VW ID.5 GTX/VW Tiguan R: Vergleichstest
Potente VW-SUV im Antriebs-Duell
- VW ID.5 GTX und VW Tiguan R im Vergleichstest
- Fahrkomfort: Satter Abrollkomfort im VW ID.5 GTX
- Motor/Getriebe: Höhere Endgeschwindigkeit beim VW Tiguan R
- Kosten/Umwelt: Kostenvorteil beim VW ID.5 GTX
- Fahrdynamik: Dynamik liegt dem VW Tiguan R
- Messwerte & technische Daten von VW ID.5 GTX und VW Tiguan R
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Aktuell ist der VW ID.5 GTX mit 220 kW (299 PS) das stärkste und schärfste elektrische SUV-Modell von Volkswagen und wildert damit im Revier des konventionell befeuerten, 320 PS (235 kW) starken VW Tiguan R. Welches Modell zeigt mehr Dynamik, welches mehr Ökonomie? Die Antwort gibt der Vergleichstest.
Der Vergleichstest zwischen VW Tiguan R und VW ID.5 GTX ist ein Kampf der Konzepte. Bei den aktuellen Spritpreisen kommen selbst hartgesottene Verbrenner-Fans ins Grübeln, ob sie nicht doch allmählich auf ein E-Mobil umsteigen sollten. Und das gilt nicht nur für die Brot-und-Butter-Kategorie, sondern erfasst inzwischen auch die emotional geprägten Fahrzeugkategorien wie die eines 320 PS starken VW Tiguan R, der seine Nutzwert-Tugenden mit einer gehörigen Portion Dynamik würzt. Kann ihm sein Markenkollege mit 299 elektrischen Pferdchen (220 kW) und fescher Coupé-Linie Paroli bieten oder verpufft dessen Sportlichkeit im Alltag? Und: Ist der elektrische VW tatsächlich günstiger? Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der VW ID.5 GTX (2022) im Video:
VW ID.5 GTX und VW Tiguan R im Vergleichstest
Beginnen wir zunächst einmal mit der Frage, welches SUV mehr Platz offeriert. E-Autos haben ja prinzipiell den Vorteil, weniger Mechanik unterbringen zu müssen. Da der VW ID.5 GTX zudem 8,5 Zentimeter länger ist als der VW Tiguan R, sollte man erwarten, dass er den geräumigeren Innenraum aufweist. Doch das trifft nur teilweise zu. Das Raumgefühl insbesondere auf den vorderen Plätzen fällt zwar luftiger aus, da der Tiguan mit dem beim R-Modell obligatorischen schwarzen Dachhimmel und der wuchtigeren Mittelkonsole im Vergleichstest kompakter wirkt. Doch tatsächlich stellt er sogar etwas mehr Ellenbogenfreiheit bereit. Kopffreiheit und Platz für die Beine ist in beiden nahezu gleich. Im Fond punktet der ID.5 dann mit etwas mehr Knieraum und einem Fußraum ohne störenden Kardantunnel. So sitzt man zu dritt bequemer als im Tiguan, der hier nur einen Zentimeter mehr Innenbreite vorweist. Das optionale Panoramadach des ID.5 aber limitiert die Höhe über der Rückbank. Da bleibt im Tiguan mehr Luft überm Scheitel. Beim Kofferraumvolumen verbucht er ebenfalls Vorteile: Der Stauraum ist nicht nur größer, sondern lässt sich auch leichter beladen und dank der verschiebbaren Rückbank variabler einteilen. Das Batteriepaket im Untergeschoss des ID-Chassis treibt zudem das Leergewicht in die Höhe. Die Folge: Nutz- und Anhängelast sind geringer als beim Tiguan, der eine volle Tonne (2,2 Tonnen) mehr ziehen und fast einen Zentner mehr zuladen darf. Gewichtige Argumente. Dass der vermeintlich altbackene VW Tiguan R immer noch auf der Höhe der Zeit ist, äußert sich im umfangreichen Arsenal an Assistenzsystemen und Sicherheits-Features: Proaktiver Insassenschutz, Matrix-LED-Scheinwerfer, teilautonome Systeme (Travel Assist), Reifendruckanzeige, Gespannstabilisierung – alles serienmäßig an Bord. Gegen Aufpreis gibt es zudem einen Rangier-Assistenten für Anhänger-Fahrten, Seiten-Airbags im Fond und einen Einparkassistenten. Da muss der moderner anmutende VW ID.5 GTX passen, hält allerdings mit zukunftsweisender Car2X-Kommunikation und Schwarmdaten dagegen. Zudem verlangt er für viele Features Aufpreise, sofern sie derzeit wegen der Lieferketten-Probleme überhaupt im Konfigurator auftauchen.
