City-Car-Vergleich: Smart Forfour, Twingo, Peugeot 108, Hyundai i10 & VW Up Spielplatz Großstadt
Mit dem neuen, betont lifestylig auftretenden Smart Forfour erhält das Segment der City-Cars einen interessanten Neuzugang. Doch wie gut ist der in Kooperation mit Renault entwickelte Däumling wirklich geworden?
Gut acht Jahre nach dem Ende des erfolglosen Vorgängers im Sommer 2006 wagt Smart nun mit dem neuen Forfour einen Restart im Segment der fünftürigen City-Cars. Ein peppiges Außen- und Innendesign, sparsame Motoren sowie zeitgemäße Ausstattungsumfänge inklusiver aktueller Multimedia-Technik sollen bei der Erschließung eines möglichst großen Kundenkreises helfen.
Seine sonstigen Qualitäten muss der neue Smart, der im Gegensatz zum Vorgänger mit einem Heckmotor samt Hinterradantrieb an den Start geht, im Vergleichstest gegen ein anspruchsvolles Konkurrenzumfeld beweisen. Gegen den Forfour treten an: der mehrfache Testsieger Hyundai i10, der ebenfalls noch junge Peugeot 108, der technisch eng mit dem Forfour verwandte Renault Twingo und der bewährte VW Up.
KAROSSERIE
Der neue Smart Forfour ist rund 80 Zentimeter länger als der ebenfalls brandneue, zweisitzige Smart Fortwo. Zum Raumwunder macht den Viersitzer dieser Umstand zwar nicht, aber dennoch reicht sein Platzangebot vorn völlig aus. Das Gleiche gilt für den Renault Twingo, der in vielen Bereichen baugleich mit dem Smart ist. Hinten dagegen herrscht aufgrund der schmalen Fahrgastzelle in beiden Kleinen ein eher intimes Flair.
Darüber hinaus geizt der Forfour im Fond mit Knieraum – die Lehnen der Vordersitze des Renault sind leicht ausgeschnitten, so dass im Fond etwas mehr Raum für die Knie zur Verfügung steht als im Smart. Vom Platzangebot recht ähnlich ist der Peugeot 108, der vorn ausreichend Bewegungsfreiheit bietet, hinten dafür aber eher etwas für Kinder oder kleinere Erwachsene ist.
Außerdem erschweren beim Franzosen kleine Türausschnitte das Entern des Fonds. Wie geräumig ein Stadtauto hinten sein kann, beweist der Hyundai i10. Sein Fond bietet mit Abstand den meisten Platz. Und auch der alltagstaugliche Kofferraum verdient mit einem Ladevolumen von 252 bis 1046 Litern ein Lob. Außerdem darf er bis zu 438 Kilogramm Fracht und damit erheblich mehr als die Konkurrenz mit auf die Reise nehmen.
Seine geradlinig gezeichnete Karosserie verhilft auch dem VW Up zu einem guten Raumgefühl. Außerdem ist er durch die großen Fensterflächen am übersichtlichsten. Das zweckmäßig eingerichtete Interieur des kleinen Wolfsburgers ist am klarsten strukturiert und offenbart zusammen mit dem des Hyundai i10 die einfachste Bedienung im Vergleich.
Mit der Funktionalität hapert es dagegen bei den neuen City-Flöhen von Renault und Smart. So lässt sich beispielsweise der Ölstand erst überprüfen, wenn der Kofferraumboden entfernt und die darunter liegende Motorabdeckung umständlich von sechs Schrauben befreit und anschließend herausgenommen wird. Und auch das Abnehmen der Fronthauben zum Einfüllen von Wischwasser erweist sich als nervige Prozedur: Um den entsprechenden Stut-zen zu erreichen, müssen zwei Hebel in der Frontmaske gezogen werden, worauf die Haube aus der Verankerung springt.
Daraufhin hängt sie, von Fangbändern gehalten, an der Front herum – was unter Umständen zu unschönen Kratzern führen kann. Und auch das Arretieren der Haube in ihrer ursprünglichen Position ist eine fummelige Angelegenheit. Dafür ist die Variabilität des Twingo und Forfour vergleichsweise hoch entwickelt: Beide bieten beispielsweise serienmäßig einen umlegbaren Beifahrersitz, der das Unterbringen von bis zu 2,31 Meter langen Gegenständen ermöglicht.
