Spätestens mit dem neuen MG4 Electric (2022) sollte man China-Elektroautos, die unter europäischer Traditionsmarken-Flagge fahren, sehr ernst nehmen, wie die erste Testfahrt deutlich macht.
Vor der ersten Testfahrt mit dem neuem MG4 (2022), betrachten wir die Entwicklung der Marke: Sie ist in Deutschland ein alter Bekannter, schließlich hat selbst BMW versucht, MG als Bestandteil des urbritischen Rover-Bauchladens am Leben zu halten. Damit war 2005 Schluss, die MG-Markenrechte gingen nach China. Was nun heute aus der Firmenzentrale des SAIC-Konzerns in Shanghai als MG verkauft wird, hat herzlich wenig mit gußeiserner Traditions-Seligkeit zu tun – und das ist gut so. Auf ein Revival von MG hat die Welt wirklich nicht gewartet, Platz im Markt für gut gemachte, moderne und preisgünstige Autos gibt es aber durchaus. Und wenn die MG heißen sollen – warum nicht? Dass MG in Deutschland bis Jahresende 2022 rund 10.000 Autos absetzen wird – und damit mehr als viele Traditionsmarken –, liegt also nicht an einer lange gereiften Marken-Strahlkraft, sondern an attraktiven Produkten. Der neue MG4 (2022) ist eines von ihnen: Mit dynamischem Design, topaktueller Technik und herzeigbarer Machart zielt er scharf auf die besonders attraktive Kompaktklasse, in der etwa VW mit dem ID.3 gerade versucht, den Dauerbrenner Golf zu beerben. Mit dieser Positionierung dürfte auch klar sein, dass es dem MG4 wirklich um etwas geht. Sein "Chinesisch-Sein" ist dem neuen E-Herausforderer kaum abzuspüren, zumindest nicht, wenn es um die harten Fakten des Autobusiness geht. Wer den MG4 gesehen und gefahren hat, ahnt, dass alte Plattitüden über Autos aus Fernost nun endgültig ausgedient haben. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Erste Testfahrt mit dem neuen MG4 (2022)
Am ehesten weist noch das extrovertierte Design des neuen MG4 (2022) nach Asien: Mit unbekümmertem Futurismus reiht er sich irgendwo zwischen Lamborghini Urus, Toyota, Hyundai oder Cupra ein, serviert Progressivität und nette Special Effects aus der LED-Trickkiste, schafft es aber doch irgendwie, ein Gesicht in der Menge zu sein. Im Innenraum hat dann erfreulicherweise jede Design-Theatralik ausgedient: Es warten ein aufgeräumtes und luftiges Cockpit, ein beeindruckend gutes Platzangebot im Fond und ein gut dimensionierter Kofferraum auf Alltags-Pragmatiker:innen. Und was sagt die erste Testfahrt aus? Komfort? – Passt! Ergonomie? – Kann sich sehen lassen. Funktion? – Keine Wunder, aber solide umgesetzte Standards. Materialien, Qualität und Verarbeitung? – Absolut herzeigbar. Ein umfangreiches Paket an meist serienmäßig eingebauten Sicherheits- und Assistenzsystemen rundet das Angebot ab. Die Basisversion des MG4 (ab 31.990 Euro, Stand November 2022) ist ein technologischer Ausreißer – anders als die Comfort und Luxury-Modelle kommt sie mit 51 kWh großem LiFePo-Akku, 125 kW (170 PS) Motorleistung und einer WLTP-Reichweite von 350 Kilometer.
Die Konkurrenten:
E-Antrieb und Fahrwerk des neuen MG4 (2022) erfreuen
Bei der ersten Testfahrt konnten wir allerdings die stärkere Modellvariante mit 150 kW (204 PS) und 64 kWh großem NMC-Akku fahren und waren sehr angetan: satter Antritt, moderater Verbrauch und hohe Ladeleistung (DC bis 135 kW). Aber nicht nur die Elektro-Antriebstechnik ist auf der Höhe der Zeit, auch in Sachen Fahrwerk gibt sich der neue MG4 (2022) keine Blöße: Handlich und mit sauber abgestimmter Lenkung turnt er über kurvige Straßen, lässt den Hinterradantrieb ohne allzu frühe Eingriffe bis an die Traktionsgrenze gut dosierbar vorandrücken. Komfortabel und leise kann der MG4 aber auch, er ist sicher unterwegs, die Bremsleistung wirkt souverän und lässt sich ohne Rekuperations-Schwammigkeiten dosieren. Nach Hinweisen auf die asiatische Herkunft des MG4 sucht man lange: Dass die MG-Pilot-Assistenzsysteme einen ausgesprochen autoritären Lenk-Eingriff pflegen, fällt vielleicht darunter, System-Hinweistöne mit "Kinderklavier"-Sound würde ein europäischer Hersteller auch nicht unbedingt so einsetzen. Ersteres ist aber abschaltbar und zweiteres beinahe sympathisch.
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Technische Daten des neuen MG4 (2022)
AUTO ZEITUNG 24/2022 | MG4 |
Technische Daten | |
Motor | Permanenterregte Synchronmaschine |
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung; Hinterrad |
Gesamtleistung | 150 kW/204 PS |
Max. Drehmoment | 250 Nm |
Batterie-Kapazität | 64,0 kWh |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4287/2060/ 1504 mm |
Leergewicht/Zuladung | 1685/448 kg |
Kofferraumvolumen | 363 bis 1177 l |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 7,9 s |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 16,0 kWh |
Reichweite | 450 km |
Kaufinformationen | |
Basispreis (Testwagen) | 35.990 Euro |
Marktstart | September 2022 |
Der MG4 ist ein modernes Auto zum attraktiven Preis. Erwachsenes Fahrverhalten, gute Reichweite, schnelles Laden und hohe Praxistauglichkeit verbinden sich mit runder Bedienung und aktueller Connectivity. China-Skeptiker könnte obendrein die Sieben-Jahres- oder 150.000 Kilometer-Garantie überzeugen.