Vergleich: Ford Focus vs. Skoda Octavia und Co. Praktische Kombis im Sechskampf
Ford hat mit dem Focus Turnier sein wichtigstes Pferd im Stall aufgefrischt. Reicht das, um der Konkurrenz die Rückleuchten zu zeigen? Großer Vergleich mit den beliebtesten Kombis.
Auch wenn der Focus hierzulande stets im Schatten des übermächtigen VW Golf steht, global betrachtet ist der Ford Focus eindeutig die Nummer eins – und zwar über alle Fahrzeugklassen hinweg. Kein Wunder also, dass der Kompaktwagen zur Mitte der Modellphase nun sorgfältig überarbeitet wird. Äußerlich ist der Focus auf den ersten Blick an der neuen Front im aktuellen Familienlook zu erkennen. Und auch unterm Blech hat sich einiges getan. Statt der unzähligen kleinen Knöpfe findet sich jetzt ein großer Touchscreen auf der Mittelkonsole, der das Cockpit deutlich aufgeräumter wirken lässt. Die Bedienung erfolgt weitgehend problemlos, allerdings ist das Display zu weit vom Fahrer entfernt, und die Bedienfelder sind teils zu klein geraten. Auch unter der Motorhaube hat sich einiges getan. Dort sorgt nun ein neues 1.5 EcoBoost-Triebwerk mit 150 PS für flottes Vorankommen. Der kräftige und laufruhige Turbobenziner entwickelt seine Leistung sehr homogen, allerdings verbraucht er mit 7,9 l/100 km am meisten unter den sechs Kombis. Seinem Ruf als besonders fahragile Golf-Alternative wird der Focus nach wie vor gerecht. Aber kann er sich auch im Vergleich mit fünf anderen Kombis beweisen?
Bildergalerie: Vergleich Ford Focus Turnier
Frischer Ford Focus Turnier gibt sich geschmeidig
Auch ohne adaptive Dämpfer federt der Ford Focus Turnier beeindruckend geschmeidig, gleichzeitig begeistert er mit seinem agilen Handling. Die präzise Lenkung arbeitet jetzt eine Spur leichtgängiger, wodurch sich der Focus noch leichtfüßiger anfühlt, sie hat dabei allerdings ein Quäntchen an Rückmeldung eingebüßt. Auf der Handlingstrecke und beim Slalom ist der Kölner der schnellste –dem spontanen Einlenkverhalten und der agilitätsfördernden Tendenz zum leichten Eindrehen des Hecks bei provozierten Lastwechseln sei Dank. Bei der Sicherheitsausstattung verbesserte Ford das hohe Niveau weiter, der Focus warnt nun sogar beim Rückwärts-Ausparken vor nahendem Querverkehr.
Vergleich: BMW 750i xDrive/Tesla Model S P90D
Honda Civic Tourer: Schon auf den ersten Blick hebt sich der nicht ganz billige Japaner (ab 22.840 Euro) mit der spitzen Front und dem breiten Hintern von seinen europäischen Konkurrenten im Vergleich ab. Im Innenraum geht es ebenso unkonventionell zu. Das Cockpit dürfte vor allem Science-Fiction-Fans gefallen, der große Kofferraum dagegen jedem Alltagsfahrer. Mit 624 bis 1668 Litern ist der nämlich deutlich größer als der Kombi-Klassenschnitt und hält unter dem doppelten Ladeboden sogar ein Fach für Kleinkram bereit. Zudem falten sich die Rücksitze per Hebelzug sehr wirkungsvoll zusammen. Als praktisches Extra lassen sich die Sitzflächen der zweiten Reihe serienmäßig hochklappen, sodass hinter den Vordersitzen ein extra hoher Stauraum entsteht. Bei der Sicherheitsausstattung fährt der Honda ebenfalls auf der Höhe der Zeit. Sowohl ein Abstandsregeltempomat als auch Spur- und Fernlichtassistenten stehen in der Liste der gehobenen Ausstattungslinien.
