Ein Porsche 911 GT3 ist eigentlich schon Perfektion. Hängt allerdings das Kürzel MR dran, ist er im Detail nochmals verfeinert. Es wird Zeit für einen Tracktest.
Der neue Porsche 911 GT3 MR darf sich im Tracktest beweisen. Was das Kürzel MR bedeutet? Manthey-Racing. Bei Porsche-Kenner:innen löst der Zusatz uneingeschränkte Bewunderung aus. Bei Manthey hoch oben am Nürburgring wird nicht getunt, sondern perfektioniert. In Zuffenhausen weiß man schon lange über die Qualitäten der Eifel-Manufaktur Bescheid – Manthey sichert Porsche Rennsportsiege am Fließband. Kein Wunder also, dass Porsche 2013 mit 51 Prozent bei Manthey eingestiegen ist. Der GT3 mit Manthey Racing-Paket ist daher auch mit voller Werksgarantie erhältlich – ein echter Porsche eben, nur noch besser. Das zumindest belegt die Rundenzeit auf der Nordschleife, die der 911 GT3 MR gut vier Sekunden schneller abreißt als der Standard-GT3. Und jetzt dürfen wir ins Cockpit. Der 911 GT3 mit Manthey-Handschrift steht in der Boxengasse für den Tracktest bereit. Perfekt vorbereitet, um seine schnelle Runde auf den Grand-Prix-Kurs zu legen. Für die Sprintstrecke gibt es noch keinen offiziellen Vergleich – wir hatten allerdings schon das Vergnügen, mit dem 911 GT3 im Serientrimm auf der 3,6 km langen Strecke auf Bestzeitenjagd zu gehen. Seine Rundenzeit (2021): 1:32,5 min. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Der Porsche 911 GT3 MR produziert deutlich mehr Abtrieb
Die Vorbereitungen des Porsche 911 GT3 MR in der Box laufen. Zeit, um sich die Veränderungen anzuschauen, die Manthey vorgenommen hat. Die neue Frontlippe streckt sich drei Zentimeter weiter nach vorn. Flaps an den Seiten und am Unterboden leiten den Windstrom noch konsequenter um die Karosserie herum. Und die mit den hinteren Felgen verschraubten Karbondeckel sorgen dafür, dass der Luftstrom an den Flanken keine allzu großen Falten schlägt. Apropos Räder: Die Aluminium-Felgen sind konsequent erleichtert worden und sparen insgesamt 7,3 Kilogramm Masse ein. Stahlflexleitungen rundum sowie neue, straßenzugelassene Rennsportbeläge sind ebenfalls installiert. Und dann ist da noch der hintere Spoiler, der dem um 30 Prozent an der Vorderachse gesteigerten Abtrieb die passende Antwort bieten muss. Dazu wurde er etwas breiter und die Kröpfung nach hinten stärker. Auch die Flächen an den Seiten hat Manthey vergrößert. Das bedingt Versteifungen an der Karosserie, die die über den Spoiler eingeleitete höhere Last aufnehmen können. Resultat: 45 Prozent mehr Anpressdruck auf der Hinterachse. Last but not least wäre da noch das einstellbare Manthey-Fahrwerk mit fein arrangiertem Rennstrecken-Set-up. Wie machen sich die umfangreichen Maßnahmen bemerkbar? Wo kann der Porsche 911 GT3 MR daraus Vorteile im Tracktest ziehen? Die Anspannung vor der ersten Ausfahrt steigt. Eine schnellere Runde herauszufahren, ist diesmal aber nicht so einfach. Zum einen wurde der umgebauten Veedol-Schikane mit einem ausgesprochen hohen Randstein der Speed und damit die flüssige, radikale Linie genommen. Und zum anderen steht der 4,0-Liter-Sechszylinder-Boxer nicht so gut im Futter (Serienstreuung) wie der des Porsche 911 GT3 im letzten Jahr, der hier noch freie Fahrt hatte. Dem Manthey fehlen beim Sprint von null auf 100 km/h gut vier Zehntel. Viel ärgerlicher ist jedoch, dass er zwischen 100 und 200 km/h dem Werks-GT3 sogar eine Sekunde hinterherhechelt.
