Chevrolet Camaro Cabrio/Ford Mustang Cabrio: Test Geht das Pony mit dem Camaro durch?
- Cabrio-Test: Chevrolet Camaro & Ford Mustang
- Fahrkomfort: Sportsitze im Camaro stützen besser
- Motor/Getriebe: Mustang mit Zehnstufen-Automatik
- Fahrdynamik: Chevrolet mit felsenfester Kurvenlinie
- Umwelt/Kosten: Werkstattkosten für Ford bei 785 Euro
- Technische Daten Camaro Cabriolet & Mustang Convertible
- Fazit
Das erst renovierte Ford Mustang GT Cabrio und der offene Chevy Camaro duellieren sich im Test. Wenn der Fahrtwind kräftig blasen soll, empfehlen sich die starken V8-Saugmotoren der Kontrahenten. Doch welcher offene Ami macht seine Sache besser?
Für das persönliche Road Movie sind der im Test stehende Ford Mustang und der Chevrolet Camaro wie geschaffen – ideal, um bei geöffnetem Verdeck den Alltag spätestens hinter der Ortsgrenze zu vergessen. Retro hin oder her: Die Cabrio-Versionen der Ikonen verkörpern beste US-Car-Tradition schlechthin: großvolumige Achtzylinder, Automatik-Getriebe, reichhaltige Ausstattungen und – im Vergleich zur vorwiegend vernunftorientierten Designsprache gängiger Fahrzeuge – gesegnet mit einer vergleichsweise spektakulären Optik. Gemessen am Gebotenen bleibt die Preisgestaltung dabei erstaunlich fair. Und das Rezept geht auf, denn in Europa brachte Ford von der aktuellen Generation des Mustang über 33.000 Exemplare unter das fahrende Volk. Nun geht das Pony-Car frisch überarbeitet an den Start, um weiter auf der Erfolgsspur zu cruisen. Grund genug für ein US-Car-Treffen mit dem Chevrolet Camaro Cabriolet. Willkommen zum Open Air-Festival!
Ford Mustang GT & Chevrolet Camaro im Drift:
Cabrio-Test: Chevrolet Camaro & Ford Mustang
Mit fast 4,80 Meter Außenlänge sind beide Boliden stattliche Erscheinungen. Daraus aber ein entsprechendes Platzangebot im Innenraum abzuleiten, wäre falsch. So ist besonders der Camaro recht knapp geschnitten. Der Mustang bietet zumindest vorn einen Hauch amerikanischer Großzügigkeit. Im Fond geht es in den zwei Viersitzern recht beengt zu. Die hohe Gürtellinie und die kleinen Fenster tragen dazu bei, dass der Chevrolet deutlich unübersichtlicher ist als sein Konkurrent. Die per Tastendruck elektrisch bewegten Stoffdächer der beiden Cabrios öffnen in 16 (im Camaro) bzw. schon in zwölf Sekunden (Mustang). Die Ford-Kapuze muss aber erst manuell entriegelt werden. Ausfahrten mit dem Camaro sollten übrigens gut geplant werden, denn mit geöffnetem Dach sinkt das Gepäckraumvolumen von 208 auf mickrige 72 Liter. Der Ford überzeugt mit einem Gepäckvolumen von 332 Litern – offen wie geschlossen. Immerhin bietet der Chevrolet mit 391 Kilogramm mehr Zuladung (Ford: 316 kg) und überzeugt mit einer höheren Verwindungssteifigkeit. Unabhängig davon, dass die Radio-Sendersuche für Mustang-Neulinge etwas gewöhnungsbedürftig ist, erklärt sich die Bedienung weitgehend selbst. Auch in Sachen Sicherheit hat der Ford mit dem Facelift aufgeholt: LED-Scheinwerfer und Notbremsassistent etwa gehören fortan zur Serie.
Fahrkomfort: Sportsitze im Camaro stützen besser
Bei geöffnetem Verdeck fährt der Fahrtwind den Camaro-Passagieren stärker ins Haupthaar als im Mustang. Im geschlossenen Zustand sind im Chevrolet zudem Abrollgeräusche deutlicher vernehmbar, obwohl er gegenüber seinem Rivalen teilweise niedrigere Schalldruckpegel aufweist. Immerhin: Die Recaro-Sportsitze des Chevy (1900 Euro) stützen die Passagiere wesentlich besser ab als die serienmäßige Ford-Bestuhlung. Dass die werksseitig montierten 20-Zoll-Reifen mit Notlaufeigenschaften nicht unbedingt dem Fahrkomfort dienen, dokumentiert der Camaro auf der Marterstrecke des Testgeländes deutlich. Der 35er-Querschnitt der Hinterräder trägt mit dazu bei, dass Querkanten und -rinnen nahezu ungefiltert den Weg in die Bandscheiben der Insassen finden. Da gibt sich der mit 19-Zöllern bestückte Mustang gegenüber seinen Passagieren wesentlich konzilianter, auch wenn seine Karosserie beim Federn und Dämpfen stärker in Bewegung gerät als der Camaro-Aufbau.
