Mercedes G 63 vs. G 580 EQ: Verbrenner & E-Auto im Duell
Zwei G-Klassen unter sich
Auch wenn sie oft nur noch als Metropolen-Flaneur genutzt wird, ist die G-Klasse ein harter Geländewagen. Rabiate Momentaufnahmen mit donnerndem AMG-V8 im Mercedes-AMG G 63 und mit flüsterleisen Elektromotoren im Mercedes G 580 EQ. Ein Vergleich!
Im Mercedes-AMG G 63 durchs Gelände – und ins Unterholz
Schön, wenn man das volle Vertrauen seines Beifahrers genießt. Der ist heute Entwickler im G-Klasse-Team bei AMG und kommandiert ganz entspannt meine Fahrt über die kleine Schotter-Rallye-Etappe, die als staubiges Geröll-Geschlängel im struppigen Hinterland des Chateau de Lastours liegt. Nach Westen geht es in die Pyrenäen-Ausläufer der Corbières hinein, im Osten sieht man gelegentlich das Mittelmeer zwischen Narbonne und Perpignan aufblitzen. "Jetzt das Lenkrad gerade halten und die Sprungkuppe bei ungefähr 80 Sachen einloggen, dann: guten Flug!"
Im Vergleich zum vollelektrischen Mercedes G 580 EQ donnert der Mercedes-AMG G 63 mit kernig grollendem V8 eine von Geröll gesäumte Steilstrecke hinauf, links und rechts fliegt dichte Dorn-Macchia vorbei, voraus endet die Piste blind, darüber leuchtet der blaue Himmel Südfrankreichs. Und wenn jemand von AMG sagt, man soll da blind reinzimmern, tut man es natürlich. Wartet gespannt, was passiert. Da hebt die dicke AMG-G-Klasse auch schon flockig ab – über 2,6 t im eleganten Parabelflug. Und dann erwischen wir die abfallende Rampe auf der anderen Seite mit aller Souveränität, setzen satt und weich auf. Kein Schlingern, kein Durchschlagen, um die Mundwinkel meines Beifahrers spielt ein kleines Lächeln.
Das friert jedoch schnell ein: "Die nach außen hängende Ecke da unten bitte hart anbremsen, jetzt!" – Ich überlege. "Jetzt", wie: "irgendwie zeitnah" oder "Jetzt" wie: "JETZT"? Und: "hart anbremsen" wie: "mit gefühlvoller Strenge" oder wie: "brutal bis zum Schienbeinbruch aufs Pedal treten"? Als die G-Klasse wenige Sekunden später eine gewaltige Schneise der Verwüstung ins Unterholz geschlagen hat, ist mir klar, dass "hart jetzt" wortwörtlich gemeint war.
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Das Talent darf gern zum Fahrzeug passen
Ich bin im Einklang mit dem angerichteten Flurschaden kapital zerknirscht, mein Beifahrer zeigt allerdings keine Regung: "Das Rausfahren übernehme gern ich ..." – Rausfahren? Der Mercedes-AMG G 63 steht in der Mutter aller Dornhecken zwischen fußballgroßen Steinbrocken, da fährt man nicht einfach so raus, da fährt man eigentlich nicht mal rein … Herr AMG weiß aber wie, schließlich ist so ein G 63 entgegen jeder Kundennutzung tatsächlich ein GELÄNDEwagen – und was für einer: Sperren rein, das AMG Ride Control-Fahrwerk samt Fahrprogrammen auf maximale Zerstörung gestellt und dann ganz gefühlvoll ... Quatsch: Vollgas! Der AMG fräst sich splitternd, krachend und in einem Geschosshagel von Steinen aus der misslichen Lage. Ich denke in meiner Deckung liegend die ganze Zeit: "Mist, Manufakturlack in Magno-Matt Hyazinthrot, 8687 Euro", aber Stehenlassen ist natürlich auch keine Lösung.
