Rote Ampel überfahren: Strafen & Ausnahmen
Hier darf man über Rot fahren
Eine rote Ampel zu überfahren, ist unter gewissen Umständen – etwa bei einem Defekt – erlaubt. Ab wann eine Ampel als defekt gilt, wie man sich bei Blaulicht-Einsätzen zu verhalten hat und welche Strafen bei einem Rotlichtverstoß drohen, erklären wir hier.
Wer in seinem Auto schon mal an einer defekten Ampel mit Dauerrot stand, kennt die Frage, die man sich in entsprechenden Situationen automatisch stellt: Ab wann darf ich eine rote Ampel überfahren? Und was ist, wenn Polizei, Feuerwehr oder Krankenwagen mit Blaulicht hinter mir auftauchen? Darf ich, um Platz zu machen, die rote Ampel missachten? Welche Strafen drohen, wenn eine rote Ampel zu Unrecht überfahren wurde? Wir listen die Strafen für einen Rotlichtverstoß auf, erklären, wann sie fällig werden und nennen die Ausnahmen, bei denen über Rot gefahren werden darf. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Rotlichtverstoß bei Spurwechsel im Video:
Rote Ampel überfahren: Ausnahmen
Dauerrot: Wann darf ich die rote Ampel überfahren?
Viele standen bereits vor einer roten Ampel, die offensichtlich defekt war und Dauerrot anzeigte. Wann darf man hier fahren? Klar definiert ist es nicht. Es wird lediglich von einer "angemessenen Wartezeit" gesprochen. Um sicherzugehen, sollte man sich mindestens fünf Minuten gedulden. Sollte die Ampel dann immer noch rot leuchten, auf keinen Fall einfach losfahren, sondern sich langsam in die Kreuzung hineintasten. Wichtig: Immer mit Querverkehr rechnen, der äquivalent zum eigenen Dauerrot Dauergrün angezeigt bekommt.
Rettungsgasse bilden vor roter Ampel
Nähert sich von hinten ein Fahrzeug mit Blaulicht im Einsatz, darf man die rote Ampel überfahren, um Platz zu machen. Die in der Straßenverkehrs-Ordnung verankerte Verpflichtung, "freie Bahn" zu schaffen, geht den übrigen Vorschriften vor. Voraussetzung ist, wenn damit Gefahren für Menschenleben, schwere gesundheitliche Schäden oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abgewendet werden können. Aber auch hier gilt: Stets vorsichtig in die Kreuzung hineintasten und mit Fehlern anderer rechnen.
In einem geschlossenen Verband fahren
Wenn man als Teil einer Kolonne mit dem Auto unterwegs ist, ist es unter Umständen erlaubt, über eine rote Ampel zu fahren. Kolonnen gelten als sogenannter geschlossener Verband. Da bedeutet: Fährt das erste Fahrzeug bei Grün in eine Kreuzung ein, dürfen alle zum Verband gehörende Fahrzeuge ebenfalls nachfolgen, auch wenn in der Zwischenzeit die Ampel auf Rot wechselt. Dabei sollte jedoch äußerste Vorsicht walten. Nicht zuletzt: Wer privat eine Kolonne bilden möchte, muss dies beim zuständigen Straßenverkehrsamt anmelden.
Rote Ampel mit grünem Pfeil
Wer an einer roten Ampel rechts abbiegen möchte und dies ein grüner Pfeil neben der Ampelanlage erlaubt, muss – ähnlich wie bei einem Stoppschild – erst an der Haltelinie anhalten und sicher gehen, dass man gefahrlos abbiegen kann. Dabei ist verstärkt auf Radfahrende und Fußgänger:innen zu achten. Ist der Weg frei, darf man bei einer roten Ampel den Weg nach rechts fortsetzen.
