Der im Jahr 1988 vorgestellte VW Corrado bietet bewährte Technik bei exklusiver Optik. Wo liegen die Stärken und Schwächen des schicken Coupés? Kaufberatung!
Der Start war holprig: Der VW Scirocco war in die Jahre gekommen, das letzte Update lag sieben Jahre zurück. Volkswagen entwickelte ein neues Coupé auf Basis des Golf II – die beiden Scirocco-Generationen bauten noch auf dem Vorgänger auf. Mit technischen Finessen und einem besseren Fahrwerk sollte das Segment der sportlichen Zweitürer wieder belebt werden. Am Ende stand keine Ablösung, sondern ein weiteres Modell beim Händler: Der VW Corrado wurde über dem Scirocco positioniert.
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Ratgeber: Darauf beim Kauf eines VW Corrado achten
Um sich vom Scirocco abzugrenzen, bot der VW Corrado auch mehr: Statt einer schwarzen Gummilippe gab es einen elektrisch ein- und ausfahrbaren Spoiler am Heck. ABS war serienmäßig an Bord. Zur Markteinführung kam er zudem gleich mit dem 160 PS (118 kW) starken G60-Motor. Die G-Lader-Technik war nicht neu, man kannte sie bereits aus dem Polo G40 von 1985. Der G60-Motor war immerhin auch noch im Passat und im Golf zu haben. Auch wenn die Basis bei der Markteinführung nicht mehr ganz frisch war (der Golf II kam 1983 auf den Markt), wirkte der Corrado deutlich moderner als der Scirocco.
Die wahren Unterschiede zeigten sich im Vergleich auf der Strecke: Der Scirocco fühlte sich agiler an, nicht zuletzt aufgrund des kürzeren Radstands und des geringeren Gewichts. Der VW Corrado aber war dafür souveräner, schneller und komfortabler. Entsprechend fiel deshalb das Resümee eines Vergleichs in der AUTO ZEITUNG 13/89 aus: "Am Scirocco hat sich das Autovolk sattgesehen. Der Corrado ist der Hingucker, auf ihn wird der Besitzer an der Tankstelle angesprochen." Bis 1992 durfte der Scirocco aber noch bleiben. Heute gelten Corrado und Scirocco als eigenständige Modelle. Jedes hat seinen Reiz und seine Fans.
Entscheidend ist die Motorfrage & der Pflegezustand
Wer sich für den Kauf eines VW Corrado interessiert, stellt sich erst einmal die Frage nach dem Motor: Zunächst gab es nur den 1,8-l-Vierzylinder mit G60-Lader und 160 PS (118 kW). 1991 folgten der 2,0-l-16V mit 136 PS (100 kW) sowie der 2,9-l-VR6 mit 190 PS (140 kW). Als günstigere Basis schob VW 1993 den 2,0-l-Zweiventiler mit 115 PS (85 kW) nach. Mit dem schwächsten Motor geht dem Coupé viel von seinem Temperament verloren. Der 16V ist im Unterhalt nicht viel teurer, bietet aber deutlich mehr Fahrspaß.
Der G60 erfordert eine regelmäßige Wartung, beim VR6 sollte vor dem Kauf unbedingt der Öldruck geprüft werden. Ist dieser aufgrund einer defekten Ölpumpe zu hoch, drückt der Steuerkettenspanner zu fest auf die Steuerkette – der Verschleiß ist deutlich erhöht. "Oft wird nur der defekte Steuerkettenspanner entdeckt, aber nicht nach der Ursache geforscht", weiß Dirk Scheibner, 2.Vorsitzender des Corrado Club Germany e.V., und ergänzt: "Hin und wieder gibt es auch Probleme mit dem hinteren Stecker des Zündverteilers." Der VR6-Motor ist übrigens auch von Mercedes im Vito/V 280 angeboten worden – und hier sieht die Ersatzteilversorgung besser aus als bei VW.
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Tuning lässt den Corrado leiden
Als günstiger Gebrauchter wurde der VW Corrado zum Tuningobjekt. Die Folge: Oft ersetzt ein Sportluftfilter-Pilz den originalen Luftfilterkasten. "Ein neuer Luftfilterkasten wird mittlerweile in Gold aufgewogen", so Scheibner. Viele Autos erhielten andere, breitere Räder. Wurden dazu die Radlaufkanten umgelegt, bildeten sich potenzielle Rostquellen. Ansonsten ist das Blech des Corrado eher unauffällig, abgesehen vom Bereich des Tankdeckels: Im Radhaus sammelt sich rund um den Stutzen Dreck und Feuchtigkeit, der Rost kommt von innen.
Auch die Schwellerenden sind gefährdet. Ein schmaler Wasserablauf soll die Feuchtigkeit abführen. Ist er verstopft, entsteht eine Problemzone. Falsch angebrachte Auflagen der Hebebühne bilden eine Gefahr: Die Markierung ist zwar am Schweller, angesetzt werden sollten sie aber dahinter – sonst wird die Kante umgedrückt und platzt auf. Vorsicht: Mit dem Facelift des VW Corrado zum Modelljahr 1993 gab es einige Änderungen wie die gewölbte Haube, breitere Kotflügel, andere Sicken in den Schürzen, einen neuen Grill und ein überarbeitetes Cockpit. Da aber alles passt, sind im Zuge von Reparaturen viele Zwitter entstanden.
Technische Daten
Classic Cars 04/2024 | VW Corrado G60 | VW Corrado 16V | VW Corrado VR6 |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/2; G-Lader | 4/4 | 6/2 |
Hubraum | 1781 cm³ | 1984 cm³ | 2861 cm³ |
Leistung | 118 kW/160 PS | 100 kW/136 PS | 140 kW/190 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 225 Nm 4000/min | 180 Nm 4400/min | 245 Nm 4200/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang-Getriebe/Vorderrad | 5-Gang-Getriebe/Vorderrad | 5-Gang-Getriebe/Vorderrad |
L/B/H | 4050/1690/1310 mm | 4050/1690/1310 mm | 4050/1690/1310 mm |
Leergewicht | 1115 kg | 1210 kg | 1210 kg |
Bauzeit | 1988-1993 | 1991-1994 | 1991-1995 |
Stückzahl | 97.521 (Corrado gesamt) | 97.521 (Corrado gesamt) | 97.521 (Corrado gesamt) |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 8,3 s | 9,3 s | 7,9 s |
Höchstgeschwindigkeit | 225 km/h | 210 km/h | 233 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 9,5 l S | 9,3 l S | 11,0 l S |
Grundpreis (Jahr) | 42.500 Mark (1988) | 41.575 Mark (1992) | 52.200 Mark (1994) |
Trotz aller Großserien-Bauteile: Der Corrado ist ein eigenständiges Modell in der VW-Palette gewesen. Das demonstriert er mit jeder Karosserielinie. Einen wie ihn gab es vorher nicht – und hinterher auch nicht. Und damit sollte er seinen Platz in der Klassikerwelt sicher haben. Klar: Die Technik vom anspruchslosen Zweiventiler über den exklusiven G60 bis hin zum bulligen VR6 bot nichts grundlegend Neues, war aber plötzlich zwischen flacher Front und bulligem Heck auch noch ansprechend verpackt. Warum also nicht mal Corrado fahren?