- Der Mercedes A 220 d im Test über 100.000 Kilometer
- Sprachbedienung erfreute sich großer Beliebtheit
- Sparsamer Dieselmotor, Kritik am Doppelkupplungsgetriebe
- Fahrwerksabstimmung hinterlässt zwiespältigen Eindruck
- Auf Platz 10 der AUTO ZEITUNG-Dauertestfahrzeuge
- Störungen & Wartungen
- Kosten im Dauertest
- Technische Daten & Messwerte
- Fazit
Mit der vierten Generation der A-Klasse hat sich Mercedes erkennbar verjüngt. Wie viel Qualität steckt im kompakten Benz und ist er auch auf lange Sicht eine sichere Bank? Das verrät der 100.000-Kilometer-Test mit dem Mercedes A 220 d.
Der Mercedes A 220 d im Test über 100.000 Kilometer
"Klasse Farbe, einen gelben Mercedes sehe ich zum ersten Mal." Der Tankwart hebt anerkennend den Daumen, als der stellvertretende Chefredakteur Klaus Uckrow mit der Mercedes A-Klasse an der Zapfsäule vorfährt. Keine Frage, der Dauertest-A 220 d fiel wegen seiner Lackierung in "Sonnengelb" mehr als einmal im 100.000-Kilometer-Test auf. Das dynamische Design, ermöglicht durch die Abkehr von der Monospace-Sandwich-Bauweise der beiden ersten Generationen, und die frische Farbpalette mit kräftigen Tönen dürfte mit dazu beitragen, dass am Steuer des kompakten Benz zunehmend Vertreter jüngerer Generationen sitzen. Was das Platzangebot angeht, so ist die aktuelle Generation der Mercedes A-Klasse bekanntermaßen kein Raumwunder. Auf den Fondplätzen gibt es aber mehr Platz, als das gedrungene Heck von außen vermuten lässt. Beim Einparken fällt die nach hinten recht unübersichtliche Karosserie auf. Hier ist eine Rückfahrkamera sinnvoll, die seit dem Facelift 2022 serienmäßig an Bord ist. Das Kofferraumvolumen (355 bis 1195 Liter) erfordert beim Packen des Reisegepäcks allerdings Zurückhaltung. Doch damit ist die A-Klasse im Kompaktsegment in guter Gesellschaft. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Mercedes-AMG C 63 E-Performance im Fahrbericht (Video):
Sprachbedienung erfreute sich großer Beliebtheit
"Mit seiner Länge von 4,45 Meter ist der A 220 d durchaus noch Innenstadt-kompatibel", schildert Klaus Uckrow seine Erfahrungen. Zwar ist die Mercedes A-Klasse in der VW Golf-Klasse zu Hause, tendiert preislich aber in deutlich höhere Regionen. Der Testwagen kostete 45.955 Euro. Davon entfielen allerdings fast 15.000 Euro allein auf Zusatzausstattungen. Mit dabei ist ein so nützliches Extra wie die "Augmented Reality" für die Navigation, die dafür sorgt, dass während der Zielführung im Zentralbildschirm etwa Fahrtrichtungspfeile in das Bild der Frontkamera eingeblendet werden. Das Head-up-Display, das hilft, durch die auf die Windschutzscheibe projizierten Informationen den Blick auf der Straße zu lassen, gehört ebenso dazu und auch der aktive Spurwechselassistent, der gegenlenkt, sollte ein Fahrzeug im toten Winkel übersehen werden.
Prima funktionierte auch die MBUX-Sprachbedienung. "Hey Mercedes", und das System ist für vielerlei Eingabebefehle bereit. Dies wurde im Dauertest gerne für die Navigation genutzt, will doch die manuelle Zieleingabe erst einmal gelernt sein. Doch nicht alle Befehle wurden umgesetzt. Marcel Kühler, Redakteur und Testfuhrpark-Leiter mit Sinn für Humor, war mit seiner Gattin unterwegs und forderte den Mercedes auf: "Bitte Beifahrerschleudersitz auslösen!" Doch der Daimler aktivierte nur die Sitzheizung des Beifahrersitzes. "Ich bin meine Frau zwar nicht los geworden, aber immerhin hat sie einen warmen Rücken bekommen", fasst Kühler zusammen. Spaß beiseite: Manchmal reagierte die Sprachbedienung des Mercedes A 220 d auch etwas übereifrig, offenkundig infolge einer Überempfindlichkeit gegenüber scharfen "S"-Lauten. Fallen im Gespräch Begriffe wie "Mercedes", "Essen" oder "Marcel", meldet sich das System dienstbereit.
