Volvo V90 Cross Country: Dauertest-Abschluss
Ein Motorschaden trübt das V90-Bild
- Dauertest: Fazit zum Volvo V90 Cross Country B4 AWD
- Prima Sitzkomfort dank Massagefunktion
- Kapitaler Motorschaden nach knapp 64.000 km
- Dienstreisen-taugliche Feder-Dämpfer-Abstimmung
- Top: kein Ölverbrauch während der gesamten Testdistanz
- Kosten & Reifen
- Störungen & Weartungen bis 100.000 km
- Technische Daten des Dauertesters Volvo V90 Cross Country B4 AWD
- Fazit
Der Volvo V90 Cross Country B4 AWD ist ein Oberklasse-Kombi im Abenteuer-Anzug. Der Weg zu den 100.000 km im Dauertest war nicht nur lang, sondern mitunter auch recht steinig ...
Schweden ist zweifellos ein Land der Gegensätze. Im Norden zum Beispiel findet man Orte wie Abisko, wo die Sonne im Sommer 55 Tage nicht untergeht. Dagegen gibt es in Stockholm im Dezember nur Tageslicht von circa 8:45 bis 14:50 Uhr, und in Lappland lassen sich zwischen Anfang September und Ende März Polarlichter beobachten. Mithin hat Skandinavian ein besonderes Verhältnis zu Licht und Schatten, was auch auf unseren Dauertestwagen, den Volvo V90 Cross Country B4 AWD, zutrifft. Doch der Reihe nach. Ausgeliefert auf Winterrädern (1647 Euro) trat der Schwede mit Kilometerstand 1013 zum Dauertest an. Ausgestattet war der robuste Kombi unter anderem mit Totwinkel- und Kreuzungswarner, Heckaufprallabschwächung (Intellisafe Surround, 600 Euro), Voll-LED-Scheinwerfern (1050 Euro), Winterpaket inklusive Standheizung (1450 Euro), Xenium-Paket (4950 Euro) samt Head-up-Display, Infotainment-System "Sensus Connect" mit Online-Anbindung sowie einem adaptiven Luftfahrwerk an der Hinterachse (1970 Euro) und einer semi-elektrischen Anhängerkupplung (110 Euro). Damit stieg zwar der Testwagenpreis auf 85.110 Euro, die Praxis- respektive die Reisetauglichkeit aber ebenso. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Dauertest: Fazit zum Volvo V90 Cross Country B4 AWD
Entsprechend fielen die ersten Eindrücke im Dauertest aus. So lobte das Testteam bei Kilometerstand 12.645 bereits das niedrige Drehzahlniveau des Volvo V90 Cross Country B4 AWD: "Motor und Getriebe sind im Alltag sehr angenehm. Bei 100 km/h liegt die Drehzahl bei gerade mal 1600 Umdrehungen." Das blieb in der Bilanz nicht ohne Auswirkungen auf den Verbrauch. Zwar genehmigte sich der Volvo "besetzt mit vier Personen und voll beladen sowie mit Anhänger auf 2000 km lediglich 7,3 l Diesel". In der Gesamt-Testbilanz konsumierte der mildhybridisierte 2,0-l-Biturbodiesel über die 100.000 km im Durchschnitt sogar nur 6,8 l auf 100 km – ein Wert, der für einen Kombi mit einem Leergewicht von gut zwei Tonnen aller Ehren wert ist. Die Verbrauchs-Bandbreite im Test reichte indes von minimal 5,4 bis maximal 8,4 l.
Im Allgemeinen erwies sich der Motor im Dauertest als sehr durchzugskräftig. Nicht zuletzt, weil hier 420 Nm am Werk sind und ein Riemen-Starter-Generator bis zu 10 kW (14 PS) und 40 Nm Drehmoment beisteuern kann. Unverständnis herrschte dagegen im Kollegenkreis über die Volvo-typisch auf 180 km/h limitierte Höchstgeschwindigkeit. Beim Durchbeschleunigen am Baustellen-Ende etwa fragt sich die eilig folgende A6-, 5er- und E-Klasse-Community sicher, warum sich der Volvo beim Überholen auf einmal Zeit lässt. Sie weiß nicht, dass der Volvo V90 Cross Country B4 AWD gerade in den nachdrücklich einsetzenden Begrenzer gerannt ist.
