Neuer Lancia Ypsilon (2025): Unser Testfahrt-Fazit
Lancia meldet sich zurück
Seitdem sich Lancia 2017 aus dem deutschen Markt zurückgezogen hat, ist es hierzulande still um die italienische Premiummarke geworden. Nun meldet sie sich mit dem neuen Lancia Ypsilon (2025) zurück, der sich am Stellantis-Baukasten bedient und ein Klon vom Opel Corsa Electric & Co. ist. Eine erste Testfahrt soll klären, wie sich der extrovertierte Kleinwagen bewegen lässt.
Hurra, sie leben noch. In Italien war Lancia zwar nie tot, sondern hat es mit dem in die Jahre gekommenen Ypsilon bis zuletzt auch nach über zehn Jahren noch aufs Kleinwagentreppchen geschafft. Doch im Rest der Welt war die feine Fiat-Schwester nur noch eine Erinnerung, und das nicht mal eine durchwegs gute. Während es Autos wie der Delta, der Gamma und der erste Thesis zur Legende geschafft haben, von Flavia, Fulvia & Co ganz zu schweigen, waren Voyager und der letzte Thesis nur noch schlechte Chrysler-Übernahmen und es hat sich niemand gewundert, als zum Beispiel die deutschen Händler:innen 2017 das Licht ausgemacht haben.
Jetzt flackert so langsam wieder Hoffnung auf. Weil Stellantis-Chef Carlos Tavares die Kund:innen in Italien nicht im Stich lassen will, er aber für neue Normen ohnehin auch neue Autos entwickeln muss und obendrein ein Herz hat für leidenschaftliche Marken mit wechselvoller Geschichte hat, küsst er das Dornröschen jetzt mit dem neuen Lancia Ypsilon (2025) wach. Sein Markenchef Luca Napoletano verspricht zudem, dass es kein Strohfeuer sei. "Alle zwei Jahre kommt jetzt ein neuer Lancia", sagt der Italiener – und natürlich sind die alle elektrisch. So folgt auf den Kleinwagen in der gehobenen Mittelklasse 2026 ein neuer Gamma, bevor 2028 auch der legendäre Delta sein Comeback feiert.
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Der Opel Corsa Electric (2023) im Fahrbericht (Video):
Erste Testfahrt: Neuer Lancia Ypsilon (2025) ist doch nicht so Premium
Auch, wenn die Abgrenzung zu den Schwestern DS und mehr noch zu Alfa Romeo wohl nur den Marketing-Größen in Turin und Paris gelingen kann, positioniert sich auch Lancia als "Premium"-Angebot in der großen Stellantis-Familie und möbelt den Kleinwagen kräftig auf. Und das kann man diesmal sogar wörtlich nehmen. Während sich der neue Lancia Ypsilon (2025) die Technik mit eher profanen Brüdern wie dem Opel Corsa oder dem Peugeot 208 teilt, soll eine Kooperation mit dem renommierten italienischen Möbelhaus Cassina für spürbar mehr Finesse sorgen. Und weil es von dieser Edition zum Start keine 2000 Exemplare geben wird, haben sie im Centro Stile auch den gewöhnlichen Ypsilon entsprechend extrovertiert und exklusiv gestaltet. Das gilt nicht nur für die Karosserie mit dem eigenwilligen LED-Kreuz im glatten Bug, den in Kontrastfarben lackierten Zierteilen auf der Haube und am Heck und den kreisrunden Rückleuchten des Rallye-Champions Lancia HF. Sondern das gilt mehr noch für das Innenleben mit schwülstig gepolsterten Sitzen, kreisrunden Türgriffen, einem von Googles Alexa inspirierten Sprachassistenten auf dem Armaturenbrett und einem kleinen Kaffeetisch darunter.
Auf Fotos funktioniert das alles prima, doch ist es mit der Finesse bei der ersten Testfahrt leider nicht weit her: Ja, die Materialien mögen einen hohen Recyclinganteil haben und die Geschichte mit dem Marmorstaub in den Türkonsolen klingt ebenso neu wie nobel. Doch am Ende fühlt sich der Innenraum über weite Strecken noch lange nicht so nobel an, wie es die Materialien vermuten lassen würden: Der Kaffeetisch macht einen billigen Eindruck, die Vielfalt der unterschiedlichen Materialien überlädt den Innenraum und vieles an der Verarbeitung kommt einem spanisch vor – aber der Ypsilon läuft ja auch in Saragossa vom Band und nicht in Turin oder Mailand. Da hilft es leider auch nicht, dass sie extra mehr Gewicht in die Türen gepackt haben für ein satteres Schließgefühl und die Spur gegenüber Corsa & Co. etwas verbreitert wurde – der Ypsilon mag anders aussehen als seine Geschwister aus der Stellantis-Sipp, aber er fühlt sich leider nicht sehr anders an.
