Großer Vergleich: Das ist unser Elektroauto des Jahres 2024
Der Sieger bietet ein beinahe unwirkliches Erlebnis
- Der Audi Q8 e-tron Edition Daker ... etwa unser Elektroauto des Jahres 2024?
- Das Tesla Model S Plaid trumpft mit purer Kraft auf
- Der Volvo EX30: Wunderbar leichtfüßig und effizient
- Der Passat unter den E-Autos: der VW ID.7 Tourer
- Der Mercedes EQS wird nur wenig kritisiert
- Der Kia EV9 ist ein Über-SUV aus Überzeugung
- Der Huyndai Ioniq 5 N sprengt Konventionen
- Maxi-Mal statt Mini-Mal – der Cooper SE ist richtig erwachsen
- Der BMW i5 Touring macht Elektro mehrheitsfähig
- Porsche Taycan Turbo GT: Die Lichtgestalt aus Zuffenhausen
- Fazit
Elektroautos sind emotionslos und langweilig? Die Redaktion der AUTO ZEITUNG hat diese Skepsis längst ausgemustert und rückt bereits zum zweiten Mal mit einem Rudel aktueller Elektriker aus, um das "Elektroauto des Jahres 2024" zu küren. Auf großer Fahrspaß-Tour durch das Rothaargebirge, den Thüringer Wald und die Rhön. Spannend, gefühlvoll und erstaunlich vielseitig
Der Audi Q8 e-tron Edition Daker ... etwa unser Elektroauto des Jahres 2024?
Aus der Hinterher-Perspektive ist der Q8 e-tron Edition Dakar ein echter Kracher: Man sieht, wie sich die Leute in den Ortsdurchfahrten beim Hinterherschauen beinahe die Hälse brechen, genießt aber auch selbst die herrlich abstruse Kombination aus wüsten Grobstöllern auf Audi-Design-cooler Karosserie, kontrastreich gekrönt vom martialischen Dachträger samt aufgeschnalltem Ersatzrad. Vielleicht ist er der allerbeste Beweis, dass sich die E-Autos gerade endgültig vom Vernunft geprägten Graubrot-Charakter verabschieden, den man ihnen immer wieder unterstellt: Man kommt in gediegenem Ambiente unter, Hightech-beflissen, detailverliebt, wertvoll ... Und dann prangt da auf den feinen Klavierlack-Interieurleisten der fusselig aufgeklebte Warnhinweis, dass man mit dem Dachträger doch bitteschön diesseits der 130 km/h zu bleiben hat.
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Gar kein Problem, findet das Team der AUTO ZEITUNG. Schließlich lässt das im Fahrtwind pfeifende und grobstollig daherrumorende Abenteuer-Drumherum eh wenig von der Effizienz des Q8 e-tron übrig. Der Dakar zieht bei artgerecht unternehmungslustiger Fortbewegung mächtig Strom. Flotte Autobahnetappen verkneifen wir uns also und verlegen das Fahrfreude-Haben auf einsame Landstraßen: verwegenes Reinzimmern in die engen Ecken, den dicken Q8 auf seinen wimmernden All-Terrain-Schluffen dabei seitlich in die Kurven werfen und, wenn es geht, den inneren Rädern immer etwas Grasnarbe füttern. Das ist unvernünftig, unreif und unangemessen – aber es macht Spaß!
Auf einem Kiesgruben-Parkplatz lassen wir endgültig die Leinen los: Traktionskontrolle off, gewaltig staubender Schotter-Donut, ausgelassene Drift-Acht – die ganze Mannschaft lässt grölend die Handykameras mitlaufen. Ein sichtlich nervöser Testchef Michael Godde lässt das Team danach schwören, den Dakar nicht zum "Elektroauto des Jahres 2024" zu wählen. Ganz so sicher scheint er sich angesichts der strahlenden Gesichter nicht zu sein, ob der Unvernunfts-Audi nicht etwa vom Sieger der Herzen zum echten Sieger wird: "Und wer erklärt das dann den Lesern …?"
