BYD Atto 3/MG4/Ora Funky Cat/VW ID.3: Test
Der ID.3 wird vom Jäger zum Gejagten
- BYD Atto 3, MG4, Ora Funky Cat & VW ID.3 im Vergleichstest
- Karosserie: Der Atto 3 bietet den meisten Stauraum
- Fahrkomfort: VW ID.3 überzeugt elektronisch geregelten Dämpfern
- Motor/Getriebe: Die spritzigsten Fahrleistungen liefert der VW ID.3.
- Fahrdynamik: MG und VW liefern sich ein enges Rennen
- Umwelt/Kosten: MG4 ganz klarer Preis-Leistungs-Sieger
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
VW startete mit dem VW ID.3 mit Verspätung ins Elektroauto-Zeitalter. Nun bekommt der frisch überarbeitete Strom-VW weiteren Druck aus Fernost. Chinesische Herausforderer wie der BYD Atto 3, der MG4 und der Ora Funky Cat drängen mit Macht auf den europäischen Markt. Doch wer hat im Vergleichstest die Nase vorne?
BYD Atto 3, MG4, Ora Funky Cat & VW ID.3 im Vergleichstest
Der VW ID.3 sollte nach dem seligen Käfer und dem Golf für Volkswagen das nächste große Kapitel eröffnen und den Konzern ins Elektro-Zeitalter führen. Allerdings machten dem kompakten Stromer zu Beginn seiner Karriere die globale Corona-Pandemie und auch der Halbleitermangel das Leben schwer. Dazu gab es Kritik an Materialqualität und an der Bedienung. Kurzum: Der erhoffte Verkaufserfolg hat sich bislang noch nicht vollumfänglich eingestellt. Eine große Produktaufwertung soll es nun richten und viele weitere Interessenten in die Showrooms der Händler locken. Zu dem Modellpflegemaßnahmen gehören unter anderem ein gestrafftes Außendesign im Bereich der Frontpartie, neue Innenraummaterialien sowie mehr Performance im Infotainmentsystem inklusive der Möglichkeit, Updates over the air empfangen zu können. Ob dies reicht, um den ID.3 zu einem echten Erfolgsmodell werden zu lassen, wird die Zukunft zeigen. Ein leichter Weg ist es jedenfalls nicht, den der ambitionierte Stromer zurückzulegen hat – zumal interessante neue Wettbewerber mit aller Macht auf den Markt drängen. Wie beispielsweise der BYD Atto 3, ein kompakter Crossover mit geräumigem Interieur, der sportliche MG4 oder der außergewöhnliche Ora Funky Cat. Genau gegen diese drei muss sich der geliftete VW im Vergleichstest wehren. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Leslie & Cars fährt den VW ID.3 (2023) im Video:
Karosserie: Der Atto 3 bietet den meisten Stauraum
Rein formal gesehen ist das Testfeld ein äußerst bunt gemischtes. Damit sind weniger die Außenfarben der vier Stromer als vielmehr die unterschiedlichen Karosserieformen gemeint. Während der VW ID.3 und der MG4 noch am ehesten gängigen Kompaktwagen-Vorstellungen entsprechen, tritt der wuchtige BYD Atto 3 im SUV-ähnlichen Crossover-Format auf. Der Ora Funky Cat hingegen wirkt im Vergleichstest auf den ersten Blick wie ein knuffiger Retro-Kleinwagen. Tatsächlich ist er mit 4,23 Meter Außenlänge keine drei Zentimeter kürzer als etwa der ID.3. In der Breite übertrifft der Funky Cat den Wolfsburger sogar um 1,6 Zentimeter. An dessen luftiges Raumgefühl kommt der Chinese trotzdem nicht heran. Gerade im Fond ist der Ora merklich enger geschnitten als der VW, erst recht aber als der BYD. Letzterer bietet in Reihe zwei mehr Raum für die Knie und für die Füße als der Rest des Testfeldes. Außerdem bringt der Atto 3 den meisten Stauraum für Gepäck mit. Sein Kofferraum fast alltagstaugliche 440 bis maximal 1338 Liter. Zum Vergleich: In das runde Heck des ORA passen lediglich 228 bis 858 Liter Transportgut. Darüber hinaus leidet dessen Variabilität an einer dicken Stufe, die beim Umlegen der zweigeteilten Rücksitzlehne entsteht.