Fahrkomfort: Satter Abrollkomfort im VW ID.5 GTX
Die ergoActive-Massagesitze des VW ID.5 GTX sind zwar ausgesprochen bequem – aber aktuell nicht lieferbar. Die Sportsitze im VW Tiguan R bieten ihrerseits keine Massagefunktion und besitzen keine ausziehbare Sitzfläche, werden aber serienmäßig montiert und stehen den Polstern des ID.5 hinsichtlich Kontur und Komfort kaum nach. Im Fond sitzt man in beiden Autos angenehm aufrecht und genießt die jeweils sehr ordentlich bemessene Kniefreiheit. Wer will, kann im Tiguan dank des tiefen Fußraums sogar die übereinandergeschlagenen Beine unter den Vordersitz fädeln, während der ID.5 nicht nur ohne den störenden Mitteltunnel auskommt, sondern zudem auch spürbar mehr Kontur in der Lehne bietet, was längere Etappen erträglicher macht. Das DCC-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern zählt beim VW Tiguan R zum Standard, während Volkswagen selbst beim VW ID.5 GTX Aufpreis dafür verlangt. Das dort in 15 Stufen justierbare Set-up der Dämpfer erlaubt jedoch gegenüber dem dreistufigen Setting im Tiguan einen durchweg geschmeidigeren Abrollkomfort. Wird die Fahrbahn wellig oder löchrig, wirkt dieser mitunter etwas hölzern – auch weil bei ihm Druck- und Zugstufe weniger harmonisch aufeinander abgestimmt sind. Der VW ID.5 GTX hingegen besticht im Vergleichstest mit einem satten Abrollen und filtert Störimpulse bestmöglich aus. Naturgemäß brilliert der Elektriker überdies mit einem überlegenen Geräuschkomfort. Manche werden sich genau daran stören und frönen lieber dem je nach gewähltem Modus satt bollernden Sound des Turbobenziners mit optionalem Akrapovic-Auspuff. Faktisch fährt das E-Auto aber nicht nur leiser, sondern entwickelt auch das angenehmere Klangbild – frei von Brumm- oder Rappelgeräuschen.
Motor/Getriebe: Höhere Endgeschwindigkeit beim VW Tiguan R
Was die Akustik bereits andeutet, untermalen die Fahrleistungen nachdrücklich: Der dynamischere VW heißt R. Auch wenn der elektrische VW ID.5 GTX mit seinen beiden Motoren aus dem Stand ansatzlos mit voller Wucht losstürmt und nach gerade einmal 6,1 Sekunden die 100-km/h-Marke reißt, muss er sich dem Temperament des aufgeladenen Vierzylinders geschlagen geben. Schon nach wenigen Metern übernimmt der VW Tiguan R im Beschleunigungsduell die Führung und rennt spätestens auf der Autobahn auf und davon. Dabei ist es weniger die um volle 70 km/h höhere Endgeschwindigkeit als vielmehr die Vehemenz jenseits der Richtgeschwindigkeit, mit der er an Tempo zulegt. Der GTX indes lässt ab 100 km/h spürbar nach und animiert erheblich weniger zu eiliger Gangart. Seine Domänen sind das souveräne Dahingleiten und die unmittelbare Reaktion auf jeden Pedalimpuls. Weil der 472 Newtonmeter starke Elektro-VW mit einem konstanten Übersetzungsverhältnis operiert, entfällt ferner jegliches Schaltrucken. Er strebt ohne Zugkraftunterbrechung aus dem Stillstand bis zur Spitze von 180 km/h, was das Fahren im Vergleichstest ausgesprochen entspannt und lässig gestaltet. Mit maximal 420 Newtonmeter steht zwar auch der VW Tiguan R sehr gut im Futter, doch so sensibel