Neuer Lamborghini Huracán Sterrato (2023): Testfahrt
Mit dem Sterrato in den Schotter abbiegen
Vom norditalienischen Donnerkeil gibt es eine neue Sonderserie. Mit dem neuen Lamborghini Hurracán Sterrato (2023) verlässt die Marke eingefahrene Wege. Wir absolvieren die erste Testfahrt mit dem Offroad-Sterrato.
Aus Italien sind sie heute zur Rennstrecke in Chuckwalla Valley/USA gekommen, die Mitglieder der Lamborghini-Entourage, den neuen Lamborghini Huracán Sterrato (2023) für eine erste Testfahrt im Gepäck – eine auf 1499 Exemplare begrenzte Sonderserie des keilförmigen Supersportlers aus Sant’Agata Bolognese. "Sterrato" ist der italienische Begriff für Schotterstraße und skizziert den Einsatzzweck des Boliden. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Lamborghini Huracán Sterrato (2023) im Fahrbericht (Video):
Erste Testfahrt im neuen Lamborghini Huracán Sterrato (2023)
Selbstbewusst steht er da, zur ersten Testfahrt bereit, der neue Lamborghini Huracán Sterrato (2023). Keine Spur von optischer Zurückhaltung: 44 Millimeter mehr Bodenfreiheit, aufgeschraubte Radhausverbreiterungen, Unterboden-Protektoren, gepfeilte und profilierte Seitenschweller, prominent platzierte Ansauglufthutze auf der Heckklappe mit speziell konstruierter Ansaug- und Luftfilteranlage, um den Motor vor dem staubigen Erstickungstod zu schützen. Die montierte, eigens entwickelte Bridgestone Dueler 19-Zoll-Mischbereifung mit grobstolligem Profil soll so etwas wie die eierlegende Wollmichsau aus der Reifenbäckerei sein: traktionsstark und robust auf unbefestigtem Untergrund, aber haftstark genug, um die Person hinter dem Lenkrad des auf 260 km/h eingebremsten Boliden auf Asphalt nicht in die Bredouille zu bringen. Ein Reifenschaden kann ihn dank Runflat-Technologie nicht aufhalten. Selbst an eine Dachreling wurde gedacht, man könnte also eine Dachbox oder einen Fahrradträger montieren. Mit knapp 1,25 Meter ist der Sterrato hierfür niedrig genug, doch im Datenblatt steht nichts von Dachlast … Dass die lamellenartige Heckklappenabdeckung den Blick in den Rückspiegel erübrigt? Geschenkt. Das Wichtigste passiert vorn! Wer einparken will, nutzt gefälligst die Rückfahrkamera.
Der Konkurrent:
Der Lambo-V10 ist ein Motoren-Kunstwerk
Richard von der Lamborghini-Testfahrer-Crew fordert mich auf einzusteigen. Er ist mir als Copilot zugeteilt. "Keine Angst, ich will dir keinen Fahrunterricht geben, nur Brems- und Einlenkpunkte zeigen, damit du dich schneller an die Strecke gewöhnst", erklärt er seine Rolle. Danke dafür, denn das ist hier auch bitter nötig. Also rote Abdeckkappe öffnen, Startknopf drücken, und augenblicklich setzt sich das 610 PS leistende 5,2-Liter-V10-Mechanik-Kunstwerk in Szene – ganz oldschool ohne Turbo, dafür mit herrlichem Ansauggrollen. Den Klang bestimmt nicht der Taktstock, sondern der Gasfuß. Lenkradpaddel rechts ziehen, und der erste Gang des Doppelkupplungsgetriebes rückt mit einem spürbaren Ruck ein. Wir rollen aus der Boxengasse. Gas! Wie gewohnt schießt auch dieser Huracán ungebändigt Richtung Horizont. Und schon zoomen wir uns auf der Testfahrt der ersten Kurve entgegen. Spätestens hier wird klar: Der neue Lamborghini Huracán Sterrato (2023) fühlt sich anders an als die Straßenversion.
