Born/Niro EV/2/Megane E-Tech: Vergleichstest
Vier Alltagsstromer im Test
- Cupra Born, Kia Niro EV, Polestar 2 & Renault Megane E-Tech im Vergleichstest
- Fahrkomfort: Massagefunktion im Cupra Born
- Motor/Getriebe: Reichweitensieg für den Kia Niro EV
- Fahrdynamik: Ruppiges ESP im Renault Megane E-Tech
- Umwelt/Kosten: Geringer Wertverlust im Polestar 2
- Messwerte & technische Daten Cupra Born, Kia Niro EV, Polestar 2 & Renault Megane E-Tech
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Nein, diesmal sind es keine sündteuren Elektro-Exoten: In diesem Vergleichstest treten brave Alltags-Stromer gegeneinander an. Der Plan: Prüfen, was der neue Kia Niro EV legen Cupra Born, Polestar 2 und Renault Megane E-Tech ausrichten kann.
Der neue Kia Niro EV stellt sich im Vergleichstest den Konkurrenten Cupra Born, Polestar 2 und Renault Megane E-Tech. Noch sind viele Fragen zur Zukunft der E-Mobilität nur unzureichend geklärt. Werden künftig genügend Schnellladesäulen zur Verfügung stehen? Hält das Stromnetz stand, wenn dereinst hunderttausende E-Autos über Nacht am Stecker hängen? Wird es überhaupt genug regenerativ erzeugten Strom geben, wenn die Stromer-Flotte eine Millionenauflage erreicht hat? Nur so wird ja die E-Mobilität bekanntlich zur sauberen Sache. Fragen über Fragen, die sukzessiv positiv beantwortet werden dürften, sofern nicht lebensferne Polit-Ideologien, die überhand gegenüber klugen Ingenieursideen gewinnt. Die Automobilhersteller scheinen da zuversichtlich. Wie sonst wäre das wachsende Angebot an Stromern zu erklären? Weil Vater Staat und Hersteller mit Prämien kräftig mithelfen, gelangen Elektroautos auch zunehmend in Regionen, wo sie für das Budget von Otto-Normalverbrauchenden erreichbar werden. Dafür steht die koreanische Marke schon länger, wie der Kia e-Niro zeigt, dessen Nachfolger nun als Niro EV am Start steht und sich der internationalen Konkurrenz stellen muss. Auch interessant: Unsere Produkttipss auf Amazon
Der Kia Niro EV (2022) im Video:
Cupra Born, Kia Niro EV, Polestar 2 & Renault Megane E-Tech im Vergleichstest
Gegenüber seinem Vorgänger ist der Kia Niro EV um 45 Millimeter auf 4,42 Meter gewachsen. Damit passt er, wie das Gros seiner Rivalen immer noch in die Kompaktklasse. Nur der Polestar 2, ein Vertreter von Volvos Elektro-Tochter, tendiert mit gut 4,60 Metern Richtung Mittelklasse. Überraschenderweise bietet seine Schrägheck-Karosserie aber zumindest vorn am wenigsten Platz. Im Fond am engsten ist es dagegen im Renault Megane E-Tech, dessen Architektur, wie die des Cupra Born, an die fünftüriger Kompaktwagen erinnert, wodurch die Passagier:innen nach dem Einsteigen den Kopf einziehen müssen. So beschert schließlich der Koreaner mit seinem SUV-artigen Aufbau seinen Fahrgästen das beste Raumgefühl, ordentliche Übersichtlichkeit inklusive. Am anderen Ende würde der Renault Megane E-Tech rangieren, besäße er nicht einen Innenspiegel mit Heckkamera-Display, das eine freie Sicht auf das Geschehen hinter dem Auto gewährt. Geht es ans Beladen, setzt sich der Kia Niro EV abermals in Szene: 475 bis 1392 Liter Gepäckraum plus einem 20 Liter fassendes Fach unter der vorderen Haube bleiben in diesem Vergleichstest unerreicht. In Sachen Praktikabilität stehen beim französischen Stromer ein recht tief liegender Kofferraumboden und eine störende Stufe im Ladeboden im Soll, die sich nach Umklappen der asymmetrisch geteilten Rücksitzlehne zeigt. Hinsichtlich der Bedienung nervt der Cupra Born mit unpraktischen Slider-Tasten im Lenkrad und für die Temperaturregulierung sowie einem Touchscreen, der sich mitunter von Eingabebefehlen