Born/Niro EV/Megane E-Tech/ID.3: Vergleichstest
Das ID.3 Facelift muss sich beweisen
- Cupra Born, Kia Niro EV, Renault Megane und VW ID.3 Pro im Vergleichstest
- Karosserie: Kia Niro überzeugt nicht nur mit seinen vielen Sicherheitssystemen
- Fahrkomfort: VW ID.3 & Cupra Born mit herausragenden Sitzen
- Motor/Getriebe: Kia Niro EV mit der größten Reichweite
- Fahrdynamik: Am meisten Spaß macht der Cupra Born
- Umwelt/Kosten: Renault Megane unverschämt teuer
- Technische Daten und Messwerte von Cupra Born, Kia Niro EV, Renault Megane E-Tech und VW ID.3 Pro
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Noch steht der VW ID.3 im Schatten des ewigen Bestsellers Golf. Der Vergleichstest gegen Cupra Born, Kia Niro EV und Renault Megane E-Tech klärt, ob der Stromer nicht doch mehr Kundeninteresse verdient hat.
Cupra Born, Kia Niro EV, Renault Megane und VW ID.3 Pro im Vergleichstest
Elektroautos haben längst den Weg aus der Nische gefunden und werden mehr und mehr zu einer echten Alternative zu herkömmlichen Verbrennern. Dies gilt gerade für die Kompaktklasse, in der sich mittlerweile viele interessante Modelle tummeln – allen voran der Wolfsburger Hoffnungsträger VW ID.3, der es bis dato noch nicht geschafft hat, den Golf als ewige Nummer eins im Portfolio der Niedersachsen abzulösen. Doch die kürzlich erfolgte große Modellpflege sollte weitere Kaufanreize schaffen. Immerhin wartet der ID.3 nach viel Kritik von Fachzeitschriften und auch Kund:innen nun mit einer verbesserten Materialgüte im Innenraum auf.
Dennoch ist der Weg zu hohen Marktanteilen bei Weitem kein Selbstläufer, denn einige starke Gegner stellen sich dem VW entgegen. Allen voran der Cupra Born, der bei gleichen technischen Anlagen mit viel Sportlichkeit eigene Akzente setzt. Südkorea schickt den vollelektrischen Kia Niro EV ins Rennen um die Gunst der Kundschaft. Der auffällig gezeichnete Crossover setzt vor allem auf praktische Tugenden und einen sparsamen Antrieb. Elektropionier Renault hat unterdessen den Renault Megane E-Tech im Angebot, der mit modernem Google-Betriebssystem und dynamischer Optik daherkommt. Im Vergleichstest klären diese vier eigenständigen Stromer, wer das derzeit beste Modell unter den kompakten Elektrikern ist. Auch interessant: Unsere Produkttipps bei Amazon
Leslie & Cars zeigt den VW ID.3 (2023) im Video:
Karosserie: Kia Niro überzeugt nicht nur mit seinen vielen Sicherheitssystemen
Dass sich die Innenräume der beiden Konzernbrüder von Cupra und VW gerade in ihren Abmessungen sehr ähneln, liegt auf der Hand. Schließlich bauen sowohl der Cupra Born als auch der VW ID.3 auf derselben technischen Architektur auf. Kleinere Unterschiede gibt es im Vergleichstest dennoch – vor allem was die Ausgestaltung der Cockpits angeht. Der Armaturenträger im Spanier fällt deutlich wuchtiger aus als der des Deutschen, und die ansteigende, ebenfalls weniger zierliche Mittelkonsole sorgt zusätzlich für einen leicht intimeren Raumeindruck. Das Platzangebot im Fond und auch die Dimensionen der Kofferräume (praxistaugliche 385 bis 1267 l) sind hingegen identisch.
Noch etwas mehr Platz für seine Fahrgäste stellt aber der Kia Niro EV bereit. Sein SUV-artiger, recht geradliniger Aufbau überzeugt mit guter Kopffreiheit, üppiger Innenbreite und in Reihe zwei mit noch mehr Knieraum als die Pendants der Rivalen. Außerdem ist der Kofferraum des Koreaners mit 475 bis 1392 l Fassungsvermögen mehr noch als die Gepäckabteile der Kontrahenten voll und ganz familientauglich.
