930 Turbo/944 Turbo/968 CS: Classic Cars
Zwangsbeatmete Porsche-Cabrios im Vergleich
- Porsche 930 Turbo Cabrio, 944 Turbo Cabrio & 968 CS Cabrio im Classic Cars-Vergleich
- Hendrix im Porsche 968 CS Cabrio: "The wind cries Ferry"!
- Der intelligente Porsche 944 Turbo Cabrio
- Hendrix im Porsche 930 Turbo Cabrio: Kein "Little Wing"
- Porsche 930 Turbo Cabrio, 944 Turbo Cabrio und 968 CS Cabrio mit Klasse und Unterhaltungswert
- Technische Daten von Porsche 930 Turbo Cabrio, Porsche 944 Turbo Cabrio & Porsche 968 CS Cabrio
Die in kleinen Serien gebauten Cabrios zählen heute zu den schillerndsten Porsche-Klassikern. Wie frische Brisen im Cockpit das Fahrerlebnis prägen, beweist dieses Classic Cars-Trio aus Porsche 930 Turbo Cabrio, Porsche 944 Turbo Cabrio und Porsche 968 CS Cabrio.
Der Sturm tobt durch das Cockpit, bläst mir in den Nacken, kriecht in die Ärmel und reißt an den Haaren. Die Beaufort-Skala für Windstärken wurde 1946 auf 18 Stufen erweitert, aber das reicht nicht. Wie auch? Damals gab es nicht einmal einen Porsche, erst recht kein Porsche 944 Turbo Cabrio, keinen Porsche 930 Turbo Cabrio oder keinen Porsche 968 CS Cabrio. Unter das Brummen des Motors mischt sich ein vielschichtiges Zwitschern und Flattern, es schleicht ins Ohr, vibriert wild und fantastisch wie die überirdische Gitarre von Jimi Hendrix. Auf leerer Autobahn wäre mein Pulsschlag jetzt nicht so hoch wie die Zahl, an der die Tachonadel gerade vorbeieilte. Denn das Porsche 944 Turbo Cabrio hat einen geradezu stoischen Geradeauslauf und ist beinahe immun gegen Seitenwind. Zwar habe ich gerade erst in den vierten Gang geschaltet, und da bleibt für den 944 noch viel Luft nach oben – aber auch für die Hendrix "Experience". Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Porsche 911 Turbo (2020) im Video:
Porsche 930 Turbo Cabrio, 944 Turbo Cabrio & 968 CS Cabrio im Classic Cars-Vergleich
Vielleicht sollte ich jetzt mal tief Luft holen und dafür kurz vom Gas gehen – aber nicht abrupt, sonst knallt uns der 968 ins Heck wie ein Verstappen-Plagiator, denn er folgt uns wie ein Schatten: Der Porsche 944 Turbo Cabrio und ich klemmen im Sandwich zwischen dem fetten Heck¬flügel des Porsche 930 Turbo Cabrio und den ausdruckslos nach oben verdrehten Augen dieses Porsche 968 CS Cabrio, und das treibt den Herzschlag schon näher an den Begrenzer. Jetzt packt der 2,5-Liter-Turbomotor wieder sein volles Drehmoment aus, und der einzigartige 968-Prototyp verliert etwas an Boden. Aber er weiß das relative Zugkraftdefizit zu kompensieren: Ein halber Liter mehr Hubraum und das Variocam-Einlasssystem wirken wie Zaubertrank auf seinen Drehmomentverlauf, dazu hält ihn das kurz übersetzte Sechsgang-Getriebe drehzahlmäßig stets gut bei Laune.
Ich dachte, dem Porsche 944 Turbo Cabrio und mir könne kein anderer Vierzylinder das Wasser reichen, aber dieser brachiale Sauger steht so bärenstark im Futter, dass wir ihm trotz des Turbozuschlags nur mit letztem Einsatz die Rücklichter zeigen können. Drei Liter Hubraum, 104 Millimeter Zylinderbohrung – der Porsche 968 CS Cabrio hat Kolben wie eine Dampfmaschine, die Lunge eines 400-Meter-Hürden-Läufers und tatsächlich zwei PS mehr als wir. Schade für ihn, dass er nie in Serie gehen durfte. Welchen Song Hendrix wohl im Dreiliter-Sauger intoniert? Ich ahne es, das Klagelied.
Hendrix im Porsche 968 CS Cabrio: "The wind cries Ferry"!