völlig unbeeindruckt zeigt. Die Menü-Gliederung ist ebenfalls nicht auf Anhieb selbsterklärend. Das gilt auch für den Renault mit seinen verstreut erscheinenden Bedien-Icons. Wer sich hier etwa unter dem Fahrzeugsymbol in das Menü "Einstellungen" verirrt, findet sage und schreibe elf untereinander aufgelistete Unterpunkte, die beim Lesen während der Fahrt viel Aufmerksamkeit binden. Prima im Polestar 2: große Bedienkacheln, die auch auf schlechter Fahrbahn leicht zu treffen sind, eine Top-Sprachbedienung und ein Google-basiertes Navi, das bei der Zielführung neben Ladesäulen und dem Ladebedarf bis zum Ziel auch die Bezahlmöglichkeiten für den Strom vor Ort anzeigen kann. Perfekt! Vorbildliches leistet auch Kia, in diesem Fall auf dem Feld der Sicherheitsausstattung. So bietet der Kia Niro EV eine nahezu unüberschaubare Assistenzarmada: Einen Ausstiegs-Helfer (Serie), der beim Türöffnen vor von hinten herannahendem Verkehr warnt, einen Abbiegeassistenten (Serie), einen Autobahnassistenten II (opt.), der den Sicherheitsabstand selbstständig vergrößert, falls der Hintermann zu dicht auffährt, oder der Insassen-Alarm (Serie), der vor zurückgelassenen Kindern auf den Fondsitzen warnt, findet man in dieser Klasse selten.
Fahrkomfort: Massagefunktion im Cupra Born
Einzig der Cupra Born rollt mit optional adaptiven Dämpfern zum Vergleichstest, seine Konkurrenten vertrauen auf ungeregelte Fahrwerke. Nicht die schlechteste Entscheidung, wie sich später noch zeigen wird. Bereits auf den ersten Metern zeigt der Cupra einen recht geschmeidigen Umgang mit Asphaltverwerfungen, kann dabei aber eine strafe Grundnote nicht verbergen. Diese äußert sich beispielsweise beim Überfahren von welligem Kopfsteinpflaster in steten zittrigen Karosseriebewegungen. Davon bleiben die Passagier:innen seines koreanischen Konkurrenten verschont, denn der Kia Niro EV legt im Umgang mit schlechten Fahrbahnen deutlich mehr Sanftmut an den Tag. Was ihm unter die Räder kommt, verebbt auch ohne elektronische Regelung weitgehend in seinen Feder-Dämpfer-Elementen, ohne die Insassen zu belästigen. Allenfalls Fräskanten werden deutlich und auch akustisch wahrnehmbar weitergeleitet. Apropos Geräusch: Speziell der Polestar 2 informiert auf Schlaglochpisten das Fahrpersonal mit teils poltrigen Geräuschen über seine Feder-Dämpfer-Arbeit und absorbiert Fahrbahnunebenheiten währenddessen eher hemdsärmelig. Da stößt es hier und zittert dort, was deutlich darauf hinweist, dass ihm die Souveränität seiner vorgenannten Konkurrenten fehlt. Beachtlich: Vollgepackt bis an die Zuladungsgrenze rollt er demgegenüber spürbar geschmeidiger ab und hält Asphaltmängel besser von der Besatzung fern, ohne jedoch an die Qualitäten des Cupra Born und des Kia Niro EV heranzureichen. Der Renault Megane E-Tech schließlich zeigt im Fahrkomfort zwei Gesichter. Auf Fahrbahnunebenheiten federt er einerseits sensibel an, hat aber andererseits Mühe, Bodenwellen und Schlaglöcher so zu verarbeiten, dass das Bordpersonal davon unbehelligt bleibt. Im Gegenteil: Voll Beladen werden die Insass:innen vor allem im Fond auf Rüttelpisten kräftig durchgeschüttelt. Buch lesen oder am Tablet arbeiten? Zwecklos! Derlei würde unabhängig davon auch durch die mäßige Sitzposition eingeschränkt, denn die Personen sitzen im Fond mit stark angewinkelten Beinen. Beispielhaft im positiven Sinne ragen hier der Spanier und der Koreaner heraus. Beim Platz nehmen auf den Vordersitzen heimst der Cupra Born dank ordentlicher Polsterung, einer ausziehbare Schenkelauflage und der optionalen Massagefunktion abermals die größten Sympathien ein.