Für den Up gibt es dieses praktische Feature für 93 Euro, Hyundai und Peugeot haben es gar nicht im Angebot. Da das Kleinstwagen-Segment aufgrund der günstigen Preise häufig auch für Fahranfänger relevant ist, haben alle Hersteller einige interessante Assistenzsysteme an Bord, die noch vor wenigen Jahren allenfalls Oberklasse-Fahrzeugen vorbehalten waren. So verfügen sämtliche Testkandidaten ab Werk über ein Reifendruck-Kontrollsystem sowie – mit Ausnahme des Hyundai i10 – einen Berganfahrassistenten.
Beim Koreaner ist die Anfahrhilfe erst ab der Topausstattung Style, die zudem Abbiegelicht beinhaltet, an Bord. Für den Twingo und den Forfour gibt es außerdem aufpreispflichtig einen Spurhalteassistenten, während für den Peugeot 108 und den VW Up optional ein Notbremsassistent verfügbar ist. Der Smart kommt überdies noch serienmäßig mit einem Seitenwind-Assistenten daher.
Einleitung / Karosserie
Fahrkomfort / Motor & Getriebe
Fahrdynamik / Umwelt & Kosten
So testet die AUTO ZEITUNG / Fazit
FAHRKOMFORT
In den komfortrelevanten Wertungskriterien spielt der Hyundai i10 seine Stärken voll aus. Er verfügt mit Abstand über die harmonischste Fahrwerksabstimmung, die angenehmsten Sitze und die bequemste Rückbank. Dank dieser Eigenschaften wirkt der Koreaner mindestens eine Fahrzeugklasse höher angesiedelt. Selbst lange Autobahnetappen nimmt man mit ihm gern in Kauf.
Weniger wohl auf der Autobahn fühlen sich der Renault Twingo und der Smart Forfour. Der Langstreckenkomfort wird durch die hohe Geräuschentwicklung und den mäßigen Geradeauslauf getrübt. Dafür bieten beide vorn bequeme Sitze, und auch die Federung erledigt in beiden Fällen auf normalen Straßen einen ordentlichen Job, wenngleich der Smart – mutmaßlich aufgrund der kleineren Räder – eine Spur sensibler anfedert als sein französischer Verwandter. Grobe Fahrbahnschäden überspielen Twingo und Forfour jedoch nicht so geschickt wie der Hyundai i10 oder der VW Up, der dem Federungs- und auch Sitzkomfort des Koreaners am nächsten kommt.
Ganz anders gibt sich der Peugeot 108, dem ebenfalls ein eher rustikaler Federungskomfort zu eigen ist. Selbst auf vermeintlich ebenem Asphalt ist die Karosserie beinahe permanent in Bewegung, und auch auf schlechten Strecken haben seine Feder-/Dämpfer-Elemente die geringsten Reserven zu bieten. Außerdem fördern seine schwammigen Sitze, die kaum Seitenabstützung für den Körper bereitstellen, Ermüdungsfreies Fahren nicht gerade.
MOTOR/GETRIEBE
Der Hyundai i10 ist als einziger im Feld mit einem Vierzylinder unterwegs. Das frei saugende Triebwerk glänzt mit überaus kultivierten Manieren. So geht der Motor im Leerlauf dermaßen leise und frei von jedweden Vibrationen seiner Arbeit nach, dass schnell der Eindruck entsteht, er sei gar nicht in Betrieb.
Außerdem glänzt der 87 PS starke Kleinwagen mit seinem munteren Vortrieb. In rund elf Sekunden beschleunigt er den knapp über eine Tonne schweren Asiaten auf 100 km/h. Das mit dem Triebwerk gekoppelte Fünfgang-Getriebe gefällt zudem mit passenden Übersetzungen und einer exakt geführten Schaltung.
