Alfa Tonale/BMW X1/Volvo XC40: Vergleichstest
Alfa fordert die Etablierten heraus
- Alfa Romeo Tonale, BMW X1 und Volvo XC40 im Vergleichstest
- Karosserie: Alfa Romeo Tonale recht unübersichtlich
- Fahrkomfort: BMW X1 gewinnt im Thema Sitzkomfort
- Motor/Getriebe: Volvo XC40 braucht am längsten für die 100 km/h
- Fahrdynamik: BMW X1 überzeugt mit der besten Dynamik
- Umwelt/Kosten: Volvo XC40 gewinnt den Test im Thema Kosten
- Technische Daten & Messwerte von Alfa Romeo Tonale, BMW X1 und Volvo XC40
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Auch wenn die Testkandidaten hier auf ebener Strecke unterwegs sind, zeigt die Erfolgskurve der Kompakt-SUV nach oben. Davon will auch Alfa profitieren und schickt den neuen Alfa Romeo Tonale ins Rennen. Doch kann er sich im Vergleichstest gegen BMW X1 und Volvo XC40 durchsetzen?
Alfa Romeo Tonale, BMW X1 und Volvo XC40 im Vergleichstest
Um auch im Kompaktsegment von der SUV-Welle zu profitieren, ließ sich Alfa ordentlich Zeit. Nachdem das Mittelklasse-SUV Stelvio bereits 2017 in den Verkauf gekommen war, dauerte es weitere fünf Jahre, bis die ersten die Schlüssel für einen Alfa Tonale in Empfang nehmen konnten. Bei der Namensgebung blieb sich Alfa treu: Während sich der Stelvio auf das Stilfser Joch bezieht, ist es beim Tonale der gleichnamige Gebirgspass. Gebirgspässe stehen gemeinhin für Fahrspaß. Eine Eigenschaft, mit der der Stelvio durchaus aufwarten kann. Umso spannender ist die Frage, ob der Umgang mit dem eine Nummer kleineren Italiener ebenso unterhaltsam sein wird. Neben den fahrdynamischen Aspekten steht in einem Vergleichstest selbstredend auch die Überprüfung der Alltagsqualitäten auf dem Programm. Hier gibt es für den Alfa Romeo Tonale ordentlich Arbeit, denn Gegner wie BMW X1 und Volvo XC40 sind ebenfalls im Premium-Segment zu Hause. Auch interessant: Unsere Produkttipps bei Amazon
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Karosserie: Alfa Romeo Tonale recht unübersichtlich
Das Scudetto wird optisch wirksam von sechs Tagfahrlichtern eingerahmt, das leicht coupéhaft modellierte Heck von einem schmalen Heckleuchten-Band durchzogen. Kein Zweifel: Auf stimmiges Design versteht sich Alfa. Im Innenraum ist der Alfa Romeo Tonale mit seinen tief ins Armaturenbrett eingelassenen (digitalen) Runduhren ebenfalls sofort als Alfa zu identifizieren. Der Raumeindruck fällt vorn zwar etwas weniger üppig als im BMW X1, dafür aber etwas großzügiger als im Volvo XC40 aus. Im Fond fühlen sich Personen durch die seitlichen Dacheinzüge im Kopfraum etwas eingeengt. Auf der Rückbank praktiziert der Volvo skandinavische Großzügigkeit, zum Beispiel mit sieben Zentimetern mehr Innenbreite. Zudem glänzt er im Vergleichstest mit einer besseren Übersichtlichkeit. Auf Knopfdruck lassen sich seine Fondkopfstützen nämlich umklappen. Dank größerer Fensterflächen und etwas schmalerer C-Säule zeigt schließlich aber der BMW den Rivalen, wo es in Sachen Übersichtlichkeit langgeht.
Das konnte die Vorgänger-Generation auch in puncto Bedienung. Doch der iDrive-Controller ist im aktuellen X1 verschwunden. Auf dem Zentralbildschirm des Curved Displays gibt es stattdessen eine Vielzahl von Menü-Kacheln, die per Berührung aktiviert werden können. Das ist noch unübersichtlicher als die untereinander angeordneten Menüpunkte im Volvo-Display. Man kann im X1 zwar alles nach persönlichem Bedarf konfigurieren, wer ihn jedoch abends spät am Flughafen als Mietwagen übernimmt, wird sich die Mühe kaum machen wollen. Zum Trost gibt es eine prima arbeitende Sprachbedienung, wie übrigens auch im Volvo XC40. Das Pendant im Alfa Romeo Tonale ist wesentlich begriffsstutziger. Auch reagieren die arg klein geratenen Menükacheln auf dem Bildschirm nicht immer auf die erste Berührung. Gleiches gilt für die Drucktaste der automatischen Heckklappenschließung. Immerhin: Was Qualität und Verarbeitung angeht, stellt man fest: Die Spaltmaße sind großzügig, aber gleichmäßig. Im Innenraum des Alfa blickt man hier und da aber auf reichlich Hartplastik. Alles ist allerdings sauber und klapperfrei verarbeitet und straft das Vorurteil von schludrig zusammengebauten italienischen Autos Lügen. Außerdem bringt der Milanese neben dem schicken Design mit 500 bis 1550 l Ladevolumen auch viel Alltagstauglichkeit mit.
