Mercedes-Diesel: Klage & Urteil
Musterfeststellungsklage gegen Mercedes
- November 2021: Musterfeststellungsklage wegen Mercedes-Diesel OM 651
- Welche Mercedes-Diesel sind betroffen?
- Januar 2021: BGH-Einschätzung zu Thermofenster bei Mercedes-Dieseln
- Januar 2020: Dieselskandal kostet Daimler noch mehr Geld
- Oktober 2019: Illegale Abgastechnik in Mercedes-Transportern?
- September 2019: Mercedes muss im Dieselskandal Bußgeld zahlen
- April 2019: Neue Betrugsvorwürfe gegen Mercedes im Dieselskandal
- Februar 2019: Bußgeldverfahren gegen Mercedes eingeleitet
- Juli 2017: Dieselskandal bei Daimler: Eine Million Fahrzeuge betroffen
- März 2017: Mercedes wehrt sich gegen KBA-Vorwürfe
Ob und inwieweit Mercedes-Diesel vom Dieselskandal betroffen sind, ist immer noch nicht final geklärt. Seit November 2021 können sich Mercedes-Eigner:innen einer Musterfeststellungsklage anschließen. Wir listen alle Entwicklungen zur Klage und den ausstehenden Urteilen auf. Dieser Artikel wurde zuletzt am 08.11.2021 aktualisiert.
November 2021: Musterfeststellungsklage wegen Mercedes-Diesel OM 651
Seit dem 3. November 2021 können sich Fahrer:innen von betroffenen Modellen mit dem Mercedes-Diesel OM 651 in das Klageregister beim Bundesamt für Justiz eintragen. Die Musterfeststellungsklage gegen die Daimler AG hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) am 7. Juli 2021 beim Oberlandesgericht Stuttgart eingereicht. Der Vorwurf des vzbv: der Einsatz unzulässiger Abschalteinrichtungen und die Manipulation von Abgaswerten. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat seit 2018 mehrfach Rückrufe wegen illegaler Abschalteinrichtungen verordnet, gegen die Daimler juristisch vorgeht. Man halte das sogenannte Thermofenster für zulässig und den Vorwurf einer illegalen Abschalteinrichtung für falsch. Das Verfahren um den eingelegten Widerspruch gegen die KBA-Anordnungen läuft aktuell noch, ein Urteil steht Stand November 2021 noch aus.
Das Mercedes EQ-Produktionsnetzwerk im Video:
Welche Mercedes-Diesel sind betroffen?
Im Fokus stehen Pkw aller Serien, SUV und Kleintransporter von Mercedes, in denen die Mercedes-Diesel mit der Kennung OM 642 und OM 651 eingesetzt wurden. Motoren vom Typ OM 642 ab 2005 beispielsweise in der C-Klasse 203 verwendet. Ebenfalls 2005 wurde der Motor OM 642 auch in der E-Klasse der Baureihe 211 (Betroffene Modelle: E 280 CDI und E 320 CDI) eingebaut. 2010 erhielten unter anderem 350-CDI-Modelle der S-Klasse, R-Klasse und E-Klasse eine leistungsgesteigerte Variante des Motors, der die Typenkennung OM 642 LS trägt. Motoren vom Typ OM 651 fanden ab 2008 zum Beispiel in den C-Klasse-Modellen der Baureihe 204 und später 205, etwa im Mercedes-Benz C 250 CDI BlueEfficiency, Verwendung. Auch Mercedes GLK und die E-Klasse Baureihe 212/207 sind betroffen. Die höchste Ausbaustufe des OM 651 wird seit 2010 in der S-Klasse angeboten, seit 2011 ebenfalls in der B-Klasse.
Januar 2021: BGH-Einschätzung zu Thermofenster bei Mercedes-Dieseln
Im Januar 2021 gab es eine erste Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Vorwurf der illegalen Abschalteinrichtung bei Mercedes-Dieseln. Demnach seie die Entwicklung und der Einsatz eines Thermofensters nicht ausreichend, um Anspruch auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu haben. Dafür müsse festgestellt werden, dass Daimler-Mitarbeiter im Bewusstsein gehandelt hätten, "eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen", so das BGH.
