Bürstner Lyseo Gallery (2023): Erste Testfahrt
Wohnmobil mit Aufblas-Dach
Geräumig wie ein Alkoven-Wohnmobil und kompakt wie ein Teilintegrierter: Bürstner macht es möglich – mit dem Dachzimmer zum Aufblasen im neuen Bürstner Lyseo Gallery TD 689 G (2023). Erste Testfahrt!
Der neue Bürstner Lyseo Gallery TD 689 G (2023) prasselt vor der ersten Testfahrt, als ob Regen auf die GFK-Schale des Dachs trommeln würde. Und er heult wie ein Tischstaubsauger. Aber nur 30 s lang, dann schaltet sich das Gebläse selbsttätig aus. Gut möglich, dass wir uns an diesen Sound gewöhnen – so wie an das Ratsch-Klack der Kastenwagen-Schiebetüren auf dem Campingplatz. Das System ist ja auch zu genial, um sich nicht durchzusetzen, denn das Prasseln kommt vom flexiblen Kunststoff, der sich zum Alkoven aufrichtet, und das Jaulen produziert der Kompressor, der die Luftkammern füllt.
Beides gehört zum Bürstner Lyseo Gallery, dem ersten kompakten Teilintegrierten, der sich auf Knopfdruck in ein Alkoven-Wohnmobil verwandelt. Das kann der Hymer Venture S zwar auch, allerdings kostet er 225.000 Euro, ist also mehr als doppelt so teuer wie der kleinere Konzernkollege. Das Luftschloss von Bürstner bleibt ohne Extras gerade noch im fünfstelligen Bereich. Damit kostet es nicht viel mehr als andere Teilintegrierte der gehobenen Klasse, bietet aber viel mehr Wohnraum, weil das Doppelbett ein Stockwerk höher eingebaut ist. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Erste Testfahrt mit dem Bürstner Lyseo Gallery TD 689 G (2023)
Der Weg nach oben führt wie im Hochpreis-Hymer über fünf Treppenstufen von 50 cm Breite, auch großgewachsene Personen kommen da hoch, ohne den Kopf einziehen zu müssen. Das Raumgefühl im Schlafzimmer wirkt luftiger, als es die 1,10 m Abstand zwischen Matratze und Dach vermuten lassen, was natürlich auch an der großen Dachhaube und den beiden Seitenfenstern liegt. Selbst klaustrophobische Naturen, die sich in herkömmlichen Alkoven immer fühlen wie im Schlafwagen-Abteil der alten Bundesrepublik, müssten mit der lichten Weite des Gallery klarkommen. Das Bett ist zwei Meter lang und 1,50 m breit, schon das ist keine Selbstverständlichkeit in der Sieben-Meter-Klasse, und trotzdem gibt es noch genug Platz für eine große, seitliche Ablage. Nur die in unterschiedlichen Härtegraden aufblasbare Matratze des Hymer hat der Bürstner nicht dabei, auch Tellerfedern oder ein Lattenrost als Unterlage könnte man vermissen. Dafür wiegt die ganze Aufblas-Konstruktion nur 25 kg und ist damit leichter als die Aufstelldächer der kompakten Campervans.
