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Sechszylinder-Limousinen im Duell: Peugeot 604 & Ford Granada

Johannes Beck Redakteur

Glattes Blech, 
gerade Linien, sechs Zylinder: Peugeot 604 und Ford Granada II boten Mitte der 70er alles, was das Herz des gehobenen Bürgertums oder jener, die es werden wollten, höher schlagen ließ. Zusammentreffen zweier großen Ikonen!

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Inhalt
  1. Der Peugeot 604 als erster V6-Peugeot der Nachkriegszeit
  2. Uwe Bahnsen formte den Granada II
  3. Den großen Löwen ziert Pininfarinas Linie
  4. Schwerer Start für Granada II und 604
  5. Technische Daten von Peugeot 604 SL und Ford Granada II 2.3 L
  6. Fazit

Sie waren eines Staatsmannes würdig oder ermöglichten den Einstieg in die gehobene Mittelklasse für diejenigen, denen es mit dem wirtschaftlichen Aufschwung finanziell immer besser ging. Wer Mitte der 70er-Jahre mit sechs Zylindern und jeder Menge repräsentativem Blech in Limousinenform unterwegs war, der hatte es in automobiler Hinsicht geschafft. Heute sind Ford Granada II und Peugeot 604 Vertreter einer Epoche, die an den einstigen Glanz ihrer Erbauer erinnern. Doch zügeln wir das Pferd nicht von hinten auf, sondern werfen wir zunächst einen Blick auf die Ursprünge der beiden europäischen Straßenkreuzer.
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Der Peugeot 604 als erster V6-Peugeot der Nachkriegszeit

Ford beackerte den heimischen Markt bereits seit den 60er-Jahren wieder mit einer gehobenen Sechszylinder-Limousine in Form des Taunus 20M (P5). Peugeot hingegen hatte mit dem 601, der 1935 eingestellt wurde, die Linie der hauseigenen Sechszylinder unterbrochen. Es war klar: Die Lücke musste endlich geschlossen werden. 1970 begannen die Arbeiten am Projekt "E24". Dazu suchte man die Unterstützung von Renault, die ebenfalls unter dem gleichen Problem litten. Der 1966 begründete Zusammenschluss wurde schließlich 1971 durch Volvo komplettiert und das Ziel des Vorhabens hoch gesteckt. Ein gemeinsam entwickelter, 3,2 l großer Achtzylinder sollte die deutsche Konkurrenz der gehobenen oberen Mittelklasse ins Straucheln bringen.

Womit jedoch niemand gerechnet hatte, war die Ölkrise des Jahres 1973. In diesen Zeiten einen spritschluckenden Achtzylinder auf den Markt zu werfen, schien unmöglich. Ans Aufgeben war aber auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu denken. Kurzerhand wurde somit aus dem 3,2-l-V8 ein 2,7-l-V6 mit 90° Zylinderbankwinkel und Zündreihenfolge 1–6–3–5–2–4. Der PRV-Motor oder auch "Euro-V6" war geboren. Nun begann der Wettlauf gegen die Zeit. Jeder der drei Hersteller wollte der erste mit dem neuen Motor auf dem Markt sein. Peugeot entschied das Rennen mit seinem neuen Salonlöwen für sich. Am 15. März 1975 stand der Peugeot 604 das erste Mal für die Öffentlichkeit zum Bestaunen auf dem Genfer Salon.

 

Uwe Bahnsen formte den Granada II

Währenddessen beackerte die erste Generation des Ford Granada bereits seit 1972 das Feld der oberen Mittelklasse. Mit vier oder sechs Zylindern ausgestattet, schaffte sie für diejenigen, die dem Escort entwachsen waren, eine begehrenswerte Aufstiegschance. Als kleiner 2.0 V6 stemmte der Ford zwar nur 90 PS (66 kW) auf die Hinterachse, war 1976 mit einem Neupreis von 18.610 Mark aber unschlagbar günstig.