Dass VW sich die Kritik am Innenraum des ID.3 durchaus zu Herzen genommen hat, wird beim genaueren Hinsehen klar. Wo vor der Modellpflege ausnahmslos sprödes Hartplastik zum Einsatz kam, entdecken wir beim Jahrgang 2023 immerhin geschäumte Oberflächen auf dem Armaturenträger oder den vorderen Türtafeln. Und auch bei Ora geben sie sich Mühe, alles, was im Griff- und Sichtbereich liegt, hochwertig aussehen zu lassen. Allerdings vernehmen wir im Falle unseres Testwagens beim Überfahren von Fahrbahnschäden hier und da einige Knarzgeräusche aus den Tiefen der Karosserie. Dennoch wirkt der Funky Cat deutlich hochwertiger eingerichtet als die chinesische Konkurrenz von BYD und MG. Während der eigentümlich gestaltete Innenraum des BYD Atto 3 hier und da einige Verarbeitungsschwächen wie nicht entgratete Kunststoffkanten in den Türtafeln aufzeigt, ist es beim MG4 eher die vergleichsweise hemdsärmelige Materialauswahl, die eine höhere Bepunktung in der Qualitätswertung vereitelt. Keinen Anlass zu Kritik bieten hingegen die jeweiligen Sicherheitsausstattungen der Testkandidaten, die ausnahmslos neben den heute üblichen Standards, wie Notbrems- oder Notrufsystemen, teilweise sogar autonome Fahrfunktionen mitbringen. Besonders spendabel zeigt sich in dieser Hinsicht BYD. Der chinesische Hersteller rüstet den Atto 3 werksseitig mit einem Notfallspurassistenten und Umgebungskameras aus. Nicht zuletzt dadurch sichert sich der Newcomer aus dem Reich der Mitte den Sieg im Karosserie-Kapitel.
Fahrkomfort: VW ID.3 überzeugt elektronisch geregelten Dämpfern
Der VW ID.3 ist das einzige Fahrzeug im Vergleichstest, das mit elektronisch geregelten Dämpfern ausgestattet ist. Alle anderen Testkandidaten verfügen über herkömmliche Fahrwerke. Diese Option verteuert den Wolfsburger zwar erheblich, schließlich ist sie ausschließlich als Bestandteil des Exterieur-Pakets Plus für 3315 Euro verfügbar, dafür bescheren die DCC-Dämpfer dem VW aber auch den mit Abstand angenehmsten Federungskomfort. Der Wolfsburger liegt sowohl bei langsamer als auch bei forcierter Fahrt angenehm satt und gleicht die meisten Unebenheiten wirkungsvoll aus. Zug- und Druckstufe sind sauber aufeinander abgestimmt, was sich dadurch äußert, dass die Karosserie des VW nach Anregungen umgehend wieder zur Ruhe kommt. Dazu bietet der ID.3 dank der teuren ergoActive-Sitze mit Massagefunktion (2495 Euro als Paketbestandteil) den besten Sitzkomfort. Die Polster stützen den Körper in allen Richtungen angenehm ab und sorgen dadurch dafür, das auch nach langen Strecken kaum Ermüdungserscheinungen auftreten. Auch Wind- und Abrollgeräusche dringen beim VW leiser in den Innenraum, als dies bei den drei Wettbewerbern der Fall ist. Unter den chinesischen Verfolgern ist es der MG4, der die harmonischsten Komforteigenschaften mitbringt.
Zwar zeigt der Asiate gerade bei niedrigem Tempo eine ausgeprägte Grundstraffheit, schluckt aber die meisten Unebenheiten klaglos und zeigt sogar auf extrem verschlissenen Untergründen keine Auffälligkeiten. Ebenfalls gut sind die hohen Reserven, die das Fahrwerk bei maximaler Beladung bereitstellt. Allerdings federn die Vorderräder des MG sanfter an als die mit Mehrfachlenkern bestückte Hinterachsaufhängung. Die Federung des BYD Atto 3 gibt ein etwas zwiespältiges Bild ab. Über nahezu ebene Untergründe wogt der Crossover sanft hinweg und vermittelt dadurch ein angenehm sattes Fahrgefühl. Kommen jedoch Unebenheiten wie Querfugen, Kanten oder tiefere Schlaglöcher ins Spiel, wird es mitunter recht unruhig an Bord und die Karosserie gerät reichlich in Bewegung. Das ist eine Eigenart, die mit steigender Beladung übrigens etwas weniger auffällig ist. Mit Ballast wirkt die Abstimmung des Atto 3 in Summe in sich etwas stimmiger und gleicht gerade kurz aufeinander folgende kleinere Wellen besser aus. Wer angesichts der Modellbezeichnung glaubt, der Ora Funky Cat ginge auf Samtpfoten durchs Leben, irrt. Vielmehr weist das mit 18-Zoll-Rädern bestückte China-Mobil die straffste Grundabstimmung der hier versammelten Testkandidaten auf. Sowohl seine Vorder- als auch die Hinterachse federn auf Fugen und Kanten bei Stadttempo vergleichsweise ruppig an. Und auch bei höheren Geschwindigkeiten wird der Funky Cat nicht wirklich geschmeidiger und lässt sich zudem durch kleinere Anregungen eher aus der Ruhe bringen als die Wettbewerber. Im beladenen Zustand federt der Ora überdies weniger souverän über Unebenheiten hinweg als der Rest des Feldes.