Fahrkomfort: BMW X1 gewinnt im Thema Sitzkomfort
Premium-Kompakt-SUV sollen sich nicht nur beim Schaulaufen während der Parkplatzsuche bewähren, sondern auch auf Reisen. Hier fallen im Vergleichstest die Vordersitze des Alfa Romeo Tonale auf, die zu wenig Schulterabstützung bieten. Auch die Schüsselung der Polster ist zu gering. Die Folge: Man sitzt eher auf als in den Sitzen. Hinten wiederum verwöhnt der Italiener im Gegensatz zum Volvo XC40 mit einer fast optimalen Oberschenkelauflage. Am besten schneidet beim Sitzkomfort aber der BMW X1 ab. Die Sportsitze passen perfekt, und die längs- sowie neigungseinstellbare Fondbank bietet den Mitreisenden den besten Komfort im Test. Deutlich vernehmbare Abrollgeräusche und ein bei höheren Drehzahlen recht lauter Antrieb mindern den Akustikkomfort im Alfa. Der BMW-Innenraum scheint dagegen mit Tonnen von Watte isoliert zu sein. Fahrgeräusche dringen hier – ihrer unangenehmen Frequenzen beraubt – nur sehr gedämmt an die Ohren.
Auf langen Strecken müssen sich die Passagier:innen des Alfa Romeo Tonale mit der recht straffen Fahrwerksabstimmung arrangieren, die von der optionalen 20-Zoll-Bereifung nicht gerade gemildert wird. So wissen sie immer, wie es um den Zustand des Asphalts bestellt ist. Ist dieser gänzlich schlecht, geht es vor allem mit voller Beladung ans Eingemachte. Zwar wirkt das Abrollverhalten dann insgesamt etwas satter, doch auf der Wellblechpiste des Testgeländes kommt es deutlich früher als bei BMW und Volvo zum Durchschlagen der Federung. Autobahn-Passagen bewerkstelligt der mit konventionellen Dämpfern bestückte Schwede wesentlich konzilianter. Auch Schlechtweg-Strecken bergen weniger Schrecken. Dafür nimmt er sich aber deutlich stärkere Ein- und Ausfederbewegungen heraus und spricht nicht ganz so samtpfotig an wie der mit adaptiven Dämpfern bestückte BMW X1. Auf schnellen Etappen, die über nicht topfebene Autobahnen führen, entpuppt sich der X1 allerdings nicht als Sänfte, weil sein Aufbau ständig in Bewegung ist. Einseitigen Anregungen, etwa durch Fräskanten und Querrinnen, begegnet er dagegen mit einer Feinfühligkeit, die den Rivalen fremd ist.
Motor/Getriebe: Volvo XC40 braucht am längsten für die 100 km/h
Alle drei Autos im Vergleichstest besitzen Mildhybrid-Technik, das heißt, dass neben dem Verbrenner ein Starter-Generator den Benziner je nach Lastzustand mit 14 kW (19 PS, BMW), 10 kW (14 PS, Volvo) und 15 kW (20 PS) Alfa unterstützt. Davon merkt man im Alfa Romeo Tonale allerdings erst recht spät etwas. Im unteren Drehzahlbereich wirkt das 1,5-l-Aggregat recht müde, erst oberhalb der 4000 /min-Marke stürmt der Alfa umso vehementer los, um dann Schaltvorgänge des Siebengang-Doppelkupplungsgetriebes recht gemächlich auszuführen. Kickdown-Befehlen widersetzt sich die Kraftübertragung hin und wieder, dann ist ein Herunterschalten per manuellem Eingriff über das linke der recht groß dimensionierten Schaltpaddel nötig. Eine Charakteristik, die bei forcierter Gangart eher unharmonisch wirkt. Hinzu kommt, dass der Kraftübertragung des Alfa gelegentliche Schaltrucke ebenfalls nicht fremd sind. Wer einen zurückhaltenderen Fahrstil praktiziert, ist deutlich komfortabler unterwegs.