Gegen den Kia wirkt der Renault Megane E-Tech im Inneren geradezu auf Maß geschnitten. Seine unübersichtliche Karosserie stellt speziell hinten wegen des sehr kleinen Fußraums und der eher geringen Kniefreiheit deutlich weniger Platz bereit als die Testgegner. Außerdem schränken die immens hohen Türbrüstungen das Raumgefühl massiv ein. Kaum etwas vorwerfen kann man dem Franzosen hingegen bei der Sicherheitsausstattung. Wenn auch zumeist gegen Aufpreis sind für den Renault jede Menge moderne Assistenzsysteme verfügbar wie etwa Stauführung, Abstandsregelung mit Spurführung oder auch ein Notfall-Anhalte-Assistent. Jedoch gilt dies auch für die Produkte der Konkurrenz, sodass der Megane dadurch keinen Punktevorteil einheimsen kann. Im Gegenteil: Da der Kia Niro bis auf wenige Ausnahmen alle verfügbaren Sicherheitssysteme serienmäßig mitbringt, erhält er für seine Sicherheitsausstattung die meisten Zähler und gewinnt nicht zuletzt auch dadurch das Karosseriekapitel.
Fahrkomfort: VW ID.3 & Cupra Born mit herausragenden Sitzen
Tendenziell sind viele Stromer aufgrund des naturgemäß hohen Fahrzeuggewichts eher straff abgestimmt. Am stärksten ausgeprägt ist diese Eigenschaft innerhalb des Testquartetts beim Renault Megane E-Tech. Er lässt gerade bei langsamer Fahrt jenen gediegenen Federungskomfort vermissen, der früher so typisch für französische Autos war. Vielmehr poltert der Elektriker vergleichsweise ruppig über Kanten und zeigt bei einseitigen Anregungen kernige Wankbewegungen um die Längsachse. Darüber hinaus dringen beim Überfahren von Unebenheiten zuweilen sehr unschöne Fahrwerksgeräusche in den Innenraum. Auch der Kia Niro EV steckt längst nicht alle Anregungen ohne hörbare Störgeräusche aus den Untiefen des Chassis weg. Seine Feder-Dämpfer-Elemente gleichen Fahrbahnschäden allerdings souveräner aus als die des Galliers. Er federt sanfter an und liegt auch bei höheren Geschwindigkeiten ruhiger auf der Fahrbahn. Weniger gut hingegen sind die teils heftigen Ausfederbewegungen auf längeren Wellen.
So ist es im direkten Vergleich der VW ID.3, der in der Summe den harmonischsten Eindruck hinsichtlich der Komforteigenschaften hinterlässt. Seine akustische Isolierung blendet sämtliche Störgeräusche besser aus als die der Kontrahenten. Aber auch die Federung erledigt einen guten Job. Bei Stadttempo spricht sein Set-up deutlich sanfter an, als dies beim Kia und beim Renault der Fall ist und lässt sich selbst durch tiefere Schlaglöcher weniger aus der Ruhe bringen. Allerdings bestreitet der Wolfsburger den Vergleichstest mit adaptiven, in vielen Stufen fein justierbaren Dämpfern, die es nur als Bestandteil des 3315 Euro teuren Exterieur Paket Plus gibt.
Der spanische Konzernbruder tritt ebenfalls mit optionalen elektronisch geregelten Dämpfern (950 Euro) zum Vergleichstest an. Somit sollte der Südeuropäer eigentlich ähnliche Federungseigenschaften wie der Wolfsburger Elektriker aufweisen. In der Praxis gibt es allerdings einige Unterschiede, die womöglich auch der unterschiedlichen Bereifung geschuldet sind. So federt der Cupra Born bei langsamer Fahrt weniger sensibel an und liegt bei höheren Geschwindigkeiten ebenfalls etwas unruhiger. Wie auch der VW verfügt der Born über herausragend bequeme Sitze, die sogar eine ansprechende Massagefunktion mitbringen. In beiden Fällen sind diese aber keinesfalls serienmäßig, sondern kosten mit 1800 (Cupra) beziehungsweise 2495 Euro (VW) stattliche Aufpreise.