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Das Tesla Model S Plaid trumpft mit purer Kraft auf
Da hat der liebe Godde unsere Entschlussfreude aber kräftig überschätzt, der herrlich verrückte und dabei auch wieder Bausparvertragssachliche Audi hat einige Konkurrenten, die das Redaktionsteam mächtig kitzeln. Da wäre zum Beispiel das mächtig anreißende Tesla Model S Plaid, dessen jeweilige Fahrer:innen an den Navigationspunkten entlang der Route sofort zu erkennen sind: Blass um die Nase, nervös zuckende Augenlider – denn der Plaid ist ein Ungeheuer. Geradeaus geht er mit fanatischem Biss, saugt selbst die Anständigsten in einen tiefschwarzen Tunnel aus süchtigmachender Beschleunigungs-Gier.
Ähnlich wie Eskimos angeblich 100 Namen für Schnee haben, kennen Plaid-Fahrende Dutzende Beschleunigungs-Schattierungen. Vom zart-nachdrücklichen Losschnipsen an der Ampel über forderndes Zwischensprint-Durchladen und entfesseltes Arme-Langziehen bis zum sich selbst graduell In-Ohnmacht-fahren-Können. Aus dem Stand stehen nach rund zwei Sekunden 100 km/h an, wenig später 200, und kaum einen Augenblick später fällt endlich den 750 kW (1020 PS) bei über 320 km/h nichts mehr ein.
Die Kandidaten:
Dass der Rest des Autos mit dieser extremen Performance jedoch nicht mithält, protokolliert Fahrdynamik-Maestro Martin Urbanke schonungslos: "Wahnsinns-Punch, aber katastrophale Bedienung und durchwachsener Komfort. Und auch wenn den Tesla Gimmicks wie Drift-Mode, Drag-Strip oder Spiele für Ladepausen zum Helden einer digital nativen Generation machen, wirkt er substanziell inzwischen regelrecht altbacken." Auch Godde tritt nach, grantelt was von "grausamem Fahrwerk" und "furchtbarer Verarbeitung", und selbst der sonst für jeden Blödsinn aufgeschlossene Autor Riegsinger nutzt den Plaid lediglich für einen kurzen Abstecher in die nervenkitzelnde Achterbahn des Grauens, zuckt dann angesichts sinnfreier Pseudo-Innovationen und Funktionalitäts-Katastrophen nur noch ratlos mit den Schultern. Lediglich der Tesla-Fahranteil unserer unerschrockenen Online-Kollegin Leslie Schraut ist bemerkenswert hoch: "Mann kann sich an alles gewöhnen", grinst sie – und ist uns seitdem doch irgendwie etwas unheimlich ...
Der Volvo EX30: Wunderbar leichtfüßig und effizient
Riegsinger hat sich derweil still und leise an den Volvo EX30 gewöhnt, was auch in diesem Fall nicht bei jedem Kollegen auf Verständnis trifft: "Eben noch über die Voll-Tatsch-Bedienung des Tesla herziehen und jetzt den Volvo loben?“, beschwert sich Test-Geheimwaffe Markus Schönfeld, hat aber nicht mit der missionarischen Leidenschaft des Kollegen gerechnet: "Der schlank gemachte EX30 muss deutlich weniger Funktionen recht unverschachtelt per Touch verwalten, das bringt die Zahl der ablenkenden Bedienmanöver auf ein akzeptables Niveau runter. Der Volvo fährt wunderbar leichtfüßig, druckig und effizient, die Statur des EX30 ist angenehm überschaubar, das Auto wunderbar leicht und licht. All das gibt bei mir sofort Harmoniepunkte und für die griffigen Wollsitze sowie das beinahe Klavierlack-freie Cockpit eh einen Extra-Bonus." Jetzt hat der Riegsinger Fahrt aufgenommen und lauscht sich selbst ganz ergriffen.
"Hört, hört", lästert da eine Stimme aus der Anonymität aller Umstehenden, "der Riegsinger beschwört die Harmonie vom ausgeräumten Minimalcockpit ohne Instrumente und mit Zierleisten im Look eines verschlissenen Gummiboots ..." – „... und obendrein kostet unser Test-EX30 über 50.000 Euro. Für ein Kompaktauto!" Damit nimmt Michael Godde dem argumentativ bis an die Zähne bewaffneten Riegsinger sichtbar den Drive. Außer einem trotzigen "Ich mag den Volvo trotzdem", hat der Autor plötzlich nicht mehr viel in petto. Danach wird er allerdings zum heimlichen Volvo-Papst, denn immer wieder melden sich Kollegen zur Beichte: Man finde den EX30 ja irgendwie doch "schick und modern, wenn auch im Detail vielleicht etwas unüberlegt", komme selbst nach Stints in Porsche, Mercedes, BMW "ganz gern in den Volvo zurück, weil der so unkompliziert fährt, ein echter Sympath ist" … Nur Martin Urbanke bleibt hart: "Mir fehlt da einfach der authentische Volvo-Stil, basta!"