Das ewige Vergleich-Duell: BMW 7er gegen Mercedes S-Klasse
Und nach dem Jahreswechsel bekommt der Honda Civic Tourer den Notbremsassistenten sogar serienmäßig verpasst. Für den Jahrgang 2015 hat Honda obendrein ein neues Infotainment-System auf Android-Basis (Honda Connect) vorgesehen, das selbst das Internet-Browsen möglich macht, in unserem Testwagen aber noch nicht verbaut war. Dafür kann sich der 1,8 Liter große Benziner schon jetzt gut in Szene setzen. Im Gegensatz zur Konkurrenz verzichtet Honda im Vergleich um 140 PS auf Downsizing und Turbolader und vertraut dafür auf die Vorteile des Saugerprinzips: direkte Gasannahme, homogene Leistungsentfaltung und vor allem Drehfreudigkeit. Zusammen mit dem sehr kurz übersetzten Sechsgang-Getriebe kannder Civic so seinen Drehmomentnachteil bei den Fahrleistungsmessungen gut kaschieren. Allerdings wirken einige Gangsprünge übertrieben kurz: Die Kurbelwelle rotiert bei Tempo 120 im sechsten Gang schon mit gut 3000 Umdrehungen. Klar, dass der Japaner daher beim Verbrauch (7,6 Liter) im Vergleich nicht zu den Besten gehört – beim Bremsen (um 34 Meter) dafür schon. Schade nur, dass einem die etwas indifferente Lenkung zusammen mit der schlechtesten Traktion im Testfeld den Spaß am Kurvenräubern nimmt.
Vergleich: Fährt der Opel Astra an die Spitze
Opel Astra Sports Tourer: Ein Jahr muss der Astra noch durchhalten, ehe sein Nachfolger auf der IAA 2015 vorgestellt wird. Wer nicht solange warten möchte, erhält mit dem aktuellen Modell ein sehr ausgereiftes Auto. Gegen die starke Konkurrenz kommt der Rüsselsheimer in unserem Vergleich dennoch nicht richtig zum Zug. Das liegt unter anderem am hohen Gewicht, das der Astra mit sich rumzuschleppen hat. Mit 1,5 Tonnen wiegt er knapp 200 kg mehr als der Seat Leon ST. Und die zusätzlichen Pfunde drücken nicht nur auf die Agilität: Besonders bei den Fahrleistungen sieht der 140 PS starke Opel kein Land. 10,3 Sekunden genehmigt er sich für den Sprint auf 100 km/h. Eklatanter ist im Alltagsbetrieb allerdings die Durchzugsschwäche, die den Fahrer dazu zwingt, trotz Turboaufladung oftmals einen oder mehrere Gänge zurückzuschalten. Im höchsten Gang vergehen von 80 bis 120 km/h schier endlose 24,6 s (Leon: 10,9 s). Dafür zahlt sich die lange Getriebeübersetzung auf der Verbrauchsrunde aus: Mit glatten sieben Litern ist er mit dem Skoda im Vergleich der Zweitsparsamste. Ordentlich in Szene setzen kann sich der Opel Astra Sports Tourer im Kapitel Fahrkomfort.
Der Astra überzeugt im Vergleich als preiswerter Kandidat
Neben dem VW ist er der einzige Wagen, der mit adaptiven Dämpfern ausgestattet werden kann. Und die machen ihre Arbeit richtig gut, filtern die meisten Unebenheiten recht gekonnt aus. Auch den optionalen Sitzen mit AGR-Prüfsiegel gebührt Lob, lange Etappen verlieren damit ihren Schrecken. Das kann man bei der Bedienung nicht behaupten: Anders als beim Focus tobt auf der Astra-Mittelkonsole noch der Schalterkrieg. Es bedarf schon einiger Gewöhnung, schnell und zielsicher die richtige Taste zu finden. Und das Display des Infotainment-Systems glänzt inzwischen zwar mit seiner hohen Auflösung, die Menüführung ist allerdings nach wie vor wenig nutzerfreundlich. Das Platzangebot in der ersten Reihe geht durchaus in Ordnung, im Fond zählt der Opel gemeinsam mit dem Ford aber zu den weniger spendablen Kombis in unserem Vergleich. Gleiches gilt bei beiden auch für das Kofferraumvolumen und die Variabilität. Attraktive 21.095 Euro verlangt Opel für den Astra Sports Tourer 1.4 Turbo, der speziell als Leasing-Auto unschlagbar günstig ist.
Vergleich: Kompaktklasse-Sportler mit Seat Leon
Seat Leon ST: Unter den drei Kontrahenten aus dem VW-Konzern ist der Seat Leon ST im Vergleich sicher der emotionalste. Er kauert nicht nur einige Zentimeter niedriger über dem Asphalt, sondern ist mit knapp 4,54 Metern obendrein gut zehn Zentimeter kürzer als seine Konzerngeschwister. Alle drei VW-Produkte bauen auf dem Modularen Querbaukasten (MQB) auf, also der Technik-Basis für Autos mit quer eingebauten Frontmotoren. Trotzdem haben vier Erwachsene samt Gepäck mehr als ausreichend Platz im Spanier, denn auch in der zweiten Reihe kann man es wegen der tiefen Sitzposition selbst auf langen Strecken wunderbar aushalten. Die Übersicht ist wegen der kleinen Außenspiegel und der höheren Gürtellinie aber nicht ganz so gut. Und das brillante, acht Zoll große Multimedia-Display mit Touchscreen gibt es nur bei VW und Skoda.
