Tamiya BT-01 Porsche 911 im Test: Überzeugt das neue Chassis?
Tamiya BT-01 Porsche 911 RSR im Test: Probelauf für das neue Chassis
Tamiya hat bereits den Ruf, besonders detaillierte Karosserien anzubieten. Der Porsche 911 2.8 RSR von Tamiya legt unserer Meinung nach nochmals eine Schippe obendrauf. Die Polycarbonat-Hülle ist eine nahezu perfekte Nachbildung des 1970er-Vorbilds im Maßstab 1:10. Noch besser: Unter der Karosserie steckt das neue BT-01-Chassis, das sich wahlweise mit Frontmotor und Frontantrieb, Frontmotor und Heckantrieb oder Mittelmotor und Heckantrieb aufbauen lässt.
Beim 911er im Test haben wir uns für die vorbildgetreue Mittelmotor-Heckantriebs-Variante entschieden. Der Bausatz ist zwar teurerer und komplexer als etwa Modelle auf dem beliebten TT-02 (hier Zubehör, Aufbau & Co. des Chassis) mit Allradantrieb, kommt aber serienmäßig mit einstellbarer Spur und sehr detaillierten Felgen. So lässt sich bereits ein Teil der höheren Kosten erklären, dennoch handelt es sich hier immer noch um ein klassisches Tamiya-Chassis. Das bedeutet, Reibungsstoßdämpfer statt ölgefüllter, keine Metallkugellager und eine lange Liste an Optionen.

Sehr detaillierte Karosserie und Felgen
Fahrwerk lässt sich serienmäßig einstellen
Chassis unterstützt mehrere Antriebsarten
Federung und Lenkung schwammig
Weniger Fahrspaß als gedacht
Aufbau: Das vorbildliche Handbuch hilft immens
Tamiya liefert seine Modelle erfahrungsgemäß mit den mitunter besten Handbüchern in der RC-Welt aus. Das BT-01-Chassis mit Porsche 911 RSR-Karosserie aus unserem Test ist keine Ausnahme. Die Kunststoffteile sind eindeutig beschriftet, Antriebs- und Fahrwerksteile sind in beschrifteten Kunststofftüten enthalten und alle Aufkleber sind in der korrekten Reihenfolge nummeriert. Mit ein bisschen Vorbereitung geht der Aufbau recht schnell von der Hand. Unser Tipp: Zuerst die Anleitung lesen, ein paar Ablagen für Kleinteile bereitstellen und den Akku laden. Letzterer muss, wie Fernsteuerung und Servo, separat hinzugekauft werden, damit das RC-Auto auch tatsächlich fährt. Tamiya empfiehlt hierfür die Elektro-Komplettsets von Carson.
Der Bausatz wird mit einem Vierkantschlüssel für Schrauben und Muttern und einem 1,5-mm-Inbusschlüssel geliefert. Das genügt alleridngs nicht an Werkzeug für den Aufbau. Zusätzlich werden ein Kreuzschlitzschraubendreher (ein handelsüblicher Ikea-Schraubendreher funktioniert sehr gut), ein Seitenschneider, ein Bastelmesser und eine Schere benötigt. Unsere Empfehlung ist das Tamiya-Werkzeugset, denn es passt genau und macht den Bau und die Wartung so deutlich einfacher.
Zubehör für Aufbau und Tuning:
Unser Tipp: Beim Aufbau bereits Tuningupgrades einbauen
Die Kunststoffteile werden in einer Gussform geliefert und müssen so sauber wie möglich herausgetrennt werden. Hierfür eignet sich ein Seitenschneider, überschüssiges Material kann mit einem Messer weggeschnitten werden. Tipp: Immer nur die Teile heraustrennen, die für den aktuellen Bauschritt benötigt werden. So behält man beim Aufbau die Übersicht. Auf der linken Seite des Handbuchs sind die benötigten Teile in Originalgröße abgebildet, was das Sortieren und Suchen leicht macht. Wo und wann geschmiert und geklebt werden muss, verrät die Anleitung ebenfalls.

Wir sind im Test leicht vom Standardaufbau abgewichen und haben einen Satz Metallkugellager anstelle der serienmäßigen Messing- und Kunststoffbuchsen eingebaut. Die Kugellager sorgen dafür, dass die Achsen, das Getriebe und die Lenkung etwas leichtgängiger laufen, was die Leistung, Haltbarkeit und Laufzeit mit einer Akkuladung verbessert.
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Das BT-01-Chassis ist deutlich komplexer als andere
Der Aufbau selbst war im Test allerdings etwa frustrierend. Es gibt eine Menge unnötig kleiner Teile, die zusammengeschraubt werden möchten, um aus ihnen ein größeres Bauteil zu kreieren. Zudem gibt es so viel Spiel in der Aufhängung und Lenkung, dass wir zunächst dachten, einen Schritt übersprungen zu haben. Dem ist aber nicht so, das soll so sein. Das Tamiya TT-02-Chassis ist hier deutlich einfacher und schneller zu bauen und fühlt sich weniger wackelig an. Um das BT-01-Chassis in Bezug auf die Motorposition und den Antrieb so flexibel wie möglich zu machen, wurden Kompromisse eingegangen, die das Design und den Bauprozess komplexer machen.
Einfaches Lackieren, aber kleinteilige Sticker
Im Gegensatz zu anderen Tamiya-Karosserien kommt der Porsche 911 RSR nicht vorgebohrt oder zugeschnitten. Wo zu bohren ist, lassen jedoch kleine Eindellungen erahnen, das Handbuch verrät, wie groß die Löcher sein müssen. Lackiert werden muss die Karosserie natürlich auch. Wir haben uns gegen das Weiß des Autos auf der Verpackung entschieden und den Porsche schwarz lackiert. Positiv: Man benötigt tatsächlich nur eine einzige Spraydose in nur einem Farbton, Details werden aufgeklebt.