Der Passat unter den E-Autos: der VW ID.7 Tourer
Den designtechnisch recht umstrittenen VW ID.7 Tourer hält er interessanterweise für einen völlig authentischen Volkswagen, verpasst dem Auto gar immer wieder den Kosenamen "Passat" und hat dabei Johannes Riegsinger auf seiner Seite: "Ich musste dem Auto etwas Zeit geben, aber bei mir hat der ID.7 verfangen. Er ist ein unaufdringliches, in weiten Strecken wirklich gut gemachtes, trotz aller Gefühlsarmut eigentümlich charakterstarkes Auto. Ein Passat eben. Für mich sogar überzeugender als das aktuelle Original."
Bei den Jury-Kollegen geht das nicht so schnell, sie hadern mit der nahezu volldigitalen Bedienung und dem Design des VW, suchen nach einem Zugriffspunkt auf dieses zwischen Innovation und Marken-Tradition schwankende Fahrzeug. Urbanke findet ihn: "Alles, was ich mit Passat sagen will, ist: Der ID.7 ist kreuzbrav, erfüllt alle Erwartungen, hat reichlich Platz und meinen Respekt. Ende." Markus Schönfeld lächelt versöhnt: "Hat meinen Respekt, das mag ich ..." Und Michael Godde legt beinahe philosophierend nach: "Der meint es gut, dieser ID.7 Tourer. Er hat einen hohen Nutzwert, ist im Vergleich preisgünstig und ein ausgesprochen uneitles Auto. Das kann man wirklich mögen. Dass er mich emotional überhaupt nicht abholt, holt mich ja beinahe schon wieder emotional ab."
Der Mercedes EQS wird nur wenig kritisiert
"Apropos Identitätssuche", unterbricht Leslie die gewonnene Eintracht mit kaum verborgener Heimtücke, "wie findet ihr eigentlich den Mercedes EQS?" Der große E-Mercedes hat es als tiefenentspannter Vertreter elektrisch angetriebener Reisewagen in die Konkurrenz geschafft. Mercedes pur. Das findet zumindest eine kleine Fraktion um Daimler-Fan Riegsinger, der mit seinem Vorschlag, den EQS in den Wettbewerb zu holen, fast gescheitert wäre. Bei der ewig spät bremsenden, hart einlenkenden Testerfraktion stehen gelassene Langstrecken-Maschinen eben nie hoch im Kurs, die sind auf dem kommoden Auge blind.
Riegsinger hat sich deshalb prominente Unterstützung geholt und den Chefredakteur angerufen: "Stefan, wir brauchen unbedingt einen EQS für die Elektroauto des Jahres-Ausfahrt!" "Warum? Ist der nicht schon von 2021?" "Ja, aber der EQS hatte ein Facelift, es gibt ihn auf Wunsch mit klassischem Haubenstern, im Fond umschmeichelt eine Executive-Sitzanlage entspannungswillige Mitfahrende ...“ Mehr muss der Chef nicht wissen, der EQS wird als moderat starke 450er-Variante nominiert, denn beim Stichwort Haubenstern kriegt Miete sofort Glückshormon-Schübe. "Ach Johannes, wenn ich dich nicht hätte. Du verstehst im Gegenteil zu den anderen Banausen eben als Einziger wirklich was von Autos ...!"
