Neuer Eura Xtura XT 686 EF (2024): Testfahrt
Eura Xtura führt auf neues Terrain
Es gibt sie noch, die Marktnischen auf dem dicht besiedelten Reisemobil-Markt: Der neue Eura Xtura XT 686 EF (2024) füllt so eine und beweist sein Können bei der ersten Testfahrt.
Womöglich führt der Weg in den Campingurlaub mal nach Island statt nach Ischgl, da wäre ein fähiger Allradler nicht schlecht. Und erst recht dann, wenn eine lange Traumreise drin ist. Hier sucht er seine Bewohner:innen, der neue Eura Xtura XT 686 EF (2024), der zur ersten Testfahrt bereitsteht. Denn die Wohnmobile, die solche Gedankenspiele wahr werden lassen, sind meist teure Unikate. Wenn es etwas erreichbarer sein soll, bietet sich ein ganz normaler Teilintegrierter mit Allrad an, aber der schwächelt schnell, wenn es um längere Autarkie geht. Den Kompromiss haben sie jetzt bei Eura gefunden: Der Xtura ist kein exklusiver Einzelgänger, sondern ein Fernreise-Mobil von der Stange. Eines, das deutlich weniger kostet als die Manufaktur-Produkte, ohne viel weniger zu bieten. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Testfahrt: Neuer Eura Xtura XT 686 EF (2024) ist Winterfest bis -35 °C
Die Allesüberwindendenden im vierachsigen MAN werden jetzt milde lächeln. Schon okay, doch dort, wo sie mit ihren Geröllheimern campen, wollen die Bewohner:innen des Eura womöglich gar nicht hin. Die Diskussion ist so zielführend wie ein bepunkteter Vergleichstest zwischen VW Touareg und Jeep Rubicon, schließlich werden es keine Umsteiger:innen vom großen Expeditionsmobil sein, die einen Xtura bestellen, sondern mehr die, die aufsteigen wollen, die sich ein Premium-Wohnmobil fürs etwas Gröbere wünschen. Und das ist mit einem Basispreis von 144.900 Euro (Stand: Januar 2024) nicht mal viel teurer als die frontgetriebenen Mitbewerber.
Die Basis des neuen Eura Xtura XT 686 EF (2024) ist der Mercedes Sprinter mit 190-PS-Diesel, Neunstufen-Automatik und Allradantrieb. Dass er dem Ruf der Wildnis folgt, zeigt der neue Eura bei der ersten Testfahrt mit seiner Höherlegung und 40 cm Bodenfreiheit, mattschwarzen 18-Zoll-Delta-Rädern und grobstolligen All-Terrain-Reifen, dem massiven Unterfahrschutz und der abgeschrägten Heckwand. Statt lackierter Stoßfänger trägt er das unempfindliche Industriegrau des Basis-Sprinter, eine belastbare Reling auf dem Dach und überm Fahrerhaus eine LED-Lichtleiste, die kreuzendes Viehzeug im Fernlicht-Modus mit 21.000 Lumen sichtbar macht. Das ist deutlich mehr, als herkömmliche Allradler bieten, und dazu verspricht Eura, dass die geklebte Sandwich-Struktur des Aufbaus auch heftige Verwindungen ohne Ächzen verdaut. Jeder Meter des Aufbau-Profils sei rein rechnerisch mit bis zu 3,5 t belastbar, versprechen sie im rheinhessischen Sprendlingen.
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Eura Xtura setzt auf Autarkie
Zudem sei der Xtura bis zu minus 35 °C winterfest, das hätte das Eura-Entwicklerteam am Polarkreis getestet. Die Alde-Warmwasserheizung gehört zur Serienausstattung, sie sitzt im Doppelboden des Aufbaus und erwärmt über Konvektoren auch die Wände des Bads und des Sitzbereichs. Vor allem mit seiner Autarkie will der neue Eura Xtura XT 686 EF (2024) bei den Großen mitspielen. Okay, 145 l Frischwasser werden dafür nicht ganz reichen. Aber das Bordkraftwerk mit 330-Ah-Lithium-Akku und zwei 120-W-Solarmodulen soll bis zu 34 Tage im Outback durchhalten. Als Option liefert Eura zwei Solarplatten, die mobil angeschlossen werden können. Beim Energiebedarf gibt sich der Xtura flexibel, neben dem zweiflammigen Gasherd enthält seine Küche ein Induktionskochfeld. Auch der 146 l große Kompressor-Kühlschrank läuft mit Strom, den ein 3-kW-Wechselrichter umwandelt. Die Energiezentrale in der Heckgarage wird Normal-Campenden vermutlich so imposant wie ein Industrie-Schaltschrank vorkommen, allerdings gelingt die Bedienung ganz intuitiv über ein zentrales Display, mit dem sich die komplette Bordtechnik steuern lässt.
