VW Arteon 2.0 TSI 4Motion: Test über 100.000 km
100.000-km-Test mit dem VW Arteon
- Der VW Arteon 2.0 TSI 4Motion im Test über 100.000 km
- VW Arteon 2.0 TSI 4Motion mit kräftigem Motor
- Die großen Felgen des VW Arteon fallen im Dauertest negativ auf
- Geräumiger Innenraum ein Pluspunkt im 100.000-Kilometer-Test des VW Arteon
- VW Arteon mit 9,5 l Durchschnittsverbrauch im Dauertest
- Störungen & Wartungen bis 100.000 Kilometer
- VW Arteon 2.0 TSI 4Motion: Kosten im Dauertest
- Technische Daten des VW Arteon 2.0 TSI 4Motion
- Fazit
Ist der VW Arteon wirklich nur der schönere Passat, oder schafft er es, eigene Akzente zu setzen? Dieser Frage gingen wir im Rahmen des 100.000-Kilometer-Test nach. Das Dauertest-Fahrzeug: Ein VW Arteon 2.0 TSI 4Motion.
Wer glaubt, der Dauertest-Kandidat VW Arteon 2.0 TSI 4Motion sei im Grunde lediglich ein etwas aufgehübschter Passat, irrt. Auch wenn die stattliche Limousine prinzipiell auf dem erfolgreichen Mittelklasse-Bestseller aufbaut, handelt es sich bei dem Viertürer, der zum 100.000-Kilometer-Test antritt, doch um ein eigenständiges Modell. Vorgestellt auf dem Genfer Autosalon 2017, sollte der elegante VW die Lücke schließen, die der glücklose Luxusliner Phaeton hinterlassen hatte, nur eben eine Nummer bodenständiger. In den Handel kam die Fließheck-Limousine im Juni 2017. Das Motorenangebot umfasste zur Markteinführung zwei Turbodiesel mit 150 und 240 PS sowie einen Zweiliter-Turbobenziner, der Anfangs 280 PS leistete. Ergänzt um einen Otto-Partikelfilter leistete das Triebwerk ab November 2018 272 PS. Genau diese Variante suchten wir uns für unseren Langstreckentest aus. Schließlich wollten wir wissen, ob der VW seiner sportlichen Optik auch Taten folgen lassen kann und – noch wichtiger – ob die Zuverlässigkeit des VW Arteon 2.0 TSI 4Motion stimmt. Immerhin konnte der Passat, der auf unserem ewigen Dauertest-Ranking gemeinsam mit dem BMW 320d Touring immer noch auf Platz eins weilt, beim 100.000-Kilometer-Test mit weißer Weste glänzen. Mehr zum Thema: Das ist das VW Tiguan Facelift
Das VW Arteon Facelift im Video:
Der VW Arteon 2.0 TSI 4Motion im Test über 100.000 km
Auf den Hof rollte der VW Arteon 2.0 TSI 4Motion, der nicht nur durch seine dynamische Formgebung, sondern auch durch das scharfe "Chilirot Metallic" auffiel, im Februar 2019. In der sportlichen, von uns favorisierten Ausführung R-Line seinerzeit 50.675 Euro teuer, schickte Volkswagen sein Designerstück mit einer ungewöhnlich großzügigen Serienausstattung auf die Straße und auf die Distanz von 100.000 Kilometern in unserem Test. So gehörten beispielsweise die adaptive Fahrwerksregelung DCC, LED-Scheinwerfer oder auch die Sitzheizung vorn zum Auslieferungsstandard sowie zahlreiche Assistenzsysteme. Gleichwohl waren bei unserem neuen Dauertester Extras im Wert von 18.375 Euro inkludiert, sodass sich der Gesamtwert auf 69.050 Euro belief – eine Stange Geld. Allerdings bot der Arteon dafür auch reichlich Funktionen, die das Reisen komfortabler und sicherer machen sollten. Zu den von uns gewählten Extras zählten unter anderem eine Nappa-Lederausstattung für 1240 Euro, der ergoComfort-Sitz mit 