Ferrari Daytona SP3 (2022): Erste Testfahrt
Ferrari-Moment im Daytona SP3
Auf den legendären Rennstrecken der Eifel hat Ferrari große Triumphe und dramatische Niederlagen erlebt. Die perfekte Location für eine erste Testfahrt mit dem neuen Ferrari Daytona SP3 (2022).
Ferrari, Nürburgring, Nordschleife, Grand-Prix-Strecke: Es gibt Verbindungen, die haben sich in das kollektive Sportgedächtnis eingebrannt. Ob die erste Testfahrt im neuen Ferrari Daytona SP3 (2022) eine ähnliche Wirkung auf mich hat? Keine andere Marke hat hier oben in der Eifel nach dem Zweiten Weltkrieg mehr Formel-1-Siege eingefahren als die Scuderia Ferrari. Und keine andere Marke hat hier tiefer in den Abgrund geschaut, als Nikki Lauda 1976 die Kontrolle über seinen F1-Boliden verlor und sein 312T2 in einem Feuerinferno endete, dem er selbst nur knapp und schwer verletzt entkam. Die zweite Weltmeisterschaft in Folge war verloren – die Nordschleife ab diesem Tag für die Formel 1-Geschichte. Trotz der von Lauda gewonnen Weltmeisterschaft 1977 und des Titels von Jody Scheckter 1979 waren die goldenen Jahre in der Königsklasse des Motorsports für die Mannschaft aus Maranello vorbei. Erst Michael Schumacher lenkte die Marke 2000 zurück in die Erfolgspur. Und das Schicksal suchte sich dafür natürlich den Nürburgring aus. Schumacher lieferte sich auf dem Grand-Prix-Kurs ein furioses Rennen mit Mika Häkkinen und parkte am Ende seinen Ferrari als erster im Parc Fermé – der Grundstein für die erste WM nach 21 Jahren des Wartens. Weitere vier Weltmeistertitel in Reihe sollten folgen. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Ferrari 296 GTB (2022) im Fahrbericht (Video):
Erste Testfahrt mit dem neuen Ferrari Daytona SP3 (2022)
Es ist also ein besonderer Moment für die Marke, wenn sie sich die Rennstrecke der Eifel aussucht, um der Presse mit dem neuen Ferrari Daytona SP3 (2022) einen der schönsten V12-Mittelmotorsportwagen aller Zeiten für eine erste Testfahrt zur Verfügung zu stellen. Auch er trägt eine Geschichte in seiner Kohlefaserstruktur. Er ist die Hommage an einen der wichtigsten Sport-Prototypen der Ferrari-Vergangenheit: den 330 P3/4. Mit ihm gewann das Team aus Maranello 1967 das 24-Stunden-Rennen von Daytona, in dem zudem ein weiterer 330 P4 und ein privat eingesetzter 412 P die Plätze zwei sowie drei belegten und die Armada von Ford – des übergroßen Rivalen aus Detroit – demütigte. Der Daytona SP3 greift diesen Meilenstein der Rennsportgeschichte auf. Wie sein Vorbild ist auch der SP3 ein Kunstwerk, das sich aus der Funktion ergibt. Zentraler Punkt ist der V12: 6,5 Liter Hubraum, 840 PS (618 kW), 697 Newtonmeter, kein elektrischer Firlefanz. Und natürlich wird die Leistung ausschließlich über die Hinterräder freigesetzt. Ein Monument des Sportwagenbaus. Und wir können ihn fahren… Meine Beine fädeln sich in den tiefen Schacht und finden weit hinten die einstellbare Pedalerie. Die fest mit dem Chassis verschraubten Sitze ziehen mich tief in das Zentrum der Skulptur hinein – nur eine Handbreit entfernt vom V12. Die eben noch nach oben gestreckten Türen fallen wie Fallbeile ins Schloss. Die gewölbte Scheibe über dem reduzierten Cockpit vor mir macht den neuen Ferrari Daytona SP3 (2022) zu einer Kathedrale des Motorsports. Prototyp-Feeling durch und durch bei der ersten Testfahrt.
