EU-Strafzölle auf E-Autos aus China: Das muss man wissen!
Strafzölle sind in Kraft – vorerst
- Welche Strafzölle hat die EU beschlossen?
- Was sind die Gründe dafür?
- Welche Hersteller aus China betrifft die Strafzölle am meisten?
- Wie reagiert China? Wie fallen die weiteren Reaktionen aus?
- Welche Bedeutung hat der chinesische Markt für deutsche Autobauer?
- Wie könnte die chinesische Reaktion auf EU-Strafzölle aussehen?
- Welche Nachteile können die EU-Pläne noch haben?
- Wie viele Autos exportiert China nach Europa?
- Fazit
Der Kampf um Absatzmärkte für E-Autos geht in die nächste Runde. Anfang Juli 2024 traten die von der EU-Kommission verhängten Strafzölle gegen Elektroautos aus China in Kraft – zunächst allerdings nur als Sicherheitsleistung. Die AUTO ZEITUNG gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen!
Welche Strafzölle hat die EU beschlossen?
Die reine Drohung mit Strafzöllen hat die Position der Chinesen nicht aufgeweicht. Mit Wirkung vom 5. Juli 2024 treten sie also in Kraft. Allerdings werden die Zölle zunächst nur als Sicherheitsleistung fällig, wenn ein chinesisches E-Auto in einem EU-Hafen ankommt. Offenbar ist dies eine Einladung zu weiteren Runden am Verhandlungstisch. Ob die Zölle von bis zu 38,1 Prozent tatsächlich gezahlt werden müssen, hängt davon ab, ob mit China noch eine andere Lösung gefunden werden kann. Falls dies nicht gelingt, würden die Zölle dann rückwirkend vom 4. Juli 2024 an einbehalten werden, sollte sich die EU darauf verständigen, langfristig höhere Zölle zu erheben. Diese Entscheidung soll binnen vier Monaten fallen, also bis Anfang November 2024. Je nach Hersteller liegen die Strafzölle zwischen 20 und knapp 40 Prozent. Bislang werden herstellerunabhängig Zölle von zehn Prozent erhoben, die sich zu den neuen Zollsätzen addieren.
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Was sind die Gründe dafür?
Die EU-Kommission untersucht seit Herbst 2023, ob E-Autos in China von wettbewerbsverzerrenden Subventionen profitieren. Kommissionsangaben zufolge sind chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte bei Bekanntgabe der Untersuchung: "Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt." Die Kommission sei zu dem Schluss gekommen, dass die Wertschöpfungskette für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEV) in China von einer unfairen Subventionierung profitiert. Herstellern in der EU drohten dadurch Schäden.
Welche Hersteller aus China betrifft die Strafzölle am meisten?
Konkret steht für den Hersteller BYD ein Zoll von 17,4 Prozent, für Geely 20 Prozent und für SAIC 38,1 Prozent im Raum. Für andere Hersteller sind 21 Prozent vorgesehen. Für Firmen, die bei der Untersuchung nicht kooperiert hatten, würde ein Zoll in Höhe von 38,1 Prozent fällig.
Wie reagiert China? Wie fallen die weiteren Reaktionen aus?
Chinas Außenministerium kritisiert die Untersuchung als Protektionismus. Die EU suche eine Ausrede, um Zölle gegen importierte Autos aus China zu erheben, was gegen internationale Handelsregeln verstoße, sagt Sprecher Lin Jian in Peking. Zuletzt werde das den eigenen Interessen Europas schaden. Am Vortag hatte Lin bereits angekündigt, dass China nicht tatenlos zusehen und seine Interessen schützen werde.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisierte die Drohung der EU-Kommission. VDA-Präsidentin Hildegard Müller sieht die Abgaben als Hindernis für globale Zusammenarbeit. So wachse das Risiko von Handelskonflikten. "Fakt ist außerdem: Ausgleichszölle für aus China importierte E-Pkw sind nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu stärken", sagte sie. Es liege aber auch an China, mit konstruktiven Vorschlägen auf Europa zuzugehen. Auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnte davor, dass der Schritt zu stärkeren Handelskonflikten führen könnte.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich in der Vergangenheit im Gegensatz zu deutschen Stimmen grundsätzlich positiv zu Strafmaßnahmen gegen Chinas E-Autos geäußert. Anfang Mai 2024 sagte er etwa in einem Interview mit "The Economist", es könne nicht sein, dass europäische Produzenten durch europäische Beihilferegeln und unterschiedliche Zölle im Vergleich zu chinesischen Firmen benachteiligt würden. Autoexpert:innen wie Ferdinand Dudenhöffer sehen in Macrons Haltung den Versuch, französische Autobauer wie Renault und Peugeot zu schützen. Zudem haben französische Automarken in China kaum Marktanteile und machen dort – anders als die Deutschen – kaum Geschäft.
