Alfa Romeo Giulia 2.2 Q4 Veloce/BMW 320d xDrive: Test Die Giulia Veloce fordert den BMW 320d
Getestet: Mit kräftigem Diesel und Allradantrieb weckt die Alfa Romeo Giulia Q4 Veloce nicht nur bei Italien-Fans Begehrlichkeiten. Doch wie schlägt sich die rassige Schönheit gegen den ausgereiften BMW 320d xDrive?
Der Wettbewerb zwischen Alfa Romeo und BMW gehört seit vielen Jahrzehnten zu den spannendsten Duellen in der Automobilwelt. Nachdem die Italiener jedoch zuletzt weitgehend mit stumpfen Waffen gegen die moderne und vielseitige Fahrzeugflotte der Münchner gekämpft haben, soll die schöne Giulia nun wieder für Glanz und Gloria im Hause Alfa sorgen. Mit 210 PS starkem Turbodiesel, Achtstufen-Automatik und Allradantrieb tritt sie gegen den 320d xDrive mit 190 PS an. Schafft der Alfa es, seinen Leistungsvorteil in einen Testsieg umzumünzen?
Die Alfa Romeo Giulia im Video:
Test: Alfa Romeo Giulia Diesel vs. BMW 320d
Stil haben sie ja, die Italiener. Das beweist auch die geschmackvolle Konfiguration unseres Giulia-Testwagens, der innen kontrastierend zum pechschwarzen Äußeren mit feurig roten Lederbezügen ausstaffiert ist. Viel wichtiger aber: Die Funktionalität des leicht zum Fahrer geneigten Cockpits – BMW lässt grüßen – stimmt. Durch die benutzerfreundliche Architektur liegen alle wesentlichen Bedienelemente, beispielsweise die der Klimaanlage, griffgünstig zur Hand. Einzig der Bildschirm ist zu tief positioniert. Die Steuerung der Multimedia-Einheit erfolgt – erneut ein freundlicher Gruß aus München – über einen Dreh-Drück-Steller, der aber anders als beim 3er keine Schreibeingaben auf der Oberfläche erlaubt. Dennoch geht die Bedienung im Alfa grundsätzlich recht leicht von der Hand, auch wenn die Menüstruktur nicht ganz die intuitive Logik des Kontrahenten erreicht. Ein weiterer Vorzug des BMW ist das bessere Platzangebot. Im Italiener fehlt es aufgrund der sehr türnahen Sitzposition vorn an Ellbogenfreiheit, während der flache Dachverlauf hinten in Form geringer Kopffreiheit seinen Tribut fordert. Für Gepäckstücke bieten beide Limousinen auf dem Papier gleich viel Stauraum an: 480 Liter. Allerdings lässt sich der Kofferraum des 320d wegen der größeren Ladeluke und der niedrigeren Ladekante einfacher befüllen. Dass die Verkleidung des Kofferraums bei unserem Giulia-Testwagen linksseitig am Scharnier des Heckdeckels schleift und dabei unschöne Geräusche entstehen, trübt den Qualitätseindruck ebenso wie der mit reichlich Spiel auffallende Automatik-Wählhebel oder die bei hohen Geschwindigkeiten abenteuerlich flatternde Motorhaube. Der BMW wirkt insgesamt solider und auch im Detail besser verarbeitet. Bei der Sicherheitsausstattung hat indes die Giulia ihre hübsche Nase vorn, weil sie im Gegensatz zum 320d Assistenzsysteme wie eine autonome Notbremse mit Personenerkennung, eine Spurhaltehilfe oder auch Xenon-Scheinwerfer serienmäßig an Bord hat.
Der Fahrkomfort ist im BMW ausgeprägter
Entspanntes Langstreckenreisen ist eine ausgeprägte Domäne des unaufgeregten BMW 320d xDrive. Sein durch die optionalen adaptiven Dämpfer begünstigter Federungskomfort schafft den schwierigen Spagat zwischen sportlicher Straffheit und alltagstauglicher Schluckfreudigkeit mit Bravour. Vor allem das hochsensible Anfedern auf kleineren Kanten oder Asphaltflicken beeindruckt nachhaltig. Dem hat die Giulia mit ihrem zu harten Set-up trotz elektronisch geregelter Dämpfer nichts entgegenzusetzen. Kurz aufeinanderfolgende Wellen etwa quittiert der Alfa mit einer deutlichen Stuckerneigung, und selbst auf vermeintlich ebenen Autobahnasphalt ist seine Karosserie stets in Bewegung. Immerhin sitzt man auf den Sportsitzen, die der Italiener mit der getesteten Motorisierung serienmäßig beinhaltet, bequem – auch wenn die weiter geschnittenen Sportsitze des BMW (550 Euro) breiteren Staturen besser passen. Überdies offeriert der 3er hinten durch die konturiertere Rückbank den angenehmeren Sitzkomfort. Mehr zum Thema: Giulia bald mit 2.0 und 350 PS?
