Auf einen VW-Bus wie früher warten Bulli-Fans seit Jahren. Nun ist der VW ID. Buzz auf dem Markt und im Test – und mit seinem Elektroantrieb ganz und gar nicht gestrig. Nur ein Bad der Gefühle oder eine reife Leistung?
Positiv | Opulentes Raumangebot, moderne Antriebstechnik, ausgewogenes Fahren |
Negativ | Hoher Einstiegspreis, relativ hoher Verbrauch, vorerst nur als Fünfsitzer erhältlich |
Auf den haben wir gewartet: Ein neuer VW-Bus, der an alte T1-Nostalgie erinnert, Platz im Überfluss bietet, praktisch und familiär ist, aber auch einen topaktuellen Elektroantrieb bietet – kann der VW ID. Buzz all das? Im ersten Test der AUTO ZEITUNG darf der Stromer nun zeigen, ob er die Sympathiebonus-Vorschlusslorbeeren wert ist. Sich zeigen, das ist ihm eh ein echtes Anliegen: Mit lebensfroher – und 2641 Euro teurer – Zweifarblackierung, dem kuchentellergroßen VW-Logo auf der bulligen Nase sowie grimmig lächelndem Scheinwerfergesicht zieht der ID. Buzz alle Blicke auf sich. Lässt sich bestaunen, winkend begrüßen, auf Parkplätzen mit an den Seitenscheiben plattgedrückten Nasen neugierig bespähen. Groß ist er geworden, zwar rund 27 Zentimeter kürzer, aber auch vier Zentimeter höher als ein T7 – und wenn man dann beim Test zum ersten Mal durch die elektrischen Schiebetüren hineinsteigt, setzt sich dieser Größeneindruck fort: Hell und licht ist es im VW ID. Buzz, die um 15 Zentimeter längs verschiebbare Fondsitzbank (2:3 geteilt) mit ihren neigungsverstellbaren und klappbaren Lehnen bietet selbst Sitzries:innen viel Platz. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Leslie & Cars fährt den VW ID. Buzz (2022) im Video:
VW ID. Buzz im Test
Anders als ein Multivan hat der VW ID. Buzz im Fond aber nur Platz für drei Personen. Versionen mit mehr Sitzplätzen sollen erst später angeboten werden. Der enorme Raum hinter der zweiten Sitzreihe bleibt also fürs Transportieren und VW hat sich hier etwas Pfiffiges einfallen lassen: Ein auf Alukufen am Fahrzeugboden eingeschraubter Boden (Multiflexboard, Comfort-Paket Plus, 1880 Euro) sorgt für eine etwas höhere Ladefläche, deren hinteres Viertel hochgeklappt werden kann. Der Test zeigt: Darunter passen Krimskrams und Ladekabel, darüber immer noch Großfamilien-Monatseinkäufe und überdimensionierte Haustiere. Zusammen mit den umgeklappten Fondsitzlehnen bildet der Boden eine ebene Ladefläche. Wer etwas mit bis zu 2205 Litern Kofferraumvolumen anzufangen weiß, kann den Boden auch relativ schnell herausnehmen. Zwischen den Sitzen vorn findet im Bus eine optionale "Buzz-Box" Platz. Traditionelle Menschen dürften die aber eher weglassen, auf die vielen sonstigen Ablagen im Cockpit des VW ID. Buzz setzen und an dieser Stelle ganz VW-Bus-klassisch von hinten nach vorn schlüpfen.
VW Bus-typisch hoher Preis
Vorn im VW ID. Buzz angekommen, findet man sich in einem wertigen, überaus geräumigen Cockpit wieder, das von kühler Moderne geprägt ist. Recycling-Kunststoffe, helles Ambiente und die von anderen VW-Modellen bekannte, durchwachsen gute Touch-Funktionalität werden hier zu einer vollkommen unnostalgischen Mischung angerichtet. Bulli-Fans lieben die direkte Übersicht nach vorn, quasi das Herunterblicken auf die vordere Stoßstange – im Test fand sich dieses Traditionsgefühl nicht wieder: Eine enorme Armaturentafel wölbt sich aus dem bei einem Crash schützenden Vorderbau hervor. Wo genau die mächtige Nase endet, ist ohne Hilfe des (serienmäßigen) Peilpiepsers nicht auszumachen. Dass sich in der Mitte der Windschutzscheibenunterkante auch noch ein Buckel für die Assistenzsystem-Frontkamera erhebt, schmälert den erwünscht luftigen Ausguck-Charakter weiter. Übrigens: Auch wenn der VW ID. Buzz mit einer soliden Kollektion an gut funktionierenden digitalen Helfern ausgestattet ist, sollte man bei einem nahezu 65.000 Euro teuren Auto im Jahr 2022 nicht noch für die volle Ladung an Assistenz- und Infotainment-Technik weitere Euros investieren müssen. Das Exemplar aus unserem Test war jedenfalls mit einer ganzen Leistungsschau an aktueller Volkswagen-Hochtechnologie bestückt, damit über 75.000 Euro teuer und so voll im gewohnten VW-Bus-Preiskorridor: Bulli-Fans dürfen auch in der Buzz-Ära keine konsumverweigernden Surfer-Hippies sein, sondern höchstens Gutverdienende ohne Lust auf Luxus-SUV.
