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Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg (Renault): Interview "Es tat weh, und es tut noch immer weh"

Gregor Messer

Im Interview spricht Nico Hülkenberg, der in der Formel 1 für Renault an den Start geht, über sein Aus beim GP Deutschland, die kommerzielle Seite der Königsklasse, seinen Teamkollegen Daniel Ricciardo und seine Zukunft bei Renault.

Sie sind derzeit WM-Elfter mit zwei siebten Plätzen als besten Resultaten. Läuft alles nach Plan?

Läuft es nicht, ehrlich gesagt. Wir wollten in dieser Saison schon eine deutliche Ecke weiter sein und uns vom Mittelfeld absetzen, um uns auf die Top-3-Teams auszurichten. Leider sieht die Realität anders aus. Wir haben das in drei Jahren nicht hinbekommen. Wir müssen uns selbst eingestehen, dass wir im Moment den Ansprüchen nicht gerecht werden. Mehr zum Thema: Das sind die Autos der F1-Teams

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Sie haben in 167 Rennen noch nie auf dem Podest gestanden. Das ist Rekord. Wie gehen Sie damit um? Oder können Sie das nur mit Ironie beantworten?

Da muss ich nicht ironisch werden. Das ist einfach Fakt. Irgendwo fuchst es mich, andererseits auch wieder nicht, weil ich weiß, worin die Gründe dafür liegen.

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Die da wären?

Es ist vor allem eine Verkettung vieler Umstände. Sergio Perez, mein ehemaliger Teamkollege bei Force India, hatte es ja einige Male geschafft. Ich hatte diese Möglichkeiten auch. Aber in Brasilien 2012 habe ich mir selbst ein Bein gestellt. 2016 in Monte Carlo hat mich Force India mit der Strategie gefoppt, in Baku 2018 habe ich es selbst vermasselt. Deshalb steht jetzt dieser Rekord so da, wie er ist. Aber ich kann damit leben.

Beim Deutschland-GP hatten Sie die größte Chance seit Langem, aufs Podium zu fahren. Stattdessen rutschten Sie ins Aus …

Das war hinterher schwer zu verdauen. Es tat weh, und es tut noch immer weh. Der Stachel von Hockenheim sitzt tief. 40 Runden lang haben wir das Ding geschaukelt. Ich fuhr ein super Rennen, das Team machte einen super Job bezüglich Boxenstrategie und Reifenwahl. Deshalb war ich ja in dieser guten Position. Rang zwei ist eher unüblich für uns. Ich war so sauer auf mich, besonders, weil das Team und Renault ein exzellentes Resultat verdient gehabt hätten. Es war einer dieser Tage, an dem du das Ding einfach machen musst. Ich war super enttäuscht, besonders vor meinen deutschen Fans.

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Wieso ist das passiert?

Vor der letzten Kurve war es sehr rutschig. Um einen Dreher zu vermeiden, musste sich die Lenkung öffnen. In der asphaltierten Auslaufzone war es glatt wie auf Eis, ich konnte das Auto leider nicht mehr stoppen. Wir hatten bis dahin einen phänomenalen Job gemacht – auch mit der Strategie.

Zurück zur Technik: Worin liegen die Gründe, dass Renault gleich zu Saisonbeginn ins Hintertreffen geraten ist, auch gegen die Konkurrenz im Mittelfeld? Lässt sich das klar definieren?

Wir haben schon einige Böcke geschossen. Wir hatten Motorplatzer, andere Zuverlässigkeitsprobleme und wir Fahrer haben uns Fehler geleistet. Das hat viele Punkte gekostet. Ohne all das hätten wir die Performance gehabt, Platz vier in der Konstrukteurswertung zu halten. Aktuell ist es so, dass wir uns ein Duell mit McLaren liefern. Manchmal sind die vorne, manchmal wir. Wir kabbeln uns ein bisschen mit denen. Aber wir müssen versuchen, in dieser Saison noch einen deutlichen Sprung zu machen.

Was ist die Lösung aus dem Strudel heraus? Was müssen die Ingenieure jetzt leisten, am Chassis, an der Aerodynamik, am Motor?

Es ist eine Kombination aus mehreren Dingen. Aber hauptsächlich geht es um die Aerodynamik und um die Charakteristik der Balance des Autos. Also: Was passiert in gewissen Kurvenphasen? Was passiert, wenn wir in den Kurven mehr und mehr Lenkeinschlag hinzugeben? Auch das hat einen Einfluss auf die Aerodynamik. Und da haben wir einfach eine Charakteristik drin, die nicht gut ist, sondern der Balance und der Hinterachse schadet.

Ist der R.S.19 ein Reifenfresser?