Bis 1977 verkauften sich vom Granada der ersten Serie insgesamt 868.000 Fahrzeuge. Der Geschmack des Publikums änderte sich jedoch. Die fast schon pompöse Form des alten Granada geriet Ende der Siebziger aus der Mode, Fords Linie der Vernunft war in Gefahr. Doch die Kölner:innen wussten zu kontern. Unter Designchef Uwe Bahnsen bekam der große Ford ein umfangreiches Facelift. Die Leuchten wurden größer, die Scheiben zog man tiefer, und den angestaubten Chromzierrat ersetzte man mit dem Stoff, der die Achtziger prägen sollte: PVC.

Günstig Sechszylinder fahren im Granada II

Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Um sechs Zentimeter in der Länge gewachsen, brachte Ford mit dem Granada der zweiten Serie nun stattliche 4,65 m Auto in die Einfahrt. Im Gegensatz zum Peugeot 604 musste es dann auch nicht unbedingt ein Sechszylinder sein. Schon ab 14.000 Mark konnte man sich ab August 1977 einen Granada als Grundmodell "N" mit 1,7-L-Vierzylinder und 70 PS (51 kW) oder als "S" mit 73 PS (54 kW) sichern. Die magische Grenze der 100 PS (74 kW) knackte allerdings erst der 2,3 l große "Köln"-V6. 108 PS (79 kW) und 177 Nm ließ das stirnradgetriebene Closed Deck-Triebwerk auf die Kurbelwelle los.

Wer finanziell besonders gesegnet dastand, der griff selbstverständlich zum Granada 2.8 GLS für rund 22.000 Mark oder zum wohl heute begehrtesten Granada II: zum 2,8i Ghia. Dafür mussten zwar 26.784 Mark das Konto wechseln, was im Gegenzug aber unter anderem mit 160 PS (118 kW), Metalliclackierung, Langflor-Teppichboden, Leichtmetallrädern und getönten Scheiben belohnt wurde.

Ford Granada II 2.3 L
Foto: Frank Ratering
 

Den großen Löwen ziert Pininfarinas Linie

Bewusst exklusiver zeigte sich 
der Peugeot 604, der ab Frühjahr 1976 in der zunächst einzig erhältlichen Ausstattungslinie "SL" die Ausstellungsräume der Händler zierte. In Zusammenarbeit mit Sergio Pininfarina hatte der große Löwe eine repräsentative Gestalt angenommen, die sich seiner Fahrzeugklasse als äußerst würdig erwies. Bei genauer Betrachtung ließen sich an Front und Heck gewisse Stilmerkmale des elegant gestreckten Fiat 130 Coupés erkennen, das ebenfalls aus Pininfarinas Feder stammte. Überliefert ist es zwar nicht, doch könnte man meinen, dass sich Uwe Bahnsen von der Linie des 604 für seinen Granada II einst hat inspirieren lassen. Doch das nur am Rande.

Wuchtige Stoßstangen, große Leuchten und glattflächige Blechteile verliehen dem großen Franzosen ein konservativ würdevolles Auftreten. So würdevoll, dass der damalige Ministerpräsident Frankreichs, Jacques 
Chirac, einen metallicgrauen Peugeot 604 für seinen Fuhrpark orderte. Nicht nur für Monsieur Le Président war der Wagen allerdings interessant, sondern auch für diejenigen, die weder in BMW 525, Opel Commodore oder eben Granada I Ghia ihre Erfüllung fanden.

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Die Presse feierte den Peugeot 604

Im Vergleich war der Peugeot im Jahr 1975 mit einem Preis von 22.300 Mark lediglich rund 1300 Mark teurer als ein vergleichbarer Granada der ersten Serie. Der Peugeot bot mit einer Länge von 4,72 m etwas mehr Auto (nur der Volvo 264 DL war mit 4,89 m noch größer) und wartete mit vielen serienmäßigen Extras auf, die bei anderen Premiumherstellern teuer waren. Servolenkung, Metalliclackierung, Halogenscheinwerfer, vier E-Fenster und getönte Scheiben, um nur einige zu nennen, waren immer an Bord.