Motor/Getriebe: Kia Niro EV mit der größten Reichweite
Mit einer nutzbaren Kapazität von 64,8 kWh hat der Kia Niro EV den größten Akku in diesem Vergleichstest. In Verbindung mit dem niedrigsten Energiekonsum – durchschnittlich 17,4 kWh auf 100 km – erzielt er dadurch die höchste Testreichweite: 372 km. Die maximale Ladeleistung liegt mit 80 kW aber deutlich unter denen der Wettbewerber. Die technisch eng verwandten Stromer Cupra Born und VW ID.3 füllen ihre netto 58 kWh großen Hochvoltspeicher derweil mit maximal 120 kW, sodass Zwangsstopps an der Ladesäule kürzer ausfallen als beim Kia. Der Born, der hier mit einer Leistung von 170 kW (231 PS) antritt, sprintet dem restlichen Testfeld auch an der Ampel davon. Die 100-km/h-Marke reißt der Spanier aus dem Stand nach flotten 6,6 s und somit eine glatte Sekunde eher als der Renault Megane E-Tech, mit 160 kW (218 PS) immerhin zweitkräftigster Testteilnehmer. Bei der möglichen Endgeschwindigkeit ist sich das Quartett nahezu geschlossen einig: Bei Tempo 160 ist Schluss. Einzige Ausnahme ist der Kia, der 167 km/h rennen darf. Bei der Effizienz aber bildet der Cupra das Schlusslicht. Auf unserer Testrunde benötigt der Born 19,4 kWh für 100 km Strecke. Entsprechend gering fällt die Testreichweite aus: 299 km. Sein 150 kW (204 PS) leistender Konkurrent aus dem eigenen Konzernstall hingegen konsumiert lediglich 18,0 kWh Strom, was diesen hier nach dem Kia zum zweiteffizientesten Fahrzeug macht.
Fahrdynamik: Am meisten Spaß macht der Cupra Born
Wer ein kompaktes Elektroauto sucht, das auf Landstraßen viel Fahrspaß vermittelt, sollte unbedingt den Cupra Born ausgiebig Probe fahren. Der Spanier ist mit Abstand das fahraktivste Auto in diesem Vergleichstest. Er lenkt mit herzerweichendem Verve in Kehren ein, baut im weiteren Kurvenverlauf beachtliche Querkräfte auf und lässt sich mit der präzisen Lenkung überaus spontan zu kurz aufeinanderfolgenden Richtungswechseln animieren. Die insgesamt kürzesten Bremswege komplettieren die hervorragende Vorstellung des Born im Fahrdynamik-Kapitel. Trotz technisch nahezu gleicher Anlagen präsentiert sich der VW ID.3 bei Weitem nicht so agil wie der Cupra. Zwar fährt der Wolfsburger wie auf Schienen, liegt also satt und sicher, wirkt insgesamt aber schwerfälliger als sein Konzernbruder, was aber auch einmal mehr an der weniger sportiven Bereifung liegen kann. Auf der Handlingstrecke fährt der VW dem Cupra mit einem Respektabstand von 3,3 s hinterher.
Deutlich flotter als der VW umrundet der Renault Megane E-Tech den Rundkurs – allerdings ohne allzu viel Fahrspaß zu vermitteln. Vielmehr diktiert das teils harsch eingrätschende ESP das Geschehen auf der Strecke. Dass die Lenkung vergleichsweise spitz anspricht und im weiteren Verlauf wenig Gefühl in die Hände spielt, macht die Sache nicht besser. Außerdem fällt der Kaltbremsweg mit 36,8 m doch recht lang aus. Nochmals schlechter, wenngleich nur marginal, bremst der Kia Niro EV mit kalter Anlage. Ansonsten agiert der Koreaner weitgehend unauffällig. Er lenkt sauber, wenn auch nicht übermäßig agil ein und präsentiert sich als sanfter Untersteuerer, wenn die Haftgrenze der Reifen erreicht ist. Die Regeleingriffe der Sicherheitselektronik erfolgen sanft und bedarfsgerecht.
Umwelt/Kosten: Renault Megane unverschämt teuer
Kia hat den Sieg im Kostenkapitel unserer Vergleichstests fast schon abonniert. Der Grund ist die vorbildlich lange Garantielaufzeit von sieben Jahren, die der südkoreanische Hersteller auf all seine Modelle gewährt. Und dieser Tradition zur Folge ist es diesmal der Kia Niro EV, der hier die meisten Zähler sammeln kann – und das, obwohl der Asiate nicht einmal das günstigste Angebot in diesem Quartett ist. Inklusive der testrelevanten Extras und des Umweltbonus ist es der Cupra Born, der das verlockendste Preisschild an sich haften hat. Mit 36.692 Euro ist der Spanier immerhin 1820 Euro günstiger als der Kia Niro EV. Selbst der VW ID.3 Pro kostet etwas weniger, wenn auch nur 665 Euro. Angesichts seiner wenigen konkurrenzfähigen Eigenschaften fast schon unverschämt teuer ist hingegen der Renault Megane E-Tech, der inklusive Förderprämie.
