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Geht auch ganz einfach:

50 Jahre Motorsport: Sir Jackie Stewart im Portrait Zu Besuch bei einer Rennlegende

Gregor Messer
Inhalt
  1. 50 Jahre Motorsport: Sir Jackie Stewart im Portrait
  2. Leser der AUTO ZEITUNG wählten Stewart zum Rennfahrer des Jahres 1971
  3. „Racing against Dementia“: Stewart gründet Charity-Stiftung

Sir Jackie Stewart holte drei WM-Titel – den ersten im Gründungsjahr der AUTO ZEITUNG. Noch heute ist er im Grand-Prix-Zirkus aktiv. Seine Hauptaufgabe indes findet er nun in der eigenen Familie. Ein Portrait.

Der Besuch bei Jackie Stewart hoch über dem Genfer See kommt eher einer Gesellschaftsreportage gleich. Nicht Mr. Stewart ist seine korrekte Anrede, schon gar nicht ein jovial-einfaches „Jackie“. „Reden Sie ihn mit Sir Jackie an“, klärt mich die Köchin auf, das „ist die einzig richtige Anrede“. Stewart trug stets den Nimbus des herrschaftlichen Fahrers, gediegen und stilvoll, nicht aber den des Herrenfahrers. Das wäre ja auch viel zu plump gewesen. Wer mit ihm plaudert, darf schnell feststellen: Stewart, der Weltbürger, pflegt Bekanntschaften und Freundschaften bis weit hinauf in die Hierarchien des internationalen Hochadels. Die Könige von Jordanien, Spanien oder Schweden – alles gute, wenn nicht sogar beste Freunde. Der unmittelbare Nachbar? Auch er ein britischer Viscount mit fabelhaftem Vermögen. Da wundert es nicht, dass er 2001 von der Queen zum Ritter geschlagen wurde und sich folglich Sir nennen kann. Wer sich in seinem schmucken Appartement umsehen darf, findet in spiegelklarem Silber gerahmte Fotos: Lady Helen mit der Queen hier, die Familie mit den noch kleinen Söhnen Mark und Paul und den Royals dort. Und auch sonst ist alles sehr prominent: Erinnerungsfotos mit Weltstars wie Bing Crosby, Golfspieler Arnold Palmer oder Sean Connery, um nur einige zu nennen, sind omnipräsent. Mehr zum Thema: Alle Formel-1-Weltmeister

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50 Jahre Motorsport: Sir Jackie Stewart im Portrait

Sir Jackie hat viel erreicht in seinem Leben: Dreimal wurde der im Juni 80 Jahre alt gewordene Schotte Formel-1-Weltmeister. In nur neun Saisons und 99 Rennen – der Formel-1-Kalender zu seiner Zeit war mit neun bis 13 Läufen verglichen mit dem von heute eher karg – holte er 27 Siege. Damals so viele wie kein Fahrer vor ihm. Der Rekord wurde erst von Alain Prost eingestellt. Aber Stewart nahm sich stets die Zeit, in vielen anderen Kategorien zu starten: „Auf der Formel 1 lag natürlich mein Schwerpunkt. Aber Formel 2, Tourenwagen, GT und in Nordamerika die CanAm-Serie fuhr ich auch. In vielen verschiedenen Kategorien zu starten, würde ich heute jedem Piloten raten. Man lernt so viel mehr durch andere Teamchefs, Ingenieure, Mechaniker, Reifentechniker.“ Stewart verdiente gut, und er gab Gas auf allen Ebenen: Mit dem US-Broadcaster ABC hatte er einen langjährigen Deal als Kommentator. Das bedeutete ein ständiges Hin und Her. Die Concorde nahm er wie einen Linienbus: „1971 flog ich 86 Mal über den Atlantik.“ Doch der Stress musste ihm ja irgendwann zusetzen: Zu Drüsenfieber kam noch ein Magengeschwür – den GP von Belgien 1972 musste er sausen lassen. „Nach meinem zweiten Titelgewinn 1971 war ich so groggy, dass ich bei der FIA nicht mal meine Weltmeister-Trophäe in Empfang nehmen konnte. Ich habe Helen geschickt.“