Der aktuelle Dauertest-Fuhrpark:
Prima Sitzkomfort dank Massagefunktion
Versöhnlich stimmten dafür diverse praktische, die Alltagstauglichkeit steigernde Details: "Öl- und AdBlue-Stand lassen sich im Display ablesen, Zurr-Ösen im Beifahrer-Fußraum sichern auch hier die Ladung, und die Lage der kabellosen Ladestation für das iPhone erlaubt den Blick aufs Display", lobte etwa Redakteur Martin Urbanke. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Volvo V90 Cross Country B4 AWD beim Thema Kofferraumvolumen mit einer Ladekapazität von höchstens 1526 l von den Tugenden seiner Vorgängergenerationen verabschiedet hat. Das ist maximal Kompaktklasse-Niveau und störte diverse Kollegen. "Durch die schräge Heckscheibe geht viel Stauraum verloren", war im Dauertestbuch zu lesen. Und: "Die Zuladung des Testwagens fällt mit 480 kg nicht übertrieben hoch aus." Andererseits stellte die Testmannschaft geschlossen fest: "An der üppigen gebremsten Anhängelast von 2,4 t gibt es hingegen nichts auszusetzen."
So sammelte der Volvo V90 Cross Country B4 AWD im Dauertest eifrig Kilometer und hinterließ auch beim Sitzkomfort positive Eindrücke. "Die Massagefunktion hilft effektiv, auch Acht-Stunden-Touren zu überstehen", lobte der stellvertretende Chefredakteur Klaus Uckrow. Im Fond wiederum fanden die aus der Rücksitzbank ausklappbaren Kindersitze vor allem bei jenen Anklang, die für Fotozwecke mit Kindern unterwegs waren. Und das nicht nur, weil das lästige Ein- und Ausbauen herkömmlicher Kindersitze entfällt. Redakteur Sven Kötter: "Dem platzsparenden, integrierten Kindersitz ist es zu verdanken, dass genügend Raum für eine dritte Person auf der Rücksitzbank bleibt." Stirnrunzeln verursachte bei ihm allerdings, "dass Apple CarPlay nur kabelgebunden und mit zu kleiner Fläche auf dem Touchscreen funktioniert". Nervig arbeitete stellenweise die Verkehrszeichen-Erkennung: Entweder erkannte sie Tempolimits nicht oder falsch, was mehrere Kolleg:innen feststellten.
Kapitaler Motorschaden nach knapp 64.000 km
Mehr oder weniger Unterhaltsames erlebte Kollege Kötter während einer Fährüberfahrt nach Skandinavien: "Die empfindliche und nicht vollständig deaktivierbare Alarmanlage tönt gern mal bei Seegang – kein Einzelfall, wie das Hupkonzert sämtlicher Volvo an Bord belegte." Das zählte aber eher zu den Kleinigkeiten, die gut zu verschmerzen waren und den Kombi nur zu den Inspektionen in die Werkstatt rollen ließen. Wolken zogen beim Dauertest erst bei Kilomterstand 63.917 auf, als Chefredakteur Stefan Miete unterwegs mit einer Warnmeldung über einen zu niedrigen Kühlmittelstand konfrontiert wurde. Als Erste-Hilfe-Maßnahme wurde fehlendes Kühlwasser aufgefüllt, zudem wurden Motorraum sowie Unterboden nach Leckagen untersucht, allerdings mit negativem Befund. Danach suchte Miete umgehend eine Vertragswerkstatt auf, die den Volvo V90 Cross Country B4 AWD sezierte.
Die niederschmetternde Diagnose: Zylinderkopfdichtung durchgebrannt und Zylinderlaufbahnen beschädigt. Auf Deutsch: Totalschaden. So führte kein Weg an einem Austauschmotor samt neuem Turbolader vorbei, der seinen Weg für astronomische 11.629 Euro an Material- und Arbeitskosten unter die Volvo-Motorhaube fand. Zum Glück befand sich der Dauertestwagen zu dieser Zeit noch innerhalb des Garantie-Zeitraums. Eine Ursache für den Schaden war nicht eindeutig zu identifizieren. Unterhält man sich aber mit Motoren-Instandsetzenden, erfährt man einerseits, dass der 2,0-l-Biturbodiesel des Volvo V90 Cross Country B4 AWD bei der Schadenhäufigkeit nicht negativ herausragt, andererseits aber auch, dass defekte Injektoren mit fehlerhaften Einspritzmengen,- Zeitpunkten oder Spritzbildern den innermotorischen Temperaturhaushalt durcheinanderbringen und einen Turbodiesel auf diese Weise ins Jenseits befördern können. Ursächlich für defekte Injektoren können etwa verunreinigter Kraftstoff oder feinste Metallspäne durch Verschleiß im Kraftstoffsystem sein. Es kann also sein, dass ein Schaden an der Motor-Peripherie den Kollaps des Antriebs verursacht hat.
