdatum verkauft werden, wogegen für reine Benziner 2035 Schluss ist. Auf anderen Kontinenten wie Südamerika oder Afrika gibt es sogar gar keine Pläne, Verbrenner in großem Stil zu verbieten. Auch deswegen, weil eine Ladeinfrastruktur für E-Autos komplett fehlt und zudem nicht in Sicht ist. So können auf dem weltweiten Automarkt Verbrenner bis weit nach der Jahrhundertmitte neu zugelassen werden. Eine exklusive Berechnung der AUTO ZEITUNG ergibt, dass von den Verbrenner-Verboten im Jahr 2035 ein globales Verkaufsvolumen von 23 Mio. Neuwagen betroffen sein wird. Dagegen können 41 Mio. Autos weiter mit Verbrennungsmotor oder als Verbrenner-Hybrid verkauft werden. Erst 2060 ist ein globales Verkaufsvolumen von 50,1 Mio. Fahrzeugen von Verbrenner-Verboten belegt. Nur 13,9 Mio. Neuwagen dürfen dann noch auf fossile Kraftstoffe setzen.

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