Die Presse zeigte sich vom 604 SL begeistert. Im Test der AUTO ZEITUNG punktete er nicht nur mit eben dieser langen serienmäßigen Ausstattungsliste, sondern vor allem mit seinem außergewöhnlich hohen Komfort. Die konventionelle Stahlfederung im 604 setze gar neue Maßstäbe, die "auch von der hydropneumatischen Federung des Citroën nicht übertroffen werden", textete Tester Gernot Röthig in Ausgabe 21/1975. Das üppige Platzangebot für die Passagiere im Fond wurde ebenfalls positiv hervorgehoben. Nicht zuletzt gewann der Innenraum dank der sofaähnlichen Polsterung, zweier Innenleuchten an den Dachholmen und gar drei (!) Aschenbechern an Attraktivität.

 

Schwerer Start für Granada II und 604

Schwerer hatte es hingegen der Granada II. 1977 ließ die AUTO ZEITUNG im direkten Vergleich den 2.3 LS gegen seinen identisch motorisierten Vorgänger antreten. Das Ergebnis: Vor allem in Sachen Beschleunigung, Elastizität und Geräuschkomfort hob sich der Neue ab, ansonsten entschied der persönliche Geschmack, ob die neue oder die alte Linie der Vernunft siegte. Viel am Erfolgsrezept änderte das jedoch nicht. Bis zum Auslaufen des großen Kölners im Jahr 1985 baute Ford insgesamt 918.969 Granada II.

Weniger erfolgreich entpuppte sich die Geschichte für den Peugeot 604. So sollte das erste Produktionsjahr der Zeitraum mit den meistgebauten 604 bleiben. Rund 36.000 Fahrzeuge montierte man 1976 in Sochaux. Die Zahlen purzelten bis zur Einstellung des Modells kontinuierlich weiter. Weder die Einführung einer Einspritzer-Version mit K-Jetronic (604 TI), die den Vergaser 1978 ablöste, noch der 1979 vorgestellte Selbstzünder (604 D Turbo) als erster Turbodiesel Europas konnten daran etwas ändern. 1986, im letzten Produktionsjahr, liefen lediglich 581 Autos vom Band.

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Weichhe Polstersessel im großen Franzosen

Begegnet man heute einem Peugeot 604 in freier Wildbahn, gleicht das der Sichtung einer blauen Mauritius. Der deutsche Bestand früher Vergasermodelle mit Schaltgetriebe, mit dem unser Fotofahrzeug von Peugeot-Enthusiast Joachim Kaiser vorfährt, lässt sich an einer Hand abzählen. 2010 brachte der frankophile Berliner den Peugeot als Urlaubsmitbringsel aus dem Elsass mit. Der in ungeschweißtem Zustand befindliche Franzose zeigte zwar ein paar Standschäden, kam aber auf lediglich 50.000 penibel gewartete Kilometer Laufleistung. Für 3800 Euro wechselte der in Bachgrün-Metallic (Frz.: Vert torrent metalisé) schimmernde Löwe in den Besitz des ersten Vorsitzenden des PeReCi Motor-Klassik-Clubs.

Beim Platznehmen auf den großzügig ausfallenden Polstersesseln versteht man sofort, warum gerade der 604 einst dem französischen Regierungsoberhaupt so zusagte. Die luftige Höhe, die selbst großgewachsene Personen hier wahrnehmen, hebt im Vergleich zu den gedrungen geschnittenen Limousinen von heute direkt die Stimmung. Große Lüftungsdüsen und klackende Kippschalter geben ein Gefühl von Robustheit, was mittlerweile zur Seltenheit geworden ist.