14-Wege-Einstellung für 1060 Euro, das Akustikpaket mit Doppelverglasung vorn für 550 Euro, der Parkassistent mit Umgebungskameras für 1195 Euro oder das große Panorama-Schiebedach für 1180 Euro. Außerdem ließen wir den Arteon mit einer praktischen Anhängerkupplung ausrüsten, die mit 925 Euro zu Buche schlug. Ein weiteres kostspieliges Bündel an Extras war das Business-Premium-Paket, das für 1920 Euro unter anderem Sitzheizung hinten und eine Dreizonen-Klimaautomatik mitbrachte. Wer sich heute einen Arteon bestellt, erhält Digitalradio DAB und auch ein Navigationssystem serienmäßig. Zum Zeitpunkt der Bestellung des Testwagens waren dieses Features jedoch noch aufpreispflichtig. Für das Navigationssystem Discover Pro verlangte VW 1430 Euro extra, DAB kostete 245 Euro. Zur Ergänzung der serienmäßigen Sicherheitsausstattung setzten wir bei der Konfiguration des Arteon zudem bei den Seitenairbags im Fond (395 Euro) und beim Fahrerassistenzpaket jeweils ein Kreuzchen. Letzteres beinhaltete für 1635 Euro unter anderem einen Abstandsregeltempomaten bis 210 km/h, Kurven- und Abbiegelicht, einen Spurwechselassistenten mit Querverkehrwarnung hinten sowie einige autonome Fahrfunktionen, etwa den Stauassistenten. Darüber hinaus zählte der Emergency Assist zum Paketbestandteil, der den VW Arteon 2.0 TSI 4Motion im Fall eines medizinischen Notfalls hinter dem Lenkrad selbstständig und sicher zum Stillstand bringen soll und in unserem Test über 100.000 Kilometer gottlob nie zum Einsatz kommen musste.
VW Arteon 2.0 TSI 4Motion mit kräftigem Motor
Kaum auf dem Redaktionsparkplatz angekommen, ging der VW Arteon 2.0 TSI 4Motion im Rahmen des 100.000-Kilometer-Tests sodann auf Reisen. Als einer der ersten Redakteure hatte Tester Paul Englert das Vergnügen einer langen Dienstfahrt mit dem Arteon. Dass der penible Zahlenfuchs dabei seine helle Freude mit dem VW hatte, wird anhand seines umfangreichen Ersteintrags im Begleitbuch des feurigen Wolfsburgers offensichtlich: "Der Motor hat gefühlt mehr Power als die angegebenen 272 PS. Der marschiert dermaßen stramm, dass mich sogar ein Porsche Cayenne-Fahrer auf den Motor angesprochen hat, nachdem er eine halbe Stunde lang auf der Autobahn in meinem Windschatten festhing." Allerdings blieben dem bekennenden Sportwagen- und Rennrad-Enthusiasten die Emotionen etwas auf der Strecke: "Die Maschine klingt leider Vierzylinder-typisch etwas angestrengt. Noch schlimmer ist es im überflüssigen Sportmodus: Dann dröhnt der Soundaktuator reichlich künstlich." Auch Herausgeber Volker Koerdt zeigte sich grundsätzlich sehr zufrieden mit der Antriebseinheit: "Gerade bei höheren Drehzahlen bietet der VW reichlich Dampf." Allerdings fügte der langjährige Redaktions-Kapitän noch hinzu: "Die Gasannahme dürfte für meinen Geschmack etwas spontaner sein. Und auch das Doppelkupplungsgetriebe schaltet nicht immer ganz ruckfrei." Redaktionsmanager Philipp Kesternich freute sich derweil über die unerwartet seltenen Tankstopps mit dem VW Arteon 2.0 TSI 4Motion: "Klar, bei Volllast gönnt sich der TSI schon reichlich Sprit, bei gemäßigtem Tempo sind aber Verbräuche von rund sieben Litern problemlos möglich."
