Pkw-Maut Deutschland: Aktueller Stand
Viertel Milliarde Schadenersatz für gescheiterte Pkw-Maut
- Aktueller Stand zur Pkw-Maut Deutschland
- Warum verstößt die Pkw-Maut gegen EU-Recht? (EuGH-Urteil)
- Wann wurde die Pkw-Maut beschlossen?
- Wann sollte die Maut eingeführt werden?
- Wer hätte die deutsche Pkw-Maut betrieben?
- Wer müsste für die Pkw-Maut zahlen?
- Was hätte die Pkw-Maut gekostet? (Berechnung)
- Wie wäre die Maut erhoben worden?
- Welche Strafen hätten gedroht?
- Wie ist die Maut in anderen EU-Ländern geregelt?
Der aktuelle Stand (Juli 2023) zur gescheiterten Pkw-Maut in Deutschland: Der Staat muss den vorgesehenen Betreibern einen Schadenersatz in Höhe von einer Viertel Milliarde Euro zahlen.
Aktueller Stand zur Pkw-Maut Deutschland
Als Folge der geplatzten Pkw-Maut muss der Bund 243 Millionen Euro Schadenersatz an die vorgesehenen Betreiber zahlen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) bestätigte am 5. Juli 2023 eine entsprechende Verständigung mit der Betreiberseite. Zusätzlich zum Schiedsspruch kommen Kosten für die Einführung, externe Berater-, Anwalts- und Gerichtskosten. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Die Forschung empfiehlt eine dynamische Pkw-Maut (Video):
Warum verstößt die Pkw-Maut gegen EU-Recht? (EuGH-Urteil)
Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) nach Klage der deutschen EU-Nachbarländer Österreich und den Niederlanden im Juni 2019 entschieden hat, sei die Pkw-Maut diskriminierend, weil ihre wirtschaftliche Last praktisch ausschließlich auf den Halter:innen und Fahrer:innen von in anderen EU-Staaten zugelassenen Fahrzeugen liege. Sie verstoße zudem gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs im EU-Binnenmarkt. Der Hintergrund: Für Inländer:innen sollte die Nutzungsgebühr durch eine niedrigere Kfz-Steuer ausgeglichen werden. Österreich hat deshalb Deutschland Diskriminierung anderer Staatsangehöriger vorgeworfen und im Oktober 2017 ein Vertragsverletzungsverfahren angestoßen. Seit dem 11. Dezember 2018 wurde die Klage vor der großen Kammer des EuGH verhandelt. Das Urteil überrascht allerdings: Ein führender Gutachter am Europäischen Gerichtshof hielt die deutsche Pkw-Maut nämlich noch für rechtens. Generalanwalt Nils Wahl empfahl den Richter:innen in Luxemburg Anfang Februar 2019 noch, die Klage Österreichs gegen die Pläne der Bundesregierung abzulehnen. Sie beruhe auf einem grundlegenden Missverständnis des Begriffs Diskriminierung, so Wahl.
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Wann wurde die Pkw-Maut beschlossen?
Der Bundesrat ließ das vom Bundestag beschlossenes Gesetzespaket Ende März 2017 trotz erheblicher Kritik passieren.
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Wann sollte die Maut eingeführt werden?
Noch Anfang Oktober 2018 hatte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bekräftigt, dass die umstrittene Pkw-Maut in Deutschland "auf jeden Fall in dieser Wahlperiode" komme. Zum Jahresstart 2019 gab Scheuer dann den Oktober 2020 als offiziellen Termin für die Einführung bekannt, ein entsprechender Vertrag sei am 30. Dezember 2018 unterschrieben worden.
Wer hätte die deutsche Pkw-Maut betrieben?
Die Betreiber der Pkw-Maut in Deutschland standen seit Mitte Dezember 2018 fest: Der österreichische Mautsystem-Anbieter Kapsch TrafficCom und der deutsche Konzertveranstalter und Ticketverkäufer CTS Eventim sollten ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, an dem beide Partner je 50 Prozent der Anteile halten. Zu den Aufgaben der Betreibergesellschaft sollten laut Ministerium zum Beispiel gehören, eine App und eine Internetseite zu entwickeln und zu betreiben – Halter:innen von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen sollten sich dort einbuchen können. Außerdem wäre es um den Aufbau und den Betrieb von Zahlstellen gegangen, bei denen die Maut manuell gebucht werden kann.
Wer müsste für die Pkw-Maut zahlen?
Neben Pkw wären auch Wohnmobile unter die Mautpflicht in Deutschland gefallen. Von den Gebühren ausgenommen wären Motorräder, Elektroautos, Wagen von Behinderten und Krankenwagen gewesen.