Mittlerweile haben alle die mächtige Limousine ausgiebig gefahren, und man darf ein bemerkenswertes Phänomen beobachten: Der EQS wird nur wenig kritisiert. Er inhaliert lange Autobahnetappen mit Nonchalance, geht herrlich weit, lädt stabil und schnell – Kurvenekstase erwartet von diesem großen Pott eh niemand. Dass er mit seiner Allradlenkung trotzdem auch in Städten und auf winkligen Berg-Etappen kein bisschen sperrig wird, sorgt bei der Jury für anerkennende Mienen. Man fährt ihn gern, der EQS ist das Wellness-Moment auf dieser Tour. Wenn es nach einem langen Test-Tag auf die Auskling-Etappe ins Hotel geht, ist der Schlüssel des EQS schnell vergriffen, für Anreise und Abreise ebenfalls.
Dass es diesen wunderbar entspannten und durchweg wohlwollend bewerteten Charakter in der Gesamtwertung nicht viel weiter nach vorn spült, liegt vielleicht an der menschlichen Eigenheit, wenigen spitzen Drama-Momenten mehr Aufmerksamkeit zu schenken als dem ruhigen Fluss des Lebens. Und dass sich der EQS die ganze Zeit mit seinem unsichtbar mitfahrenden, ärgsten Rivalen vergleichen lassen muss: der Mercedes S-Klasse. Die haben alle als noch gediegener, noch komfortabler, noch Mercedes-artiger im Kopf. Michael Godde bringt es etwas polemisch auf den Punkt: "Wenn man im EQS sitzt, kann man den Haubenstern wegen der weit heruntergezogenen Aero-Nase überhaupt nicht sehen. Ein Stern, den die Person am Steuer nicht wahrnimmt, so geht es mir mit dem EQS insgesamt." Niemand widerspricht.
Der Sternkreuzer bleibt damit an einer fast tragischen Wertungs-Position hängen: Er gefällt, überzeugt in seinen Königsdisziplinen, lockt immer wieder auch mit Gefühlsmomenten, würde aber nur durch Extravaganz und Außergewöhnlichkeit weiterkommen – aber das traut sich der EQS nicht.
Der Kia EV9 ist ein Über-SUV aus Überzeugung
Anders als der Kia EV9. Der rauscht als wahrer Titan in die Konkurrenz: breitschultrig, selbstbewusst, siebensitzig, beeindruckend groß. Sein Design ist ultracool und hypermodern, sexy und nutzwertig wird er zum materialisierten Tagtraum vieler Familienmenschen. Doppelmotorig und allradgetrieben mutiert er mit seinen 283 kW (385 PS) und 600 Nm Drehmoment zum Vorschlaghammer – und am Heck steht: "Baby an Bord".
Den 99,8 kWh großen Akku lädt er schnell nach mit bis zu 210 kW, das machen nur wenige im Feld besser. All das führt dazu, dass sich die Redakteure am Kia anstellen, als ob es um eine Papst-Audienz ginge – und die Platzierungs-Diskussion ausgesprochen spannend wird. Michael Godde legt kompromisslos vor: "Das Package ist irre! Und was können noch gleich die Chines:innen, was die Koreaner:innen nicht schon längst besser machen? Außerdem vermittelt der EV9 ein tolles Fahrgefühl hinter seiner majestätischen Haube, bei mir ist der Kia weit vorn. Ganz weit vorn!" Riegsinger späht auf den Spickzettel seiner Jury-Aufzeichnungen und nickt zustimmend: "Ich habe nur noch drei andere Autos vor dem Kia, die Maschine ist ganz großes Kino!" Markus Schönfeld lächelt nur, flüstert eine Zahl, alle reißen die Augen weit auf, Godde nickt zufrieden. Und dann schauen alle gespannt zu Leslie Schraut.
Die Kollegin ist immer für eine Überraschung gut, sie hat einen ganz eigenen Kopf. Wie auch jetzt. Platz acht! Im folgenden Tumult muss sie beinahe Personenschutz beantragen, schafft es aber mit scharfer Argumentation, ihre Sichtweise auf ein stabiles Fundament zu stellen. Und sie bekommt mit Martin Urbanke ganz überraschend einen Kronzeugen. Der schiebt den Kia mit einer staubtrockenen Kurzkritik auf seinen ganz persönlichen Platz sechs. "Pro: Der Kia ist ein riesiges Auto mit ebenso riesigem Raumangebot, toller Ladeleistung und Zuglast von 2,5 t, was die Kia-Fankurve übrigens noch gar nicht gewürdigt hat. Contra: Viele kleine Detailschwächen lassen den Kia für mich etwas unfertig wirken. Der Federungskomfort ist nicht mehr als ordentlich, und am Ende will bei mir einfach der Funke nicht recht zünden. Sorry."