Hoher Stromverbrauch, schnelles Laden
Unerschütterliche Arbeiterklasse-Angehörige, die nun auf einen VW ID. Buzz zum Gebraucht-Tarif warten, müssen also ein paar weitere Jahre Geduld haben, können aber in einer Hinsicht beruhigt sein: Der Elektro-Bulli ist technisch so aktuell, dass er nach der Erfahrung aus dem Test auch als Second Hand-Angebot noch halbwegs Stand der Technik sein könnte: 77 kWh (netto)-Batterie, Schnelladen mit bis zu 170 kW – das sorgt für Gelassenheit beim Reisen. Und dass der Buzz sogar auf bidirektionales Laden vorbereitet ist (also zum Beispiel Batterie mit Heim-Solarstrom vollladen, danach das Auto als "Haus-Powerbank" für bis zu fünf Regentage nutzen), macht ihn fit für künftige Entwicklungen am Ladeinfrastruktur-Markt. Und wie fährt er, der VW ID. Buzz? Gemessen an seiner Größe überraschend handlich. Mit einem Wendekreis von 10,9 Metern dreht er auf dem sprichwörtlichen Teller, lässt sich mit leichtgängiger und neutraler Lenkung gut dirigieren und kaschiert seine nahezu 2,5 Tonnen bemerkenswert gut. Nur wenn es auf der Landstraße eng und winklig wird, schieben die Pfunde wie sich im Test zeigte – aber allzu sportives Attackieren lässt man beim VW-Bus-Fahren mit Rücksicht auf die Mägen der Mitfahrenden ja eh.
Fahrleistungen
310 Nm und 150 kW (204 PS) lassen den VW ID. Buzz nassforsch vorwärtsmarschieren, das nahezu mit der ersten Motorumdrehung anliegende Elektro-Drehmoment sorgt für einen satten, anhaltenden Gummiband-Anzug, der erst bei deutlich über 100 km/h abflaut. Abgeregelt wird bei 145 km/h – das reicht völlig und ist mit Blick auf den Verbrauch auch nicht falsch: 25,1 kWh zog sich der Buzz im Test pro 100 Kilometer aus dem Akku, was seine Reichweite auf moderate 310 Kilometer eindampft. Wer viel städtisch unterwegs ist und selten schneller als 100 km/h fährt, kann auch unter 20 kWh im Schnitt kommen und so nahezu 400 Kilometer Reichweite schaffen. Bittersüß ist eine weitere Test-Erfahrung: Durch die Geräusch- und Vibrationsarmut des E-Antriebs treten Wind-, Abroll- und Fahrwerksgeräusche in den Vordergrund, der große Resonanzkörper der Karosserie lässt das recht präsent werden. Ansonsten ist der Fahrkomfort des VW ID. Buzz eher löblich – mit Einschränkungen: Die großen 20-Zöller des Testwagens ließen Querfugen und kurze Schläge als deutliche Anregungen durch, kurze Bodenwellen und richtig schlechte Straßen führten zu leichten Wippbewegungen.
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Technische Daten und Messwerte des VW ID. Buzz Pro
AUTO ZEITUNG 23/2022 | VW ID. Buzz Pro |
Technik | |
E-Motor | Permanenterregte Synchron-Maschine |
Systemleistung | 150 kW/204 PS |
Systemdrehmoment | 310 Nm |
Batterie | Lithium-Ionen |
Spannung/Kapazität netto | 240-408 Volt/77 kWh |
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung/Hinterrad |
Messwerte | |
Leergewicht (Test) | 2471 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 9,3 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 145 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 34,5 m/34,5 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 25,1/21,7 kWh |
CO2-Ausstoß (Werk) | 0 g/km |
Reichweite (Test/WLTP) | 310/423-402 km |
Preise | |
Grundpreis | 64.581 € |
Nur 310 Kilometer Reichweite? Klingt schlimmer, als es ist. Eine hohe Ladegeschwindigkeit macht den VW ID. Buzz unterwegs schnell wieder flott. Und dann ist er wie sich im Test zeigte ein souverän fahrender Großraum-Personentransporter mit sympathischen Funktionalitätslösungen, einer gebremsten Anhängelast bis 1000 Kilogramm sowie flottem Handling. Assistenzsysteme und Connectivity sind State of the Art – auch wenn man Elemente teilweise optional kaufen muss. Der ID. Buzz ist eben ein teures Vergnügen.