Für den Rückweg ins Basislager bin ich der Beifahrer, der AMG-Mann bietet mir unterwegs eine gesichtswahrende Ausrede an: "Als wir die Strecke angelegt haben, war alles knochentrocken, der Regen der letzten Stunde scheint den Kurs doch etwas rutschig gemacht zu haben." Ja, ja, denke ich – und dass dieser AMG irgendwie eine Wucht ist. Fährt auf der Straße überraschend sportlich und dreht auf Schotterstrecken brutal auf, beinhartes Paris-Dakar-Feeling inklusive. Das Talent darf da gern zum Fahrzeug passen. Aber der Zweite im Vergleich, der Mercedes G 580 EQ, hat noch ganz andere Tricks auf Lager …
Jetzt tritt der Mercedes G 580 EQ zum Vergleich an
Trotz meines Ausflugs ins Gelände kann ich im Anschluss noch einen weiteren unternehmen, dieses Mal im Mercedes G 580 EQ. Vollelektrisch. Ohne AMG. Ohne Person auf dem Beifahrersitz. Dafür mit einem automatischen Kriech-Modus, der jede untertalentierte Einflussnahme am Steuer quasi ausschließt: Modus in einer von drei vorwählbaren Geschwindigkeiten aktivieren, ab dann nur noch lenken und vom Steuer aus verfolgen, wie sich der G 580 EQ flüsterleise haarsträubende Steigungen hinaufbrechstängelt, unterwegs Stufen, Rinnen, Fels neutralisiert, als gäbe es sie nicht, und dabei immer wieder auch rabiat auf der fetten Carbonplatte dahinschrammt, die das 116-kWh-Akku-Paket zwischen den Trägern des Leiterrahmens schützt.
Klingt langweilig, weil man nicht mehr schalten, strategisch sperren, Gas millimeterfein dosieren muss? – Ist es aber nicht, sondern einfach nur spektakulär und beeindruckend. Die Wahl der Linie bleibt einem nervenkitzelnd überlassen. Vermutlich traut man sich als unerfahrene Offroad-Person so auch an Passagen, die man sonst eher nervös als unerreichbare "schwarze Piste" beäugen würde.
Der Mercedes G 580 EQ (2024) im Fahrbericht (Video):
Der G-Turn als pures Gimmick
Dass sich die vier E-Maschinen des Mercedes G 580 EQ – pro Rad eine – vorzüglich für wüste Tricks wie das kettenfahrzeugähnliche "Auf der Stelle drehen" eignen, hat Mercedes natürlich auch gemerkt und als "G-Turn" in Szene gesetzt. Die Sache ist im Vergleich zum automatischen Klettern aber reichlich albern – als kleiner Geniestreich dürfen jedoch die Zeitlupe-Drifts mit gehemmtem kurveninneren Hinterrad gelten. Dieses "G-Steering" macht den G 580 EQ in verblocktem, engem Terrain gefühlt einen Meter kürzer. Irre, was man so mit einem viermotorigen Elektro-Offroader erreichen kann – beim Mercedes-AMG G 63 wäre so etwas nicht möglich.
"Man müsste beide haben können", denke ich traurig irgendwo in einem Wasserloch, das der Elektro-G wegen seiner spektakulären Wattiefe – Elektromotoren können keine Luft ansaugen – ungerührt nimmt, während die braune Suppe beinahe über die Haube flutet. Das urwüchsige Trial-Kletter-Talent des Mercedes G 580 EQ und die im Vergleich breitbeinige Wildheit des Mercedes-AMG G 63 – dabei reicht einer von beiden schon aus, um das Budget der Allermeisten zu sprengen. Zumindest in der Hinsicht hat sich die G-Klasse hoffnungslos festgefahren.
Technische Daten von Mercedes G 580 EQ & Mercedes-AMG G 63
AUTO ZEITUNG 19/2024 | Mercedes G 580 EQ | Mercedes-AMG G 63 |
Technik | ||
Motor | Vier perm. erregte Synchronmaschinen | V8-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbo, 3982 cm3 |
Antrieb | 2-Gang, Reduktionsgetriebe/Allrad | 9-Stufen-Automatik; Allrad |
Systemleistung | 432 kW/588 PS | 430 kW/585 PS |
Max. Systemdrehmoment | 1164 Nm | 850 Nm |
Kapazität/Spannung | 116,0 kWh/400 V | - |
Karosserie | ||
Außenmaße (L/B/H) | 4624/1931 (2187*)/1983 mm | 4873/1984 (2187*)/1976 mm |
Leergewicht | 3085 kg | 2640 kg |
Kofferraumvolumen | 620-1990 l | 640-2010 l |
Fahrleistungen | ||
Beschleunigung (0-100 km/h) | 4,7 s | 4,4 s |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h | 220 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 28,0 kWh | 14,7 l SP |
Reichweite | 468 km | - |
Kaufinformaiton | ||
Grundpreis | 142.622 € | 189.329 € |
Marktstart | 2024 | 2024 |
Alle Daten Werksangaben; *Breite mit Außenspiegel |