Was der alte Patriarch wohl dazu sagen würde? Rasante Sinfoniker wie Karajan dürften ihm als Kundschaft lieber gewesen sein als überdrehte Rockstars. Porsches Arbeitsweise war das Gegenteil von kreativem Chaos, alles hatte auch bei Höchstgeschwindigkeit Methode, alles wirkte wasserdicht erforscht und hundertmal durchdacht – meistens... Entsprechend schwer tat sich die Firma mit Kurskorrekturen. Cabriolets zum Beispiel waren im Plan nicht vorgesehen, als Professor Ernst Fuhrmann das Ingenieurorchester in Zuffenhausen dirigierte. Er legte den Historiker:innen zufolge wenig Wert auf offene Serienautos. Gut möglich, dass er darin keine Herausforderung sah, schließlich liefen seine Renn-Spyder mit den Königwellen-Kunstwerken im Heck schon über 250 Sachen, als der 911 noch nicht mal auf dem Reißbrett fertig war.
Folglich dauerte es ewig, bis von einem Porsche-Coupé ein Cabriolet abgeleitet wurde. Beim 911 vergingen 19 Jahre, für den Porsche 930 Turbo Cabrio waren es fast zwölf. Der 930 wurde 1987 als Epilog eines spektakulären Sportwagen-Dramas uraufgeführt. Alle, die über ein Grundverständnis von Aerodynamik verfügten, mussten sich angesichts dieser Silhouette fragen, durch welches Leck im Windkanal Porsches Know-how früherer Jahrzehnte entwichen war: Ein Turbo braucht seinen Flügel, um am Boden zu bleiben. Den aerodynamisch ähnlich unbeholfenen 928 überspringen wir, denn seine Konstruktion erlaubte es nicht, ihm ein Cabrio aus den Rippen zu schneiden. Selbst für die Metamorphose zum Porsche 944 Turbo Cabrio benötigte Porsche volle sieben Jahre, obwohl die ersten Ideen dazu schon kurz nach Amtsantritt des Cabrio-Fans Peter Schutz zu Papier gebracht wurden.
Der intelligente Porsche 944 Turbo Cabrio
Das erste Porsche-Cabriolet mit Frontmotor kam 1988 auf den Markt – drei Jahre nach der Präsentation der Designstudie auf der IAA 1985. Der Produktionsweg der im Audi-Werk Neckarsulm gepressten Rohkarosse über die eigens für den Cabrio-Umbau in Heilbronn angesiedelte American Sunroof Company bis zur Fertigstellung des Autos im Porsche-Stammwerk war arg umständlich, aber das Ergebnis intelligenter als alle anderen offenen Porsche der letzten vier Jahrzehnte. Der Porsche 944 Turbo Cabrio kombinierte effiziente Aerodynamik mit eleganten Linien und hoher Alltagstauglichkeit – allerdings nur für knapp drei Baujahre, dann stand bereits die Ablösung vor der Tür. Immerhin gönnten sie ihm in Gestalt der 250-Pferde-Turbo-Version (184 kW) noch einen Weltklasse-Abgang. Trotz eines Defizits von 0,8 Litern Hubraum und 50 PS lief das 944er Cabrio so schnell wie der Berserker, das Porsche 930 Turbo Cabrio – 260 Stundenkilometer.
Deswegen eilt uns der "rote Korsar" auch nicht von der Fahne. Er war allerdings schneller im Antritt. Da ist jeder 911er eine Klasse für sich. Dieses Exemplar gehört auch noch zur letzten Serie von 1989, die mit einer Fünfgang-Box bedacht wurde. Zwar reichte es nicht ganz, um die Fünf-Sekunden-Grenze zu unterbieten. Aber im Sprint von null auf 100 ist ein Porsche 930 Turbo Cabrio nahezu unschlagbar wie seinerzeit Carl Lewis über 100 Meter – da haben auch Porsche 944 Turbo Cabrio und Porsche 968 CS Cabrio keine Chance. Je länger die Strecke wird, desto besser können wir mit den anderen Wagen seine Pace halten. Auf 1000 Metern würde er uns insgesamt nicht mal zwei Sekunden abnehmen. Ob Hendrix jetzt auch ihm ins Ohr jault? Mir fällt ein Song ein, aber der Heckspoiler ist dafür eigentlich zu groß…
Hendrix im Porsche 930 Turbo Cabrio: Kein "Little Wing"
So fulminant er aus den Startblöcken kommt, im Porsche 930 Turbo Cabrio bricht die Hölle nicht akustisch los. Es klingt eher so, als bringe jemand ein gigantisches Gebläse auf Touren, das dann den Wagen von hinten mit der plötzlichen Kraft einer Orkanböe erfasst und vor sich her schiebt. Während der Porsche 968 CS Cabrio für einen Dreiliter-Vierzylinder ein fast schon beängstigendes Drehvermögen an den Tag legt, hält sich der 930 Turbo 3.3 am liebsten im mittleren Drehzahlbereich auf. Mehr als 5000 Umdrehungen pro Minute braucht er eigentlich nie zu bemühen, seine Domäne sind lang gezogene Zwischenspurts im dritten oder vierten Gang, ohne zu schalten. Dazu bollert der Boxer im Heck im unverwechselbaren Rhythmus des 911, nur eine Oktave tiefer als seine heiser bellenden Artgenossen aus dem "Carrera-Club".