Motor/Getriebe: Die spritzigsten Fahrleistungen liefert der VW ID.3.
Flüsterleiser Antrieb, vom Start weg reichlich Drehmoment an den Antriebsrädern, keine Schaltunterbrechungen, lokal keine Emissionen – Elektroautos haben viele Vorteile auf ihrer Seite. Das gilt natürlich auch für die in diesem Vergleichstest versammelten Stromer, die vielen Verbrennern in der Stadt auf und davon fahren. Die spritzigsten Fahrleistungen liefert dabei der VW ID.3. Mit seiner 150 Kilowatt(204 PS) starken E-Maschine beschleunigt der Wolfs-burger in nur 7,2 Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo. Allerdings werden die Unterschiede zu den Wettbewerbern erst über diese Geschwindigkeit hinaus so richtig offensichtlich. 150 km/h erreicht der VW 1,8 Sekunden früher als der gleich starke BYD. Dem Ora, mit 126 Kilowatt(171 PS) schwächster Elektriker im Feld, nimmt der ID.3 sogar glatte drei Sekunden ab. Lediglich der MG4 schafft es mit seinem ebenfalls 150 Kilowatt(204 PS) starken Antrieb, im Windschatten des VW zu bleiben. Die Endgeschwindigkeit beträgt bei allen vieren Autos limitierte 160 km/h.
Viel wichtiger als die Fahrleistungen dürfte den meisten Interessenten jedoch die Effizienz der jeweiligen Antriebssysteme so-wie die Leistungsfähigkeit der Hochvolt-Speicher sein. Mit einem Durchschnittsverbrauch von beeindruckenden 16,9 Kilowattstunden erweist sich der Atto 3 als der sparsamste im Test. Übrigens ist der Chinese der Einzige im Quartett, der eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie an Bord hat. Der Vorteil gegenüber anderen Lithium-Ionen-Akkus besteht darin, dass diese Batterien mehr Aufladezyklen verkraften, ehe ihre Kapazität sinkt. Dafür beträgt die maximale Ladeleistung an einem Gleichstrom-Anschluss beim BYD vergleichsweise bescheidene 88 Kilowatt. Nur der Ora Funky Cat lädt mit noch niedrigerem Tempo. Einen sehr guten Eindruck auf der Langstrecke hinterlässt hingegen der MG, der mit einem Verbrauch von 17,7 Kilowattstunden zwar mehr Energie als der BYD Atto 3 benötigt, dafür aber ungleich flotter, nämlich mit maximal 140 Kilowatt, lädt. Dadurch verkürzen sich Zwangsstopps an der Autobahn auf ein erträgliches Maß.
Fahrdynamik: MG und VW liefern sich ein enges Rennen
In den fahrdynamischen Disziplinen liefern sich die beiden Hecktriebler von MG und VW ein enges Rennen. Dabei bereitet gerade der leichtfüßige MG4 mit seiner direkten und gefühlvollen Lenkung viel Fahrspaß. Bei deaktiviertem ESP ist allerdings Vorsicht geboten. Dann reagiert das Heck bereits auf kleinste Lastwechsel und lässt sich nur allzu bereitwillig zum herzhaften Quertreiben überreden. Der ID.3 umrundet den Handlingkurs sicher, schnell und neutral. Seine Lenkung bietet ein sehr feines Feedback. Außerdem verfügt der VW ID.3 über die wirksamste Bremsanlage und kommt sowohl mit kalten als auch mit warmen Komponenten eher zum Stehen als die Wettbewerber. Die recht langen Bremswege sind beim BYD Atto 3 in der Fahrdynamik der größte Kritikpunkt. Ansonsten präsentiert sich der Chinese zwar nicht übermäßig agil, aber dank seines fein regelnden ESP fahrsicher. Dem Ora Funky Cat hingegen gelingt es nicht, seine durchaus vorhanden guten Anlagen, wie die straffe Federung oder die vergleichsweise direkte Lenkung, in eine gute Performance umzuwandeln. Der charmante Chinese lenkt eher unwillig ein und schiebt bei schneller Kurvenfahrt kräftig über die Vorderräder. Die Konsequenz: Im Handling und in der Slalomgasse ist der Ora im Vergleichstest der langsamste.