Motor/Getriebe: BMW sparsam, Alfa schnell
Der bullige 2,2-Liter-Turbodiesel verhilft der Giulia zu sehr guten Fahrleistungen. Mit einer Beschleunigung von nur 6,6 Sekunden auf Tempo 100 und einer Spitze von 235 km/h gehört sie eindeutig zu den schnelleren Vertretern der Mittelklasse. Darüber hinaus erfreut der italienische Selbstzünder im Dynamic-Modus mit einer extrem spontanen Gasannahme. Und auch die Abstimmung der von ZF zugelieferten Achtstufen-Automatik ist ähnlich gelungen wie die des BMW, der mit dem gleichen Getriebe unterwegs ist. Weniger schön ist der akustisch sehr raue Lauf des Giulia-Motors. Der 320d macht ebenfalls keinen Hehl daraus, dass es sich bei seiner Motorisierung um einen Vierzylinder-Turbodiesel handelt. Insgesamt aber geht sein 2,0 Liter großer Direkteinspritzer leiser und kultivierter zu Werke als das Alfa-Triebwerk. Dafür hat der Bayer bei den Fahrleistungen das Nachsehen. So benötigt der BMW 0,7 Sekunden mehr, um auf 100 km/h zu Beschleunigen. Bis Tempo 150 fehlen ihm gar 1,8 Sekunden auf den Alfa. Dafür ist das Münchner Triebwerk sparsamer und konsumiert im Schnitt 0,4 Liter Kraftstoff weniger auf 100 Kilometern.
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Handling/Slalom mit knappem Abstand an den Alfa
Der BMW 3er gehört zweifellos zu den fahraktivsten Fahrzeugen im Segment. Doch in der Giulia Q4 hat zumindest der 320d xDrive seine Meisterin gefunden. Der mit einem bestechend leichtfüßigen Einlenkverhalten gesegnete Alfa gibt auf der Rundstrecke und auch in der Slalomgasse den Ton an. In schnellen Wechselkurven täuscht die Giulia gekonnt darüber hinweg, dass sie mit 1653 Kilogramm gar nicht mal so leicht geraten ist. Bei der Zeitenjagd hilft zudem die sehr präzise Lenkung, der durch ihre ausgeprägte Leichtgängigkeit allerdings etwas das Gefühl abhanden gekommen ist. Doch der kaum weniger agile, mit einer nahezu perfekten Lenkung ausgerüstete Münchner ist dem südländischen Herausforderer denkbar dicht auf den Fersen und umrundet die Handlingstrecke mit einem Abstand von nur zwei Zehntelsekunden. Auch den Slalom-Parcours durchwedelt der Bayer gerade einmal 0,2 km/h langsamer. Insgesamt fährt sich der 3er aber unaufgeregter als die aufgrund der harten Fahrwerksabstimmung fast schon etwas nervös wirkende Giulia, die mit ihren sehr großen Wendekreisen übrigens für extrem enge Parkhäuser nur bedingt geeignet ist. Für die äußerst neutral liegenden Allradler gilt indes: Traktionsverluste sind zu keinem Zeitpunkt ein Thema. Wie auf Schienen beschleunigen sowohl Alfa als auch BMW selbst aus Haarnadelkurven heraus ohne spürbaren Schlupf. Mehr zum Thema: Neuer 3er Touring mit Dreizylinder
Umwelt/Kosten: Giulia besser ausgestattet
Der Grundpreis des Alfa liegt satte 6350 Euro über dem des BMW. Allerdings ist die Italienerin viel umfangreicher ausgestattet. Im Gegensatz zum 320d xDrive sind Features wie Einparkhilfe, Klimaautomatik, Sportsitze samt Lederbezügen, das Automatik-Getriebe oder auch die schicke 18-Zoll-Mischbereifung Serienbestandteil der Giulia. Konfiguriert man diese Extras beim 320d hinzu, ergibt sich sogar ein Preisvorteil von rund 4000 Euro zugunsten des Alfa. Dennoch sichert sich der BMW mit seinem günstigeren bewerteten Preis und der wesentlich vielseitigeren Multimedia-Ausstattung die Pole Position im Kostenkapitel – und nicht zuletzt auch den Gesamtsieg.
Technische Daten
Technische Daten | Alfa Romeo Giulia 2.2 Diesel Q4 Veloce | BMW 320d xDrive |
Motor | 4/4, Turbodiesel | 4/4, Turbodiesel |
Hubraum | 2143 ccm | 1995 ccm |
Leistung | 210 PS | 190 PS |
Maximales Drehmoment | 470 Nm | 400 Nm |
Getriebe | 8-Stufen-Automatik | 8-Stufen-Automatik |
Antrieb | Allrad, permanent | Allrad, permanent |
0-100 km/h | 6,6 s | 7,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | 235 km/h | 233 km/h |
Leergewicht | 1535 kg | 1515 kg |
L/B/H in mm | 4643/1860/1450 | 4633/1811/1434 |
Kofferraum | 480 l | 480 l |
Testverbrauch | 6,8 l D/100 km | 6,4 l D/100 km |
Grundpreis | 46.800 Euro | 40.450 Euro |
Bewerteter Preis | 48.100 Euro | 46.650 Euro |
Die Alfa Romeo Giulia ist nicht nur für ausgewiesene Alfisti, sprich Markenfans, eine echte Alternative zu den üblichen Mittelklasse-Modellen im Premium-Bereich. Dank ihrer bestechenden Fahrdynamik und dem bärenstarken Antrieb bereitet die heißblütige Italienerin jede Menge Freude am Fahren und wildert damit ungeniert im Revier des Münchner Wettbewerbers. Trotzdem schnappt sich der routinierte BMW 320d xDrive den Testsieg. Er bietet insgesamt die etwas besseren Platzverhältnisse und den feineren Fahrkomfort. Dabei lässt die Allrad-Limousine keineswegs die markentypische Agilität außer Acht. Im Gegenteil: Im Handling und im Slalom folgt der 3er der heißblütigen Giulia mit knappem Abstand. Darüber hinaus ist der Bajuware penibler verarbeitet und im bewerteten Preis günstiger.