Motor/Getriebe: Reichweitensieg für den Kia Niro EV
Während Cupra Born, Kia Niro EV und Polestar 2 Standard Range Single Motor auf permanenterregte Synchronmaschinen setzen, installiert Renault im Renault Megane E-Tech EV 60 220 HP eine fremderregte Synchronmaschine. Diese kommt bei der Herstellung ohne seltene Erden aus, was ihre Produktion günstiger und umweltfreundlicher macht. Eine permanenterregte Synchronmaschine hat allerdings den höchsten maximalen Wirkungsgrad. Die Leistungsspektren der Testkandidaten bewegen sich zwischen 150 kW (204 PS) im Kia Niro EV und 170 kW (231 PS) im Polestar 2 und im Cupra Born. Der Cupra Born erreicht eine Maximal-Leistung übrigens per Boost-Funktion und hält sie über 30 Sekunden. Das reicht, um ihn bei der Beschleunigungsmessung nach vorn zu katapultieren: Nur 6,7 Sekunden vergehen im Vergleichstest bis zur 100-km/h-Marke. Für diese Übung benötigt der Kia Niro EV fast eine Sekunde mehr. Doch darf der Koreaner mit 167 km/h etwas schneller rennen als seine Konkurrenten, die bei 160 km/h abgeregelt werden. Da die Höchstgeschwindigkeit auf verkehrsreichen deutschen Autobahnen einen zunehmend theoretischen Wert hat, reichen die Fahrleistungen der Testkandidaten im Alltag aus. Beeindruckend ist dagegen die Zugkraft, die alle vier Kandidaten – elektromotortypisch – beim Tritt aufs Strompedal umgehend spüren lassen. Zwar bietet der Polestar mit 330 Newtonmetern das höchste Drehmoment, ist aber bei der Kraftentfaltung wegen seines hohen Gewichts eher mit dem schwächsten des Quartetts, dem Niro EV, vergleichbar. Dieser benötigt von allen Wettbewerbern am wenigsten Strom. Sein Testverbrauchs liegt bei 17,0 kWh auf 100 Kilometern, was im Verbund mit seiner Batterie-Nettokapazität von 64,8 kWh die höchste Reichweite im Testfeld ergibt: 381 Kilometer. Davon kann man beim Cupra nur träumen. Der Stromspeicher des Born bringt es nur auf 58 kWh, so sind infolge des höchsten Testverbrauch von 19,4 kWh nur 298 Kilometer möglich, und mit sehr zurückhaltendem Strom-Fuß auch nur 358 Kilometer (Kia: 469, Polestar: 416, Renault: 397 Kilometer). Abhilfe schüfe die optionale 77-kWh-Version, die aber 5700 Euro mehr kostet. Nähert sich die Reichweite dem Ende, lässt sich der Renault an der Stromtankstelle mit bis zu 22 kW Wechselstrom laden, während die Konkurrenten hier nur mit maximal 11 kW "betankt" werden können. An der Schnellladesäule braucht man Geduld, denn der Kia Niro EV lädt Gleichstrom mit höchstens 72 kW Ladeleistung. Der Cupra erreicht bis zu 120, Polestar und Renault 130 kW.
Fahrdynamik: Ruppiges ESP im Renault Megane E-Tech
Um es gleich vorwegzunehmen: Dem sportlichen Habitus der Marke Cupra wird auch der Test-Born gerecht. Mit seiner serienmäßigen Progressiv-Lenkung folgt der Cupra Born überaus spontan den Richtungsvorgaben und wirkt entsprechend lebhaft. Dank der montierten "Hochleistungsbereifung" samt der adaptiven Dämpfern (im Paket für 1790 Euro) stellt er eine gute Traktion und ein hohes Querbeschleunigungspotenzial zur Verfügung, was ihm zu den schnellsten Handling- und Slalom-Zeiten im Vergleichstest verhilft. Das ist alles Stoff für gehobenen Fahrspaß, gleichzeitig bei diesem Testwagen aber auch nur die halbe Wahrheit, denn der Born hat eine sehr lebhafte Hinterachse, die je nach Lenkwinkel und Lastzustand eine ausgeprägte Übersteuertendenz an den Tag legt. Diese rechtzeitig einzufangen, ist normalerweise Aufgabe des ESC (ESP), das in der Testwagenkonfiguration (Bereifung und Fahrwerk) auch vollständig deaktivierbar ist. Rollt man nun das elektronische Fangnetz ein, was im öffentlichen Straßenverkehr tunlichst unterbleiben sollte, keilt die Hinterachse bei Lastwechseln in Kurven je nach Lenkwinkel und Tempo recht heftig aus. Der folgende überraschende Heckschwenk erfordert blitzschnelles