Ein Leichtgewicht ist der neue Bürstner Lyseo Gallery (2023) trotzdem nicht. Bei Bürstner versuchen sie gar nicht erst, ihn unter die Dreieinhalb-Tonnen-Grenze zu drücken und bieten ihn grundsätzlich als 3,85-Tonner an, was jüngere Fahrer:innen zum Führerschein C1 zwingt und alle, die mit ihm verreisen, zu Maximaltempo 100. Optional lässt er sich auf 4,25 oder 4,4 t auflasten – das ergibt schon deshalb Sinn, weil sich der Typ zum Mitführen mittlerer Hausstände eignet. Das gilt besonders für den Lyseo Gallery TD 689 G, den wir hier zur ersten Testfahrt ausführen. Hinter dessen Heckbad verbirgt sich eine Garage von 2,20 m Breite, 2,20 m Höhe und einem dreiviertel Meter Tiefe verbirgt. Auch an Stauraum im Wohnbereich fehlt es nicht, besonders zu erwähnen ist hier der große Kleiderschrank, der das geräumige Heckbad zum komfortablen Ankleidezimmer macht. Unter der Treppe tut sich noch mehr Platz für die Textilien auf, diesmal mit Stange, damit die Hemden schön glatt bleiben. Für die Schuhe gibt es eigene Klappfächer neben dem Eingang und für die Hausbar einen eigenen Apothekerschrank hinter der L-Sitzgruppe. So großzügig kann es bei Mittelklasse-Außenmaßen zugehen, wenn kein Bett im Weg herumsteht. Und die Winkelcouch im Erdgeschoss lässt sich in eine Behelfsliege für kleine Gäste verwandeln.
Geniales Wohnmobil für anspruchsvolle Paare
Ein talentiertes Familien-Wohnmobil ist der neue Bürstner Lyseo Gallery TD 689 G (2023) allerdings nicht, obwohl sich der 142-l-Kühlschrank und der Dreiflammenherd prima zum Verpflegen von Kleingruppen eignen würden – aber es gibt ja auch noch den 649er mit Hecksitzgruppe und zusätzlichem Hubbett. Der Grundriss des TD 689 G ist dagegen auf das anspruchsvolle Paar abgestimmt, von dem die Marketing-Teams der Wohnmobil-Hersteller so gern reden. Allzu traditionell müssen die beiden Bewohner:innen nicht ticken, um mit ihrem Bürstner glücklich zu werden – das zeigt bei der ersten Testfahrt schon das moderne Design des Wohnbereichs. Nur ganz wenig Holzfolie hat das Gestaltungsteam hier verteilt, stattdessen dominieren weiße Hochglanz-Schrankklappen, beigebraunes Leder und die branchenweit angesagte Filzoptik an den Wänden. Das alles ist so gewissenhaft arrangiert und zusammengebaut, dass sich die Zahl auf dem Preisschild nicht allein mit der ingeniösen Alkoven-Konstruktion erklärt.
Keinen Neuigkeitswert hat dagegen das Fahren im Bürstner: Die Basis ist immer der Fiat Ducato, der sich hier so vital, handlich und herb gefedert gibt, wie ihn die ganze Branche kennt. Mit eingeklapptem Alkoven-Dach ist der neue Bürstner Lyseo Gallery TD 689 G (2023) nicht höher als ein regulärer Teilintegrierter und sieht auch genauso aus – bis es auf Knopfdruck kurz prasselt und heult und der Typ über sich und seine ganze Klasse hinauswächst.
Technische Daten des Bürstner Lyseo Gallery TD 689 G (2023)
AUTO ZEITUNG 18/2023 | Bürstner Lyseo Gallery TD 689 G |
Technische Daten | |
Motor | 4-Zylinder Turbodiesel; 2287 cm³ |
Getriebe/Antrieb | 6-Gang, manuell; Vorderrad |
Leistung | 103 kW/140 PS bei 3500 /min |
Max. Drehmoment | 350 Nm bei 1400-2500 /min |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 6900/2300/2990 mm |
Leergewicht/Zuladung | ca. 3200/650 kg |
Sitz-/Schlafplätze | 4/3 |
Ausstattung | |
Herd/Heizung | 3-Flammenkocher mir Piezozündung/Truma Combi 6 |
Gas | 2 x 11 kg |
Frisch-/Abwasser | 100/90 l |
Kaufinformationen | |
Basispreis | 94.790 € |
Ein geräumiges Dachzimmer, das sich beim Fahren flach macht – eine wirklich geniale Idee. Wenn sich jetzt auch noch die Dauerhaltbarkeit der Konstruktion zeigt, muss sich der Alkoven zum Aufblasen eigentlich durchsetzen – vielleicht sogar in einem 3,5-Tonner mit Familien-Grundriss.