Seine Karbon-Keramik-Bremsen packen zwar ebenso fest zu, lassen ihn aber beim Anbremsen an der Vorderachse etwas eintauchen. Lenkbefehle werden spontan umgesetzt, allerdings begleitet von spürbarer Seitenneigung. Das passiert dennoch alles auf einem relativ hohen Geschwindigkeitsniveau. Ich erinnere mich an die Worte von Lamborghini-Technik-Vorstand Rouven Mohr: "Wir haben den Sterrato komplett neu abgestimmt, damit er auch offroad gut fahrbar ist. Weichere Stabilisatoren zum Beispiel ermöglichen ein Eintauchen. Damit entsteht mehr Radlast und in der Folge mehr Grip", erklärt er. Auch bei der Software tat sich mit der Einführung des neuen "Rallye"-Modus etwas. "Anhand der Lenkwinkel- und der Gaspedalstellungs-Änderung erkennt der Sterrato in Kurven zum Beispiel, ob man weiter driften will", erläutert er die Abstimmung. Entsprechend wird dann die Kraftverteilung des Allradlers über die Haldex-Kupplung der fünften Generation und das elektronisch geregelte hintere Sperrdifferenzial angepasst. Für die Reibungslosigkeit der Abläufe im neuen Lamborghini Huracán Sterrato (2023) sorgt eine aktualisierte Version des LDVI-Fahrdynamiksystems (Lamborghini Dinamica Veicolo Integrata), in dem alle elektronischen Fäden zusammenlaufen und von wo aus die einzelnen Systeme befehligt werden.
Im Huracán Sterrato über den Schotter
Zurück mit den Gedanken auf die Fahrbahn. Einige Kurvenkombinationen später macht die Fahrspur einen Linksknick, aber Richard fordert mich auf, den Asphalt mit dem neuen Lamborghini Huracán Sterrato (2023) geradeaus Richtung Sand und Schotter zu verlassen. Ehrlich gesagt, da kriechen Hemmungen aus dem Hemdkragen. Verkratzte Felgen, beschädigte Kunststoff- und Karbonteile bedeuten bei einem Lambo schließlich schnell fünfstellige Reparatursummen. Richard mahnt zur Schmerzfreiheit. Ich gebe mir Mühe, überwinde mich und biege auf der ersten Testfahrt einfach mal von der regulären Fahrbahn ab. "Rally"-Modus aktivieren, runterschalten, Vollgas – mithilfe der 560 Newtonmeter seines V10 baggert sich der Sterrato durch das lockere Erdreich, begleitet von teils meterhohen Staub- und Schotterfontänen. Der Allradantrieb und die Bereifung sorgen für unerwartete Traktion und eine ebensolche Beschleunigung. In der Kurve anstellen, einlenken, Heck kommen lassen, Gas geben, gegenlenken, den Drift halten – das funktioniert wie selbstverständlich.
Die vergleichsweise "weiche" Fahrwerksabstimmung sorgt auf dem losen Untergrund für eine überraschend gute Anbindung an die Piste. In der Mühelosigkeit, mit der sich der Supersportler über das unbefestigte Terrain dirigieren lässt, zeigt sich die Qualität der Abstimmung. Schnell findet man einen Fahrfluss, der sich im Fast-Forward-Modus abspielt. Das hier ist nicht fahren, das ist Hochgeschwindigkeits-Surfen im Gelände! Wir schießen auf ein Pylonentor zu, Asphalt ist in Sicht. Einbiegen auf die Teerbahn, hart Bremsen bis zum Stillstand. Der Sterrato schüttelt sich Sand und Schotter aus Felgen und Ritzen. Weiter geht’s trotz der groben Bereifung mit beachtlicher Traktion. Die zielgenaue Lenkung hilft uns spielerisch durch die Radien. Einmal noch hochschalten, bis zur Nenndrehzahl von 8000 /min ausdrehen und dann die Boxenausfahrt nehmen. Abstellen, aussteigen. Der abschließende Gang ums Auto zeigt: Schäden blieben aus. Eine Windböe weht etwas Staub von der Karosserie. Einfach mal abbiegen kann so schön sein – sofern 311.780 Euro übrig und eine Offroad-Piste in Reichweite sind.
Technische Daten des neuen Lamborghini Huracán Sterrato (2023)
AUTO ZEITUNG 13/2023 | Marke Modell |
Technische Daten | |
Motor | 5,2-Liter-V10 |
Getriebe/Antrieb | 7-Gang; Doppelkupplung; Allrad |
Leistung | 449 kW/610 PS |
Max. Drehmoment | 560 Nm |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4525/1956/1248 mm |
Leergewicht/Zuladung | 1470 kg (trocken)/k.A. |
Kofferraumvolumen | k.A. |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 3,4 s |
Höchstgeschwindigkeit | 260 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 14,9 l SP |
Kaufinformationen | |
Basispreis (Testwagen) | 311.780 € |
Marktstart | Februar 2023 |