Der Huyndai Ioniq 5 N sprengt Konventionen
Die Stimmung ist nun trotzdem auf dem Höhepunkt, denn der Disput hat der Jury klar gemacht, worum es geht: Wir befinden uns in einem subjektiven Vergleich prinzipiell nicht vergleichbarer Autos, da muss man ein achselzuckendes "Sorry ..." genauso stehenlassen wie ein schwärmerisches "Hossa!" Anders würde der nun zur Verhandlung anstehende Kandidat überhaupt nicht ins Gefüge passen: Der Hyundai Ioniq 5 N sprengt gerade so ziemlich jede Konvention und pinkelt dann auf die Trümmer. Noch vor wenigen Wochen hat er sich im April-Regen zum "Elektro-Eifelmeister" küren lassen, dabei einen Pininfarina Battista und den Porsche Taycan Turbo GT hinter sich gelassen, jetzt will er es als "Elektroauto des Jahres 2024" wissen.
Und zumindest Michael Godde scheint den wilden Hyundai genau so zu verstehen – als prinzipielles Statement: "Der Ioniq 5 N zeigt alles, von dem man dachte, dass es mit der E-Mobilität verschwindet." Das sitzt. Elektroauto des Jahres und aus. Was er damit meint? Ganz einfach: totales Durchdrehen, fiebriges Fahren, ein Temperament, das wenig gefestigte Naturen tief in pubertäre Exzesse führt. Die Software-Fahrdynamiksysteme haben immer irgendwo Geheimtüren in schroffe Paralleluniversen eingebaut, in denen der Hyundai unanständige Dinge tut: driften auf Kommando, Schaltvorgänge samt Schleppmoment simulieren, Motorsound simulieren. Und das gibt es auf ein grundehrlich und präzise abgestimmtes Fahrwerk obendrauf. Und das wiederum gibt es auf einen Doppelmotor-Antriebsstrang obendrauf, der im einen Moment ganz sanft und effizient kann, im nächsten die fetteste Höllenglocke anschlägt, irrwitzig anreißt.
Seine 448 kW sind 609 PS nach alter Währung, die 740 Nm Drehmoment gibt es im Verbrenner-Segment nur ab V8 aufwärts. Mit dem kleinen Unterschied, dass der Hyundai Ioniq 5 N sie bereits beim Anfahren serviert. Roh und blutig oder in eine Blümchen-Serviette eingewickelt – ganz wie man es wünscht. Und als ob das nicht genug wäre, ist er auch noch ein ganz manierliches Alltagsauto. All das gibt es für knapp 75.000 Euro – viel Geld, aber im Vergleich ein Schnäppchen. Man darf den Hyundai schließlich nicht mit einem i30 oder ID.3 verwechseln, eher mit einem Porsche Macan. Den frisst er zum Dessert. Und ist tausende Euro günstiger …
Kürzen wir die Sache ab: Beinahe hätte es dem Hyundai für Platz eins gereicht. Seine Verehrende sind Legion, und sie sind laut. Nur dem Urbanke ist der Ioniq 5 N "zu künstlich" und dem Riegsinger "zu anstrengend". All die Knöpfchen rufen: Drück mich! Zünde mich! Drifte mich! Freu dich jetzt endlich! Stoße Adrenalin aus! Hyperventiliere! Denk über mich nach! Ich! Ich! Ich! "Das kannst du doch ausschalten", grummelt Godde. "Würde ich gar nicht erst einschalten, weil mich das überfordert, und dann hab ich ein schlechtes Gewissen, es nicht genutzt zu haben. Ich bin Schwabe, da quält einen so etwas wirklich. Und weil ich das weiß, ist der Hyundai einfach kein Auto für mich. Verstehst du?" – "Nö. Und: Du spinnst! Erzähl mir doch nicht, dass dich der 5 N kalt lässt!" "Tut er nicht. Eifelmeister forever." Aber dann springt mein Selbstschutz an. "Wie war das beim ID.7? Ich kann ihn respektieren?" Wir haben einen Titel zu vergeben, der heißt: E-Sportler des Jahres. Als wir jetzt darüber abstimmen, ob der Hyundai den bekommt, hebt Riegsinger zuerst die Hand. Aus Überzeugung.