Gegenlenken und kann leicht in einem Dreher münden. Zweifelsohne gibt es Autos, die sich im Grenzbereich wesentlich gutmütiger benehmen. Immerhin schafft es der Cupra Born, trotz seiner mäßig dosierbaren Bremse die kürzesten Bremswege zu realisieren. Der Neuzugang unter den kompakten Stromern zeigt sich weit weniger sportlich und absolviert Kurvenpassagen mit deutlich mehr Seitenneigung. Das große Manko des Kia Niro EV ist allerdings seine mäßige Traktion. Leistungseinsatz am Kurvenscheitelpunkt lassen die Vorderräder vergeblich scharrend um Haftung ringen. Obendrein sind seine Bremswege die längsten des Testquartetts. Dennoch verkneift er sich tückische Fahrwerksreaktionen. Über eine gutmütige Abstimmung freut man sich auch beim Polestar 2. Dessen Lenkung arbeitet zwar mit vergleichsweise großen Lenkwinkeln, und an der Haftgrenze setzt moderates Untersteuern ein, trotzdem fühlt er sich schwerfälliger an als Cupra Born und Kia Niro EV. Das trägere Einlenken und das sanfte Eindrehen des Hecks beim Stromwegnehmen in Kurven macht ihn sehr berechenbar. Der Renault Megane E-Tech ist da deutlich lebhafter unterwegs, er setzt vorgegebene Richtungswechsel sehr spontan um. Allerdings kommt der Aufbau dabei über Gebühr in Bewegung, was zu Lasten der Fahrpräzision geht. Gerät der Franzose dann in den Regelbereich des ESC, reagiert dieses eher ruppig. In Sachen Abstimmung hat der Renault also eindeutig Luft nach oben.
Umwelt/Kosten: Geringer Wertverlust im Polestar 2
Die derzeit noch happigen Batteriekosten sorgen bei Elektro-Fahrzeugen für ein immer noch ziemlich hohes Preisniveau. Die Umweltprämie von Herstellern und Vater Staat in Höhe von jeweils 9570 Euro lässt die Preise aber deutlich schmelzen. Wider Erwarten verlangt der Renault Megane E-Tech den höchsten finanziellen Einsatz. Der Franzose kostet inklusive der testrelevanten Extras 38.380 Euro, das sind immerhin 3610 Euro mehr als für den Günstigsten im Quartett, den Cupra Born. Auf lange Sicht freuen sich Polestar 2-Besitzer über den geringsten Wertverlust. Mit 23.222 Euro ist aber binnen vier Jahren auch hier der Gegenwert eines gut ausgestatteten Kleinwagens abzuschreiben. Ansonsten profitiert bei den laufenden Kosten der Spanier in der Summe von der günstigsten Typklasseneinstufungen. Allen Kandidaten in diesem Vergleichstest gemein ist dagegen die zehnjährige Steuerfreiheit für Elektroautos. Bekanntermaßen verlangen E-Mobile nach weniger Wartung als Verbrennerfahrzeuge. Da der ADAC aufgrund einer unzureichenden Datenlage keine Berechnungen für den Polestar 2 anstellen konnte, wurde dieser Punkt auch nicht bewertet. Am Ende ist es schließlich der Kia Niro EV, der mit seiner Siebenjahres-Garantie der Konkurrenz im Kostenkapitel auf und davon stromert.
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Messwerte & technische Daten Cupra Born, Kia Niro EV, Polestar 2 & Renault Megane E-Tech
Ergebnis in Punkten
Der neue Kia Niro EV stellt eine gelungene Weiterentwicklung des Themas kompakte Stromer dar. Viel Platz, eine umfangreiche Ausstattung, der niedrigste Verbrauch, die höchste Reichweite und der beste Komfort lassen ihn eifrig Zähler sammeln. Dennoch reicht es nur für den zweiten Platz, denn der Testsieger Cupra Born zieht in der Fahrdynamik, – hier insbesondere mit den kürzesten Bremswegen – und dem niedrigeren bewerteten Preis an ihm vorbei. Der Polestar 2 macht einen äußerst soliden Eindruck und glänzt mit der besten Qualität und ordentlicher Bedienung. Er darf sogar bis zu 1500 Kilogramm schwere Anhänger ziehen. Doch seine knapp geschnittene Karosserie vereitelt einen besseren statt des dritten Platzes. Bleibt der Renault Megane E-Tech als fahrsicheres und ansprechend designtes Auto. Mit Feinschliff im Detail wäre mehr als der vierte Platz im Vergleichstest drin.