Januar 2020: Dieselskandal kostet Daimler noch mehr Geld
Kurz bevor Daimler-Chef Ola Källenius die Konzern-Bilanz für 2019 vorlegte, ist bei Mercedes die nächste Rechnung im Zuge des Dieselskandals ins Haus geflattert. In einer Mitteilung vom 22. Januar 2020 ist von 1,1 bis 1,5 Milliarden Euro zusätzlich für diverse Rückrufe und Verfahren in aller Welt die Rede. Grund sind abermals "laufende behördliche und gerichtliche Verfahren und Maßnahmen betreffend Mercedes-Benz Dieselfahrzeuge in verschiedenen Regionen und Märkten", so hatte es Daimler bereits im Sommer 2019 formuliert, als der Konzern ingesamt 1,6 Milliarden Euro für den Dieselskandal auf die Seite legte. Darüber hinaus wurden in diesem Zuge auch die Geweinnerwartungen nach unten korrigiert. Dadurch, dass die Rechnung im Dieselskandal nun nochmals länger wird, dürfte auch die Bilanz für 2019 noch einmal deutlich trüber ausfallen. Zusätzlich zu den Diesel-Problemen ächzt Daimler auch noch unter den hohen Kosten für den Einstieg in die Elektromobilität und die Weiterentwicklung von Zukunftstechnologien wie dem automatisierten Fahren. Dazu kommt die nachlassende Konjuntkur im Lastwagen-Geschäft. Källenius hatte deshalb im November 2019 ein Sparprogramm ausgerufen, das bis Ende 2022 alleim beim Personal rund 1,4 Milliaren Euro einbringen soll. Nach früheren Aussagen von Personalvorstand Wilfried Porth dürfte das mindestens 10.000 Stellen kosten. Darüber hinaus will Källenius die Investitionen deckeln und ist dabei, die Prioritäten neu zu sortieren. Mehr zum Thema: EU für noch schärfere Grenzwerte
Oktober 2019: Illegale Abgastechnik in Mercedes-Transportern?
Wie im Oktober 2019 bekannt wurde, steht ein weiteres Dieselfahrzeug von Mercedes im Verdacht, mit illegaler Abgastechnik zu fahren. Zuerst hatte die "Bild am Sonntag" darüber berichtet. Insgesamt sollen rund 260.000 Transporter des Modells Sprinter in Europa betroffen sein, 100.000 davon in Deutschland. Nach einem Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) vom 25. September 2019 an Daimler sollen die Wagen mit der Abgasnorm Euro 5, die bis 2016 hergestellt wurden, eine "unzulässige Abschaltrichtung" verwenden. Ein Konzernsprecher in Stuttgart bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass das KBA in dieser Sache ein Anhörungsverfahren eröffent habe und es um 260.000 Fahrzeuge von Varianten des Vorgängermodells des aktuellen Sprinters gehe. Daimler habe die Funktionsweise der Abgaseinrichtung dem KBA bereits im Mai 2018 vorgestellt "und sie anschließend seit Sommer 2018 in weiteren Besprechungen eingehend erläutert".
September 2019: Mercedes muss im Dieselskandal Bußgeld zahlen
Im Zuge des Dieselskandals hat die Staatsanwaltschaft im September 2019 gegen Mercedes (Daimler) ein Bußgeld in Höhe von 870 Millionen Euro verhängt. Grund dafür ist eine fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht in einer mit der Fahrzeugzertifizierung befassten Abteilung. Diese habe dazu geführt, dass die Dieselfahrzeuge Genehmigungen erhielten, obwohl der Ausstoß von Stickoxiden bei den Autos des Konzerns teilweise nicht den regulatorischen Anforderungen entsprach. Daimler will keine Rechtsmittel gegen den Bescheid einlegen. Der Autobauer teilte mit, dass das Bußgeld keine Auswirkungen auf das Ergebnis im dritten Quartal haben werde. Die Staatsanwaltschaft beziehe sich im Wesentlichen auf die Rückrufe des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA), das Bescheide gegen 684.000 Fahrzeuge erlassen hatte. Im Frühjahr kamen noch einmal 60.000 hinzu. Dagegen hatte Mercedes Widerspruch eingelegt und will diesen auch aufrechterhalten, um für die Zukunft Klarheit bei der Auslegung der Rechtsnormen zu erlangen. Das Bußgeldverfahren wurde bereits im Februar 2019 eingeleitet. Im Dieselskandal ermittelte die Staatsanwaltschaft Stuttgart, ob die Konzernspitze gegen die Aufsichtspflichten verstoßen hat und damit eine Ordnungswidrigkeit begangen haben könnte. Bereits im Frühjahr 2017 wurden strafrechtliche Ermittlungen aufgrund des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung gegen einzelne Mitarbeiter:innen des Daimler-Konzerns aufgenommen. Hintergrund der Ermittlungen war der mutmaßliche Einsatz von illegalen Abschalteinrichtungen in der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen. Im Sommer 2017 hat der Hersteller damit begonnen, europaweit mehr als drei Millionen Diesel-Fahrzeuge nachzubessern. Die Aktion war Teil eines "Zukunftsplans für Diesel-Antriebe", die der Vorstand am Dienstag, 18. Juli 2017, beschlossen hatte. Es handelte sich dabei um nahezu alle Fahrzeuge der Abgasnormen Euro 5 und 6 in Europa.