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Leser der AUTO ZEITUNG wählten Stewart zum Rennfahrer des Jahres 1971

Dafür nahm er eine andere Ehrung wahr: Als die Leser der AUTO ZEITUNG ihn 1971 zum Rennfahrer des Jahres wählten, ließ es sich Stewart nicht nehmen, das schwere Silber persönlich in Empfang zu nehmen. Etwas verlassen steht der AUTO ZEITUNG-Pokal im benachbarten Gäste-Appartement. „Mein ganzer Schrott steht auf meinem 150-Hektar-Anwesen in Buckinghamshire“, sagt er etwas amüsiert. Also seine ehemaligen Rennwagen, Helme, Overalls, sein Archiv und ungezählte Pokale. „Clayton House“ heißen Stewarts Häuser. Der Begriff leitet sich vom Clay Pigeon Shooting ab, also vom Tontaubenschießen, was der Musterschütze fast olympisch betrieben hat, sowie vom schottischen Sprichwort „To Drive Over A Ton“. Das bedeutet, wenn einer über 100 Meilen pro Stunde fährt. In der Schweiz fühlen sich die Stewarts indes besser behütet. Ihr lange bewohntes Haus in Begnins – wo Rivalen wie Jochen Rindt und Joakim Bonnier als direkte Nachbarn residierten – haben sie an Popstar Phil Collins verkauft. Nun bewohnen sie ein feudales, dreigeschossiges Appartement mit großer Terrasse und unverbaubarem Blick bis auf den Mont Blanc. „Nur 100 Meter nebenan ist ein geriatrisches Hospital. In England würde es zwei Stunden dauern, bis ich in einem ohnehin überfüllten Londoner Spital wäre.“

 

„Racing against Dementia“: Stewart gründet Charity-Stiftung

Stewart war mehr als ein begnadeter Rennfahrer – auch als gewiefter Geschäftsmann machte er Karriere. „1971 verdiente ich eine Million Pfund. Das war sehr viel Geld damals.“ Als ihn sein langjähriger Teamchef Ken Tyrrell 1963 in der Formel Junior unter Vertrag nahm, bot dieser ihm an: „Entweder du gibst mir zehn Prozent deiner Einnahmen für die nächsten zehn Jahre. Oder ich zahle dir ein Gehalt von fünf Pfund – für das ganze Jahr.“ Stewart beriet sich mit seiner Helen – die beiden sind seit 1962 verheiratet – und entschied sich für den Mindestlohn von fünf Pfund: „Das war sicher eine meiner besten Entscheidungen.“ Schon während seiner Zeit als Aktiver fungierte er als Galionsfigur vieler Unternehmen: Mit Edelmarken wie Moët oder Rolex ist er seit 50 Jahren und länger liiert. Für 40 Jahre, bis 2014, nutzte Ford den 27-maligen Grand-Prix-Sieger als Testimonial. 20 Jahre war er für Goodyear Repräsentant. Noch heute fädelt er wichtige Deals in der Formel 1 ein. Seinen eigenen Rennstall gründete er 1996 auf Betreiben von Ford: „Eine Million Pfund habe ich investiert. Der Rest kam von Sponsoren.“ Nach nur drei Saisons wollte Ford das Team dringend kaufen. Stewart pokerte: Erst bei 123 Millionen Pfund schlug er ein. Doch Ford fuhr das Team – als Jaguar gebrandet – gegen die Wand. Erst Neubesitzer Red Bull machte daraus wieder eine Sieger-Truppe. Vor fünf Jahren wurde bei seiner Gattin Demenz diagnostiziert. Sir Stewart tut alles, um der heimtückischen Krankheit beizukommen. Er will sie auf Formel-1-Niveau bekämpfen. Fünf der besten und jüngsten Professoren auf diesem Gebiet hat er aufgetrieben. „Racing against Dementia“ ist der Name seiner Charity-Stiftung. „Der Mensch findet für alles eine Lösung“, lautet sein Credo. „Racing against Dementia ist die größte Herausforderung, der ich mich je gestellt habe.“ 

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