Die Konkurrenten:
Dienstreisen-taugliche Feder-Dämpfer-Abstimmung
Nach einer mehr als dreiwöchigen Zwangspause startete der Volvo V90 Cross Country B4 AWD zur Fortsetzung des Dauertests und wurde wieder gern speziell für Langstrecken genutzt. Bei Kilometerstand 64.378 machte allerdings die Reifendruckkontrolle mit unplausiblen Fehlermeldungen von sich Reden, was einen erneuten Werkstattbesuch erforderte – hier behob das Aufspielen einer neuen Software das Problem. Gefallen fanden mehrere Kollegen beim Rangieren des fast fünf Meter langen Kombis an der 360-Grad-Kamera: "Damit kann man zentimetergenau rangieren, ohne geknittertes Blech zu riskieren", resümierte Klaus Uckrow. Apropos Sicht: "Das adaptive Matrix-Fernlicht leuchtet die Straße prima aus und schaltet die Pixel, die auf die Gegenfahrbahn leuchten, schnell aus, wenn sich ein Fahrzeug nähert. Damit wird eine Blendung erfolgreich verhindert", schilderte Sven Kötter seine Erfahrungen mit Nachtfahrten. "Zudem entpuppt sich die Federung als sehr angenehm und zeigt große Dämpfungsreserven bei voller Zuladung", ergänzte er. Einschränkend wies Kollege Martin Urbanke im Fahrtenbuch dagegen auf die leichte Stuckerneigung der Vorderachse hin.
Ebenfalls zu den Dauertest-Beobachtungen gehörten die überschaubaren Fähigkeiten der Sprachsteuerung. Sprach man Naviziele ein, erkannte sie so manchen gar nicht mal so kleinen Ort nicht und führte mitunter erst nach Ansage von Straße, Hausnummer und Ort zum Ziel. Das wurde mitunter lästig, scheint aber eine Update-Frage zu sein, denn neuere Volvo-Testwagen in Redaktionsdiensten glänzten mit einer deutlich besseren Sprachsteuerung. Bei Kilometerstand 85.930 sah es das Testteam an der Zeit, dem inzwischen aufgetretenen Lenkrad-Flattern per Werkstattbesuch auf den Grund zu gehen. Im Zuge dessen erhielt der Volvo V90 Cross Country B4 AWD nebst einer Überprüfung der Lenkung ringsum neue Bremsscheiben und -beläge. Ein partiell unrhythmischer Blinkerton geht zwar als Schönheitsfehler durch, kann aber auch nerven – so erhielt der Schwede bei Kilometerstand 88.403 auch hierfür eine neue Software.
Top: kein Ölverbrauch während der gesamten Testdistanz
6000 km später versagte die ferngesteuerte Heckklappenöffnung ihren Dienst und öffnete den Zugang zum Laderaum nur noch einen Spalt – ein Steuerungsfehler, den die Werkstatt softwaretechnisch behob und bei der Gelegenheit gleich noch die Scheibenwischerblätter vorn und hinten erneuerte. Die restlichen Kilometer verrichtete der schöne Volvo V90 Cross Country B4 AWD seinen Dienst klaglos. Sitze und Interieur überstanden die Distanz ohne nennenswerten Verschleiß. Zunehmende Laufgeräusche von der Hinterachse zum Testende lassen aber darauf schließen, dass der Zahn der Zeit erkennbar an den Komponenten genagt hat. Erfreulicherweise hielt sich der V90 übrigens beim Ölkonsum zurück: Zwischen den Ölwechselintervallen musste nie Schmierstoff aufgefüllt werden. Bezüglich der Kosten blieben auch die Aufwendungen für den Kraftstoff erfreulich niedrig, und die übrigen finanziellen Ausgaben hielten sich ebenfalls im klassenüblichen Rahmen. Stärker schlägt dagegen laut DAT der Wertverlust innerhalb der zweieinhalbjährigen Dauertests ins Kontor. Hier sind 48.172 Euro abzuschreiben. Und so verhindern schließlich die aufgetretenen Defekte eine gute Platzierung im Kreis der Dauertest-Champions. Der große Volvo wird der Redaktion dennoch lange in Erinnerung bleiben, ist er doch einer der letzten klassischen Verbrenner der schwedischen Traditionsmarke.