das siebengängige Doppelkupplungsgetriebe auch agiert: Die unvermeidlichen Schaltvorgänge und das leicht verzögerte Ansprechen auf Gasbefehle lassen mehr Unruhe aufkommen. Trotz der erheblich besseren Fahrleistungen sieht der Verbrenner hinsichtlich der Kraftentfaltung alt aus. Auch die im fest gepolsterten Lenkradkranz spürbaren Vibrationen wirken regelrecht antiquiert, während die zwei E-Maschinen kultivierter laufen als jeder Zwölfzylinder. Doch wie so oft liegen Fluch und Segen nah beieinander: So lädt der VW ID.5 GTX mittlerweile zwar mit bis zu 170 kW an der DC-Schnellladestation auf, doch selbst dann dauert die Zwangspause in der Regel gut 30 Minuten. Der VW Tiguan R stoppt indes nur für wenige Minuten an der Zapfsäule und kann im Anschluss auch noch weiterfahren, bevor er wieder nachtanken muss. Auch wenn die Ladeinfrastruktur viel besser geworden ist, läuft die Versorgung mit Sprit immer noch reibungsloser.
Kosten/Umwelt: Kostenvorteil beim VW ID.5 GTX
Allerdings wird Tanken auch immer teurer, was E-Autos zusätzliche Attraktivität verleiht. Das gilt im Fall dieses Duos umso mehr, da der VW ID.5 GTX schon beim Kauf rund 10.000 Euro günstiger ist – beziehungsweise wäre, wenn VW liefern könnte. Zum Zeitpunkt des Vergleichstests im September 2022 ist der Verkauf von Neufahrzeugen ausgesetzt, was den direkten Preisvergleich erschwert. Und: Die sogenannte Innovationsprämie in Höhe von 7975 Euro kann nur einstreichen, wer seinen ID noch bis Ende 2022 zulässt. Das wird eng. Die Vorteile gegenüber dem VW Tiguan R bei Werkstatt- und Kraftstoffkosten sowie Steuern und Emissionen sind im Vergleichstest aber unstrittig.
Fahrdynamik: Dynamik liegt dem VW Tiguan R
Auf der anderen Seite ist jedoch der VW Tiguan R das eindeutig dynamischere Auto in diesem Vergleichstest. Er bremst besser, lässt mehr Freiheiten und bietet zugleich die höheren Sicherheitsreserven in flotten Kurven – kurz: Er kann fast alles besser. Nur bei Geradeauslauf und Lenkpräzision holt der VW ID.5 GTX mehr Punkte. Wo der Tiguan wie angeschraubt um die Ecken fegt und sich selbst von provozierten Fahrfehlern nicht aus der Bahn werfen lässt, regelt im ID.5 die Stabilitätskontrolle sanft und sicher, aber stur den Spaß runter. Schade.
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Messwerte & technische Daten von VW ID.5 GTX und VW Tiguan R
Ergebnis in Punkten
Auch wenn der VW ID.5 GTX mit flotter Formgebung und forschen 220 kW (299 PS) im Revier sportlicher SUV wildert, überzeugt er eher mit Komfort und Ökonomie als mit gesteigerter Dynamik und verschärften Emotionen. Die Rolle des beherzten Sportlers spielt der VW Tiguan R weit überzeugender. Er sieht nicht nur martialischer aus, sondern betont mit seinem agilen Fahrwerk und seinem bärig-bollernden Turbotriebwerk konsequent seine Athletik. Sieger nach Punkten wird damit verdient der ID.5, während der charismatische Tiguan auf die Herzen der Fans sportlicher Fahrzeuge zielt. Zwar glänzt auch er mit Nutzwert und Komfort, doch spätestens gegen Effizienz und Kostenbilanz des E-SUV ist er im Vergleichstest chancenlos.