Der aktuelle Dauertest-Fuhrpark:
Sparsamer Dieselmotor, Kritik am Doppelkupplungsgetriebe
Schnell erwarb sich die Mercedes A-Klasse den Ruf eines schnellen Reisewagens. Verantwortlich dafür war der zwei Liter große Bi-Turbodiesel mit 190 PS. "Ein Motor mit saftigem Drehmoment und ordentlichem Punch", lobt Chefredakteur Stefan Miete den bis zu 235 km/h schnellen "kleinen teuren Gelben". Insbesondere der kräftige Durchzug bei mittleren Drehzahlen stieß in der Redaktion auf einhelliges Lob. Dass die oft und gern genutzte Zugkraft von 400 Newtonmetern nicht in ungebührliche Trinksitten umschlug, fand ebenfalls den Beifall der Kollegen. Martin Urbanke, geschäftsführender Redakteur, resümiert nach mehreren Langstreckenfahrten: "Üblicherweise pendelt der Verbrauch zwischen fünf und sechs Litern Diesel auf 100 Kilometern. Selbst längere Etappen mit 200 km/h erfordern unter normalen Umständen nicht mehr als sieben Liter." Über die gesamte Dauertestdistanz konsumierte die oftmals zügig bewegte A-Klasse im Schnitt 6,2 Liter. "Im Landstraßenbetrieb schafft man aber auch locker eine Vier vor dem Komma", freut sich Redakteur Caspar Winkelmann. Hinzu gerechnet müssen fast 71 Liter Adblue, was einen Verbrauch der Harnstofflösung von durchschnittlich circa 0,7 Liter auf 1000 Kilometer ergibt. Dabei ließ sich, wie erwartet, ein erhöhter Adblue-Verbrauch konstatieren, wenn schnelle Etappen absolviert wurden.
Kein Quell der Freude war hingegen das 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe: "Beim Rangieren dauert der Wechsel zwischen erstem Gang und Rückwärtsgang zu lange", moniert Redakteur und Reifentester Paul Englert. Auch das fehlende Schleifmoment der Kupplung erfordert Aufmerksamkeit, wenn auf knapper Parkfläche im Zentimeterbereich zu manövrieren ist, denn dann fährt der Mercedes A 220 d oft etwas zu abrupt an. "Beim Heranrollen an eine rote Ampel ruckt es deutlich, wenn das Getriebe herunterschaltet", registriert Onlinerin Leslie Schraut. Angesichts des mäßigen Schaltkomforts urteilt Autor Johannes Riegsinger: "Dieses Doppelkupplungsgetriebe ist eines Mercedes unwürdig." Bei Kilometerstand 23.600 ließ sich der Rückwärtsgang nicht mehr einlegen. Die Gänge zwei, vier, sechs und acht funktionierten ebenfalls nicht mehr. So humpelte die A-Klasse zur Werkstatt, wo die Getriebe-Software auf Garantie ein Update erhielt. Für den dortigen Service offenbar ein bekanntes Problem. Im Rahmen dieses Werkstattbesuchs wurde auch gleich die fällige Inspektion durchgeführt, die mit 371 Euro in einem erfreulichen Rahmen blieb. Der Schaltkomfort aber blieb danach ebenfalls überschaubar.
Fahrwerksabstimmung hinterlässt zwiespältigen Eindruck
Einen zwiespältigen Eindruck hinterließ die Fahrwerksabstimmung des mit adaptiven Dämpfern bestückten Dauertest-Daimlers. Zwar kann er beschwingt und handlich durch Kurven eilen, aber über die Charakteristik der verschiedenen anwählbaren Dämpfungsprofile ist das Urteil eindeutig: "Im Sport-Modus deutlich zu hart, im Comfort-Modus sorgen bereits kleine Anregungen für deutliche Vertikalbewegungen", stellt Kollege Urbanke fest. Und Marcel Kühler stört vor allem die "wippende Hinterachse". Die von mehreren monierten Vertikalbewegungen führten beim Überfahren von Verkehrsberuhigungsschwellen durch den langen vorderen Karosserieüberhang und dem spürbar eintauchenden Vorderwagen nicht selten zum Aufsetzen. Zur Verteidigung der Mercedes A-Klasse führt Autor Riegsinger an: "Bei weitgehend glatter Fahrbahn wirkt das Fahrwerk aber komfortabel abgestimmt." Auch der Sitzkomfort war ein Thema im Fahrtenbuch. So stellt "Camping Life"-Redakteur Christian Steiger fest: "Mit meinen 1,87 Metern sitze ich ganz passabel." Es gab aber auch Menschen, die sich eine stärkere Konturierung wünschten. Redakteur Paul Englert: "Mehr Seitenhalt im Torsobereich und für die Oberschenkel wäre prima."