Kosten & Reifen
Kostenpunkt | Preis |
Neupreis Testwagen | 85.110 € |
Schätzpreis nach 100.000 km | 36.938 € |
Neuwagenpreis heute | 88.640 € |
Fixkosten pro Jahr | |
Steuer | 373 € |
Haftpflichtversicherung (TK 17) | 496 € |
Vollkasko (TK 23) | 820 € |
Teilkasko (TK 24) | 216 € |
Testkostenbetrieb | |
Kraftstoff | 6833 l D/10.454 € |
Durchschnittspreis | 1,53 €/l |
Ölverbrauch | – |
AdBlue | 83 l/157 € |
Wartung, Ölservice, Verschleißteile | |
Ölservice, Verschleißteile, Reifen | 4009 € |
Reparaturen | 290 € |
Kosten pro km | |
mit Wertverlust | 0,63 € |
ohne Wertverlust | 0,15 € |
Störungen & Weartungen bis 100.000 km
Kilometerstand | Grund | Preis |
1013 km | Winterräder montiert, 245/45 R 20 V Pirelli Sotto Zero 3 | 1647 € |
16.472 km | Inspektion + Sommerreifen montiert | 286 € + 25 € |
30.604 km | Inspektion | 345 € |
43.786 km | Wechsel auf Winterreifen | 25 € |
55.521 km | Wechsel auf Sommerreifen + Wischerblätter erneuert | 25 € + 95 € |
60.336 km | Inspektion mit Öl- u. Bremsflüssigkeitswechsel | 725 € |
63.917 km | Motorschaden: Rumpfmotor u. Turbolader erneuert + zwei neue Sommerreifen Pirelli P Zero 245/45 R 20 Y | 11.629 € (Garantie) + 623 € |
64.378 km | Reifendruckkontrolle fehlerhaft, neue Software aufgespielt | 125 € (Garantie) |
70.450 km | Wechsel auf Winterreifen | 25 € |
85.930 km | Lenkrad-Flattern, Lenkung überprüft, neue Bremsscheiben und Beläge vorn und hinten | 1203 € |
88.403 km | Blinkerton unrhythmisch, neue Software aufgespielt | 195 € |
93.645 km | Inspektion | 544 € |
94.433 km | Wechsel auf Sommerräder | 25 € |
94.493 km | Funktionsstörung Heckklappen-Fernentriegelung, neue Software, | 95 € |
Technische Daten des Dauertesters Volvo V90 Cross Country B4 AWD
AUTO ZEITUNG 24/2023 | Volvo V90 Cross Country B4 AWD |
Technik, Maße & Gewicht | |
Motor | 4-Zyl., 4-Vent., Biturbodiesel, Starter-Generator |
Hubraum | 1969 cm³ |
Leistung | 145 kW/197 PS bei 4000 /min |
Max. Drehmoment | 420 Nm bei 1750-2750 /min |
Getriebe/Antrieb | 8-Stufen-Autom.; Allradantrieb |
L/B/H | 4959/1903 (2026)/1506 mm |
Leergewicht | 2022 kg |
Kofferraumvolumen | 560-1526 l |
Fahrleistungen & Verbrauch | |
0-100 km/h | 8,6 s |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Verbrauch auf 100 km (WLTP/Test) | 6,6/6,8 l D |
CO2-Ausstoß (WLTP) | 172 g CO2/km |
Kosten | |
Grundpreis | 70.400 € (November 2023) |
Testwagenpreis | 85.110 € |
Der Volvo V90 Cross Country B4 AWD gefiel im Test als komfortables und relativ sparsames Reiseauto mit pfiffigen Detaillösungen. Damit sammelte der Schwede in der Redaktion zahlreiche Sympathien. Auch wenn der kapitale Motorschaden eher als Einzelfall zu verbuchen ist: Die daraus entstehenden potenziellen Kosten nach Ablauf der Garantie und die ersten Alterungserscheinungen gegen Ende des Tests sorgten für einen eher zwiespältigen Eindruck.
46 von 100 Punkten