Zukunft der Tankstelle: Laden statt tanken?
Tankstellen unter Druck
Beginnt mit dem Ende der Verbrenner ab 2035 auch das Sterben der Tankstellen? Oder können sich diese ins Zeitalter der Elektromobilität retten? So müssen sich Tankstellen verändern, um eine Zukunft zu haben!
Angesichts höchster Spritpreise kommt man als Autofahrer:in nicht auf die Idee, dass es den Tankstellen schlecht gehen könnte. Aber die Wirklichkeit sieht für die Betreibenden anders aus: Nur rund ein bis maximal zwei Cent bleiben ihnen pro Liter Benzin. Den Großteil der Gewinne beim Kraftstoff verbuchen der Staat und die Mineralölkonzerne. Zudem wurde in den letzten Jahren immer weniger getankt: Der Benzin-Absatz halbierte sich in Deutschland von 2000 bis 2020 beinahe. Auch der Diesel-Verkauf, bis 2017 durch den boomenden Lastwagen-Verkehr noch gestiegen, sinkt seither. Kein Wunder, dass die Tankstellen bereits in den vergangenen Jahren immer weniger wurden: Gab es zur Jahrtausendwende noch 16.324 Stationen, lag deren Zahl im letzten Jahr bei 14.459. Mehr als jede zehnte Tankstelle musste also schließen. Künftig wird es für die Betreibenden noch schwieriger, denn das Geschäft mit fossilen Kraftstoffen hat keine Zukunft mehr. Dafür sorgt allein schon die EU-Vorgabe, dass ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen verkauft werden dürfen, was praktisch einem Verbrennerverbot entspricht. Die naheliegendste Lösung für die Tankstellenbetreibenden: langfristig ihre Zapf- durch Ladesäulen ersetzen. Denn nicht alle können zu Hause Strom beziehen. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
So setzt sich der Spritpreis zusammen (Video):
Die Zukunft von Tankstellen
Auch für das Schnellladen auf der Reise bieten sich die verkehrsgünstig gelegenen Stationen an. Doch mit dem Strom lässt sich viel weniger verdienen: So lag der Umsatz mit Kraftstoffen an Tankstellen 2020 bei 14,3 Milliarden Euro. An öffentlichen Ladestationen wurden im selben Jahr dagegen nur 21 Millionen Euro umgesetzt. Und selbst bei stark steigenden E-Auto-Zahlen gehen Studien 2030 von einem Umsatz von lediglich 3,3 Milliarden Euro aus. Das sind 23 Prozent des Kraftstoff-Umsatzes. Weiterer Nachteil: Bei den öffentlichen Ladestationen gibt es eine Menge Wettbewerber. Nicht nur Stromkonzerne und Stadtwerke werben um die E-Auto-Fahrer:innen. Auch Autohersteller bauen ihre eigenen Ladenetze auf, etwa das von Ionity. Und selbst Supermärkte und Shopping-Malls locken mit Lademöglichkeiten. Aldi und Co. hoffen, dass die Kundschaft durch das Laden länger ihre Märkte besuchen. Genau hier müssen auch die Tankstellen ansetzen, wollen sie eine Zukunft haben. Denn das Laden dauert (zumindest vorerst) deutlich länger als das Tanken. Und schon heute verdienen die Betreibenden mit ihren Shops am meisten: Der Laden-Umsatz pro Tankstelle in Deutschland ist von über 600.000 Euro im Jahr 1999 auf über eine Million Euro 2019 gestiegen. Durch ihre fast durchgängigen Öffnungszeiten haben die Tankstellen zudem einen Vorteil gegenüber Supermärkten und Shopping-Malls. Dazu müssen sie jedoch ihr Verkaufserlebnis verbessern, neue Gastronomiekonzepte entwickeln und mehr Unterhaltung bieten. Auch zusätzliche Serviceleistungen, wie etwa Paketabholstationen, würden die Tankstellen von anderen öffentlichen Ladestationen abheben. Saubere Sanitäranlagen sind dafür übrigens eine Grundvoraussetzung.
Die Tankstellen dürfen die elektrische Zukunft nicht Stromkonzernen, Autoherstellern und Aldi und Co. überlassen. Sie müssen sich an die veränderten Bedingungen anpassen, die aufgrund der längeren Lade- statt Tankzeiten auch Chancen für ihre umsatzstarken Shops bieten. Gegenüber Konkurrenten wie Supermärkten und Shopping-Malls können sie mit ihrer verkehrsgünstigen Lage und fast durchgehenden Öffnungszeiten punkten. Der Aufenthalt an den Tankstellen muss jedoch deutlich angenehmer werden und die Anzahl der angebotenen Serviceleistungen weiter steigen.