Rote Ampel überfahren: Strafen
Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) macht deutlich, dass über eine rote Ampel zu fahren im Normalfall nicht erlaubt ist. Schon eine gelbe Ampel bedeutet für die Person am Steuer: anhalten und auf das nächste Zeichen warten. Kann man mit einer mittleren Bremsung ohne die Gefährdung anderer vor der Ampel zum Stehen kommen, ist dies auch tun. Andernfalls ist von einem sogenannten Gelblichtverstoß die Rede, der mit einem Verwarngeld von zehn Euro bestraft wird. Ist die Ampel bereits rot, gibt es verschiedene Strafen. War die Ampel beim Überfahren noch keine Sekunde lang Rot, spricht man von einem "einfachen Rotlichtverstoß". Bleibt dabei eine Gefährdung anderer aus, droht eine Regelbuße von 90 Euro und einem Punkt. Liegt eine Gefährdung vor, erhöht sich das Bußgeld auf 200 Euro. Hinzu kommen zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot. Bei verursachtem Sachschaden steigt das Bußgeld auf 240 Euro. Sollte die Ampel bereits länger als eine Sekunde rot geleuchtet haben, handelt es sich um einen "qualifizierten Rotlichtverstoß". Das kostet 200 Euro und man kassiert zwei Punkte plus einen Monat Fahrverbot. Kommt eine Gefährdung hinzu, werden aus dem Bußgeld 320 Euro. Die höchste Strafe verursacht das Überfahren einer roten Ampel, wenn diese schon länger als eine Sekunde Rot zeigt und in der Folge eine Sachbeschädigung durch einen Unfall stattfindet. In diesem Fall sieht der Bußgeldkatalog eine Strafe von mindestens 360 Euro, zwei Punkte in Flensburg, ein Monat Fahrverbot und je nach Schwere des Falls sogar Führerscheinentzug und bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor.
Ampel-Blitzer zur Rotlichtüberwachung
Fest installierte Rotlichtblitzer dokumentieren Verstöße grundsätzlich mit zwei Fotos. Wird man bei einem Rotlichtverstoß geblitzt, hält das erste Foto fest, dass die Haltelinie tatsächlich überfahren wurde. Das zweite Foto zeigt, ob der Weg über die Kreuzung hinaus fortgesetzt wurde. Wer nach der Haltelinie stoppt oder zurücksetzt, begeht keinen Rotlichtverstoß. Aber Achtung: Auch für die Nichtbeachtung der Haltelinie an einer roten Ampel kann man belangt werden. Es handelt sich übrigens auch um einen Rotlichtverstoß, wenn man sich auf der falschen Spur eingeordnet hat, man selbst Rot hat und den Weg dann über die Haltelinie auf die andere Spur wechselt, bei der die Ampel grün zeigt.
Sekundenregel bei Rotlichtverstoß
Dass es bei Ampeln auf Sekunden ankommt und die menschliche Wahrnehmung eine untergeordnete Rolle spielt, macht folgendes Beispiel deutlich: Eine Frau hatte ein Bußgeld und ein Fahrverbot von einem Monat bekommen, nachdem zwei Polizisten sie beim Überfahren einer roten Ampel beobachtet hatten. Der Vorwurf: Sie habe die Ampel nach über einer Sekunde Rot überquert (qualifizierter Rotlichtverstoß). Mit einer Rechenformel konnte sie dem Gericht jedoch das Gegenteil nachweisen. So war die Dame laut Aussage der Polizisten zwei Fahrzeuglängen von der Haltelinie entfernt, als die Ampel umsprang. Das Tempolimit lag an der fraglichen Stelle bei 70 km/h. Dieser Wert wurde für die Berechnung angenommen. Mit diesen Angaben lässt sich relativ leicht ermitteln, dass die Ampel beim Überfahren der Linie maximal eine halbe Sekunde Rot gezeigt haben konnte. Die genaue Zeit ergibt sich aus dem Verhältnis vom Abstand zur Linie und der gefahrenen beziehungsweise in diesem Fall angenommenen Geschwindigkeit von 70 km/h. Die kurze Strecke von zwei Fahrzeuglängen legt das Auto in so kurzer Zeit zurück, dass die von den Polizisten angegebene Dauer von über einer Sekunde unmöglich stimmen konnte. Die Frau konnte mit ihrer mathematisch fundierten Argumentation das drohende Fahrverbot abwenden (einfacher Rotlichtverstoß). Um ein Bußgeld von 90 Euro und einen Punkt in Flensburg kam sie aber nicht herum, denn der Rotlichtverstoß selbst war unstrittig. Das ergabt sich aus einem Urteil des Amtsgerichts Köln, auf das der Deutsche Anwaltverein (DAV) hinweist (Az.: 815 OWi-982 Js 5076/15).
Von Victoria Zippmann & Sven Kötter