Maxi-Mal statt Mini-Mal – der Cooper SE ist richtig erwachsen
Dass der Hyundai ein Schlüsselauto unserer Tour ist, wird nun vollkommen klar. Mit der Entscheidung, ihn aus dem Rennen für die Spitzenposition zu nehmen, ganz Sportwagen-Kracher sein zu lassen, wird der Blick für andere Kandidaten frei. Besonders der Mini Cooper SE hat sich auf den vielen Kilometern von Köln durch die hintersten Winkel des Sauerlands und über die Höhenzüge des Thüringer Walds bis hierher in die Rhön ganz unbemerkt nach vorn gefahren. Und er trifft damit die uralte Mini-Idee mitten ins Herz: den Großen, Wichtigen, Renommierten und Ambitionierten ein Schnippchen schlagen.
Genau das tut auch der neue Mini, er fährt wie ein Großer: Er fühlt sich sehr erwachsen an mit seinem subtil anfedernden Fahrwerk, das zwar auf Handling fokussiert abgestimmt ist, aber auch verbindlich-komfortabel kann mit seiner ausgewogenen Lenkung, der ungemein solide wirkenden Karosserie. Im Innenraum ist er kompakt, ohne eng zu wirken, unerschütterlich gut gemacht. Und ideenreich: Die Mini-Designabteilung hat sich für die neue Generation vorgenommen, in Sachen Dekor etwas weniger aufgerüscht zu arbeiten. Jetzt stecken die Lebensfreude-Effekte eben in Stoffen, Illuminationen und den Unterhaltungs-Elementen des kreisrunden Infotainment-Displays. Einmal Entertainment-Vollwaschgang bitte!
Die Jury:
Normalerweise müssten da die Nörgelnden alter Schule aus der Redaktion zucken, aber sie tun es nicht. Denn der Mini serviert sein Unterhaltungsprogramm lediglich als Kirsche auf der Torte, die man auch zur Seite legen kann. Seine Substanz ist wirbelnde Fahrfreude. Man kann ihn mit dem Messer zwischen den Zähnen selbst auf nasser Fahrbahn tief in die schärfsten Winkel reiten, und die Kombination aus Premium-Fahrwerk, Fester-Händedruck-Lenkung sowie den Wundern der vom E-Antrieb erst ermöglichten Fahrdynamik-Systeme fischt ihn wieder heraus. Narren fühlen sich im Mini sicher, Könner dagegen schalten das nächste Level frei.
Markus Schönfeld spricht am dritten Fahrtag den im Raum stehenden Elefanten konkret an: "Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber müsste der Mini nicht ziemlich weit vorn sein? Ich freue mich an dem Kleinen die ganze Zeit wie deppert ..." Jetzt ist es raus, ein gestandener Tester nach dem anderen erklärt dem Mini seine Liebe, und dann wird hart verhandelt. Eigentlich haben bei uns nur noch zwei andere Autos eine Chance auf den Titel – BMW i5 und Porsche Taycan Turbo GT. Also ganz andere Hausnummern. Kann der Mini diese Schwergewichte knacken?
Leslie & Cars fährt den BMW i5 Touring (2024) im Fahrbericht (Video):
Kann er nicht. David gegen Goliath – das funktioniert wirklich selten. Der Mini ist ein 2+2-Sitzer, lässt mit moderatem 50-kWh-Akku und maximaler DC-Ladeleistung von 95 kW einiges an Reichweiten-Souveränität liegen, da wird die Luft dann doch irgendwann dünn. Aber eines schafft dieser gnadenlos gut gemachte Charme-Bolzen aus dem Stand: den Preis-Leistungs-Pokal abräumen. Seine 36.900 Euro Einstiegspreis sind immer noch kein Schnäppchen, doch gemessen an der überbordenden Fahrfreude des Mini, seiner erwachsenen Solidität und des spürbar in ihn investierten Hirnschmalzes auf jeden Fall gut angelegtes Geld. Den Preis-Leistungs-Siegertitel nimmt sich der Cooper SE völlig ungehindert. Gut gemacht, Kleiner!