Peugeot 604 SL
Foto: Frank Ratering

Beim Dreh am linkssitzenden Zündschloss erwacht der PRV-V6 willig und leicht sprötzelnd zum Leben. Wegen seiner nie wahr gewordenen achtzylindrigen Vergangenheit "fehlt ihm die Laufruhe eines herkömmlichen Sechszylinders", wie Kaiser weiß, doch dem ehrlichen Fahrvergnügen tut das keinen Abbruch. Das Sortieren der Gänge verlangt nach ein wenig Feingefühl, aber das souveräne Dahingleiten besänftigt sofort. Bodenwellen bügelt das Fahrwerk so glatt, als ob sie nicht vorhanden wären.

Ein Hauch von Luxus im Kölner

Platzwechsel in den 1977er Ford Granada 2.3 L von Sebastian Freistädt. Der leidenschaftliche Ford-Sammler und Regionalleiter der Alt Ford Freunde Brandenburg kaufte sein inkagoldenes Exemplar vor rund 20 Jahren in einer Nacht-und-Nebel-Aktion. Für ihn war es die Erinnerung an seine Jugend, die ihn zum Kauf der 1800 Euro günstigen Limousine trieb: "Mein Kumpel hatte einen goldenen Granada, und für mich stand immer fest: So einen muss ich mal haben!" Kein Wunder, denn auch wenn man vielleicht nie einen Bezug zum großen Ford hatte, löst er rasch einen Haben-Will-Effekt aus. Der Blick auf die gefühlt meterlange Haube weckt ein Gefühl von Erhabenheit, während die sanft mitfedernden Sitze an das gemütliche Sofa von Oma und simplere Zeiten erinnern.

Das einst 751,71 Mark teure L-Paket macht diesen Granada zwar nicht zum Ghia, aber dank Zusatzausstattung – darunter H4-Lampen, verchromte Zierleisten, Tageskilometerzähler, Mittelarmlehne hinten und Teppichboden – zur gediegenen Reiselimousine. In Verbindung mit dem 2,3-l-V6 und der Automatik reißt der Granada auf unserer Fahrt durch das Berliner Umland zwar keine Bäume aus, gleitet jedoch laufruhig und sonor säuselnd vor sich hin. Es ist genau das, was Peugeot 604 und Granada II heute so besonders macht. Unaufgeregt, stilsicher geben sie uns das gewisse Etwas, das vor langer Zeit im Autobau verloren ging.

 

Technische Daten von Peugeot 604 SL und Ford Granada II 2.3 L

Classic Cars 03/2025Peugeot 604 SLFord Granada 2.3 L
Zylinder/Ventile pro Zylin.6/26/2
Hubraum2664 cm³2295 cm³
Leistung100 kW/136 PS79 kW/108 PS
Max. Gesamtdrehmoment bei207 Nm 3500/min177 Nm 3000/min
Getriebe/Antrieb4-Gang-Getriebe/Hinterrad4-Gang-Getriebe/Hinterrad
L/B/H4721/1770/1432 mm4646/1791/1416 mm
Leergewicht1455 kg1359 kg
Bauzeit1975-19861977-1985
Stückzahl153.252918.969
Beschleunigung
null auf 100 km/h
11,1 s12,9 s
Höchstgeschwindigkeit183 km/h167 km/h
Verbrauch auf 100 km15,8 l S14 l S
Grundpreis (Jahr)22.300 Mark (1975)16.140 Mark (1977)

 
Johannes Beck Johannes Beck
Unser Fazit

Ich erinnere mich gern an diesen Tag im Juni zurück. Endlich durfte ich einen der seltenen Peugeot 604 in natura erleben. Der große Franzose beeindruckte mich nicht nur durch seine schiere Größe. Gepaart mit seiner Exklusivität ist er damals wie heute ein echtes Erlebnis. Ähnliches gilt für den Granada: Früher Brot & Butter, heute rar gesät. Sieht man den großen Kölner vorbeirollen, ist Grinsen vorprogrammiert. Beide zeigen, wie grundverschieden sich das Konzept einer großen Sechszylinder-Limousine umsetzen ließ. Statt Einheitsbrei gab es damals echte Charakterköpfe für die hart erwirtschaftete Mark. Heute fehlen diese kernigen Typen.

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