Beherrschbarkeit und Stabilität des Porsche 911 GT3 MR suchen ihresgleichen
Die Ampel zeigt Grün, der GP-Kurs gehört nun uns und dem Porsche 911 GT3 MR ganz allein. Mit den vorgeheizten Reifen rollen wir uns ein. Das Vertrauen ist schon in der ersten Kehre da und die Strecke im guten Zustand. Noch ein kurzes Nachjustieren des Reifendrucks und zurück auf die Ideallinie. Die Zeitnahme wartet auf ihr Signal. Ring frei! So richtig in Schwung kommt der 510-PS-Boxer (375 kW) nicht. Schon beim ersten Anbremsen am Ende der Start-Ziel-Gerade fehlen ihm ein paar km/h. Der Versuch, die fehlende Geschwindigkeit über die sensationell zu dosierenden und brachial verzögernden Bremsen auszugleichen, gelingt nicht optimal. Hier bleibt Zeit liegen. Abhaken und den nächsten Scheitelpunkt ins Visier nehmen. Jetzt passt alles. Die nächsten Kurven bis hin zur Kurzanbindung verlangen viel Gefühl, ein unmissverständliches Feedback, eine hochpräzise Vorderachse und eine Hinterachse, die die Kraft ohne Wenn und Aber auf den Asphalt bringt. Hier ist es egal, welchen GT3 man gerade fährt, sie liegen alle unglaublich verlässlich auf der Linie und pflegen – am Limit bewegt – eine unglaublich intensive Kommunikation mit dem:der Pilot:in, ohne aufdringlich zu werden. Das gilt auch für den GT3 MR. Mit kaum einem anderen Sportwagen lässt sich der Rhythmus einer Strecke so dynamisch aufnehmen wie mit einem GT3 – und der Porsche 911 GT3 MR zeigt im Tracktest noch etwas mehr Hingabe. Er setzt die Richtungswünsche genauso unmittelbar um, interpretiert sie aber etwas stabiler – vor allem über sein wie angeklebt auf dem Asphalt haftendes Heck.
Porsche 911 GT3 MR neuer Maßstab auf Ideallinie
Der Porsche 911 GT3 MR gibt einem im Tracktest die Möglichkeit, den kleinen Fehler zu Beginn der Runde wieder auszumerzen. Bis zur Kurzanbindung hat er sich wieder herangearbeitet. Und dann kommt er richtig in Fahrt: In der Goodyear-Spange ist er noch mit gleichem Tempo unterwegs, im Ravenol-Knick zeigt er dann aber, was er mit steigendem Tempo drauf hat. Auch in der Bilstein-Kurve baut er mehr Kurventempo als der GT3 im Serientrimm auf. Dann büßt er die gerade gewonnen Zehntel allerdings wieder ein, weil er nicht mit dem Speed des Werks-Elfer den schnellen Knick zur Veedol-Schikane hinunterfliegt. Und dort, wo der Serien-Elfer den Schwung noch ohne lästigen Buckel durch die Schikane mitnehmen konnte, muss man jetzt auch noch Tempo herausnehmen und einen größeren Bogen in die Linie einbauen. Aber genau das liegt dem Manthey – auf der Strecke bleiben, Curbs umfahren, seinen Anpressdruck nutzen und die unglaubliche Stabilität im Grenzbereich auskosten. Mit diesem Gefühl passieren wir den Bremspunkt zur letzten Kurve: ein kurzer, präziser Tritt auf die Bremse und die Vorderachse kompromisslos zum Scheitelpunkt führen. Volltreffer! Der finale Knick hinauf auf die Gerade sitzt, als wäre es das Leichteste der Welt. Noch den letzen Metern meldet das Display 1:32,65 min. Beim Serien-GT3 stoppte die Uhr bei 1:32,50 min zwar einen Wimpernschlag früher, berücksichtig man aber die "zurückhaltende" Leistung und die umgebaute, nun etwas langsamere Schikane, zeigt der Porsche 911 GT3 MR, dass er in der Kurve sein grandioses Potenzial entfaltet. Stabilität und Beherrschbarkeit suchen ihresgleichen und sind hier oben der neue Maßstab – sowohl auf der Nordschleife als auch auf der Sprintstrecke.
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