Umwelt/Kosten: MG4 ganz klarer Preis-Leistungs-Sieger
Der Preis-Leistungs-Sieger dieses Vergleichstests heißt ganz klar MG4. Der Asiate ist mit den wertungsrelevanten Extras und abzüglich der Förderprämie knapp 10.000 Euro günstiger als der VW ID.3, der allerdings der wertstabilste Kandidat in diesem Vergleichstest ist. Die Werkstattkosten und Versicherungstarife können leider nicht in die Wertung einfließen, weil die dafür notwendigen Daten für die Chinesen zum Redaktionsschluss noch nicht vorlagen.
Technische Daten & Messwerte von BYD Atto 3, MG4 Electric, Ora Funky Cat 400 und VW ID.3 Pro
AUTO ZEITUNG 13/2023 | BYD Atto 3 | MG4 Electric 64 kWh | Ora Funky Cat 400 | VW ID.3 Pro |
Technik | ||||
E-Motor | Permanenterregte Synchronmaschine | Permanenterregte Synchronmaschine | Permanenterregte Synchronmaschine | Permanenterregte Synchronmaschine |
Systemleistung | 150 kW/204 PS | 150 kW/204 PS | 126 kW/171 PS | 150 kW/204 PS |
Systemdrehmoment | 310 Nm | 250 Nm | 250 Nm | 310 Nm |
Batterie | Lithium-Ionen | Lithium-Ionen | Lithium-Ionen | Lithium-Ionen |
Spannung/Kapazität netto (brutto) | 403 V/60,5 (60,0) kWh | 291-452 V/64,0 (61,7) kWh | 400 V/63,1 (59,3) kWh | 400 V/62,0 (58,0) kWh |
Max. Ladeleistung DC/AC | 88/11 kW | 140/11 kW | 67/11 kW | 120/11 kW |
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung / Vorderrad | Konstantübersetzung / Hinterrad | Konstantübersetzung / Vorderrad | Konstantübersetzung / Hinterrad |
Messwerte | ||||
Leergewicht (Werk/Test) | 1750/1758 kg | 1685/1694 kg | 1540/1585 kg | 1740/1815 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 7,7 s | 7,6 s | 7,7 s | 7,2 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 160 km/h | 160 km/h | 160 km/h | 160 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 37,0/38,4 m | 36,5/36,7 m | 36,6/36,3 m | 35,5/35,1 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 16,9/16,0 kWh | 17,7/16,0 kWh | 18,3/16,5 kWh | 18,0/15,2 kWh |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 68/0 g/km | 74/0 g/km | 77/0 g/km | 76/0 g/km |
Reichweite (Test/WLTP) | 355/465 km | 349/438 km | 324/395 km | 322/406 km |
Preise | ||||
Grundpreis | 44.625 € | 31.990 € | 44.490 € | 39.995 € |
Testwagenpreis | 37.447 € | 30.812 € | 37.312 € | 40.527 € |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | BYD Atto 3 | MG4 Electric 64 kWh | Ora Funky Cat 400 | VW ID.3 Pro |
Karosserie (1000) | 585 | 549 | 535 | 577 |
Fahrkomfort (1000) | 651 | 650 | 624 | 694 |
Motor/Getriebe (1000) | 731 | 732 | 719 | 725 |
Fahrdynamik (1000) | 560 | 608 | 577 | 660 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2527 | 2539 | 2455 | 2656 |
Kosten/Umwelt (1000) | 347 | 387 | 349 | 331 |
Gesamtwertung (5000) | 2874 | 2926 | 2804 | 2987 |
Platzierung | 3 | 2 | 4 | 1 |