Genau wie im Porsche 944 Turbo Cabrio darf man bei hohem Tempo keine Sekunde mehr darüber nachdenken, ob alle 14 Druckknöpfe der Verdeck-Persenning noch fest sitzen. Um so etwas kümmert man sich vor dem Start und arretiert den Staub- und Sturmschutz so fest, dass auch bei sehr hohem Tempo nicht urplötzlich das Dach abgedeckt wird. Keiner in diesem Trio hätte so eine "Luftbremse" nötig, um sicher und schnell zu verzögern. Beide Vierzylinder verfügen an der Vorderachse über Vierkolben-Festsattelbremsen, die ihre Feuertaufe in der 944 Cup-Serie auf Rennstrecken absolvierten. Der Anführer unseres schnellen Dreigestirns setzt den Blinker, und auch wir steuern die imaginäre Boxengasse an. Abhängen konnte er uns nicht, und der Respekt dafür steht ihm ins Gesicht geschrieben – oder sind das noch die Folgen des Orkans "Jimi", der auch bei ihm durchs Cockpit wirbelte?
Porsche 930 Turbo Cabrio, 944 Turbo Cabrio und 968 CS Cabrio mit Klasse und Unterhaltungswert
Und die Bilanz dieser Fahrt? Der aberwitzige 930 Turbo 3.3 veranstaltet wie in der Coupé-Version ein gewaltiges Spurtspektakel, ohne seine Kraftausbrüche bei mittleren Drehzahlen mit Wagnerscher Akustik zu garnieren. Der Porsche 930 Turbo Cabrio fügt dem nichts Substanzielles hinzu, aber die Wirbelwinde im Cockpit machen den aerodynamischen Irrsinn seiner Formgebung zum physischen Erlebnis. Die Rechnung "911 + Turbo + Cabrio" ergibt unterm Strich nicht die dreifache Summe Adrenalin, und doch gehört das Auto zu den aufregendsten und herzhaftesten offenen Porsche aller Zeiten.
Das Porsche 944 Turbo Cabrio ist das exakte Gegenteil: Das mit cooler Logik konstruierte Transaxle-Coupé mutiert durch die nach Speedster-Art gekürzte Scheibe und den Turbomotor zum kompetenten Sportler mit erstklassigen Allround-Eigenschaften. Die Faszination erfasst aber erst das Hirn und dann das Herz. Im Porsche 968 CS Cabrio streiten Herz und Hirn darum, wer den Ton angibt. Die reizvolle Fingerübung zwischen Rennkurs und Flaniermeile säße als Serienauto zwischen allen Stühlen.
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Technische Daten von Porsche 930 Turbo Cabrio, Porsche 944 Turbo Cabrio & Porsche 968 CS Cabrio
Classic Cars 04/2022 | Porsche 930 Turbo Cabrio | Porsche 944 Turbo Cabrio | Porsche 968 CS Cabrio |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 6/2; Turbo | 4/2; Turbo | 4/4 |
Hubraum | 3299 cm³ | 2479 cm³ | 2990 cm³ |
Leistung | 221 kW/300 PS | 184 kW/250 PS | 176 kW/240 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 430 Nm 4000/min | 350 Nm 4000/min | 305 Nm 4100/min |
Getriebe | Fünfgang-Schaltgetriebe | Fünfgang-Schaltgetriebe | Sechsgang-Schaltgetriebe |
Antrieb | Heck | Hinterrad | Hinterrad |
L/B/H | 4291/1775/1320 mm | 4230/1735/1275 mm | 4320/1735/1255 mm |
Leergewicht | 1380 kg | 1450 kg | ca. 1390 kg |
Bauzeit | 1987-1989 | 1990-1991 | 1993 |
Stückzahl | 448¹ | 528 | Einzelstück |
Beschleunigung² | 0 auf 100 km/h in 5,2 s | 0 auf 100 km/h in 6,4 s | 0 auf 100 km/h in 6,5 s |
Höchstgeschwindigkeit² | 260 km/h | 260 km/h | 252 km/h |
Verbrauch² | ca. 20 l/100 km | ca. 9,5 l/100 km | ca. 11 l/100 km |
Grundpreis (Jahr) | 156.500 Mark (1989) | 103.725 Mark (1991) | - |
¹plus 1194 US-Modelle (282 PS), ²Werksangaben