Der BMW i5 Touring macht Elektro mehrheitsfähig
Was nun aber folgt, ist ein Dilemma. Wie soll man allen Ernstes einen Business Class-Vollsortimenter vom Schlag des BMW i5 Touring und einen Hyper-Performance-Exoten à la Porsche Taycan Turbo GT vergleichen? Welche Argumente dürfen da überhaupt gelten? Was ist die Verhandlungsbasis? Gut, dass wir Ressortleiter Godde als Fels in der Brandung haben: "Geht einfach mal in euch. Fragt euch: Welches Auto legt in diesem Jahr die Messlatte ultimativ hoch? Welches Auto ist ein echtes Statement?" Markus Schönfeld spinnt die Vorlage weiter: "Nicht wenige unserer Leser:innen stehen Elektroautos eher skeptisch gegenüber – eigentlich müsste man ihnen doch sagen können: Fahr den Porsche, und du wirst erleuchtet. Fahr den BMW, und du wirst alles neu kalibrieren!" "Genau", grinst Urbanke, "aber welcher isses denn nun? Der i5 oder der Taycan GT?"
In diesem Moment wissen wir sonnenklar: Das ist eine rhetorische Frage. Wir kennen den Sieger bereits. Michael versucht trotzdem noch einmal mit aller Sorgfalt, die Entscheidung aufzugleisen: "Der BMW i5 Touring ist eine beeindruckende Ansage, beruhigend, unaufdringlich und dennoch extrem präsent – rundum gut. BMW hat mit dem aktuellen 5er ein Fahrzeug vorgelegt, das wieder einmal als eines der aktuell besten Autos der Welt durchgeht, würdet ihr mir da zustimmen?" Wir lauschen gespannt. Daumen hoch. Mal sehen, wohin das führt ...
"Er ist modern und spannend, wetzt lustvoll um die Ecken, geht tiefenentspannt auf die Reise, rollt auf schlankem Fuß durch den Alltag. Als Touring ist der 5er ganz bei sich selbst, noch besser, noch runder. Und dann geht es nur noch um den Antrieb: Will man ihn mit Diesel? Benziner? Hybrid? Elektro? BMW bietet alles an. Und ich persönlich würde mittlerweile die E-Versionen jedem Verbrenner vorziehen, weil die lässiger fahren. Komfortabler. Antrittsstärker. Geschmeidiger. Im Alltag geht es alle anderthalb Wochen an die Wallbox oder zum Schneckenlader um die Ecke – und nie wieder zur Tankstelle. Auf Reisen alle 300 km für 20 min an einen Schnelllader – das passt." Jetzt ist der Ressortleiter auf Reiseflughöhe, die Mannschaft lauscht beinahe ergriffen. "Brauche ich viel Leistung? Nein, brauche ich nicht, selbst der Basis-Antrieb unseres i5 eDrive40 stemmt 430 Nm Drehmoment ab der ersten Radumdrehung, damit fährst du 90 Prozent aller Verbrenner davon." "Und dein Resümee?", fühlt Martin Urbanke amüsiert nach. "Der BMW i5 eDrive40 Touring ist bester Allrounder des Jahres. Das Elektro könnt ihr ja meinetwegen weglassen ..."
Was für eine Meisterleistung. Mit diesem Argumentations-Triple hat der Godde gleich mehrere Fakten geschaffen: erstens klargestellt, dass die besten Elektroautos längst keine Alternativ-Spezies mehr sind, sondern Verbrenner zur Alternative machen. Zweitens hat er dem i5 Touring eine eigene Kategorie zugewiesen, die dieser mehr als überzeugend füllt: Allrounder des Jahres. Und drittens den Porsche Taycan Turbo GT auf Platz eins rangiert. Vor unseren Augen – überhaupt nicht taschenspielertricksend, sondern ganz offen und transparent. Was sagt man dazu?
