3er/Insignia/S60: Vergleichstest
Der 3er stellt sich Insignia und S60
- BMW 320i, Opel Insignia 2.0 DI Turbo und Volvo S60 B4 im Vergleichstest
- Fahrkomfort: Volvo S60 B4 glänzt mit Federungskomfort
- Motor/Getriebe: Opel Insignia 2.0 DI Turbo am schnellsten auf 100
- Fahrdynamik: BMW 320i überzeugt auf der Handlingstrecke
- Umwelt/Kosten: Opel Insignia 2.0 DI Turbo und Volvo S60 günstiger als der BMW
- Messwerte & technische Daten BMW320i, Opel Insignia 2.0 DI Turbo und Volvo S60 B4
- Fazit
Der BMW 320i stellt sich im Vergleichstest dem Opel Insignia 2.0 und dem Volvo S60. Welche Mittelklasse-Limousine bietet das beste Gesamtpaket?
Gesamtbewertung (max. Punkte) | BMW 320i | Opel Insignia 2.0 DI Turbo | Volvo S60 B4 |
Karosserie (1000) | 661 | 672 | 635 |
Fahrkomfort (1000) | 731 | 707 | 737 |
Motor/Getriebe (1000) | 647 | 626 | 594 |
Fahrdynamik (1000) | 711 | 691 | 640 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2750 | 2696 | 2606 |
Kosten/Umwelt (1000) | 339 | 362 | 362 |
Gesamtwertung (5000) | 3089 | 3058 | 2968 |
Platzierung | 1 | 2 | 3 |
Während SUV sich derzeit großer Beliebtheit freuen, zeigen BMW 320i, Volvo S60 B4 und Opel Insignia 2.0 DI Turbo im Vergleichstest, dass die Mittelklasse längst nicht zum alten Eisen gehört. Warum auch? Ein BMW 3er bietet schließlich weitaus mehr Fahrfreude als die meisten Hochsitz-Autos, während der Opel Insignia Grand Sport Facelift viele Pseudo-Geländegänger mit seinem tanzsaalähnlichen Innenraum alt aussehen lässt. Der Volvo S60 sammelt hingegen mit seinem schicken Design und komfortablen Fahreigenschaften Sympathiepunkte. Doch welche der drei charakterstarken Limos bietet in Summe das beste Gesamtpaket?
Der BMW 3er im Video:
BMW 320i, Opel Insignia 2.0 DI Turbo und Volvo S60 B4 im Vergleichstest
Wenn es entgegen der landläufigen Redensart doch einmal nur auf die Größe ankommen sollte, führt am Insignia Facelift kein Weg vorbei. Der mit 4,90 Meter Länge äußerst stattliche Rüsselsheimer bietet für einen Mittelklasse-Vertreter außergewöhnlich üppige Platzverhältnisse im Innenraum und übertrumpft die Gegner des Vergleichstests, die zwar auch eine ordentliche Bewegungsfreiheit für vier Erwachsene mitbringen, gerade bei der Beinfreiheit im Fond deutlich. Außerdem stellt das Insignia Facelift den größten Gepäckraum, der sich aufgrund der großen (Fließ-)Heckklappe zudem am einfachsten beladen lässt. Bei den klassischen Stufenheck-Limos wie dem BMW 3er und Volvo S60 muss man mit kleinen Ladeluken leben. Allerdings: Mit der Bewertung der Praktikabilität, die auch die üppige Zuladung von 603 Kilogramm beinhaltet, endet für den Opel vorerst das fleißige Punktesammeln, denn die Kontrahenten kontern mit umfangreicheren Sicherheitsausstattungen. Komplexe Systeme, wie etwa der optionale Rettungsgassenassistent im BMW 320i oder die cloudbasierte Warnung vor rutschigen Fahrbahnverhältnissen im Volvo S60 B4, sucht man im Opel Insignia, der bereits seit 2017 auf dem Markt ist, vergebens.