Technische Daten und Messwerte von Cupra Born, Kia Niro EV, Renault Megane E-Tech und VW ID.3 Pro
AUTO ZEITUNG 18/2023 | Cupra Born | Kia Niro EV |
Technik | ||
E-Motor | Permanenterregte Synchronmaschine (hinten) | Permanenterregte Synchronmaschine (vorn) |
Systemleistung | 170 kW/231 PS | 150 kW/204 PS |
Systemdrehmoment | 310 Nm | 255 Nm |
Batterie | Lithium-Ionen | Lithium-Ionen-Polymer |
Spannung/Kapazität netto (brutto) | 270–459 V/62 kWh (58 kWh) | 358 V/k.A. (64,8 kWh) |
Max. Ladeleistung DC/AC | 120 kW/11 kW | 80 kW/11 kW |
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung/ | Konstantübersetzung/ Vorderrad |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 1763/1824 kg | 1682/1721 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 6,6 s | 7,4 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 160 km/h | 167 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 34,2/33,3 m | 36,9/35,2 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 19,4/15,5 kWh | 17,4/16,2 kWh |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 81/0 g/km | 73/0 g/km |
Reichweite (Test/WLTP) | 299/372 km | 372/473 km |
Preise | ||
Grundpreis | 40.150 € | 45.690 € |
Testwagenpreis | 36.692 € | 38.512 € |
AUTO ZEITUNG 18/2023 | Renault Megane E-Tech EV60 220HP | VW ID.3 Pro |
Technik | ||
E-Motor | Fremderregte Synchronmaschine (vorn) | Permanenterregte Synchronmaschine (hinten) |
Systemleistung | 160 kW/218 PS | 150 kW/204 PS |
Systemdrehmoment | 300 Nm | 310 Nm |
Batterie | Lithium-Ionen | Lithium-Ionen |
Spannung/Kapazität netto (brutto) | 352 V/k.A. (60 kWh) | 400 V/62 kWh (58 kWh) |
Max. Ladeleistung DC/AC | 130 kW/22 kW | 120 kW/11 kW |
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung/ Vorderrad | Konstantübersetzung/ Hinterrad |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 1708/1691 kg | 1740/1815 |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 7,6 s | 7,2 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 160 km/h | 160 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 36,8/35,5 m | 35,5/35,1 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 19,4/15,5 kWh | 17,4/16,2 kWh |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 78/0 g/km | 76/0 g/km |
Reichweite (Test/WLTP) | 324/400 km | 322/406 km |
Preise | ||
Grundpreis | 46.600 € | 37.315 € |
Testwagenpreis | 42.922 € | 37.847 € |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Cupra Born | Kia Niro EV | Renault Megane E-Tech | VW ID.3 Pro |
Karosserie (1000) | 577 | 612 | 555 | 582 |
Fahrkomfort (1000) | 674 | 670 | 637 | 692 |
Motor/Getriebe (1000) | 716 | 731 | 719 | 717 |
Fahrdynamik (1000) | 723 | 633 | 641 | 660 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2690 | 2646 | 2552 | 2651 |
Kosten/Umwelt (1000) | 390 | 406 | 372 | 395 |
Gesamtwertung (5000) | 3080 | 3052 | 2924 | 3046 |
Platzierung | 1 | 2 | 4 | 3 |
Dank seiner guten Vorstellung in den fahrdynamischen Disziplinen, allen voran den hervorragenden Bremswerten, sichert sich der Cupra Born den Testsieg. Dass der agile Spanier bei Effizienz und Reichweite leicht das Nachsehen hat, schadet ihm in der Endabrechnung nicht. Den zweiten Platz in der Eigenschaftswertung holt sein technisch eng verwandter Konzernbruder VW ID.3, der mit den besten Komforteigenschaften und enormer Fahrsicherheit auf sich aufmerksam macht. Im Gesamtranking wird der Wolfsburger aber vom Kia Niro EV auf den dritten Platz verdrängt. Der Koreaner bringt die praktischste und geräumigste Karosserie mit und glänzt mit der höchsten Effizienz. Den zweiten Platz sichert er sich aber einmal mehr durch die vorbildliche lange Garantielaufzeit. Da der Renault Megane E-Tech keine Glanzpunkte setzen kann und obendrein noch der teuerste Testkandidat ist, bleibt für ihn nur der vierte Platz in diesem starken Testfeld.