Die Konkurrenten:
Hohe Reichweite, niedrige Ladeleistung
Das gilt besonders für die erste Testfahrt. Wie auch, wenn einmal mehr die gleiche Technik herhalten muss? Auch der neuen Lancia Ypsilon (2025) fährt mit der 115 kW (156 PS) starken E-Maschine vor, die Stellantis zum Facelift vom Opel Corsa oder Peugeot 208 eingeführt hat und der bei 150 km/h die Puste ausgeht. Und im Boden steckt selbstredend der 54 kWh-Akku, der zwar mit 403 km eine für einen Stadtkleinwagen solide Reichweite bietet, der aber auch weiter nur mit elf und 100 kW geladen werden kann. Immerhin: Weil Lancia nicht nur für Luxus oder zumindest eine gewisse Noblesse steht, sondern zum Beispiel einem gewissen Walter Röhrl auch auf den Rennstrecken und Rallyepisten dieser Welt einen guten Ruf hat, soll der künftig ebenfalls wieder zu hören sein – soweit man davon bei elektrischen Autos noch sprechen kann. "Alle neuen Lancias wird es deshalb auch mit dem legendären HF-Logo geben", verspricht Napoletano und lässt den kleinen Elefanten dieses Markenzeichens beim Ypsilon gleich mal mit 177 kW (240 PS) vorweg traben. Allerdings erst 2025.
Zwar will – natürlich – auch Lancia zur reinen Elektromarke werden. Aber – genauso natürlich – lässt sich die Marke dabei noch ein bisschen Zeit. Erst recht daheim, wo Napoletano wohl auf das Gros seiner zuletzt 45.000 Kund:innen pro Jahr verzichten müsste, wenn es den neuen Ypsilon nur noch mit Akku gäbe. Auch so wird das Auto schließlich schon 30 Prozent teurer, wenn es daheim in Italien im Sommer 2024 bei 24.000 Euro startet. Und nein, das ist nicht die E-Version, sondern der natürlich ebenfalls von Corsa & Co bekannte Mildhybrid, der aus 1,2 l Hubraum 100 PS (77 kW) schöpft und immerhin 190 km/h schafft. Für den Stromer verlangt Lancia mindestens 34.000 Euro (alle Preise: Stand Juni 2024). Das ist zwar ein stolzer Aufschlag, aber selbst damit wäre der Ypsilon noch günstiger als der elektrische Corsa in Italien – und zwar mit der schwächeren Maschine. Zu uns kommt der neue Ypsilon dann 2025.
Technische Daten
AUTO ZEITUNG 2024 | Lancia Ypsilon |
Technische Daten | |
Motor | Permanenterregte Synchronmaschine |
Antrieb | Konstantübersetzung; Vorderrad |
Systemleistung | 115 kW/156 PS |
Max. Drehmoment | 260 Nm |
Kapazität/Spannung | 50,8 kWh (netto)/400 V |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | k.A. |
Leergewicht/Zuladung | k.A. |
Kofferraumvolumen | k.A. |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | k.A. |
Höchstgeschwindigkeit | k.A. |
Verbrauch auf 100 km | k.A. |
Reichweite | 403 km |
Kaufinformationen | |
Grundpreis | 34.000 € |
Marktstart | 2025 |
Alle Daten Werksangaben; *Breite mit Außenspiegel |
Obwohl Lancia den Anspruch hat, die Nobelfirma im Hause Stellantis zu sein, unterscheidet sich der neue Lancia Ypsilon charakterlich nicht von seinen Konzerngeschwistern Peugeot E-208 oder Opel Corsa. Gut, unterm Blechkleid steckt auch dieselbe Technik, doch wäre es wünschenswert, dass sich der hohe Qualitätsanspruch nicht nur in der Materialauswahl, sondern auch im Set-up zeigt.