In puncto Testverbrauch liegt der Italiener mit 8,0 l Super pro 100 km am oberen Ende des Test-Trios. Mit 7,6 l kommt der Volvo XC40 schon besser weg. Dank seinen zwei Liter Hubraum wirkt er deutlich souveräner, müht sich im Drehzahlkeller weniger und legt eine eher angenehm geglättete Leistungsentfaltung an den Tag. Dass er beim Sprint bis zur 100-km/h-Marke mit 9,0 s der Langsamste von allen ist (BMW: 7,9; Alfa: 8,7 Sekunden), fällt da nicht ins Gewicht. Eher schon die Tatsache, dass er bereits bei 180 km/h elektronisch abgeregelt wird. Dass sich vergleichsweise kleine Hubräume und ein angenehm lebhafter Charakter nicht ausschließen, zeigt der BMW X1. Seine 1,5 l Hubraum verteilt er auf nur drei Zylinder. Doch ist hier alles andere als der Schmalhans Küchenmeister. Ein spontanes Ansprechen, die perlende Drehfreude gepaart mit unerwartet kräftigem Schub sowie eine erfolgreiche Schwingungsentkoppelung machen das Aggregat wider Erwarten zu einem angenehmen Begleiter. Der X1 ist der flinkeste Sprinter dieses Trios, mit 216 km/h zudem der Schnellste und dank 6,9 l Super auf 100 km obendrein noch der Sparsamste. Hier zeigen die Bayern der Konkurrenz, wofür das M in BMW steht.
Fahrdynamik: BMW X1 überzeugt mit der besten Dynamik
Der Alfa Romeo Tonale gibt sich auf dem Rundkurs als ausgesprochen fahrstabiler Geselle. Er produziert kaum Seitenneigung bei Kurvenfahrt, zeigt dank seiner stark haftenden Pirelli P Zero-Bereifung im 20-Zoll-Format ein vergleichsweise hohes Querbeschleunigungspotenzial und legt im Grenzbereich ein weitgehend neutrales Eigenlenkverhalten an den Tag. Zu schnell angegangene Asphalt-Biegungen lassen sein Heck, wenn überhaupt, nur sehr moderat eindrehen. Die Lenkung arbeitet zielgenau, ein etwas ausgeprägteres Anlehngefühl würde ihr allerdings guttun. So ist sie zu leichtgängig. Die Bremswege im 35-m-Bereich aus Tempo 100 bis zum Stand können sich ebenfalls sehen lassen. Dass der Alfa Romeo Tonale auf dem Handling-Kurs nicht besser abschneidet, ist seinem träge reagierenden Antrieb geschuldet. Das Fahrwerk verträgt problemlos mehr Leistung.
Mit überschäumender Dynamik hat der Volvo XC40 nichts am Hut. Zu ausgeprägt sind Aufbaubewegungen beim Bremsen und bei Kurvenfahrt. Obendrein beginnt er recht früh, über die Vorderräder zum Kurvenaußenrand zu schieben. Setzt an der Haftgrenze das ESP ein, reagiert der Schleuderschutz übereifrig und regelt den Schweden mitunter fast bis zum Stillstand herunter. Hinzu kommt, dass vergleichsweise viel Lenkarbeit nötig ist, um der gewünschten Richtung zu folgen. Die in einem früheren Test vom Test-Team der AUTO ZEITUNG aufgedeckten Auffälligkeiten hat BMW beim X1 ausgemerzt. Wie erwartet gibt er den Dynamiker des Vergleichstest-Trios, lenkt zackiger ein als die Konkurrenten und nimmt mehr Geschwindigkeit mit in die Kurve. Der ultrastabilen Vorderachse und der mitteilsamen Lenkung, die nahezu zentimetergenaues Zirkeln durch jedwede Radien ermöglicht, steht eine sehr lebhafte Hinterachse gegenüber. Man muss nicht erst besonders harte Lastwechsel einleiten, um das Heck zum Ausschwenken zu animieren. Je nach Situation reicht schon beherztes nachlenken. Das ist alles unproblematisch, solange das wohldosiert regelnde DSC (ESP) aktiviert ist. Ohne den Schleuderschutz sollte man im BMW X1 nicht nur wissen, was man tut, sondern auch, was man wirklich kann. Warum sich der Sportmodus nur aktivieren lässt, wenn man gleichzeitig der Deaktivierung des DSC zustimmt, erschließt sich angesichts dessen nicht.