April 2019: Neue Betrugsvorwürfe gegen Mercedes im Dieselskandal
Bei Mercedes gab es im April 2019 neue Betrugsvorwürfe im Dieselskandal. Der Verdacht: die Manipulation von Abgaswerten bei rund 60.000 Dieselautos. Konkret sollen die Werte bei dem Modell Mercedes-Benz GLK 220 CDI mit der Abgasnorm Euro 5 mit Hilfe eines Computerprogramms gesenkt worden sein – allerdings nur auf dem Prüfstand und nicht im täglichen Verkehr. Die beanstandete Software-Funktion aktiviert wohl eine spezielle Temperaturregelung, die den Kühlmittelkreislauf künstlich kälter hält und die Aufwärmung des Motoröls verzögert. Die Folge: Stickoxid-Werte blieben auf dem Prüfstand auf einem niedrigeren Niveau, unterhalb des gesetzlichen Grenzwerts im Neuen Europäischen Prüfzyklus (NEFZ). Im Straßenverkehr werde die Funktion dann aber deaktiviert. Die Folge: Der Grenzwert von 180 Milligramm pro Kilometer könnte unter bestimmten Bedingungen – etwa Bergauffahrten oder Vollauslastung – überschritten werden. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat bereits ein formelles Anhörungsverfahren gegen Mercedes wegen Verdachts auf eine weitere "unzulässige Abschaltvorrichtung" eingeleitet. Die Behörde soll bereits im Herbst 2018 auf die verdächtige Software-Funktion beim Motor mit der Kennung OM 651 gestoßen sein, weitere Emissionsmessungen bei einem Modell hätten den Verdacht dann erhärtet. Daimler enthielt sich zunächst einer Bewertung des Vorgangs, bestätigt aber eine KBA-Anhörung in dieser Sache und möchte noch im April die in dem Verfahren verlangte Stellungnahme abgeben. Das Unternehmen betont, "vollumfänglich" mit dem KBA zu kooperieren.
Februar 2019: Bußgeldverfahren gegen Mercedes eingeleitet
Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit März 2017 wegen möglichen Abgas-Betrugs. Im Februar 2019 wurde ein Bußgeldverfahren gegen Mercedes eingeleitet. Mercedes soll zwischen 2008 und 2016 Motoren mit der Kennung OM 642 und OM 651 verbaut haben, die angeblich über unerlaubte Abschalteinrichtungen verfügen. Eine richtlinienkonforme Abgasmessung nach dem bis dato gesetzlich vorgeschriebenen NEFZ-Zyklus, wird durch Verwendung von solchen Abschalteinrichtungen verfälscht. Die Zulassung der betroffenen Motoren wäre somit nicht möglich gewesen. Daimler wehrt sich gegen den Vorwurf, die Abgasreinigung bei Diesel-Fahrzeugen mit illegalen Mitteln manipuliert zu haben und betont, sich an geltendes Recht gehalten zu haben. Der Streitpunkt ist – wie bei anderen Herstellern - ein sogenanntes Thermofenster, das die Abgasnachbereitung in bestimmten Temperaturbereichen herunterregelt. Wie auch andere Hersteller hatte sich Daimler mit dem KBA darauf geeinigt, bestimmte Fahrzeuge freiwillig zurückzurufen, um die Technik anzupassen und den Ausstoß schädlicher Stickoxide zu reduzieren. Die Zahl von rund 270.000 Fahrzeugen aus der Kompakt- und der V-Klasse, die bereits nachgebessert werden, wird nun auf gut drei Millionen aufgestockt. Die bayerischen Autobauer BMW und Audi hatten bereits angekündigt, zur Abwendung drohender Diesel-Fahrverbote die Hälfte ihrer in Deutschland zugelassenen Euro-5-Diesel technisch nachzurüsten.