Grundsätzlich befürchten viele Wirtschaftsvertreter:innen, dass sich gegenseitige Strafzölle zu einem Handelskrieg ausweiten könnten. Das Handelsministerium in Peking hatte jüngst etwa eine Anti-Dumping-Untersuchung eingeleitet gegen Chemikalien aus der EU, den USA, Japan und Taiwan. Werden Produkte durch hohe Zölle künstlich verteuert, lohnt sich der Handel oft nicht mehr. Dadurch leiden aber nicht nur direkt betroffene Unternehmen. Auch auf Zulieferer und Logistikunternehmen kann sich eine solche Situation negativ auswirken.
Welche Bedeutung hat der chinesische Markt für deutsche Autobauer?
China ist der größte Automarkt der Welt und deshalb für die deutschen Autobauer extrem wichtig. BMW etwa exportiert den 4er und den 7er aus der EU nach China. Auch Porsche wäre betroffen, wenn China mit Gegenmaßnahmen reagiert. Das riesige Land ist einer der wichtigsten Märkte für Porsche und wird komplett aus Europa bedient. Audi exportiert ebenfalls zahlreiche Fahrzeuge nach China. "Für das Jahr 2024 rechnen wir ca. mit 60.000 Einheiten", teilte der Konzern mit. Bei Mercedes entfielen 2023 rund 30 Prozent des Absatzes auf China. Die Wolfsburger Kernmarke VW verkaufte dort im selben Jahr sogar fast 50 Prozent ihrer Autos, bedient den Markt aber fast ausschließlich aus lokaler Fertigung. Nach Berechnung der Unternehmensberatung JSC Automotive Consulting, die regelmäßig die Zulassungszahlen in China auswertet, waren bei der Marke VW 2023 nur 0,6 Prozent der dort verkauften Fahrzeuge Importmodelle. Audi kam auf neun Prozent, BMW auf 13 und die Mercedes-Benz Group auf 20 Prozent. Bei Porsche lag die Quote mangels Fertigung vor Ort bei 100 Prozent.
Wie könnte die chinesische Reaktion auf EU-Strafzölle aussehen?
BMW, Mercedes, VW und andere Firmen könnten das erste Ziel möglicher chinesischer Gegenmaßnahmen sein. Noch am 22. Mai 2024 hatte die chinesische Handelskammer in Brüssel vor dieser Möglichkeit gewarnt. Man sei von "Insidern" darüber informiert worden, dass China erwäge, Zölle in Höhe von 25 Prozent auf importierte Fahrzeuge mit großen Motoren zu verhängen, hieß es in einer Mitteilung der Kammer auf X.
Welche Nachteile können die EU-Pläne noch haben?
Deutsche Firmen könnten nicht nur von Gegenmaßnahmen betroffen sein, sondern auch von den EU-Maßnahmen selbst – denn sie produzieren auch in China für den Export. Mini etwa baut den im Mai auf dem Weltmarkt eingeführten Elektro-Cooper zusammen mit dem chinesischen Autohersteller Great Wall in China. Im VW-Konzern könnte nur der neue Cupra Tavascan, der im Herbst auf den Markt kommen soll, betroffen sein. Es ist das erste und einzige Modell im Konzern, das in China gebaut und nach Europa exportiert wird. BMW importiert den iX3 aus China in die EU. Mercedes baut die Smart-Fahrzeuge zusammen mit seinem Großaktionär Geely vollständig im chinesischen Xi'an und exportiert sie auch nach Europa. Aus der Kommission hieß es, man habe nicht explizit untersucht, auf welche Modelle deutscher Hersteller welche Zölle zukommen könnten.
Wie viele Autos exportiert China nach Europa?
2023 exportierte China laut staatlichen Medien 1,2 Mio. Autos – fast 78 Prozent mehr im Jahresvergleich. In Deutschland stieg nach Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes 2023 die Zahl der neu zugelassenen Fahrzeuge mit Herkunftsland China im Vergleich zum Vorjahr um 47,6 Prozent. Zahlenmäßig lagen chinesische Autos mit 33.699 Stück jedoch weit hinter der Konkurrenz aus anderen Ländern. Chinas E-Auto-Gigant BYD erweitert derzeit aber seine Transportrouten nach Europa und baut in Ungarn eine Fabrik, was auch ein Tor zum EU-Markt wäre ohne den langwierigen Transfer über das Meer.
Mit dpa
Worauf die EU-Strafzölle abzielen, ist klar. Verhängnisvolle Abhängigkeiten von China machen die Situation jedoch zusätzlich kompliziert. Hersteller wie VW sind häufig stärker auf den Absatz in China und Rohstoffe aus China angewiesen als chinesische Marken wie MG oder BYD auf Europa.