Umwelt/Kosten: Volvo XC40 gewinnt den Test im Thema Kosten
Die derzeitige Automobilverteuerung macht auch vor den Premium-Kompakt-SUV nicht halt. Mit testrelevanter Ausstattung kostet der BMW X1 heftige 50.380 Euro. Dagegen geht der Volvo XC40 mit 45.760 Euro im Vergleichstest fast als Sonderangebot durch, für den es außerdem laut meinauto.de den höchsten Rabatt gibt. Die gute Ausstattung und die niedrigen Versicherungskosten küren ihn zum Kapitelsieger. Dahinter landet der Alfa Romeo Tonale, der von seiner Vierjahres-Garantie profitiert und einen niedrigeren Wertverlust als seine Rivalen aufweist. Die hohen Kraftstoffkosten machen ihm aber einen Strich durch die Rechnung. Diese fallen beim BMW am geringsten aus. In erster Linie landet der X1 aber wegen seines üppigen Preises hier auf dem letzten Platz. Die Werkstattkosten wurden in diesem Test nicht bewertet, da bei Redaktionsschluss für den Alfa noch keine Daten vorlagen. Interessant wird in Zukunft sein, ob die Kandidaten angesichts des Kostenaufwands in ihrer Erfolgskurve nicht doch irgendwann einmal von der Fahrbahn abkommen.
Technische Daten & Messwerte von Alfa Romeo Tonale, BMW X1 und Volvo XC40
AUTO ZEITUNG 18/2023 | Alfa Romeo Tonale 1.5 VGT | BMW X1 sDrive20i | Volvo XC40 B3 |
Technik | |||
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/4; Turbo; Mild-Hybrid (E-Maschine, 48-V-Bordnetz) | 3/4; Turbo; Mild-Hybrid (E-Maschine, 48-V-Bordnetz) | 4/4; Turbo; Mild-Hybrid (E-Maschine, 48-V-Bordnetz) |
Hubraum | 1469 cm3 | 1499 cm3 | 1969 cm3 |
Leistung Verbrenner/E-Motor | 118 kW (160 PS)/15 kW (20 PS) | 115 kW (156 PS)/14 kW (19 PS) | 120 kW (163 PS)/10 kW (14 PS) |
Max. Gesamtdrehmoment | 240 Nm, 1500/min; E-Motor: 55 Nm | 240 Nm, 1500 – 4400 / min; E-Motor: 55 Nm | 265 / Nm, 1500 – 4000 /min; E-Motor: 40 Nm |
Getriebe/Antrieb | 7-Gang, Doppelkupplung/Vorderrad | 7-Gang, Doppelkupplung/Vorderrad | 7-Gang, Doppelkupplung/Vorderrad |
Messwerte | |||
Leergewicht (Werk/Test) | 1525/1624 kg | 1550/1615 kg | 1613/1652 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 8,7 s | 7,9 s | 9,0 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 212 km/h | 216 km/h | 180 km/h (abgeregelt) |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 35,2/35,3 m | 34,9/34,5 m | 35,9/35,2 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 5,9/8,0 l S | 6,2/6,9 l S | 6,4/7,6 l S |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 190/140 g/km | 163/147 g/km | 180/152 g/km |
Reichweite | 687 km | 652 (782) km | 710 km |
Preise | |||
Grundpreis | 43.300 € | 45.160 € | 44.450 € |
Testwagenpreis | 47.800 € | 50.380 € | 45.760 € |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | ALFA ROMEO Tonale 1.5 VGT | BMW X1 sDrive20i | Volvo XC40 B3 |
Karosserie (1000) | 644 | 692 | 659 |
Fahrkomfort (1000) | 685 | 733 | 696 |
Motor/Getriebe (1000) | 629 | 678 | 633 |
Fahrdynamik (1000) | 636 | 650 | 606 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2594 | 2753 | 2594 |
Kosten/Umwelt (1000) | 319 | 314 | 328 |
Gesamtwertung (5000) | 2913 | 3067 | 2922 |
Platzierung | 3 | 1 | 2 |
Der neue Alfa Romeo Tonale macht vieles richtig. Design, Fahreigenschaften, Bremsleistung und Kofferraumvolumen geben zum Beispiel keinen Anlass zur Klage. Dem unausgewogenen Antrieb dagegen täte eine Überarbeitung gut. So landet er in der Eigenschaftswertung zwar punktgleich mit dem Volvo XC40 auf dem zweiten Platz. Die bessere Kostenbilanz des Schweden werfen den Alfa in der Endabrechnung aber auf den dritten Rang zurück. Der Skandinavier ist ausgewogen, allerdings ohne jegliche dynamische Ambitionen. Dennoch ist man mit ihm gut bedient: Platz zwei. Der Testsieger BMW X1 kommt dynamisch – manchem vielleicht etwas zu dynamisch – daher. Aber er ist sparsam, top verarbeitet, bietet viel Platz und Komfort.