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Lancia ECV2 (1988): Das letzte Echo der Gruppe B

Tim Neumann Redakteur
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Inhalt
  1. Fuhr Lancia 1988 mit dem ECV2 zweigleisig?
  2. Triflux-Turbo und Aerodynamik pur: Der ECV2 setzte nochmal eine Schippe drauf
  3. 0 auf 100 km/h in gut zwei Sekunden

Als die berüchtigte Gruppe B 1986 im Inferno von Henri Toivonens Lancia Delta S4 unterging, besiegelte das auch das Schicksal des Lancia ECV2. Das 600-PS-Experimentalgeschoss wäre sonst 1988 auf den Rallyepisten der Welt aufgeschlagen – mit ungeahnten Folgen.

Röhrl, Mikkola und Blomqvist. Matsch und Motorpower im Überfluss. Turbo-Pfiffe aus den Wastegates und Jubelschreie aus dem Unterholz. Todesgefahr auf jedem Meter, jeder Wertungsprüfung. Die von 1982 bis 1986 eingesetzte Gruppe B wird vermutlich für immer die wildeste Ära des Rallyesports bleiben. Noch bevor Henri Toivonen mit seinem Lancia Delta S4 auf Korsika (Frankreich) im Frühjahr 1986 verunglückte, war aber allen Beteiligten klar, dass vor allem in Sachen Sicherheit etwas passieren musste. Für 1988 hatte die FIA deshalb die Gruppe S angekündigt: maximal 300 PS (221 kW), mindestens eine Tonne Gewicht, eine Crash-getestete Karosserie und niedrige, zweistellige Homologationsstückzahlen.

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Neben Peugeot und Toyota machte sich unter anderem Lancia an die Arbeit und begann, auf Basis des S4 ein wettbewerbsfähiges Gruppe-S-Auto namens ECV (Experimental Composite Vehicle) zu entwickeln. Doch dann folgte das Drama von Korsika – und die FIA sah sich gezwungen, den schnellsten, aber auch einschneidendsten Weg zu gehen: Es folgte das Verbot für die Gruppe B und die Streichung von Gruppe S, sodass sich die Rallye-WM künftig unter den Gruppe-A-Autos entscheiden sollte. Damit war der Lancia ECV reif fürs Museum. Oder etwa nicht?
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Fuhr Lancia 1988 mit dem ECV2 zweigleisig?

Alle Werksrennfahrer der Rallye-Teams bis auf die Lancia-Piloten hatten infolge des Reglement-Wechsels ein Statement an die oberste Sportbehörde gerichtet, weil ihnen die Gruppe-A-Autos mit ihren weniger weit entwickelten Fahrwerken und Bremsanlagen kurioserweise zu unsicher schienen. Auch, weil ihre jeweiligen Marken keine homologierten Fahrzeuge boten und sie de facto ohne Auto in der WM dastünden, machten sie sich ein letztes Mal für die Gruppe S stark, die ihrer Meinung nach neben dem 300-PS-Limit auch auf extreme Verspoilerung, Turboaufladung (So funktioniert ein Turbolader) und entzündliche Materialien sowie Kunststoffkarosserien verzichten sollte. Mit Blick auf den vielversprechenden Gruppe-A-Delta und den flügelbewehrten, aus Verbundwerkstoff gefertigten, mächtig aufgeladenen Lancia ECV in der Hinterhand wird sehr schnell offensichtlich, warum man sich bei Lancia nicht an dem Statement beteiligte.

Unter der Leitung des hartgesottenen Cesare Fiorio schien man bei Lancia offenbar nun zweigleisig zu fahren – falls sich die Gruppe A als Flop erweisen und die Gruppe S doch noch eine Chance erhalten würde. So entwickelte das Rennteam den noch klar als Delta erkennbaren ECV nach seinem Publikumsdebüt in Bologna (Italien) Dezember 1986 fleißig weiter. Es brach die Zeit des Lancia ECV2 an.

Der Lancia ECV2 (1988) stehend von hinten
Foto: Lancia
 

Triflux-Turbo und Aerodynamik pur: Der ECV2 setzte nochmal eine Schippe drauf

Im ersten Schritt nahm Designer Carlo Gaino – später für die ebenfalls gefloppten Alfa Romeo 155 GTA und De Tomaso Guara verantwortlich – die Delta-förmige Kohlefaser-Kevlar-Hülle ab und ersann im Windkanal eine zwar nicht unbedingt schönere, aber deutlich effizientere Coupé-Form bestehend aus Aluminium-Wabenstruktur, Kohlefaser, Kevlar und GfK. Auffällig ist, dass die Karosserie trotz Mittelmotorbauweise bis auf eine kleine Dachhutze auf Lufteinlässe verzichtet. Der Trick: Beim Lancia-typischen Kühlergrill handelt es sich nicht um eine marketingwirksame Attrappe, sondern um die Luftzufuhr für die nach vorn gewanderten Lüfter. Dadurch optimierte sich gleichzeitig auch die Gewichtsverteilung.

Unter der flügelbewehrten Motorhaube werkelte noch immer ein 1,8-l-Vierzylinder wie im Delta S4, dessen Zylinderkopf und Aufladung nach 1986 aber ein völlig neues Niveau erreicht hatten. Statt der Kombination aus Kompressor (So funktioniert ein Kompressor) und Turbolader setzte das sogenannte Triflux-System das Triebwerk unter Druck. Elementarer Bestandteil war ein Kopf mit kreuzweise angeordneten Ein- und Auslassventilen, die jeweils pro Seite von einem Turbolader gespeist wurden. Dank der sequentiellen Aufladung bei niedrigen Drehzahlen übersprang das Ingenieursteam das gefürchtete Turboloch und generierte mit der parallelen Schaltung am Ende des Drehzahlbandes gleichzeitig mehr Power.

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0 auf 100 km/h in gut zwei Sekunden

Derart gewappnet legte der Lancia ECV2 im Vergleich zum S4 einen Sprung von 500 auf 600 PS (von 368 auf 441 kW) hin, wobei der Wahnsinn erst bei 8000 Touren ein Ende fand. Die Kraft gab der Allradantrieb über drei Differentiale zu 30 Prozent an die Front und zu 70 Prozent an die Hinterachse weiter. Bei einem Leergewicht von 910 kg – auch Kardanwelle und Räder bestanden aus Kunststoff – dürfte die Beschleunigungszeit auf 100 km/h mit Hinblick auf die 2,5 s des S4 nur noch gut zwei Sekunden gedauert haben. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Lancia mit "über 230 km/h" an, was in Anbetracht des überschaubaren Radstandes von 2440 mm mehr als waghalsig wirkt.

Sein wahres Potenzial durfte er niemals unter Beweis stellen, denn die Gruppe A schrieb ab 1987 ihre eigene Erfolgsgeschichte – und mit ihr der mittlerweile legendäre Delta HF Integrale. Immerhin brachte Lancia Anfang der 90er eine Sonderserie des Evo im gleichen Farbton "Bianco Perla" als Tribut an das weggesperrte Rallye-Monster. Letzteres steht heute im publikumszugänglichen Heritage Hub in Turin (Italien). Ob es irgendwann doch einmal zum Spielen rausdarf?

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