Unterdessen füllte sich das Fahrtenbuch mit Einträgen, in denen die Langstreckentauglichkeit grundsätzlich gelobt wird, aber auch das übervorsichtige, weil sehr früh aktiv werdende Presafe-System Niederschlag findet. "Das System ist weniger gelungen. Es schützt zwar vor Unfällen, versucht aber, den Fahrer per Gurtstraffer zu erdrosseln", beschreibt AUTO ZEITUNG-Chef Miete im Dauertest-Bordbuch salopp das etwa in Autobahnkurven plötzlich auftretende Strammziehen der Gurte, weil die Technik meint, man stünde kurz vor einem Aufprall in die Leitplanke. Positiv: Wer im Stau stand, konnte die Vielseitigkeit des intelligenten Multimediasystems genießen, denn "Geo-Quiz und Witze sorgen für gute Unterhaltung", freut sich Onlinerin Leslie Schraut. Sehr gut in Erinnerung sind die beinahe taghellen Multibeam-LED-Scheinwerfer des Mercedes A 220 d, die mit einem schnell reagierenden Fernlichtassistenten gekoppelt sind. Läuft man mit Fernlicht von hinten auf ein anderes Fahrzeug auf, bilden die Lichtpixel dort, wo der Vordermann fährt, einen Schatten, um nicht von hinten zu blenden. Apropos Sicht: Bei Regen dürfte die zweite Stufe des Scheibenwischermotors ruhig noch einen Zahn zulegen.
"Das aktive Spurhaltesystem, der Abstandsregler und der Spurwechselassistent arbeiten enorm zuverlässig", urteilt Kollege Winkelmann. Was man allerdings von der Verkehrsschilderkennung der Mercedes A-Klasse nicht sagen kann. Mehrfach nannte sie falsche Werte. "In Köln zeigt sie vor einem stationären Blitzer 70 km/h, erlaubt sind aber nur 50 km/h", weiß Vize-Chef Uckrow zu berichten. Es ging aber auch umgekehrt. Dort, wo 120 km/h gestattet sind, zeigte das Display 60 km/h zulässige Höchstgeschwindigkeit. Als Gründe hierfür kommen veraltete Navigationsdaten oder eine verschmutzte Frontscheibe, die der Kamera das Scannen der korrekten Tempolimits unmöglich macht, in Frage.
Auf Platz 10 der AUTO ZEITUNG-Dauertestfahrzeuge
Obwohl sich das Test-Team einig war, dass am Mercedes A 220 d zum Beispiel durch die nachlassende Straffheit der Sitzpolster der Kilometermarathon nicht ganz so spurlos vorbeigegangen ist, blieb der sonnengelbe Kompakte außer dem bereits erwähnten Getriebedefekt von außerplanmäßigen Reparaturen verschont. Der Motor fühlt sich auch nach 100.000 Kilometern noch so kräftig wie am ersten Tag an. Erfreulich: Zwischen den regulären Inspektionen musste nie Öl nachgefüllt werden, was für die die Steherqualitäten des Aggregats spricht. Lediglich ein Satz Bremsbeläge und Scheiben war bei Kilometerstand 79.415 fällig (1065 Euro). Unabhängig davon erwies sich die Bremse stets als standfest, nicht zuletzt dank der optionalen, größeren Bremsscheiben vorn.
