Mit einem Einstiegspreis von 12.700 Euro war der Dacia Duster 2022 das günstigste SUV in Deutschland. Grund genug für uns, dem Low-Budget-Crossover aus dem Renault-Konzern im Dauertest einmal auf den Zahn zu fühlen.
Dacia Duster Blue dCi 115 4WD im Dauertest
Zugegeben ganz so günstig wurde es mit dem Dacia Duster als Dauertester dann doch nicht. Zu groß war der Gesprächsbedarf. Ein SUV in den Jahrestest nehmen? Ja, dann aber bitte nur mit Allradantrieb, meinte das Test-Team, schließlich ist ein Allradantrieb bei schlechtem Wetter durchaus nützlich. Das rief wiederum die Verlags-Finanzier auf den Plan, die an höhere Kraftstoffkosten erinnerten, was wiederum die Selbstzünder-Freunde im Team zum Diesel raten ließ. Und so wurde unser Testwagen dann auch am Ende ein Dacia Duster Blue dCi 115 4WD. Weil zudem ein paar Extras den Alltagsnutzen noch erhöhen, was wiederum den Erfahrungsschatz bereichert, rollte der Rumäne schließlich in der Prestige-Ausstattung auf den Redaktions-Parkplatz.
Unter anderem mit Toter-Winkel-Warner, Lordosenstütze für den Fahrersitz, Klimaautomatik, Rückfahrkamera und dem Multimediasystem "Media Nav". Lederpolster, eine Multiview-Kamera für die Rundumsicht beim Rangieren und eine Sitzheizung, die die Lederpolster an kalten Tagen angenehm aufwärmt, trieben den Gesamtpreis des 4,34 Meter langen Kompakt-SUV zu Testbeginn auf 24.250 Euro. Das ist dann doch aber viel, meinen Sie? Dann suchen Sie mal ein vergleichbar ausgestattetes Fahrzeug bei der Konkurrenz. Sie werden sich wundern und nicht allzu viele Wettbewerber finden. Zur Erinnerung: Ein Basis-Golf hat inzwischen die 30.000-Euro-Schwelle überschritten. Die Dacia-Kundschaft bevorzugt übrigens grundsätzlich die höher positionierten Ausstattungslinien und greifen nur sehr selten zum Basismodell. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Dacia Jogger (2021) im Fahrbericht (Video):
Materialauswahl entspricht dem Grundpreis
Die Testmannschaft war jedenfalls gespannt, ob sich günstig im Dauertest auch als gut erweist. Obendrein darf ruhig mal gefragt werden, ob im automobilen Umfeld des immer Größer-, Schneller-, Opulenter- und damit auch Teurer-Werdens nicht der Reiz in der Beschränkung auf das Wesentliche liegen kann. Schließlich sind mit Sicherheit so einige top ausstaffierte Autos auf den Straßen unterwegs, die mit Ausstattungsfunktionen bestückt sind, die selten bis nie genutzt, aber stets bezahlt werden. Das Platznehmen im Dacia Duster – 2023 folgt die Neuauflage – wirkt beinahe anrührend: Ein Cockpit mit Analoganzeigen und richtigen Schaltern ist wie eine Reise etwa 15 bis 20 Jahre zurück. Gut, die Materialien bestehen größtenteils aus Hartplastik und zeigen, dass gespart wurde. Das gilt auch für das schmucklose Formteil aus weißem Styropor unter der Kofferraummatte. Testredakteur und Fuhrparkmanager Marcel Kühler brachte es auf den Punkt: "Die Materialauswahl entspricht dem niedrigen Grundpreis." Aber auch an anderer Stelle wurde etwas zulasten der Funktionalität auf die Kosten geachtet: Die ungünstig an den Sitzflanken der Vordersitze platzierten Sitzheizungsschalter sind nicht beleuchtet und bieten nur zwei Positionen: an und aus. Immerhin heizt die Sitzheizung ordentlich ein.
Der aktuelle Dauertest-Fuhrpark:
Nervige AdBlue,-Anzeige, hohe Ladekapazität
Im Dauertest-Alltag geriet zudem das AdBlue-Nachtanken zum Geduldsspiel. Möglicherweise könnte hier ein besseres Entlüftungssystem Abhilfe schaffen. "Die AdBlue-Anzeige kennt nur drei Signalantworten: voll, mittel und leer. Außerdem stellt sie sich nach dem Auffüllen erst nach einigen Kilometern zurück", kritisierte der geschäftsführende Redakteur Jürgen Voigt. Mit Dingen wie diesen muss man sich arrangieren. Auf der Habenseite des Dacia Duster stehen "die einfache Bedienung, der geräumige Kofferraum sowie die vergleichsweise niedrigen Wind- und Abrollgeräusche", wie Redakteur Kühler im Begleitbuch notierte.
In Sachen Ladekapazität sekundierte der geschäftsführende Redakteur Martin Urbanke: "Erstaunlich, wie der Duster im Handumdrehen zum Transporter wird und bei umgelegten Rücksitzlehnen sogar Platz für ein 26-Zoll-Mountainbike hat." Akustisch gab es ebenfalls Auffälligkeit, wie Tester Stefan Novitski monierte: "Nach dem Einschalten der Zündung beginnt die Kraftstoffpumpe deutlich zu fiepen – und nach dem Abstellen summt offenbar ein Steuergerät weiter unbeirrt und deutlich hörbar vor sich hin." Das Funkfernbediensystem "Keycard Handsfree" wiederum agierte stets etwas hektisch: Befand sich die Schlüsselkarte in der Tasche und man ging um den Dacia herum, verriegelte er und öffnete sich je nach Standposition direkt wieder.
