Mercedes-Vertriebsvorstand Britta Seeger: Interview "Für Smart haben wir einen guten Partner gefunden"
Daimler-Vertriebvorstand Britta Seeger über die Bedeutung Chinas, den Autoverkauf über das Internet, neue SUVModelle sowie die Zukunft der kleinsten Daimler-Marke!
Frau Seeger, mit BAIC ist nun ein zweiter Großinvestor aus China bei Daimler eingestiegen. Wie wichtig ist der chinesische Markt für Mercedes?
Wir freuen uns sehr, dass unser langjähriger Partner BAIC nun auch ein langfristig orientierter Investor von Daimler ist. China ist seit Jahresbeginn erneut unser größter Absatzmarkt. Das zeigt, wie wichtig der Markt für uns ist, und wir werden hier gemeinsam mit den lokalen Händlern noch weiter wachsen. Im Juli 2019 konnten wir in China ein zweistelliges Wachstum von 13 Prozent verzeichnen. Damit haben wir sowohl im Monat als auch seit Anfang des Jahres einen neuen Bestwert erreicht – darauf sind wir sehr stolz.
Smarts "Ready to share" im Video:
Im ersten Halbjahr musste Mercedes einen Verkaufsrückgang um 4,6 Prozent hinnehmen. Was erwarten Sie für das Gesamtjahr?
Das erste Halbjahr war wie erwartet für die gesamte Branche weltweit herausfordernd. Bei uns haben sich insbesondere die Modellwechsel in unseren volumenstärksten Segmenten Kompaktwagen und SUV ausgewirkt. Damit sind wir natürlich nicht zufrieden. Im dritten Quartal erwarten wir zusätzliche Absatzimpulse durch unsere neuen Modelle. Dies hat sich bereits im vergangenen Monat mit dem besten Juli aller Zeiten und einem Plus von 12,7 Prozent gezeigt. Und auch für das Gesamtjahr gehen wir beim weltweiten Absatz von einer leichten Steigerung im Vergleich zum Vorjahr aus.
Gibt es überhaupt noch neue Märkte, in denen Sie ein starkes Wachstum der Premiummarken sehen?
Vor drei Jahren sind wir zur weltweit absatzstärksten Premiummarke aufgestiegen und haben diesen Titel seither verteidigt. Das liegt auch daran, dass wir in den bekannten Premiummärkten unser Wachstumspotenzial optimal ausgenutzt haben. Unser Hauptaugenmerk richtet sich darauf, in den etablierten Märkten die richtigen Produkte anzubieten und so am Wachstum der Länder teilzuhaben. Dafür haben wir das absolut richtige Angebot. Ein wichtiger Markt ist und bleibt hier China.
Bereits 2025 sollen weltweit ein Viertel aller Mercedes online verkauft werden. Was bedeutet das für die Händler?
Die Welt ändert sich rasant – und damit auch die Bedürfnisse und Erwartungen unserer Kunden. Mit "Best Customer Experience 4.0" richten wir unseren Vertrieb konsequent an diesen Anforderungen aus. Es stimmt, wir gehen davon aus, dass bis 2025 rund 25 Prozent unserer weltweiten Verkäufe online erfolgen. Einen Mercedes zu kaufen, soll für unsere Kunden so einfach werden wie ein Buch zu kaufen. Der persönliche Kontakt spielt dabei weiterhin eine tragende Rolle. Über 80 Prozent der Kunden möchten noch immer im direkten Kontakt beraten werden und Probefahrten machen. Der physische Vertrieb mit unseren weltweit 6500 Partnern ist daher für uns unverzichtbar – nur gemeinsam sind wir erfolgreich.
Ihre Kunden sollen ein einziges digitales Profil erhalten, die Mercedes me ID. Welche Vorteile bietet diese?
Die Mercedes me ID ist für unsere Kunden die Eintrittskarte in die komplette Mobilitätswelt von Mercedes-Benz Cars. Wir wollen den Zugang zu unseren Produkten und Services so einfach wie möglich machen. Deshalb ist die Mercedes me ID künftig im Web, per App, an physischen Standorten und im Auto nutzbar. Das heißt, der Kunde erstellt sich einmalig eine Mercedes me ID und hat dann Zugang zum gesamten Mobilitätsangebot von Mercedes me. Dazu bauen wir das Angebot weiter aus und führen im nächsten Quartal eine von Grund auf erneuerte App ein. Man muss dafür kein Besitzer eines Mercedes sein. Auch Kunden mit Fahrzeugen von anderen Marken oder ohne eigenes Auto werden sie unkompliziert nutzen können – zum Beispiel für Carsharing-Services.
Und wie sieht es mit dem Datenschutz aus?
Sicherheit ist seit mehr als 130 Jahren Teil der DNA unseres Unternehmens und die Basis für das Vertrauen der Kunden in unsere Marke. Deshalb achten wir selbstverständlich auch bei Mercedes me besonders auf den Schutz der Kundendaten und legen großen Wert auf Transparenz sowie einen verantwortungsvollen Umgang mit den Daten. Der Kunde entscheidet zu jedem Zeitpunkt selbst, welche Services er nutzen und welche Daten er teilen möchte.
Stichwort SUV-Offensive: Ist sie mit dem GLB abgeschlossen, oder sind noch mehr Modelle denkbar?
Grundsätzlich freuen wir uns über den großen Zuspruch unserer Kunden bei den SUV – es ist das am stärksten wachsende Segment. Insofern ist es für uns sehr wichtig, hier eine möglichst breite Modellpalette im Angebot zu haben, die zu den Bedürfnissen der einzelnen Länder passt. Dafür haben wir das absolut richtige Angebot. Unsere Kernaufgabe ist es, stets zu schauen, welche Fahrzeuge nachgefragt werden und Trends vorherzusehen. Mercedes ist immer für eine Überraschung gut ...
In Sindelfingen wird neben E- und S-Klasse bald auch der GLC gebaut. Können Werke künftig nur noch mit einem SUV im Programm überleben?
Wir schauen immer, was für die einzelnen Märkte passt und wo welche Nachfrage herrscht. Und dann planen wir die Kapazitäten entsprechend flexibel ein. Der GLC ist seit vielen Jahren unser absoluter Bestseller und das meistverkaufte SUV von Mercedes. Auf diese hohe Nachfrage unserer Kunden reagieren wir entsprechend.
Die X-Klasse steht vor dem Aus. Warum hat der Pick-up die Verkaufserwartungen nicht erfüllt?
Generell schauen wir natürlich ständig, wie sich Marktsituation und Kundenbedürfnisse verändern und passen das Produktportfolio entsprechend an. Das gilt für jede Baureihe. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich mich zum jetzigen Zeitpunkt zu einzelnen Modellen nicht äußere.
Smart gehört nun anteilig zu Geely. Welche neuen Modelle können daraus entstehen, und welche Erwartungen haben Sie an die Marke?
Zunächst einmal wird die aktuelle Smart-Generation auf der diesjährigen IAA einem umfassenden Facelift unterzogen. Unser Joint Venture mit Geely wird nach Freigabe durch die relevanten Behörden voraussichtlich Ende 2019 in Betrieb gehen. Mit Geely haben wir einen starken, erfahrenen und qualitätsorientierten Partner im Segment der Elektrofahrzeuge gewonnen. Das erste neue Produkt aus dem Joint Venture wird dann höchstwahrscheinlich im Jahr 2022 an den Start gehen. Wir freuen uns schon darauf.