Fahrkomfort: Volvo S60 B4 glänzt mit Federungskomfort
Langes und entspanntes Reisen ist eine Kernkompetenz des Volvo S60 B4, der mit seinem souveränen Federungskomfort glänzt. Sein Optionsfahrwerk mit elektronisch geregelten Dämpfern spricht bei langsamer Fahrt sensibel an und gleicht zudem bei höherem Tempo trotz gewisser Grundstraffheit die meisten Fahrbahnschäden lässig aus. Allenfalls kurz aufeinanderfolgende kleinere Wellen können Unruhe in den Aufbau bringen. Der Opel Insignia 2.0 DI Torbo macht hingegen mit seinem serienmäßigen Ergonomiesitzen auf sich aufmerksam, die das Gütesiegel der Aktion Gesunder Rücken e.V. tragen und etwaigen Ermüdungserscheinungen durch ihre komfortable Polsterung entgegenwirken. Seine Federung, die ab Werk adaptive Dämpfer umfasst, hinterlässt hingegen ein zwiespältiges Bild. Zwar wogt das Insignia Facelift sanft über Wellen hinweg, spricht aber bei langsamer Fahrt weniger sensibel auf Kanten an. Außerdem neigt der Aufbau in der softesten Fahrwerkseinstellung zum Nachschwingen, was gerade bei flotterer Fahrt unangenehm werden kann, sodass sich für diesen Einsatzzweck der mittlere der drei zur Verfügung stehenden Modi empfiehlt. Noch deutlicher tritt diese Eigenart übrigens mit maximaler Beladung auf. Ganz anders der Münchner: Der BMW 320i geht im Vergleichstest mit einem optionalen Sportfahrwerk an den Start, das zwar wie die Konkurrenz über adaptive Dämpfer verfügt, jedoch deutlich mehr auf Fahrdynamik ausgelegt ist. So lässt der Münchner selbst im Komfortmodus bei langsamer wie schneller Fahrt Rückschlüsse auf kleinste Asphaltunebenheiten zu. Deutlich besser ist dafür die akustische Isolierung des BMW 3er, der seine Fahrgäste am wirkungsvollsten vor störenden Reifen- und Windgeräuschen schützt. Und auch der Motor ist am leisesten.
Motor/Getriebe: Opel Insignia 2.0 DI Turbo am schnellsten auf 100
Das leise Arbeitsgeräusch ist jedoch bei Weitem nicht der einzige Vorteil des bayerischen Antriebspakets, zu dem ferner die hervorragende, extrem sanft schaltende Achtstufen-Automatik von ZF gehört. Auch die Laufkultur ist für einen Vierzylinder bemerkenswert. Mit seinen 184 PS fehlen dem BMW 320i zwar ein paar Pferdestärken auf die Rivalen des Vergleichstests, aber zumindest den Volvo S60 B4 kann er beim Beschleunigen bis Tempo 100 in Schach halten. Mit 7,4 Sekunden zu 7,6 Sekunden entscheidet der Bajuware das Duell gegen den Schweden knapp für sich. Über diese Marke hinausgehend zieht der 197 PS starke S60 B4, dessen serienmäßige Automatik teilweise etwas träger als etwa das BMW-Getriebe reagiert, jedoch vorbei. Bei 180 km/h schiebt die Elektronik weiterem Vorwärtsdrang aber jäh einen Riegel vor – der skandinavische Hersteller regelt künftig sämtliche Modelle bei diesem Tempo ab. Über Sinn oder Unsinn dieser Maßnahme darf gern jeder für sich befinden. Weniger Grund zu Kontroversen liefert derweil die gebotene Effizienz des S60-Antriebs. Der Vierzylinder-Benziner geht schließlich mild-hybridisiert, also inklusive 48-Volt-Bordnetz und Riemen-Starter-Generator, an den Start und konsumiert auf 100 Kilometern nur 7,5 Liter Kraftstoff. Allerdings: Der 320i ist mit einem Durchschnittsverbrauch von 7,6 Litern quasi genauso sparsam. Nur der Opel Insignia 2.0 DI Turbo gönnt sich mit 8,4 Litern etwas mehr fossilen Brennstoff. Dafür liefert er mit seinem 200-PS-Turbo im Verbund mit der äußerst flink, jedoch nicht immer sanft schaltenden Neunstufen-Automatik die flottesten Fahrleistungen. Als Einziger erreicht er Landstraßentempo in weniger als sieben Sekunden. Die Spitzengeschwindigkeit beträgt – wie auch beim BMW 3er – 235 km/h. An die Laufkultur des Münchners kommt der Rüsselsheimer aber nicht ganz heran.