Frei saugender V12-Zylinder im Daytona SP3
Schon vor der ersten Testfahrt hämmert mein Puls mit 180 in meinen Adern. Mein Finger presst den Start-Button des neuen Ferrari Dayton SP3 (2022) und der V12 schnalzt ins Leben. Kein Turbo, keine 48-Volt-Mild-Hybrid-Technologie, kein Stecker für externe Energie. Zwölf Zylinder, die frei saugen dürfen. Selbst im Stand ein fein arrangiertes Orchester, das mit hartem Anschlag jeden Ton trifft. Der erste Gang rückt ein, und wir rollen hinein in die Grüne Hölle. Bereits auf der Landstraße hierher hat uns die Drehzahlekstase des Daytona SP3 vor Freude Tränen in die Augen getrieben. Er ist der stärkste Saugmotor-Ferrari aller Zeiten. Ja, man kann mit ihm Brötchen holen fahren, im Automatik-Modus auch gemütlich über Landstraßen bummeln und sich über den beeindruckenden Federungskomfort freuen. Aber man will es nicht. Man will diesen kleinen, unverschämt fein rastenden Schalter am Lenkrad einfach immer wieder auf Race switchen. Man will, nein, man muss den Ferrari manuell schalten – weil man diesen unglaublich klaren Ruck selbst bestimmen will, wenn das Doppelkupplungsgetriebe die Gänge am Drehzahllimit tauscht und dabei die Zwölfzylinder-Symphonie mit einem perfekt intonierten Paukenschlag für einen Hundertstelsekunde aus dem Takt bringt. Dieser V12-Antriebsstrang fühlt sich herrlich analog an. Jeder Mikrometer am Gaspedal hat eine Reaktion in den Brennräumen zur Folge. Im mittleren Drehzahlbereich wirkt er erstaunlich wuchtig. Bei knapp über 7000 Touren leiden die 345er-Hinterräder unter dem gnadenlos einwirkenden Antriebsmoment. Danach beginnt die wohl bestkomponierte V12-Arie der Automobilgeschichte. Kein synthetisch beigemischter Krach, sondern reines Arbeitsgeräusch hallt über die Hänge der Eifel. Wenn die Kurbelwelle mit ekstatischen 9250 Umdrehungen in ihren Lagern rotiert, finden 840 PS (618 kW) ihren Weg auf den Asphalt. Es ist mechanische Kunst, dass sich diese Leistung so wundervoll kontrollierbar umsetzen lässt. Wie schnell er ist? Er beschleunigt in gerade mal 2,85 Sekunden auf Tempo 100. Nach weiteren 4,55 Sekunden reißt der 1485 Kilogramm leichte SP3 die 200-km/h-Marke. Wer den V12 des neuen Ferrari Daytona SP3 (2022) weiter fordert, erreicht nach kurzer Zeit 340 km/h. Werte, die den Ferrari bereits vor der ersten Testfahrt eindeutig als Hypersportwagen deklarieren.
Der Fahrer ist Teil des Systems
Schon über den 330P3/4 erzählt man sich, dass er unglaublich verlässlich und schnell zu fahren war. Und das gilt zumindest bei der ersten Testfahrt auch für seine Hommage. Der neue Ferrari Daytona SP3 (2022) liegt atemberaubend authentisch in der Hand. Mit dem Italiener aus Maranello muss man nicht diskutieren. Man fühlt sich eher als wichtiger Impulsgeber, der im intensiven Dialog mit der Technik steht – als Teil des Systems. Die Balance, die Stabilität und die Präzision, die der Daytona SP3 anbietet, gehören zum Besten, was man im Hypersportwagen-Segment finden kann. Auch wenn der Daytona SP3 in dieser Klasse fährt, ist er nicht der Nachfolger des LaFerrari. Er basiert aber auf ihm und nutzt seine kompromisslose Architektur, verzichtet jedoch auf die Hybrid-Technik und hüllt die Konstruktion in ein atemberaubendes Kohlefaserkleid. Er ist die Fortsetzung der Icona-Idee, mit der Ferrari seinen Sportwagen-Legenden huldigt. Wer ihn haben möchte, muss über gut zwei Millionen Euro verfügen. Wirklich selten ist er aber nicht. Immerhin wird Ferrari vom SP3 599 Einheiten fertigen. Ausverkauft ist er trotzdem. In Dubai oder in anderen Luxusoasen dieser Welt dürfte man hier und da ein Exemplar des neuen Ferrari Daytona SP3 (2022) neben sich an der Ampel treffen. Hier oben in der Eifel nach der ersten Testfahrt wohl eher nicht mehr – dieser Ferrari-Moment bleibt einzigartig.
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Technische Daten des Ferrari Daytona SP3 (Werksangaben)
AUTO ZEITUNG 18/2022 | Ferrari Daytona SP3 |
Technische Daten | |
Motor | 6.5-Liter-V12-Benziner |
Getriebe/Antrieb | Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe/Hinterrad |
Leistung | 618 kW/ 840 PS bei 9250 U/min |
Max. Drehmoment | 697 Nm bei 7250 U/min |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4685/2050 (2300 inkl. Außenspiegel)/1142 mm |
Leergewicht | 1485 kg |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 2,85 s |
Höchstgeschwindigkeit | ca. 340 km/h |
Kaufinformationen | |
Preis | 1.949.283 Euro |