Die Inspektionskosten hielten sich in einem erfreulichen Rahmen. Am Ende des Tests hatten die Sommerreifen die Verschleißgrenze erreicht. Bei Kilometerstand 67.900 bekam der Daimler den zweiten Satz Winterreifen spendiert: Traktionsstarke Bridgestone Blitzzak Drive Guard. Im Abschluss-Ranking landet die Mercedes A-Klasse mit 82 von 100 möglichen Punkten gerade noch in den Top Ten der AUTO ZEITUNG-Dauertestfahrzeuge. Insbesondere der Getriebedefekt und die Kilometerkosten verhinderten eine bessere Platzierung. Zur Verteidigung des Mercedes muss allerdings gesagt werden, dass während der Testdistanz auch die Dieselpreise, bedingt durch den Ukraine-Krieg, extrem gestiegen sind. So lässt sich am Ende die eingangs gestellte Frage, ob der kompakte Schwabe auch auf lange Sicht eine sichere Bank ist, mit kleinen Einschränkungen durchaus bejahen.
Störungen & Wartungen
Kilometerstand | Grund | Preis |
3565 km | Wechsel auf Winterreifen Pirelli Sotto Zero 3 MO, 225/45 R 18 V | 20 € |
23.600 km | Defekt Doppelkupplungsgetriebe, neue Software aufgespielt; Zusätzl. Inspektion inkl. Öl- u. Filterwechsel | 371 € |
25.500 km | Wechsel auf Sommerreifen | 20 € |
28.183 km | Anzeige Kühlmittelstand zu niedrig, Falschmeldung | – |
37.062 km | Wechsel auf Winterreifen | 20 € |
50.000 km | Inspektion inkl. Öl- und Filterwechsel | 448 € |
51.210 km | Wechsel auf Sommerreifen | 20 € |
67.900 km | Wechsel auf neue Winterreifen Bridgestone Blizzak Drive Guard, 225/45 R 18 V | 652 € |
76.129 km | Inspektion inkl. Öl- und Filterwechsel | 396 € |
79.415 km | Bremsscheiben und Beläge vorn und hinten erneuert | 1065 € |
82.937 km | Wechsel auf Sommerreifen | 20 € |
97.094 km | Wechsel auf Winterreifen | 20 € |
98.574 km | Inspektion inkl. Öl- und Filterwechsel | 688 € |
Kosten im Dauertest
Kostenpunkt | Preis |
Neupreis Testwagen | 45.955 € |
Schätzpreis nach 100.000 km | 20.426 € |
Neuwagenpreis heute | 63.847 € |
Fixkosten pro Jahr | |
Steuer | 264 € |
Haftpflichtversicherung (HP 15) | 437 € |
Vollkasko (VK 23) | 822 € |
Teilkasko (TK 24) | 221 € |
Testkostenbetrieb | |
Kraftstoff | 6330 l D |
Durchschnittspreis | 1,32 €/l |
Ölverbrauch | – |
AdBlue | 71 Liter |
Wartung, Ölservice, Verschleißteile | |
Ölservice, Verschleißteile, Reifen | 3741 € |
Reparaturen | – |
Kosten pro km | |
mit Wertverlust | 0,41 € |
ohne Wertverlust | 0,15 € |
Technische Daten & Messwerte
AUTO ZEITUNG 06/2022 | Mercedes A 220 d |
Technik, Maße & Gewicht | |
Motor | 4-Zyl., 4-Vent., Turbodiesel |
Hubraum | 1950 cm³ |
Leistung | 140 kW/190 PS bei 3800/min |
Max. Gesamtdrehmoment | 400 Nm bei 1600 - 2600/min |
Getriebe | 8-Gang-Doppelkuppl. |
Antrieb | Vorderrad |
L/B/H | 4455/1796 (1992)/1455 mm |
Leergewicht (Test)/Zuladung | 1520/495 kg |
Kofferraumvolumen | 355 - 1195 l |
Fahrleistungen & Verbrauch (Werksangaben) | |
0 - 100 km/h | 6,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 235 km/h |
Verbrauch (WLTP/Test) | 5,0/6,2 l D/100 km |
CO2-Ausstoß (EU) | 132 g/km |
Preise | |
Testwagenpreis | 45.955 € |
Neuwagenpreis heute | 63.847 € |
Während des 100.000 Kilometer-Dauertests schlug sich der Mercedes A 220 d recht wacker. Kräftig, sparsam, mit nützlichen Dingen wie der Sprachbedienung oder der Augmented Reality-Funktion bestückt, ließ er viele Kilometer wie im Flug vergehen. Kein Quell der Freude war hingegen das nervige Doppelkupplungsgetriebe und die nicht ausgewogen erscheinende Feder-Dämpfer-Abstimmung. Die Wartungskosten waren überschaubar, der Kaufpreis war dagegen hoch.
82 von 100 Punkten