Wer Tamiya kennt, wird von der vergleichsweise kleinen Aufkleber-Anzahl zunächst etwas verwirrt sein. Dennoch haben wir einige Stunden mit dem sorgfältig Ausrichten der Sticker – insbesondere der Fensterumrandungen, mehrteiligen Lichter und Dekor-Streifen – zugebracht. Die zweiteiligen Felgen müssen, nachdem sie richtig zusammengesteckt wurden, auch noch geschraubt werden. Ist alles erledigt, sieht der Porsche 911 RSR wirklich fantastisch aus. Die Karosserie ist sehr gut proportioniert und hat einen beeindruckend hohen Detailgrad. Leider geht es nicht so positiv weiter.
So fährt sich der Tamiya Porsche 911 RSR auf BT-01-Chassis
Fangen wir mit dem Guten an. Trotz des Hinterradantriebs sorgen die breiten Hinterreifen und das offene Differenzial dafür, dass der Tamiya-911er im Test in den Kurven nicht allzu sehr ins Übersteuern gerät. Wenn der RSR mit höherem Tempo gefahren wird, verlieren die Vorderreifen aber schnell an Grip. In engen Kurven muss man den BT-01-Porsche wirklich zwingen, damit er trotz Mittelmotor und Heckantrieb in einen gepflegten Drift ausbricht.
Das ist insbesondere für Anfänger:innen eine gute Sache, denn es bedeutet, dass man nicht wie die Driftbrigade einen Gyro besorgen muss. Natürlich kann das Fahrverhalten mit den mitgelieferten Federspannern und der serienmäßigen Spureinstellung vorne und hinten optimiert werden. Hinzu kommen jede Menge Tuningteile, darunter Sperrdifferenziale und ölgefüllte Stoßdämpfer mit verschiedenen Federn und Ölen, die den BT-01 Porsche 911 RSR etwas fahrstabiler machen können.

Doch selbst wenn der RSR sorgfältig auf Geradeausfahrt getrimmt wurde, kommt er manchmal von selbst ins Schleudern. Wir vermuten, dass das an dem großen Spiel in der Lenkung und den Spurstangen liegt. Wenn man sich die Kurvenaufnahmen ansieht, sieht man, dass sich die Hinterräder bei starker Beschleunigung nicht unerheblich mitdrehen (siehe Bild oben) – denn eine Vierradlenkung (hier Vor- und Nachteile einer Allradlenkung erklärt) hat der Porsche nicht.
Man kann auch sehen, wie sich das Chassis verbiegt, da die Lenkservo den vorderen Chassisteil vom Hauptmonocoque wegdrückt. Mit den serienmäßigen Reibungsstoßdämpfern ist das Fahrgefühl so leider recht frustrierend und es scheint keine Möglichkeit zu geben, genügend Schlupf auszugleichen, selbst mit Unterlegscheiben und verbesserten Kugellagern. Der einfache Silver-Can-Elektromotor ist mit einem 7,2-V-NiMh-Akku recht flink, während ein 7,4-V-LiPo deutlich mehr Leistung bringt. Der Standard-Fahrtenregler kommt zwar auch mit leistungsstärkeren Motoren zurecht, aber das würde die Handling-Probleme nur noch verschlimmern.
Haltbarkeit: Das flexible Kunststoff-Chassis ist robust
Wie die meisten Tamiya-Chassis ist auch das BT-01 hauptsächlich aus robustem, aber flexiblem Kunststoff gefertigt. Das ist ideal für Anfänger:innen, da das Auto einige Unfälle aushält, bevor etwas bricht. Es besteht außerdem keine Gefahr, dass sich das Chassis bei einem Aufprall verbiegt. Falls doch einmal etwas kaputtgeht, sind Ersatzteile leicht erhältlich und nicht allzu teuer. Allerdings sind die meisten wichtigen Teile nicht einzeln erhältlich, sondern nur in Teilesätzen. Am Ende hat man also oft viele Teile, die wahrscheinlich nie benötigt werden.
Wie bei nahezu jedem Tamiya-Modell muss auch beim BT-01 Porsche 911 RSR auf das Aluminiumritzel geachtet werden. Mit der Zeit nutzt es sich ab, daher regelmäßig die Zahnräder prüfen. Ein Ersatz aus Stahl ist billig und verschleißt deutlich langsamer. Wer den Porsche mit den Original-Kunststoff- und Messingbuchsen baut, muss in kurzer Zeit mit wackeligen Achsen und Wellen rechnen. Metallkugellager sind auch hier die langlebigere Option – und ebenfalls kein teures Upgrade.
Tamiya schafft es immer wieder auf seine ganz eigene Art und Weise ikonische Modelle herauszubringen. Das BT-01-Chassis gehört leider nicht dazu. Der Einfallsreichtum und die Flexibilität des Chassis gefallen, die Fahreigenschaften dagegen nicht. Mit serienmäßiger Aufhängung und Lenkung ist bereits geradeaus fahren schwierig und auch die Kurvenlage ist ungenau. Wer von der Karosserie angetan ist, sollte lieber die viel günstigere TT-02-Version des Porsche 911 mit Allradantrieb wählen, wer unbedingt ein 2WD-Chassis möchte, sollte warten, bis Tamiya das Chassis überarbeitet.