Kia Ceed SW/VW Golf Variant: Test Ceed SW fordert Golf Variant heraus
Im Test beweisen Kia Ceed SW und VW Golf Variant, dass die Zeiten, in denen Kombis triste Nutzfahrzeuge waren, definitiv vorbei sind. Kann sich der ambitionierte Koreaner gegen den etablierten Konkurrenten durchsetzen?
Der Kia Ceed SW will sich im Test gegen den VW Golf Variant beweisen. Der Kompakt-Kombi unter den Transportmitteln ist für die deutsche DIN-Familie so etwas wie die Allzweckwaffe bei Transportaufgaben verschiedenster Art. Er ist groß genug für bis zu fünf Personen inklusive Gepäck, in den Abmessungen aber bescheiden genug, um selbst bei der nervigen Parkhausrangiererei von schweißnassen Händen verschont zu bleiben. Anschaffungs- und Unterhaltskosten lassen zudem die Verantwortlichen für das Haushaltseinkommen ruhig schlafen. In der Summe also nahezu eine Überdosis an Vernunft. Und deshalb ist es auch kein Wunder, dass sich Autos wie der VW Golf Variant der vierten Generation bestens verkaufen. Diesen nehmen die Koreaner nun mit dem Ceed SW der dritten Generation erneut ins Visier. Das wird spannend, denn der Wolfsburger Lademeister steht am Ende seines Lebenszyklus, der Ceed SW fährt dagegen brandneu vor. Mehr zum Thema: Kia bringt den XCeed
Der Kia Ceed SW im Video:
Der Kia Ceed SW & VW Golf Variant im Test
Dass "Kompakt" keineswegs mit Kompromissbereitschaft gleichzusetzen ist, zeigen die Innenräume der beiden Testkandidaten. Hier herrscht im Raumangebot vorn ein gerütteltes Maß an Großzügigkeit zum Wohl der Passagiere. Auch im Fond vermitteln die beiden Kompakt-Kombis ein vergleichbares Raumgefühl. Dafür haben die Koreaner ihrem Kombi mehr Ladevolumen mit auf den Weg gegeben: Es reicht von 625 bis 1694 Liter (VW: 605 bis 1620 Liter). In puncto Zuladung (494 Kilogramm) und gebremster Anhängelast (1500 Kilogramm) kann der VW allerdings Pluspunkte wieder für sich verbuchen. Das gilt ebenso für die Variabilität – hier hat der Wolfsburger dem Ceed SW einen serienmäßig umklappbaren Beifahrersitz voraus. Ähnlich alltagsrelevant ist das Kapitel Bedienung/ Funktion: Und der Koreaner schlägt sich hier kaum schlechter als sein deutscher Konkurrent. Zudem wirkt der Ceed SW sehr sorgfältig verarbeitet. Der stellenweise arg sparsame Lackauftrag (Motorhaubenscharniere) und das Fehlen von Klarlack am Heckklappenrahmen lässt ihn allerdings im Qualitätseindruck etwas hinter den Golf zurückfallen. In der Sicherheitsausstattung räumt der Wolfsburger mit Multikollisionsbremse und der Option auf Notrufassistenz, proaktiven Insassenschutzsystem und Trailer- Assist dann weitere Punkte ab und gewinnt somit das Karosseriekapitel.
Fahrkomfort: VW Golf Variant mit Vorteilen
Die Kia-Passagiere sitzen vorn zwar etwas höher als die Golf-Insassen, doch der VW-Fahrer freut sich nicht nur über eine bessere Konturierung im Schulterbereich, sondern auch über mehr Seitenhalt auf der Sitzfläche und eine Massagefunktion. Dieses Komfort-Plus kennzeichnet den optionalen ergo-Active-Sitz, der mindestens 655 Euro kostet. Im Fond reisen die Golf-Passagiere dank der besser konturierten Rücksitzlehne ebenfalls bequemer. Kaum Grund zum Klagen gibt es beim Kia dagegen aus ergonomischer Sicht, denn auch der neue Ceed SW hat einen bestens ablesbaren Bildschirm und praktisch platzierte Hebel und Tasten. Störend fällt allenfalls auf, dass sich, je nach Sonneneinstrahlung das Armaturenbrett in der Windschutzscheibe spiegelt, und auch die Türablagen dürften etwas größer sein. Nicht nur auf Langstrecken ist der Federungskomfort von entscheidender Bedeutung für das Wohlbefinden an Bord. Dem allerorten stetig zunehmenden Fahrbahnverschleiß setzt der Kia ein konventionelles Feder-Dämpfer-Fahrwerk entgegen. Der VW tritt zudem mit adaptiven Dämpfern zum Test an (1100 Euro). So gerüstet verursacht der er wesentlich weniger Aufbaubewegungen als der Ceed SW. Zudem sprechen seine Federelemente sensibler an als die des Kia. Während der Koreaner unter voller Beladung im Federungskomfort zulegt, etwas satter und vor allem mit weniger Aufbaubewegungen abrollt, kann der VW unter diesen Bedingungen etwa von Fahrbahnkanten verursachte Stöße nicht mehr ganz so erfolgreich wegfiltern wie im leeren Zustand, bietet aber insgesamt den besseren Federungskomfort.