Leslie & Cars fährt das neue Dacia Duster Facelift (2021) im Video:
Lasche Sitze, guter Federungskomfort
Auch in puncto Fahrkomfort gab es im Laufe des Dauertests Licht und Schatten. Einträge wie "Die Sitze bieten zu wenig Unterstützung, nach zwei Stunden wird es ungemütlich", von Redakteur Urbanke fanden sich gleich mehrfach. Dafür zeigte sich aber die Federung des Dacia Duster recht schluckfreudig. "Bodenwellen verarbeitet der Dacia recht ordentlich", stellte Redakteur Kühler fest. Schlaglöcher parierte der Rumäne mehrheitlich ebenfalls recht akzeptabel, wenn auch ab und an mit Fahrwerksgeräuschen aus den Radhäusern und gelegentlichem Knistern aus den Kunststoffteilen im Innenraum. Der 116 PS starke 1,5-Liter-Turbodiesel (Dacia Duster Blue dCi 115 4WD) aus dem Renault-Teile-Regal vermittelt generell, weil akustisch stets präsent, eine Art Landmaschinen-Charme, kassierte dennoch vom Test-Team mehrfach Lob, etwa von Chefredakteur Crossmedia Markus Bach: "Das Aggregat ist kräftig und zugleich langstreckentauglich."
Die Konkurrenten:
Motor und Verbrauch gefallen
Martin Urbanke überzeugte zudem die Zugkraft von 260 Newtonmetern: "Starker Durchzug – und wer fix genug schaltet, ist mit bis zu 200 km/h auf dem Tacho echt flott unterwegs." Apropos Schalten: Der Schalthebel des Dacia Duster Blue dCi 115 4WD fühlte sich beim Gangwechsel ziemlich schlabberig an. Hier täte eine präzisere Führung gut. "Die ersten drei Gänge sind sehr kurz übersetzt", schilderte denn auch Jürgen Voigt seine Erfahrungen. Das hilft dem Duster, der einen automatischen Allradantrieb mit schaltbarer Sperre und eine aktivierbare Frontantriebsfunktion besitzt, abseits befestigter Wege weiter, wo er im Dauertest durchaus Geländetauglichkeit bewies. Im alltäglichen Asphaltbetrieb wird dafür etwas mehr Schaltarbeit nötig.
An der Tankstelle fiel der Dacia Duster Blue dCi 115 4WD durch zurückhaltende Trinksitten auf: Über die Testdistanz von knapp 27.000 Kilometer genehmigte er sich im Schnitt 6,1 Liter Diesel im Schnitt. Hinzu kamen 0,15 Liter AdBlue pro 100 Kilometer. Zweifelsohne gute Werte, die auch darauf zurückzuführen sein dürften, dass sich der Duster die immer gängigere adipöse Featuritis verkneift – sprich: Er verzichtet auf übermäßige Ausstattung, was dabei hilft, das Leergewicht unter 1500 Kilogramm und damit den Verbrauch in Grenzen zu halten. Wer es darauf anlegte, konnte aber auch in der Praxis sogar eine Fünf vor dem Komma erzielen."Na, was kann denn das Karparten-Taxi?" erkundigte sich kurz vor Dauertest-Ende ein Waschstraßen-Einweiser etwas respektlos nach den Qualitäten des rumänischen SUV, während wir in der Schlange darauf warteten, die "Arizona Orange"-Lackierung wieder zum Glänzen bringen zu lassen. Unsere Antwort: "Für den Preis hat er eine ganze Menge Qualitäten". "Prima, dass es auch noch einfache Autos zu akzeptablen Preisen gibt", kommentierte er. Recht hat er!
Connectivity
Das Multimediasystem Media Nav verfügt über einen 8,0-Zoll-Touchscreen, ein Navigationssystem und gehört zum Serienumfang der Prestige-Ausstattung. Es bietet zusätzlich eine Smartphone-Integration, die über die Dauertest-Distanz ordentlich funktionierte. Nervig dagegen: Nach der Neuwahl eines Radiosenders sprang das Dacia Duster-System stets in die ursprüngliche Ansicht zurück und zeigte wieder die zuvor gewählten Rundfunkstationen an.
Technische Daten des Dacia Duster Blue dCi 115 4x4
AUTO ZEITUNG 23/2022 | Dacia Duster Blue dCi 115 4x4 |
Technik | |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4-Zyl., 2-Vent., Turbodiesel, SCR-Kat. |
Hubraum | 1461 ccm |
Leistung | 85 kW/116 PS bei 3750 /min |
Max. Drehmoment | 260 Nm bei 1750 /min |
Getriebe/Antrieb | 6-Gang, manuell; Allradantrieb |
Werte | |
Maße | 4341/1804 (2052)/ 1682 mm |
Leergewicht | 1439 kg |
Kofferraum | 411 - 1444 l |
Beschleunigung 0-100 km/h | 10,2 s |
Höchstgeschwindigkeit | 175 km/h |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 6,1/5,2 l D |
CO2-Ausstoß (WLTP) | 126 g CO2/km |
Preise | |
Grundpreis | 21.350 € |
Testwagenpreis | 24.250 € |
Vergleichsweise günstig in der Anschaffung, sparsam im Verbrauch und frei von Technik, die man nicht unbedingt im Autoleben braucht, konnte der Dacia Duster im Dauertest überzeugen. Wer sich damit arrangiert, dass zu diesem Preis den Ausstattungsumfängen und den eingebauten Materialien Grenzen gesetzt sind, kann mit diesem zeitgemäßen SUV glücklich werden. Auf der Habenseite stehen die einfache Bedienung und der hohe Alltagsnutzen. Die Dinge, die im Test negativ auffielen, stellen keine ernsthaften Probleme dar, sondern gehen eher als Schrulligkeiten durch.