Juli 2017: Dieselskandal bei Daimler: Eine Million Fahrzeuge betroffen
Der Fall beschäftigt Daimler schon seit einiger Zeit – anfangs nur in den USA, seit Ende März 2017 ermittelt aber die deutsche Justiz wegen Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung gegen Mitarbeiter:innen. Zwei sind namentlich bekannt, hinzu kommen weitere unbekannte, wie die Ermittler:innen am Donnerstag, 14. Juli 2017, bestätigten. Ende Mai 2017 war es an zahlreichen Daimler-Standorten zu Razzien von Polizei und Staatsanwaltschaft gekommen, um Beweismaterial zu sichern, welches den Verdacht der Ermittler:innen erhärten könnte. Der Vorwurf des Betrugs und der strafbaren Werbung im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasnachbehandlung an Diesel-Pkw wiegt schwer. Wie die Stuttgarter Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg im Mai mitteilten, war ein Großaufgebot von 23 Staatsanwält:innen und 230 Polizist:innen am Einsatz beteiligt gewesen. So seien im Rahmen der Razzien insgesamt elf Objekte in Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Sachsen durchsucht worden, der Fokus lag bei der Sicherstellung "beweiserheblichen" Unterlagen und Datenträger. Daimler selbst ließ über seine Rechtsabteilung mitteilen, dass man im Rahmen der Durchsuchungen "vollumfänglich" mit den Behörden kooperieren wolle. Weitere Angaben wollte der Hersteller hinsichtlich des laufende Ermittlungsverfahrens nicht machen. Eine Daimler-Sprecherin sagte dazu: "Wir kooperieren vollumfänglich mit den Behörden. Spekulationen kommentieren wir nicht."
März 2017: Mercedes wehrt sich gegen KBA-Vorwürfe
Daimler hat immer betont, sich an geltendes Recht gehalten zu haben. Der Streitpunkt ist - wie bei anderen Herstellern - ein sogenanntes Thermofenster, das die Abgasnachbereitung in bestimmten Temperaturbereichen herunterregelt, um Bauteile im Motor zu schützen, wie die Hersteller argumentieren. Organisationen wie die Deutsche Umwelthilfe hingegen kritisierten, dass die entsprechende EU-Verordnung zu weit ausgelegt werde. Einer Pressemitteilung im März 2017 zufolge forderte die DUH deshalb, betroffenen Mercedes-Modellen die Typenzulassung zu entziehen. "Es reicht nicht, wenn Daimler einmal mehr vom Vertreter der Automobilindustrie im Bundeskabinett zum Gespräch gebeten wird", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Werde keine vollwertige Nachbesserung der Fahrzeuge angeordnet oder die Typzulassung entzogen, so wolle die DUH den Rechtsweg beschreiten. Wie auch andere Hersteller hatte sich Daimler mit dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) darauf geeinigt, 247.000 Fahrzeuge freiwillig zurückzurufen, um die Technik anzupassen. Am Freitag, 14. Juli 2017, stellte Daimler klar, dass man den Vorwurf illegaler Machenschaften von Seiten des KBA nicht hinnehmen werde. Die Regulierung der Abgasreinigung sei eine technisch und rechtlich hochkomplexe Frage, teilte der Autobauer am Freitag mit. "Auf Basis der uns vorliegenden Informationen würden wir gegen den Vorwurf einer illegalen Abschalteinrichtung durch das KBA mit allen rechtlichen Mitteln vorgehen." Ein Sprecher wies auch die Darstellung zurück, bei dem Treffen mit der Kommission in Berlin sei dem Unternehmen mit einer Rückrufaktion gedroht worden. Der "Spiegel" hatte dies zuvor berichtet.