Motor/Getriebe: Kia Ceed SW bleibt hier knapp zurück
Für den Antrieb sorgt im Kia ein 1,35-Liter-Turbobenziner mit 140 PS. VW spendiert noch 150 Kubikzentimeter und zehn PS mehr. Der Clou beim VW-Motor ist die Zylinderabschaltung, denn je nach Drehzahl und Lastzustand wird aus dem Vier- vorübergehend ein Zweizylinder. Dennoch gelingt es dem Golf nicht, den Ceed nennenswert zu deklassieren. Einzig bei der Höchstgeschwindigkeit erweist sich der Variant mit 218 zu 210 km/h überlegen. Was die Durchzugskraft angeht, können es beide locker mit leistungsvergleichbaren Turbodieseln aufnehmen, auch wenn es sich subjektiv nicht so anfühlt. Im alltäglichen Umgang überzeugt der Golf neben einem knackiger zu schaltenden Getriebe auch mit mehr Drehfreude und Laufruhe als der Ceed, bei dem sich ab 5000 /min Dröhnfrequenzen ins Klangbild schleichen. Da gibt sich der VW spürbar zurückhaltender. Im Testverbrauch kann der Golf aber trotz seiner aufwendigeren Technik keinen Vorteil herausfahren. Beide konsumieren auf der Standardverbrauchsrunde 6,9 Liter Super auf 100 Kilometern. Auf der Minimalverbrauchsrunde zeigt sich der VW allerdings mit einem Verbrauch von 4,9 Litern immerhin 0,5 Liter sparsamer als sein Kontrahent. Im Interesse schadstoffarmen Abgases sind beide Benzin-Direkteinspritzer übrigens mit serienmäßigen Partikelfiltern unterwegs.
Fahrdynamik: Golf im Handling und Slalom langsamer
Auch die Nutzer moderner Familienkombis müssen beim Thema Fahrspaß nicht darben. Der Ceed SW ist hier ein beredtes Beispiel. Lenkbefehle am Kurveneingang zum Beispiel setzt der Koreaner deutlich direkter um als der Golf Variant, wenngleich seine Lenkung nicht an das Rückmeldeniveau der optionalen Progressiv-Lenkung des Wolfsburgers (Bestandteil des R-Line-Sportpakets) heranreicht. Gleiches gilt für die Traktion am Kurvenausgang: Hier ringt der Kia recht früh und mitunter vergeblich um Grip. Leichte, aber gut kontrollierbare Lastwechselreaktionen in Gestalt eines eindrehenden Hecks unterstützen jedoch den positiven Eindruck der Handlichkeit, den der Ceed hinterlässt. Hier wirkt der Golf stoischer, operiert aber gleichzeitig in Sachen Fahrsicherheit auf sehr hohem Niveau. In der Summe ist der Kia aber nicht nur im Handling, sondern auch im Slalom schneller als der VW. Was beschleunigt wird, muss allerdings auch wieder gebremst werden. Beim Thema Verzögerung gefällt der Asiate einerseits mit einer etwas besser dosierbaren Bremse, andererseits mit kürzeren Bremswegen: Er benötigt zwischen 1,9 und 1,6 Meter weniger Strecke aus Tempo 100 bis zum Stand als der Golf. Für den einen oder anderen Kauf- Interessenten der beiden Kombis dürfte auch der Wendekreis von Bedeutung sein. Hier unterbietet der Deutsche seinen Konkurrenten um knapp einen Meter.
Umwelt/Kosten: Kia mit geringeren Anschaffungskosten
Im Grundpreis liegt der Asiate über 4000 Euro unter dem Golf. Beim bewerteten Preis mit testrelevanter Ausstattung sind es immer noch fast 3500 Euro. Auch bezogen auf den Wertverlust über vier Jahre und 80.000 Kilometer fahren Kia-Kunden 2840 Euro günstiger als VW-Eigner. Zwar ist der Golf Variant bei den jährlichen Werkstattkosten laut ADAC mit 489 Euro pro Jahr geringfügig preiswerter (ADAC-Schätzung: 510 Euro), und auch mit den sensationell günstigen Versicherungseinstufungen holt der Golf Punkte. Doch dank seiner siebenjährigen Garantie übertrumpft der Asiate den Europäer dann doch noch und holt sich den Kapitelsieg.
Technische Daten Kia Ceed SW & VW Golf Variant
Mit toller Verarbeitung, einer umfangreichen, wenn auch teilweise aufpreispflichtigen Sicherheitsausstattung und beeindruckendem Federungskomfort dank optionaler adaptiver Dämpfer gewinnt der VW Golf Variant 1.5 TSI die Eigenschaftswertung dieses Vergleichstests. Der neue Kia Ceed SW 1.4 T-GDI wartet dagegen mit größerem Kofferraum, agilerem Handling und kürzeren Bremswegen auf. Abgerechnet wird aber bekanntlich erst am Schluss, und da zieht der Koreaner seine Trumpfkarten: Der bewertete Preis fällt weitaus niedriger aus, und auch die siebenjährige Garantie füllt das Punktekonto. Und so landet der Kia letztendlich ganz oben auf dem Treppchen. Das Ergebnis zeigt eine Zeitenwende in der Klasse der kompakten Kombis: Der Golf hat im Ceed seinen Meister gefunden.