Ähnlich temperamentvoll ist der 1,2 Liter große Dreizylinder-Sauger des Peugeot 108. Begünstigt durch das geringe Leergewicht von nur 908 Kilogramm, erreicht der 82 PS starke Franzose ähnliche Fahrleistungen wie der Hyundai. Allerdings ist der dröhnige und im Stand spürbar vibrierende Peugeot-Dreizylinder weit entfernt von der Laufkultur des koreanischen Triebwerks.
Und auch die Präzision der Schaltung erreicht nicht ganz die Güte des Hyundai oder gar des VW Up, dessen Schalthebel wie von selbst durch die exakt definierten Gassen flutscht. Dafür erweist sich der Wolfsburger als eher träger Zeitgenosse, dessen 75-PS-Dreizylinder erst ab höheren Drehzahlen eine gewisse Spritzigkeit entwickelt. Die Folge: In den Elastizitäts- und Beschleunigungsprüfungen belegt er den letzten Platz.
Immerhin ist der kultivierteste unter den Dreizylindern auch das sparsamste Triebwerk im Feld. Als einziger bleibt der Up auf unserer Verbrauchsrunde unter der Sechs-Liter-Marke. Bei den Antriebsbrüdern Renault und Smart liegt der Twingo im Verbrauch mit 6,0 zu 6,5 Litern klar vor dem Forfour. Schlusslicht ist hier der Hyundai i10 mit durchschnittlich 6,8 Litern auf 100 Kilometer.
Mit jeweils 90 PS sind der Renault Twingo und der Smart Forfour die stärksten Vertreter dieses Vergleichstests. Darüber hinaus sind die beiden Neulinge die einzigen, die über einen aufgeladenen Motor verfügen. Das bringt ihnen einige Vorteile bei der Elastizität ein. Vom Sprintvermögen her sortieren sie sich indes in den hinteren Teil des Testfeldes ein, wobei der kaum schwerere Smart langsamer beschleunigt als der Renault. Außerdem ist der 0,9-Liter-Turbobenziner alles andere als ein Leisetreter.
FAHRDYNAMIK
Alle fünf Testkandidaten fühlen sich dank ihrer ausgeprägten Handlichkeit im urbanen Umfeld am wohlsten. Im Besonderen gilt dies für den Renault Twingo und den Smart Forfour. Mit einem jeweiligen Wendekreis von rund neun Metern sind sie jeder Herausforderung, die der Großstadtdschungel für ein Automobil bereithält, gewachsen.
Das für einen Kleinstwagen ungewöhnliche Antriebslayout, bestehend aus Heckmotor und Hinterradantrieb, bringt querdynamisch keine Vorteile mit sich – zumal das ESP in beiden Fällen sehr früh und mit Nachdruck eingreift. Die Lenkung agiert gerade um die Mittellage herum wenig gefühlvoll. Wer von seinem City-Flitzer ein gewisses Maß an Dynamik erwartet, wird am ehesten mit dem Hyundai i10 oder dem Peugeot 108 glücklich.
Der Koreaner baut dank seiner satten Straßenlage die höchste Querbeschleunigung auf und bleibt im Grenzbereich vorbildlich neutral – auch mit deaktiviertem ESP. Dem quirligen Franzosen wiederum ist das geringe Gewicht auch in Kurven, in die er gern sein Heck mit eindreht, deutlich anzumerken. Der VW Up bietet die präziseste und rückmeldungsfreudigste Lenkung. Sein ESP regelt sanft und nahezu unmerklich, wenn es der Fahrer zu übertreiben droht. Dass er die Zeiten des i10 oder 108 nicht mitgehen kann, liegt vornehmlich am Leistungsdefizit seines Motors.
Viel wichtiger jedoch: Keiner der flotten Kleinen erlaubt sich einen entscheidenden Patzer in Sachen Fahrsicherheit. Dazu tragen auch die standfesten wie wirkungsvollen Bremsanlagen bei, mit denen die Wettstreiter ausgerüstet sind. Im kalten Komponentenzustand verzögert der Smart Forfour am vehementesten. 34,4 Meter benötigt der Neue, um aus 100 km/h zum Stehen zu kommen. Allerdings lässt seine Bremsanlage mit steigender Belastung etwas nach. Der Renault Twingo liefert gemeinsam mit dem VW Up mit warmen Stoppern den Bestwert ab: 34,9 Meter.