Porsche Taycan Turbo GT: Die Lichtgestalt aus Zuffenhausen
Nichts. Wir fahren lieber. Denn darum geht es dem besten Taycan aller Zeiten. Dem besten Elektroauto des Jahres 2024. Vielleicht sogar dem aktuell besten Porsche … Die technischen Daten des Taycan Turbo GT sind ein Machtwort: 760 kW (1034 PS) und 1340 Nm Drehmoment. Brutal. Er verbraucht trotzdem weniger als der Kia, der Audi und sogar der Hyundai. Bricht mit einer Ladeleistung von bis zu 320 kW alle Rekorde. Dass er auch in der Praxis an den meisten Schnellladern ganz fix weit über 200 kW zieht und diese hohen Ladegeschwindigkeiten ausgesprochen lange hält, zeigt, dass man bei Porsche Elektroantriebe im Griff hat. Und nicht nur das: Porsche nutzt die präzise Dosierbarkeit elektrischer Hyperpower gekonnt aus, um atemberaubendes Fahren zu ermöglichen. Es ist ein beinahe spirituelles Erlebnis zu spüren, wie man immenses Drehmoment und erschreckende Leistung einsetzt wie auf Millimeterpapier. Gänsehautverdächtig.
Ja, dem Taycan Turbo GT geht das heisere Boxer-Raspeln eines 911 GT3 ab, aber danach fragt man nicht mehr lange, wenn man stattdessen die überwältigend rohe Emotion von Fahrbarkeit und regelrecht beiläufig bereitgestellter Leistung ernten kann. Der Über-Taycan führt selbst die besten Verbrenner vor, lässt sie bemüht und gehemmt wirken. Und auch im Vergleich mit seinen Elektroauto-Rivalen ist er der Weiße Hai im Karpfenteich, deklassiert selbst den mächtig starken Tesla im Vorbeigehen. Dabei ist er aber auch ein verblüffend gutes Alltagsauto: Er kann freundlich und umgänglich sein, sein Wesen macht süchtig nach mehr. Genau so sieht 2024 das "Elektroauto des Jahres" aus.
Daten gefällig? Auf unserer 1000 km langen Fahrt mit zehn Autos durch vier Bundesländer und über drei Mittelgebirge haben wir ganz grob 2000 kWh Strom verbraucht. Für die Trivia-Fans unter unseren Lesern: Moderne Windräder produzieren bei durchschnittlichen Betriebsbedingungen pro Umdrehung rund 25 kWh Strom – irgendwo hat sich ein Rad also 80 Mal gedreht, um unsere Fahrt möglich zu machen. Oder zehn Räder je achtmal … Falls Sie die touristische Seite der Elektroauto-Reise mehr interessiert: Das Sauerland ist wunderbar, der Thüringer Wald uneingeschränkt zu empfehlen und vor allem die Rhön ein landschaftlicher Traum. Hinfahren! Unbedingt!
Und während wir so darüber nachdenken, fällt uns auf, dass die Fahrfreude endgültig bei den Elektroautos angekommen ist, ganz selbstverständlich. Der flinke Mini Cooper SE fühlt sich auf kleinen Landstraßen pudelwohl, er ist aber auch beeindruckend erwachsen, uneingeschränkt solide gemacht und wird – daran gemessen – zu einem wirklich fairen Tarif verkauft: E-Preis-Leistungs-Sieger des Jahres 2024! Ja, wir verleihen dieses Prädikat demnächst auch gern 10.000 Euro tiefer, und nein, uns fällt spontan kein chinesisches Auto ein, das bei uns einen Preis-Leistungs-Pokal bekommen würde …
Der Hyundai Ioniq 5 N hat uns dieses Jahr intensiv beschäftigt, er reißt mit, polarisiert, man kommt nicht an ihm vorbei – nur kalt lässt er niemand. Unser "Eifelmeister" wird damit auch "Emotionalster Elektrosportler des Jahres".
Die Premium-Performance des BMW i5 Touring ist beinahe beängstigend, der elektrische Über-Kombi lässt Wettbewerbern in einer absoluten Hightech-Klasse kaum noch Raum. Er kann nahezu alles, von Reisen bis Rasen, von Transport bis Sport und alles dazwischen – "E-Allrounder des Jahres"! Oder wie Michael Godde sagen würde: "Das E kannst du auch weglassen"
Endgültige Elektroauto-Instanz ist aber der Porsche Taycan Turbo GT. Ein beinahe unwirkliches Erlebnis: pfeilschnell, State-of-the-Art-Technologie, Schönheit der Bewegung. Ultimative Ansage und daher das "E-Auto des Jahres 2024".
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