Die großen Felgen des VW Arteon fallen im Dauertest negativ auf
Allerdings war der VW Arteon 2.0 TSI 4Motion nicht nur aufgrund seines kraftvollen Motors ein beliebter Reisebegleiter innerhalb der Redaktion. Auch die Beurteilung des Fahrkomforts fiel im 100.000-Kilometer-Test weitgehend wohlwollend aus. Testchef Michael Godde: "Auf der Autobahn gleicht der VW mit seinen serienmäßigen adaptiven Dämpfern fast alle Unebenheiten bis zur Unkenntlichkeit aus. Bis Tempo 50 spricht die Federung aber miserabel an." Zur Ehrenrettung des Arteon sei jedoch erwähnt, dass der Dauertester im Sommer mit riesigen 20-Zoll-Rädern ausgerüstet war, die naturgemäß über eine eher rudimentäre Eigendämpfung verfügen. Dies sah der langjährige Testredakteur Elmar Siepen ähnlich: "Die wuchtigen 20-Zöller stehen der grundsätzlich kommoden Fahrwerksabstimmung im Weg. Fräskanten gelangen dadurch poltrig in den Innenraum. Weniger Zoll wäre hier also sicher mehr." Und er ergänzt: "Dafür wirkt der Arteon gerade bei hohem Tempo sehr stabil. Mit Bodenwellen gespickte Autobahnkurven lassen ihn völlig unbeeindruckt. Dazu liegt er gut in der Hand, denn die präzise Lenkung liefert ein gutes Maß an Rückmeldung."
Geräumiger Innenraum ein Pluspunkt im 100.000-Kilometer-Test des VW Arteon
Auch das großzügige Raumangebot des VW Arteon 2.0 TSI 4Motion fand im 100.000-Kilometer-Test uneingeschränkt Anklang. So notierte Camping-Experte Martin Urbanke im Begleitbuch: "Vorn hält der Arteon ein sehr gutes, hinten sogar ein überragendes Raumangebot bereit. Vier Erwachsene können es auf den tollen Sitzen locker etliche Stunden aushalten." Weitere Betrachtung vom Geschäftsführenden Redakteur erhielt der Gepäckraum: "Der Kofferraum ist wirklich riesig. Aber: Die Ladekante ist in Kombination mit dem tief liegenden Ladeboden Gift für angeschlagene Rücken. Außerdem ist der Stauraum dermaßen tief, dass man sich extrem strecken muss, um an Gegenstände zu gelangen, die nahe der Rücklehne der Fondsitze liegen. Durch den Dreck an der Heckschürze hervorgerufene Verschmutzungen der Hose sind da vorprogrammiert." Auf geteiltes Echo stieß unterdessen die Gestaltung des Cockpits. Online-Chef Markus Bach: "Außen ein Auto für Individualisten, innen solide Wolfsburger Hausmannskost, hier hätte ich mir etwas mehr Eigenständigkeit gewünscht." Allerdings hatte das weitgehend vom Passat übernommene Interieur auch seine Vorteile, wie Art-Director Andreas Schulz befand: "Die Funktionalität ist, wie man es von einem VW kennt. Die Bedienung erfordert kaum Eingewöhnung. Alle Bedienelemente sind während der Fahrt gut erreichbar." Einer der größten Kritikpunkte im Innenraum des VW Arteon 2.0 TSI 4Motion war eine kleine Scheibe. Volker Koerdt bemängelte: "Die billige Kunststoffscheibe des Head-up-Displays ist eines 70.000-Euro-Autos unwürdig."