Motor/Getriebe: Mustang mit Zehnstufen-Automatik
Gegenüber dem Ford-Motor hat der 6,2-Liter-Bigblock-V8 des Camaro nicht nur ein Hubraumplus von 1,1 Litern, sondern liefert mit 617 Newtonmeter bei 4600/min deutlich mehr Drehmoment – bei gleicher Drehzahl lässt es der neuerdings mit Benzinpartikelfilter ausgerüstete Mustang bei 529 Newtonmeter bewenden. Im Ergebnis tritt der Chevy im mittleren Drehzahlbereich kräftiger an, kann aber mit der Drehfreude seines Sparringspartners, der locker über die 7000-Touren-Marke dreht, nicht mithalten. Dennoch ermöglichen beide das Großhubraum-bedingte, entspannte Surfen auf der Drehmomentwelle – sehr angenehm in einer vielerorts downgesizten, nervöseren Motorenwelt. Dabei können die zwei US-Boliden auch anders, wie die Beschleunigungsmessung zeigt. Der Camaro erreicht die 100-km/h-Marke nach 4,7, der auf nunmehr 450 PS erstarkte Ford nach 4,8 Sekunden. Da muss sich mancher sportliche Wettbewerber schon gehörig strecken. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt hier wie dort mehr als ausreichende 250 km/h. Die Kraftübertragung übernimmt im Mustang eine neue optionale Zehnstufen-Automatik, während der Camaro auf Wunsch acht Gänge automatisch wechseln lässt. Trotz der höheren Anzahl an Fahrstufen ist das Drehzahlniveau im Ford höher. Zeigt der Mustang-Tourenzähler bei Autobahnrichtgeschwindigkeit in Fahrstufe zehn 2200/min, gibt die Camaro-Anzeige bei gleichem Tempo in der höchsten Fahrstufe nur 1750/min an. So erzielt der Mustang auch keinen Verbrauchsvorteil, zumal er im Gegensatz zu seinem Testgegner keine Zylinderabschaltung hat, die den Achtender im Teillastbereich in den Vierzylinder-Modus schick. Damit schafft der Camaro einen Minimalverbrauch von 7,8 l/100 km (Mustang: 8,4 Liter). Der Testwert des Chevy liegt bei 12,3 Liter Super, der Ford braucht nur 0,1 Liter mehr. Bei gemächlicher Fahrt sind die Fahrstufenwechsel der Ford-Automatik kaum spürbar. Beim Kickdown reagiert sie allerdings subjektiv mit mehr Verzögerung als die des Chevy und schaltet, begleitet von teilweise heftigen Schaltrucken, mitunter zweimal in Folge herunter.
Fahrdynamik: Chevrolet mit felsenfester Kurvenlinie
Gegenüber dem Vorgänger baut der aktuelle Mustang mit seinen Michelin Pilot Sport 4 S-Reifen deutlich mehr Grip auf. Bei hohem Tempo auf dem Rundkurs hat er gegenüber dem mit ebenfalls serienmäßigem Sperrdifferenzial an der Hinterachse sowie zusätzlich noch aufpreispflichtigen, adaptiven Dämpfern bestückte Camaro allerdings das Nachsehen. So zeigt das Ford-Cabrio in Kurven stärkere Aufbaubewegungen. Zwar benötigt der Fahrer geringere Lenkkräfte, spürt aber auch weniger Fahrbahnkontakt als der Chevy-Pilot. Im Verbund mit der höheren Verwindungsfreudigkeit des Mustang geht dies spürbar zu Lasten der Fahrpräzision, während der Camaro seine Kurvenlinie felsenfest in den Asphalt nagelt und eine um dreieinhalb Sekunden schnellere Rundenzeit erzielt. Im Bremstest liefert der Chevrolet nicht nur die kürzeren Bremswege, sondern bietet auch noch eine bessere Dosierbarkeit. Im Slalom schiebt dagegen der Ford sein Pferdelogo minimal nach vorn. Hierfür könnten die geringeren Lenkkräfte in kurzen Wechselkurven oder die Reifen ausschlaggebend sein. Unabhängig von den Unterschieden operieren beide fahrdynamisch auf einem für US-Autos recht hohen Niveau, was Vorurteilspfleger zum Nachdenken anregen sollte.
Umwelt/Kosten: Werkstattkosten für Ford bei 785 Euro
Mit Grundpreisen von 54.900 Euro (Camaro) und 53.000 (Mustang), jeweils inklusive Automatik, bieten beide viel Auto fürs Geld. Teuer wird es allerdings laut Deutscher Automobil Treuhand (DAT) beim Wertverlust und zudem bei den Versicherungseinstufungen, insbesondere in der Vollkasko. Die Werkstattkosten des Ford berechnet der ADAC mit 784 Euro pro Jahr – für den Camaro stehen noch keine Daten zur Verfügung, sodass wir diese Disziplin nicht gewertet haben. Angesichts der großen möglichen Verbrauchsspanne kann der Fahrer die Kraftstoffkosten bei beiden mit dem Gasfuß variieren. Hier gilt: Fahrspaß ist vergnügungssteuerpflichtig – aber auf jeden Fall das Geld wert.
Technische Daten Camaro Cabriolet & Mustang Convertible
Die Überarbeitung hat dem Ford Mustang GT Convertible gutgetan. Die Leistungskur lässt ihn gestärkt auftreten, während die neue Zehnstufen-Automatik hilft, den Kraftstoffkonsum im Rahmen zu halten. Er ist komfortabler als sein Konkurrent, besser ausgestattet, immer noch fair kalkuliert und bietet nach wie vor das bessere Platzangebot. Dennoch zieht das Chevrolet Camaro Cabriolet in der Punktewertung letztendlich an ihm vorbei. Dessen Motor bietet mehr Druck im Drehzahlkeller, und auch die fahrdynamische Vorstellung ist dank kürzerer Bremswege und des agileren Handlings exzellent. Somit versteht sich der Chevy nicht nur auf die Kunst des Cruisens, sondern kann es bei Bedarf auch richtig krachen lassen. Damit vereinigt er das Beste aus zwei Welten und rollt als Testsieger vom Testparcours.