Was hätte die Pkw-Maut gekostet? (Berechnung)
Die Pkw-Maut in Deutschland sollte mit Kfz-Steuersenkungen einhergehen, sodass Autofahrer:innen in Deutschland keinen finanziellen Mehrbelastungen ausgesetzt worden wäre. Für die Euro-6-Autos hätte die Bilanz durch die mit der EU-Kommission beschlossene Änderung jedoch deutlich besser ausfallen können: "Wer ein besonders umweltfreundliches Euro-6-Fahrzeug fährt, zahlt unterm Strich sogar weniger als bisher", versprach der ehemalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Dadurch wären die Entlastungen jedoch 100 Millionen Euro höher geworden, als ursprünglich vorgesehen. Der ehemalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte dazu einen Gesetzesentwurf eingereicht, der zumindest in den ersten beiden Jahren nach der Einführung sicherstellt, dass die jeweilige Kfz-Steuer soweit reduziert wird, dass die Maut-Gebühr in jedem Fall komplett ausgeglichen wird. Ab dem dritten Jahr sollte diese zusätzliche Steuersenkung wieder reduziert werden. Als zweiten Punkt beschloss das Kabinett geänderte Kurzzeittarife für Autofahrer:innen aus dem Ausland. Abhängig vom Schadstoffausstoß der Pkw wäre eine Zehn-Tages-Maut in sechs Preisstufen berechnet worden (die genauen Kosten und ihre Berechnung sind weiter unten zu finden).
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Maut-Vignette | Kosten |
Jahresvignette mit Benzinmotor: | |
Euro 0/1/2/3 | 6,50 € je angefangene 100ccm Hubraum |
Euro 4/5 | 2 € je angefangene 100 ccm Hubraum |
Euro 6 | 1,80 € je angefangene 100 ccm Hubraum |
Jahresvignette mit Dieselmotor: | |
Euro 0/1/2/3 | 9,50 € je angefangene 100 ccm Hubraum |
Euro 4/5 | 5 € je angefangene 100 ccm Hubraum |
Euro 6 | 4,80 € je angefangene 100 ccm Hubraum |
Kurzzeitvignetten | Kosten gemäß aktuellem Gesetz | Geplante Kostenanpassung |
10-Tages-Vignette | ||
wenn Jahresvignette weniger als 20 Euro kosten würde | 5 Euro | 2,50 Euro |
wenn Jahresvignette zwischen 20 und 40 Euro kosten würde | 5 Euro | 4 Euro |
wenn Jahresvignette zwischen 40 und 70 Euro kosten würde | 10 Euro | 8 Euro |
wenn Jahresvignette zwischen 70 und 100 Euro kosten würde | 15 Euro | 14 Euro |
wenn Jahresvignette über 100 Euro kosten würde | 15 Euro | 20 Euro |
2-Monats-Vignette | ||
wenn Jahresvignette weniger als 20 Euro kosten würde | 16 Euro | 7 Euro |
wenn Jahresvignette zwischen 20 und 40 Euro kosten würde | 16 Euro | 11 Euro |
wenn Jahresvignette zwischen 40 und 70 Euro kosten würde | 22 Euro | 18 Euro |
wenn Jahresvignette zwischen 70 und 100 Euro kosten würde | 30 Euro | 30 Euro |
wenn Jahresvignette über 100 Euro kosten würde | 30 Euro | 40 Euro |
Wie wäre die Maut erhoben worden?
Anstelle von Klebe-Vignetten (so kann man sie gut entfernen), wie sie zum Beispiel in Österreich üblich sind, sollten hierzulande die Mautzahler:innen über ihr Kfz-Kennzeichen zu erkennen sein. Stichprobenartig über einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich wäre die Zahlung kontrolliert werden. Die Erhebung der Pkw-Maut hätten private Betreiber übernommen und jährlich 160 Millionen Euro Vergütung bekommen.
Welche Strafen hätten gedroht?
Wer mautpflichtig ist, die Gebühr aber nicht zahlt, hätte mit einem Bußgeld rechnen müssen. Über die Höhe der Geldstrafen war noch verhandelt worden. Die Bußgelder hätten auch im Ausland eingetrieben werden sollen.
Wie ist die Maut in anderen EU-Ländern geregelt?
Land | Maut-Regelung | Preis |
Frankreich | Urlauber müssen auf fast allen Autobahnen Gebühren zahlen. | Streckenabhängig |
Italien/Spanien | Bei Auffahrt auf die Autobahn wird ein Ticket ausgestellt, das bei Abfahrt bezahlt wird. | Streckenabhängig |
Kroatien | Fast alle Autobahnabschnitte sind mautpflichtig. | Streckenabhängig |
Österreich | Vignette für die Nutzung von Autobahnen und Schnellstraßen. | 93,80 EUR/Jahr, 9,60 EUR/10 Tage |
Polen | Die Autobahnen A1, A2 und A4 sind streckenweise gebührenpflichtig. | Streckenabhängig |
Portugal | Die meisten Strecken sind kostenpflichtig. | Streckenabhängig |
Schweiz | Vignette für die Nutzung der Nationalstraßen, zu denen auch Autobahnen gehören. | 40 SFR/Jahr |
Slowenien | Vignette für die Nutzung von Autobahnen und Schnellstraßen. | 110 EUR/Jahr, 15 EUR/Woche |