Innenraum mit hellem Holz, Filz und cremefarbenem Leder
Im Innenraum fordert der neue Eura Xtura XT 686 EF (2024) keine Umgewöhnung, sondern umgibt seine Passagier:innen mit dem Stil eines gediegenen Alpenressorts. Die cremefarbene Sitzgarnitur wäre eher in einem luxuriösen Vollintegrierten zu erwarten, auch die mattschwarzen Möbelbeschläge, die filzähnlichen Wandverkleidungen und der Fußboden in Betonoptik entsprechen den aktuellen Einrichtungstrends der gehobenen Klasse. Der Raumeindruck passt dazu: Die Stehhöhe beträgt fast zwei Meter, besonders die Sitzgruppe fällt großzügig aus und profitiert vom Lichteinfall des serienmäßigen Panoramafensters.
Der Küche fehlt es bei unserem Testwohnen etwas an Arbeitsfläche, während das Bad mit seiner Spiegel-Schwenkwand und reichlich Stauraum die klassenübliche Bewegungsfreiheit bietet. Die beiden hinteren Einzelbetten stehen mit 1,12 m recht hoch im Raum, was zwar Bewegungsfreiheit kostet, dafür aber enorm viel Stauraum in den darunterliegenden Kleiderschränken und der 2700 l fassenden Heckgarage schafft. Für Zwei-Meter-Personen reicht die Liegefläche allerdings nicht: Auch in der Luxusklasse geht es eben nicht ohne Kompromisse, wenn die Außenmaße kompakt bleiben sollen wie beim Xtura mit seinen 6,88 m Länge und nur 2,20 m Breite.
Schlankes Format spürbar
Man spürt das schlanke Format des neue Eura Xtura XT 686 EF (2024) bei der ersten Testfahrt, der Ein- oder Umstieg dürfte deshalb auch Camping-Neulingen nicht schwer fallen, zumal wegen der Gesamtmasse von 4,1 t ohnehin bei niedertourigem Tempo 100 Schluss ist. Am ehesten ist es das Erklimmen der hohen Kabine, das den untrainierten Menschen stressen kann, ansonsten bewegt sich der Sprinter so handlich und kultiviert, als wäre er ein frontgetriebener Kastenwagen. Auch der Allradantrieb fordert keine erhöhte Aufmerksamkeit, weil er – anders als beim früheren Sprinter – nicht von der Person am Steuer aktiviert werden muss. Das variable System schaltet die Vorderräder so sanft zu, dass man praktisch nichts davon merkt. Nur die Lässigkeit, mit der sich der Xtura dann durch den Matsch der spätherbstlich aufgeweichten Feldwege wühlt, weckt den Appetit auf mehr. Ins ganz abwegige Gelände wollte Eura den Prototyp bei der ersten Testfahrt aber noch nicht lassen.
Rund 200 Käufer:innen im Jahr werden nach erster Hersteller-Schätzung sehen, was sie an ihrem Xtura haben. Groß ist die Nische nicht, und auch auffällig wird der Allradler nach Wunsch seiner Entwickler:innen nicht sein, wenn er sich in der Wildnis aufhält. Ein knalliges Rot oder kräftiges Blau wird es selbst auf Wunsch oder gegen Mehrpreis nicht geben, stattdessen liefert ihn Eura in jeder Farbe – sofern es naturnahes Sandgrau ist.
Technische Daten des neuen Eura Xtura XT 686 EF (2024)
AUTO ZEITUNG 02/2024 | Eura Xtura XT 686 EF |
Technische Daten | |
Motor | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbodiesel; 1995 cm³ |
Antrieb | 9-Stufen-Automatik; Allrad |
Leistung | 140 kW/190 PS |
Max. Drehmoment | 440 Nm |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | (6880/2200/3050) mm |
Leergewicht/Zuladung | 3350/750 kg |
Ausstattung | |
Sitz-/Schlafplätze | 3/2-3 |
Herd/Heizung | 2 Flammenkocher+Induktion/Alde-Warmwasserheizung |
Gas | 2 x 11 kg |
Frisch-/Abwasser | 145/105 l |
Preis | |
Grundpreis | 144.900 € |
Alle Daten Werksangaben |
Der neue Eura Xtura XT 686 EF (2024) bietet mehr Autarkie und Geländegängigkeit als reguläre Teilintegrierte, ist aber viel günstiger als ein individuell konfiguriertes Fernreise-Mobil: Damit sollte er seine Marktnische locker ausfüllen können – auch dann, wenn er am Ende doch öfter auf dem Fünf-Sterne-Wellnessplatz steht als in der Wildnis.