VW Arteon mit 9,5 l Durchschnittsverbrauch im Dauertest
Die anstrengende Distanz im Test über 100.000 Kilometer spulte der VW Arteon 2.0 TSI 4Motion beinahe ohne Zwischenfälle ab. Lediglich ein Defekt trübte die makellose Bilanz des VW Arteon im Dauertest: Bei km-Stand 50.789 meldete das Display einen Fehler und mahnte zum Werkstattbesuch. Die Diagnose: eine defekte Abgasklappe, die auf Garantie getauscht wurde. Der Karosserie hörte man die Strapazen gegen Testende allerdings auch an. Anfangs noch für seine solide Machart gelobt, wies der VW gegen Ende des Tests doch einige Schwachpunkte auf. So notierte der Geschäftsführende Redakteur Jürgen Voigt bei etwa 90.000 Kilometern: "Die Karosseriesteifigkeit lässt nach. Auf schlechten Straßen quietschen die Seitenscheiben an den Dichtungen." Dauertest-Fuhrparkleiter Caspar Winkelmann ergänzte: "Das Schiebedach gibt Knirschgeräusche von sich." Zu den Kosten: Grundsätzlich ist der Arteon kein günstiges Vergnügen, was allein schon am hohen Preisgefüge der Baureihe liegt. Darüber hinaus drückten beim 2.0 TSI die Kraftstoffkosten aufs Budget. Der Durchschnittsverbrauch lag bei 9,5 l/100 km. Gerade bei höherem Tempo langte der Turbobenziner kräftig zu. Hochgerechnet auf die Gesamtdistanz kamen wir auf eine Summe von 13.183 Euro, die für die vielen Tankstopps zu entrichten war. Und auch die Werkstattaufenthalte gingen ins Geld. Der reine Ölservice belief sich auf rund 300 Euro. Die große Wartung bei Kilometerstand 57.200, in deren Rahmen auch die Bremsscheiben vorn und hinten inklusive Beläge getauscht wurden, schlug mit 1586 Euro zu Buche. Wie für einen VW üblich, stuft der GDV den Arteon in eher niedrige Typklassen ein, sodass sich die Aufwendungen dafür im Rahmen halten, während der Fiskus jährlich 222 Euro Steuern einfordert. Eine eher düstere Prognose stellt indes die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) für den Werterhalt. Nach zwei Jahren und 100.000 abgespulten Kilometern errechnen die Restwertexperten einen Verlust von satten 40.787 Euro, was einem Minus von rund 59 Prozent entspricht. Unser chiliroter VW ist jetzt am Ende des Dauertests also nur noch 28.263 Euro wert, was Gebrauchtwagenkäufer:innen durchaus hellhörig werden lassen sollte. Denn dank seiner guten Zuverlässigkeit erreicht der in der Redaktion sehr beliebte VW Arteon 2.0 TSI 4Motion am Ende gute 81 Zähler im Test über 100.000 Kilometer. Für die Top-Ten im Dauertest-Ranking reicht es allerdings wegen der hohen Kraftstoffkosten nicht.
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VW Arteon 2.0 TSI 4Motion: Kosten im Dauertest
Technische Daten des VW Arteon 2.0 TSI 4Motion
AUTO ZEITUNG 17/2021 | VW Arteon 2.0 TSI 4Motion |
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Technik, Maße & Gewicht | |
Motor | 4-Zyl., 4-Vent., Turbo |
Hubraum | 1984 cm³ |
Leistung | 200 kW/272 PS bei 5500/min |
Max. Drehmoment | 350 Nm bei 2000 - 5400/min |
Getriebe/Antrieb | 7-Gang-Doppelkuppl. / Allradantrieb |
L/B/H | 4862/1871 (2120)/1450 mm |
Leergewicht | 1714 kg |
Kofferraumvolumen | 563 - 1557 l |
Fahrleistungen & Verbrauch (Werksangaben) | |
0 - 100 km/h | 5,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Verbrauch (EU) | 7,0 l S/100 km |
CO2-Ausstoß (EU) | 186 g/km |
Preise | |
Grundpreis | 50.675 Euro |
Testwagenpreis | 69.050 Euro |
Der VW Arteon 2.0 TSI 4Motion ist weit mehr als nur ein weiteres Passat-Derivat. Er vereint Fahrspaß mit gehobenem Praxisnutzen und der VW-typischen Zuverlässigkeit – einen kleinen Defekt im 100.000-Kilometer-Test, der auf Garantie behoben wurde, mal ausgenommen. Allerdings ist die sportliche Fließhecklimousine kein Schnäppchen, wie der Dauertest aufgedeckt hat. Die Betriebskosten leiden unter dem gegenüber einem Diesel hohen Verbrauch, während der hohe Wertverlust nur Gebrauchtwagenkäufer:innen freut.