Nein, das überhaupt nicht. Was den Verschleiß betrifft sind wir mit den anderen gut bei der Musik dabei.

Vorneweg bestimmen Mercedes, dann Ferrari und Red Bull die Szene. Dann kommt lange nichts, und dann ein sehr enges, hart umkämpftes Mittelfeld. Was muss sich an der Formel 1 ändern, dass sie wieder die Popularität von früher haben wird?

Es gibt immer Rennen, die eher langweilig sind, so wie Ende Juni in Frankreich. Und dann hatten wir Rennen wie zuletzt in Österreich, England und in Hockenheim, die waren für die Fans der absolute Knaller. Das war aber schon immer so in der Formel 1, und das wird in gewisser Weise immer so bleiben. Aber was muss passieren? Da gibt es zum einen die kommerzielle Seite: Die Schere zwischen den großen Teams und den kleineren ist immens. Die Resourcen und der Vorsprung, den die großen Teams haben ist eindeutig messbar. Die haben dadurch mehr Möglichkeiten, mehr Manpower, auch bessere Leute. Das ist der Grund, weshalb das Feld in den vergangenen zehn Jahren ordentlich auseinander gedriftet und gesplittet ist.

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Renault rüstet mit McLaren ein Kundenteam aus. Der englische Konkurrent scheint im Moment ein bisschen die Oberhand zu haben…

Die haben das Momentum auf ihrer Seite, die haben einen guten Run gehabt die letzten drei, vier, fünf Rennwochenenden. Aber McLaren hat auch ein gutes, solides Paket geschnürt. Ihr Auto funktioniert auf allen Strecken, in langsamen, mittelschnellen und in schnellen Kurven. Auch operativ macht McLaren einen guten Job und hat es verdient, dort zu stehen, wo sie sind.

Welche der noch kommenden Strecken werden Ihrem Renault liegen?

Wir starten jetzt gerade in die zweite Saisonhälfte. Wir arbeiten mit Hochdruck an Updates, die diese Charakteristik unseres Autos ändern und verbessern sollen, und das Auto schneller machen sollen. Sie kommen in Singapur ans Auto. Aber das wird noch ein sportlicher Job für unsere Mitarbeiter. Das wird ein echter Fight. Natürlich geben wir nicht auf. McLaren hat derzeit ein gutes Momentum, aber der Kampf um die Vorherrschaft im Mittelfeld ist noch lange nicht vorüber. Am Ende der Saison wollen wir vor McLaren platziert sein. Jetzt stehen erst mal zwei Wochen Sommerpause an.

Daniel Ricciardo ist Ihr neuer Teamkollege. Was können Sie von ihm lernen?

Er hat eine starke Coolness, besonders im Qualifying. Er ist sehr gut darin, seine Runden sehr ruhig und smart zu produzieren. Er lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Natürlich, er ist ein gestandener Rennfahrer, er hat schon sieben Mal gewonnen, er kommt aus einem Top-Team und weiß, wie die Musik da vorne spielt. Das kann er hier bei Renault auch gut umsetzen. Es war klar, dass er eine kleine Eingewöhnungsphase braucht und er dann immer besser in Fahrt kommen wird. Im Qualifying macht er bisher einen guten Job. Ich einen weniger guten. Ich bin speziell im Quali-Thema auch nicht zufrieden mit mir. Ich habe es oft nicht auf den Punkt gebracht und direkt dafür die Quittung bekommen.

Wie müsste die Show in der Formel 1 generell noch besser werden?

Die größte Crux ist die Aerodynamik. Hier müssen wir anfangen. Die aktuellen Autos sind brutal schnell. Aber die Aerodynamik killt gutes Racing: Der dahinter Fahrende kommt an seinen Vordermann nicht ran, er kann kein Manöver starten. Wir müssen weg von diesen Dirty-Air-Wake-Autos, und wir müssen ermöglichen, dass der Hintermann viel näher an seinen Vordermann heranfahren kann. Damit das Ganze viel mehr ein Spektakel wird. Damit wir mehr kämpfen können, mehr als wir das jetzt schon tun. Damit wir wieder mehr Spaß haben und Spannung bieten, und so wieder mehr Zuschauer anlocken.

Bleiben Sie in der nächsten Saison der Formel 1 bei Renault erhalten?

Es gibt keine Gründe, davon nicht auszugehen. Aber es ist noch nicht sicher. Doch was ist in der Formel 1 heute schon sicher? Die Dinge können sich ganz schnell ändern. Aber so, wie die Aktien heute stehen, ist es sehr realistisch, dass ich bei Renault bleibe und auch 2020 in der Formel 1 fahre.

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