Vergleich: Ford/Peugeot/Seat/Skoda/VW
Außer einiger moderner Sicherheitssysteme (Toter-Winkel-Warner, Verkehrszeichenscanner, Kurvenlicht) vermisst man ansonsten nichts im Leon ST, denn antriebsseitig ist er mit dem 150 PS starken 1.4 TSI hochmodern bestückt. Als leichtester Kandidat im Testfeld (1309 Kilogramm) kann sich der Seat mit sehr guten Fahrleistungen bestens in Szene setzen. In nur 8,5 Sekunden geht es aus dem Stand auf Tempo 100 – und Zwischensprints sind selbst für Schaltfaule schnell erledigt. Die automatische Zylinderabschaltung (ACT) zeigt auf der Verbrauchsrunde der AUTO ZEITUNG allerdings kaum Wirkung. Mit durchschnittlich 7,3 Litern auf 100 Kilometern pegelt er sich im Mittelfeld dieses Vergleichstests ein. Fahrwerk und Lenkung wurden beim Spanier freilich etwas straffer ausgelegt als bei der Konkurrenz, was sportlichen Fahrern entgegenkommen dürfte. Und tatsächlich wird der Seat Leon ST im Vergleich bei den Rundenzeiten nur vom Ford Focus knapp geschlagen.
Vom Platz her bleibt Skoda das Maß aller Dinge
Skoda Octavia Combi: Unter den Kompaktkombis ist der Skoda Octavia längst als pragmatisches Allroundtalent mit unschlagbarem Einstiegspreis gefürchtet. Ab 17.190 Euro steht er im Schaufenster (1.2 TSI, 86 PS). Als 1.4 TSI GreenTec mit 140 PS kostet er mindestens 20.890 Euro und ist damit auf den ersten Blick sogar noch günstiger als der fair kalkulierte Opel Astra Sports Tourer mit gleicher Leistung. Allerdings ist der Rüsselsheimer für diesen Preis immerhin schon mit einer Klimaanlage ausgerüstet. Skoda verlangt dafür 1120 Euro. Mit den für den Test relevanten Extras sind nur Seat und Opel günstiger. Beim Platzangebot bleibt aber der Skoda in unserem Vergleich das Maß der Dinge. Bewegungsfreiheit gibt es reichlich, große Ablagen und Fächer ebenso. Und der etwas längere Radstand kommt besonders Mitfahrern in der zweiten Reihe zugute – hier vermisst niemand mehr den noch längeren Superb. Zumal Verarbeitungsqualität und Materialauswahl fast das Golf-Niveau erreichen, wodurch der Skoda im Karosseriekapitel mit an der Spitze liegt.
Vergleich: Kompakt-SUV
Im Heck nimmt es der Octavia übrigens mit 610 bis 1740 Liter Gepäck auf. Auch beim Langstreckenkomfort hält er mit den Besten der Klasse mit, obwohl er nicht einmal mit adaptiven Dämpfern oder der aufwändig konstruierten Mehrfachlenker-Hinterachse aus dem Golf zu haben ist. Nur die Lenkung kann auf langen Autobahnetappen etwas stören: Um sie aus der Mittellage zu bewegen, muss man einen spürbaren Widerstand etwas ruckartig überwinden, worunter auch der Geradeauslauf etwas leidet. Bei flotter Fahrweise wirkt der Octavia gerade im Vergleich zu den Fahrdynamikern Seat Leon und Ford Focus etwas träge. Zwar lenkt er willig ein, untersteuert aber etwas früher als die Konkurrenten. Sicher fühlt man sich hinter dem Steuer aber allemal. Und an der kräftigen Vorstellung des 1,4-Liter-Turbomotors ändert das überhaupt nichts. Bei jeder Drehzahl liefert der hier etwas knurrig schnaufende TSI ausreichend Punch und begnügt sich bei der Verbrauchsmessung auch ohne Zylinderabschaltung mit durchschnittlich sieben Liter Super auf 100 Kilometern.