Fahrdynamik: BMW 320i überzeugt auf der Handlingstrecke
Und auch in Sachen Freude am Fahren zeigt der BMW 320i, dass die Münchner ihre einstige Domäne den zweifellos äußerst wichtigen Bestrebungen um ein möglichst hohes Maß an Effizienz nicht bedingungslos unterordnen. Im Gegenteil: Der aktuelle 3er präsentiert sich auf kurvenreicher Strecke in absoluter Höchstform. Dirigiert über die anfangs etwas gewöhnungsbedürftig direkte, optionale Sportlenkung, durchpflügt der Münchner schnelle Kurven sowie enge Radien mit einer Gier, die so manchem selbst ernannten Sportler gut zu Gesicht stehen würde. Ebenfalls top: Beim Einlenken stets neutral, lässt sein Hinterradantrieb am Kurvenausgang in Verbindung mit der sportlichen Michelin-Mischbereifung ein nur äußerst geringes Maß an Schlupf zu. Diese Eigenschaften helfen dem BMW 3ernicht nur bei der Zeiten- beziehungsweise Geschwindigkeitsjagd auf der Handlingstrecke und im Slalom, sondern sorgen auch für ein hohes Maß an Fahrsicherheit. Dazu trägt ebenso die aufpreispflichtige Sportbremsanlage des Testwagens ihren Teil bei, die selbst viele harte Bremsmanöver am Stück klaglos verkraftet und dabei immer noch einen glasklaren Druckpunkt aufweist. Der Opel Insignia 2.0 DI Turbo fährt – trotz seiner recht ausladenden Abmessungen – ebenfalls erstaunlich agil, was auch dem niedrigen Gewicht zuzuschreiben sein dürfte. Der Rüsselsheimer weist im Grenzbereich eine nur sanfte Tendenz zum Untersteuern auf und steht selbst provozierten Lastwechseln gelassen gegenüber. Mit diesen Eigenschaften verliert er auf den BMW zwar 1,8 Sekunden im Handling, deklassiert den Volvo S60 B4 aber immer noch um 4,5 Sekunden. Der Schwede hat merklich mit seinem hohen Gewicht zu kämpfen – immerhin bringt der Testwagen 1774 Kilogramm und somit satte 217 Kilogramm mehr als das größere Insignia Facelift auf die Waage. Beim Einlenken wirkt der S60, dessen Lenkung kaum Gefühl für die Straße übermittelt und sehr leichtgängig agiert, kopflastig und schiebt schon bei moderaten Geschwindigkeiten kräftig über die Vorderräder. Zudem baut der Volvo am wenigsten Traktion auf. Immerhin punktet er im Vergleichstest mit dem kürzesten Kaltbremsweg aus Tempo 100 bis zum Stand.
Umwelt/Kosten: Opel Insignia 2.0 DI Turbo und Volvo S60 günstiger als der BMW
Trotz des günstigsten bewerteten Preises kann der serienmäßig umfangreich ausgestattete Opel Insignia 2.0 DI Turbo das Kostenkapitel im Vergleichstest nicht für sich entscheiden. Dafür verliert er bei der Multimedia-Ausstattung, den Kraftstoff-Aufwendungen und den Garantieleistungen zu viele Punkte auf den Volvo S60 B4 – Gleichstand. Schlusslicht ist der BMW 3er, dessen testrelevanten Extras den Preis in die Höhe treiben. So sind hier für den BMW 320i 8953 Euro mehr als für den Opel und 4045 Euro mehr als für den Volvo fällig. Da helfen auch die niedrigsten Wartungskosten nicht weiter.
Messwerte & technische Daten BMW320i, Opel Insignia 2.0 DI Turbo und Volvo S60 B4
AUTO ZEITUNG 25/2020 | BMW 320i | Opel Insignia 2.0 DI Turbo | Volvo S60 B4 |
Technik | |||
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/4; Turbo | 4/4; Turbo | 4/4; Turbo, Starter-Generator 48V |
Hubraum | 1998 cm³ | 1998 cm³ | 1969 cm³ |
Leistung | 135 kW/ 184 PS | 147 kW/ 200 PS | 145 kW/ 197 PS |
Max. Drehmoment | 300 Nm 1350 - 4000 /min | 350 Nm, 1500 - 4000 /min | 300 Nm, 1500 - 4200 /min |
Getriebe/Antrieb | 8-Stufen-Automatik/ Hinterrad | 9-Stufen-Automatik/ Vorderrad | 8-Stufen-Automatik/ Vorderrad |
Messwerte | |||
Leergewicht (Werk/Test) | 1460/1577 kg | 1520/1557 kg | 1681/1774 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 7,4 s | 6,9 s | 7,6 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 235 km/h | 235 km/h | 180 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 35,5/33,8 m | 35,0/34,1 m | 34,4/35,6 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 7,6/6,3 l S /100km | 8,4/7,3 l S /100km | 7,5/6,4 l S /100km |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 180/142 g/km | 199/168 g/km | 178/144 g/km |
Preise | |||
Grundpreis | 39.820 € | 38.987 € | 42.696 € |
Testwagenpreis | 47.940 € | 38.987 € | 43.895 € |
Auch in Zeiten des SUV-Bomms ist die Mittelklasse-Limousine weiterhin gefragt. Schließlich wecken die drei Prachtexemplare auf ihre jeweils ganz eigene Weise Begehrlichkeiten. So gibt der Testsieger, der BMW 320i, den freudvollen Sportler, für dessen herzerweichende Agilität man gern Abstriche beim Fahrkomfort hinnimmt. Wer das auf keinen Fall möchte, wählt den Volvo S60 B4, der mit ausgewogenen Fahreigenschaften, guter Effizienz und hohen Sicherheitsreserven glänzt – selbst wenn ihn die limitierte Endgeschwindigkeit und die mäßige Fahrdynamik auf den dritten Platz im Vergleichstest zurückwerfen. Der zweitplatzierte Opel Insignia 2.0 DI Turbo offeriert Oberklasse-Raumangebot, die besten Fahrleistungen und spart obendrein durch die faire Preisgestaltung Geld. Wer könnte also auch zu diesem Angebot nein sagen?