Ruf CTR3 (2008): Retro-Testfahrt
Die dritte Generation
Für die Retro-Testfahrt begeben wir uns ins gut gefüllte AUTO ZEITUNG-Archiv: Hier finden wir Fahrberichte faszinierender Autos. Dieses Mal: der Ruf CTR3 von 2008.
1987 baute Ruf den ersten CTR. Der gelbe Porsche 911 Turbo wog 200 Kilo weniger als die Serienbasis, sein 3,4 Liter großer Biturbo-Boxer leistete 469 PS (345 kW), bei Testfahrten flog der "Yellow Bird" über 340 km/h. Da Ruf seit 1981 vom Flensburger Kraftfahrtbundesamt als eigenständiger Hersteller anerkannt ist, galt dieser erste CTR damals als schnellster Serienwagen der Welt. Zwei Generationen weiter sind die Ansprüche nicht minder gering – auch wenn sich Ruf nicht an der augenblicklichen Geschwindigkeits-Rekordjagd von Bugatti, Koenigsegg und Co. beteiligt. Mittlerweile ist Ruf nicht nur ein anerkannter Hersteller, sondern auch Mitglied im Verband der Automobilindustrie (VDA). Der Ruf CTR3 untermauert wie kein anderes Fahrzeug aus Pfaffenhausen den Anspruch einer eigenständigen Entwicklung.
Etwa so lang wie ein Porsche 911, neun Zentimeter breiter und acht Zentimeter flacher als ein GT2 (997), kauert der kompakte Mittelmotor-Flachmann auf dem Asphalt. Der CTR3 stammt vom Ruf RK Spyder ab und ist sechs Zentimeter niedriger. Die verstärkten A-Säulen und der hinter dem Cockpit verlaufende Rohrrahmen dienen als Überrollschutz. Im anschließenden Gitterrohrrahmen sitzt der komplette Antrieb. Türen und Fronthaube bestehen aus Aluminium, die übrige Außenhaut aus Kevlar-Karbon. Nur so ließ sich das niedrige Leergewicht von 1400 Kilogramm erreichen. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Retro-Testfahrt mit dem Ruf CTR3 (2008)
Das mit gestepptem Alcantara ausgekleidete Cockpit besitzt vorerst noch Porsche-Seriencharakter, wird aber ganz nach Kundenwunsch umgestaltet. Der Sechszylinder-Boxer basiert auf dem 650-PS-Motor (478 kW) des Ruf RT12, dessen Hubraum für den CTR von 3,6 auf 3,8 Liter vergrößert wurde. Hauptverantwortlich für den Leistungs- und Drehmomentzuwachs (700 PS/515 kW, 890 Newtonmeter) sind die beiden neuen KKK-Turbolader mit erhöhtem Luftdurchsatz nebst angepasster Motorsteuerung sowie die strömungsoptimierten Sportkatalysatoren. Für Drehfreude und Standfestigkeit sorgen die leichten, hochfesten Pleuel aus Titan.
Überraschend kultiviert startet der Sechszylinder, der durch einen breiten Schlund auf dem Dach einatmet. Zwei Ladeluftkühler für die beiden parallel geschalteten Abgasturbolader sitzen direkt hinter den seitlichen Lufteinlässen der Karosserie. Ruckfrei nimmt der hochbelastete Motor Gas an. Allein das Schalten verlangt Übung und zumindest bei niedrigen Öltemperaturen auch hohen Kraftaufwand. Die massiv ausgelegte sequenzielle Sechsgangbox hält bis zu 1200 Newtonmeter Drehmoment stand. Zögerliches Drücken zum Herunterschalten oder Ziehen beim Hochschalten bestraft das Getriebe: Dann hängt die Schaltwalze zwischen zwei Gängen – hässliche Geräusche sind die Folge. Doch nach kurzer Eingewöhnungszeit gelingt das Schalten wie von selbst, und jede elektronische Wippenschaltung wirkt daneben wie ein Kinderspielzeug.
Le Mans-Renner für jeden Tag
Nicht nur das Getriebe, auch die Keramikbremsen und die Zentralverschlussbefestigung der Räder sind ein Stück Rennsporttechnik. Wie bei seinem großen Vorbild, dem Porsche 911 GT1 von 1997, steuert ein System von Umlenkhebeln, so genannte Pushrods, die quer vor dem hinteren Rahmenabschluss liegenden Federbeine an. Die Abstimmung ist moderat ausgefallen. Der CTR3 federt kleine Fahrbahnunebenheiten sensibel ab und beweist große Längsstabilität. In Kurven schiebt er sanft über die Vorderräder, provozierte Lastwechselreaktionen lassen sich mit der präzisen Lenkung sicher parieren.
Wer dem Biturbo die Sporen gibt, erlebt die Wandlung von Dr. Jekyll in Mr. Hyde. Das ansteigende Brausen im Ansaugschlund und der kernige Auspuffklang vereinen sich mit dem heulenden Getriebe zu einer beeindruckenden Geräuschkulisse. Die Tachonadel rast über den Anzeigebereich, eben mal auf 250 km/h beschleunigen ist ein Kinderspiel. Aus dem Stand soll der Ruf in 3,2 Sekunden 100 Sachen erreichen, bis 200 km/h sollen es nur 9,6 Sekunden sein – durchaus glaubhaft. Die 890 Newtonmeter Drehmoment auszunutzen, heißt aber auch, ständig auf der Hut zu sein. Ein ESP-System gibt es nicht, der:die Fahrende muss mit einer Traktionskontrolle und dem Sperrdifferenzial auskommen. Der Ruf CTR3 ist ein Le-Mans-Renner für jeden Tag, eine würdige Fortsetzung der spektakulären CTR-Reihe.
von Holger Eckhardt
Technische Daten des Ruf CTR3 (2008)
AUTO ZEITUNG 2008 | Ruf CTR3 |
Technische Daten | |
Motor | 3,8-Liter-B6 |
Getriebe/Antrieb | Sequentielles 6-Gang-Getriebe; Hinterradantrieb |
Leistung | 515 kW/700 PS |
Max. Drehmoment | 890 Nm |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4445/1944/1200 mm |
Leergewicht | 1400 kg |
Kofferraumvolumen | k.A. |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 3,2 s |
Höchstgeschwindigkeit | 375 km/h |
Verbrauch auf 100 km | k.A. |
Kaufinformationen | |
Basispreis (Testwagen) | 420.000 € |
Marktstart | 2008 |