Verbauchs-Vergleich: VW Golf 1.0 TSI/1.4 TSI
VW Golf Variant: Der VW Golf Variant ist das dritte Modell aus dem Volkswagen-Konzern in diesem Vergleich. Also dreimal die gleiche Technik? Nicht ganz, beispielsweise beim Fahrwerk. Anders als bei Seat und Skoda kommt im Golf Variant hinten eine Mehrfachlenker- statt der simpleren Verbundlenkerachse zum Einsatz. Und die adaptive Dämpferregelung für 1015 Euro, mit der unser Testwagen bestückt ist, gibt es ebenfalls ausschließlich für den Wolfsburger. Der technische Aufwand lohnt sich, denn wo die Konzernbrüder an der Hinterhand Querfugen recht trocken weitergeben, glänzt der Golf mit dem feinen Ansprechverhalten seiner Hinterachse. Damit setzt er sich in diesem Umfeld an die Spitze. Gleiches gilt für die vielfältig einstellbaren AGR-Sitze samt Massagefunktion für 645 Euro. Abgerundet wird der angenehme Aufenthalt im Golf durch das hochwertige Cockpit, das mit Ausnahme der etwas verzwickten Bedienung der Lenkradtasten kaum der Gewöhnung bedarf.
Vergleich der VW-Kompakten: Golf/Variant/Touran/Tiguan
Der althergebrachte zusätzliche Hebel unterhalb des Blinkers für den adaptiven Geschwindigkeitsregeltempomaten wie in Leon und Octavia erweist sich in der Praxis als die bessere Lösung. Beste Fahrleistungen bei gleichzeitig niedrigstem Testverbrauch im Vergleich. Motorenseitig gibt es ebenfalls kleine, aber feine Unterschiede. Im Octavia kommt noch die zehn PS schwächere Ausbaustufe des 1.4 TSI zum Einsatz, und im Gegensatz zum Leon verzichtet der 150-PS-Golf auf die Zylinderabschaltung (ACT). Dennoch genehmigt sich der 1,4-Liter-Turbo mit 6,8 l/100 km am wenigsten Sprit, liefert aber mit dem Variant die besten Fahrleistungen ab – wenn auch nur knapp vor Seat und Skoda. Was die Transportqualitäten anbelangt, zieht sich der VW ebenfalls glänzend aus der Affäre: Das Ladevolumen liegt mit 605 bis 1620 Litern zwar leicht hinter denen von Skoda und Honda, dafür bietet der Golf mit der serienmäßigen Durchreiche sowie der ebenfalls aufpreisfreien umklappbaren Beifahrersitzlehne die beste Variabilität in unserem Vergleich. Da der Wolfsburger mit seinen hervorragenden Bremswerten auch im Kapitel Fahrdynamik nichts anbrennen lässt, setzt er sich in der Gesamtrechnung trotz des höchsten Preises (25.725 Euro) an die Spitze des Feldes.
Im Wettstreit um die Krone unter den Kompakt-Kombis kann sich der VW Golf Variant an die Spitze des Testfelds setzen. Er entscheidet vier von fünf Kapiteln für sich und feiert einen ungefährdeten Sieg. Dahinter folgt der Skoda Octavia Combi. Der Tscheche ist zwar knapp 5000 Euro günstiger als der Golf, dafür aber auch sehr spärlich ausgestattet. In den meisten Belangen liegt er auf VW-Niveau, beim Raumangebot sogar deutlich vor ihm. Der Dynamiker unter den drei Kombis aus dem Volkswagen-Konzern heißt Seat Leon ST. Er sieht nicht nur sportlich aus, er fährt sich auch so. Dafür muss man allerdings leichte Komforteinbußen hinnehmen. Auch beim Platzangebot für Passagiere und Gepäck liegt er hinter den Konzernbrüdern. Der frisch überarbeitete Ford Focus Turnier belegt Rang vier. Aus einem guten hat Ford ein noch besseres Auto gemacht. Besonders in puncto Bedienung hat der Focus gewonnen. Auch das Fahrwerk und die Sicherheitsausstattung wurden weiter verfeinert. Der neue Motor überzeugt ebenfalls, nur der Verbrauch fällt etwas zu hoch aus. Platz fünf geht an den Opel Astra Sports Tourer, der mit recht deutlichem Abstand folgt. Dem schwergewichtigen Astra ist das fortgeschrittene Alter inzwischen anzumerken, mit Ausnahme des guten Komforts bietet er meist nur Durchschnittliches. Die rote Laterne trägt der Honda Civic Tourer. Der Japaner ist mit seinem extravaganten Design ein erfreulicher Farbtupfer und setzt mit seinem großen Gepäckabteil den Bestwert in dieser Klasse. Ansonsten kann er aber nur wenig auftrumpfen.
Alexander Lidl, Markus Schönfeld