UMWELT/KOSTEN
Der neue Smart Forfour startet in der 90-PS-Ausführung ab 12.450 Euro. Dieser Preis entspricht der wertungsrelevanten Ausstattung des Testwagens, sodass der Smart im Kostenkapitel die meisten Punkte einheimsen kann. Die Ausstattung ist in der Basisausführung dennoch sehr überschaubar. Zwar gehören elektrische Fensterheber oder ein Tempomat mit Geschwindigkeits-Limiter zum Auslieferungsumfang des Forfour, für Aluräder, eine geteilt umlegbare Rückbank, ein Radiosystem oder auch Nebelscheinwerfer bittet Smart seine Kunden jedoch extra zur Kasse.
Auch der Peugeot 108, den es in der 82-PS-Version erst ab der gehobeneren Ausstattung Active gibt, profitiert von seinem niedrigen Preis. Wer indes wert auf Online-Funktionen legt, muss die höchste Ausstattungsvariante Allure wählen. Sie ist zudem Grundvoraussetzung für die edlen Lederpolster, die mit 800 Euro in der Preisliste stehen.
Der Renault Twingo ist mit einem bewerteten Preis von 13.890 Euro in der testrelevanten Ausstattung, die in diesem Fall den Aufpreis für eine größere Rad-/Reifen-Kombination berücksichtigt, das teuerste City-Mobil im Feld. Interessant für alle, die sich ein möglichst individuelles Fahrzeug wünschen: Die Preisliste des Franzosen beinhaltet mit Abstand die meisten Styling-Möglichkeiten, darunter verschiedene Dekor-Sets für die Karosserie oder Innendesign-Pakete mit frechen Farbkombinationen.
Der Hyundai i10 sammelt durch seine guten Garantieleistungen viele Punkte. So beträgt die Neuwagengarantie fünf Jahre. Bei den vier Mitbewerbern sind es jeweils nur zwei Jahre. Dass der i10 gemeinsam mit dem VW Up im Kostenkapitel dennoch nur auf dem vorletzten Platz landet, liegt am vergleichsweise hohen (bewerteten) Preis und an den spärlichen Multimedia-Optionen – mehr als ein CD-Radio mit Bluetooth-Freisprecheinrichtung sowie einen USB- und AUX-Eingang gibt es bei Hyundai für den i10 weder für Geld noch gute Worte. Dies ist aber nur ein kleiner Fleck auf den ansonsten blütenweißen Weste des Koreaners, der die Gesamtwertung dieses Vergleichstests souverän für sich entscheidet.
SO TESTET DIE AUTO ZEITUNG
Um die Bremswerte zu ermiteln, verzögern wir zehnmal aus 100 km/h in den Stillstand. Die erste Bremsung stellt den Kaltwert dar, der Schnitt aus neun weiteren Bremsungen den Warmwert.
FAZIT
Keine Frage, der Hyundai i10 gibt sich nicht so extrovertiert wie die Konkurrenz von Smart oder Renault. Dafür mutet er in allen Belangen eine Fahrzeugklasse höher an. Egal ob Raumangebot, Fahrgefühl oder Federungskomfort – in seinem Segment ist und bleibt der Koreaner der Maßstab.
Auf Platz zwei landet der gleichfalls pragmatische
VW Up, der mit seiner geräumigen Karosserie und dem Fahrkomfort punktet. Sein sparsamer Dreizylinder ist aber kein Ausbund an Temperament.
Renault Twingo und Smart Forfour erweisen sich aufgrund ihres außergewöhnlichen Antriebslayouts und der peppigen Ausstattungen als Bereicherungen im City-Segment. Für lange Strecken empfehlen sie sich aufgrund der hohen Geräuschentwicklung und des mäßigen Geradeauslaufs nicht unbedingt.
Ähnliches gilt auch für den Peugeot 108, dessen Federungskomfort nicht mit der Konkurrenz mithalten kann. Dafür vermittelt er dank seines agilen Handlings und des spritzigen Motors Fahrspaß.
Technische Daten & Gesamtbewertung als PDF zum nachlesen
Marcel Kühler