Vector W8 Twin Turbo: Mehr Kampfjet als Supersportler
Ein Keil der Superlative
"Vector Aeromotive Corporation" – Was klingt wie eine Marke aus dem Universum von Bladerunner oder Robocop, war in Wirklichkeit eine ehrgeizige Automobilmanufaktur des Amerikaners Gerald Wiegert. Sein berühmtestes Werk: der Vector W8 Twin Turbo!
Die Geschichte des Automobils ist voll von klugen und innovativen Köpfen, die mit besonders exklusiven Fahrzeugen versuchten, sich im kompetitiven Markt einen Platz zu sichern. Einer dieser Köpfe war der US-Amerikaner Gerald Wiegert. Mit seiner in den 70er-Jahren gegründeten Firma Vehicle Design Force (später Vector Aeromotive Corp. und Vector Motors Corp.) verfolgte er eine Vision: die Herstellung eines amerikanischen Supersportwagens. Dafür ließ sich der gelernte Technische Zeichner von Rennwagen- und Flugzeugtechnologie inspirieren. Erste Früchte des Erfolgs trug der Hersteller mit dem Prototyp namens Vector W2. Der Donnerkeil aus Aluminium und Kohlefaser wurde von einem 5,7-l-Biturbo-V8 angetrieben, der 600 PS (441 kW) und 846 Nm an die Hinterachse schickte.
Über den Prototypstatus schaffte es der Vector W2 jedoch nie hinaus. Lediglich zwei Exemplare entstanden zwischen 1980 und 1989. 1990 sollte sich das mit der Vorstellung des Vector W8 Twin Turbo allerdings ändern. Konzeptionell baute der neue Supersportwagen auf dem W2 auf. Die 2,08 m breite und 1,08 m hohe Karosserie des Vector W8 Twin Turbo erinnerte an die des Alfa Romeo Carabo, Lancia Stratos Zero und Lamborghini Countach. Unter der epoxidgeklebten sowie vernieteten Außenhaut aus Karbon und Kevlar befand sich ein Aluminium-Monocoque, das ebenfalls ganz im Sinne des Leichtbaus mit Aluminiumplatten in Wabenstruktur verstärkt wurde.
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Der Vector W8 Twin Turbo ist ein Starfighter für die Straße
Im Innenraum setzte sich die Passion von Firmengründer Gerald "Jerry" Wiegert zur Flugzeugtechnik fort, erinnerte das Cockpit eher an die Pilotenkanzel eines Kampfjets als an das eines straßengebundenen Supersportwagens. Laut seiner Aussage wollte er bereits mit dem Vector W2 einen Starfighter für die Straße schaffen. Pilot:innen, die in den Vollleder-Recaro-Schalensitzen des Vector W8 Twin Turbo Platz nahmen, erhielten alle nötigen Informationen über ein orange leuchtendes Display, das von allerhand Knöpfen, Tasten und Reglern flankiert wird. Auf den nötigen Komfort sollte trotzdem nicht verzichtet werden müssen. So gab es anno 1991 Luxus in Form einer Klimaanlage, eines Sony-Soundsystems mit CD-Wechsler und eines Tempomaten.
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Biturbo-V8 mit feinen Innereien & jähes Ende für die Vector Aeromotive Corp.
Angetrieben wird der Vector W8 Twin Turbo von einem 6,0-l-V8, der über der De Dion-Hinterachse sitzt. IMSA-Rennspezialist Rodeck war für die Veredelung des Achtzylinders zuständig. So weist das hinter der Passagierkabine lauernde Alu-Triebwerk feinste Innereien in Form von unter anderem geschmiedeten Aluminiumkolben auf, die an Carillo-Pleuel knüpfen und an einer geschmiedeten Kurbelwelle enden. Für die nötige Versorgung mit Motoröl sorgt eine Trockensumpfschmierung. Die Aufladung des Twin Turbo übernehmen zwei Garrett AiResearch H3 Turbolader. Dieses Kraftpaket liefert laut zeitgenössischen Unterlagen eine Systemleistung von satten 625 PS (460 kW) sowie 854 Nm an die in Transaxle-Bauweise montierte Dreigang-Automatik. Damalige Testberichte des Vector W8 Twin Turbo geben eine Höchstgeschwindigkeit von circa 350 km/h an.
Der Preis für einen Vector W8 Twin Turbo hatte es in sich. 1991 verlangte die Vector Aeromotive Corp. von der solventen Kundschaft 283.750 US-Dollar. Ein vergleichbarer Lamborghini Diablo schlug seinerzeit mit 211.000 US-Dollar zu Buche. Im Vergleich zum Ferrari F40, der damals mit 400.000 US-Dollar veranschlagt war, konnte der W8 jedoch fast als Schnäppchen gewertet werden. Insgesamt entstanden lediglich 19 Exemplare, wovon zwei Prototypen abgezogen werden müssen. 1993 ging Vector in Konkurs, Wiegert musste abdanken. Unter Leitung des kurzfristigen Lamborghini-Besitzers MegaTech entstanden 20 Exemplare des Vector M12 mit Triebwerken des Lamborghini Countach. Im Laufe der Jahre gelang es Gerald Wiegert allerdings, seine alte Firma erneut zu übernehmen. Den letzten Prototyp namens Vector WX-8 stellte er 2007 auf der LA Auto Show vor. 2021 verstarb Wiegert mit 76 Jahren.
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Chassis 001 unter dem Hammer
Im Juni 2024 wurde in den USA eines der 17 Kundenfahrzeuge zum Verkauf per Auktion angeboten. Dabei handelte es sich laut Anbieter um das Fahrzeug mit der Chassisnummer 001. Es wurde ursprünglich an ein Mitglied der saudi-arabischen Königsfamilie ausgeliefert, das den W8 von der New York Auto Show in die Schweiz liefern ließ. 1999 wechselte der graphitgraue Vector W8 Twin Turbo die Hand und verweilt nach mehreren Zwischenstationen im US-amerikanischen Bundesstaat Michigan.
In 33 Jahren sammelte der Supersportwagen knapp 6440 km und 164 Betriebsstunden. Ganz unbeschadet hat der W8 laut Annonce die Jahre nicht überstanden. So weist unter anderem der Lack kleinere Blessuren und das Display Pixelfehler auf. Insgesamt 49 Gebote trieben am Tag der Versteigerung die endgültige Summe in die Höhe. Der Hammer fiel schließlich bei 740.000 US-Dollar.
Der Vector W8 Twin Turbo lässt wohl niemanden mit automobiler Begeisterung kalt. Wiegert kam seinem Traum von einem Kampfjet für die Straße mit diesem Supersportwagen mehr als nahe. Noch heute sind die Leistungsdaten in Verbindung mit den verwendeten Materialien äußerst beeindruckend. Noch beeindruckender ist es, dass es der W8 zur Serienreife schaffte und nicht als Prototyp in den Wirren der Automobilgeschichte verloren ging.