Neuer Dacia Jogger (2023): Erste Testfahrt
Der Dacia Jogger im Fahr-Check
Ein Siebensitzer zu einem konkurrenzlos günstigen Preis: Auf der ersten Testfahrt im neuen Dacia Jogger (2021) und dem neuen Dacia Jogger Hybrid (2023) decken wir die Stärken und Schwächen des aggressiv eingepreisten Crossovers auf.
Bevor wir zur ersten Testfahrt mit dem neuen Dacia Jogger (2021) starten, studieren wir ungläubig die Preisliste: Als vollausgestattetes und siebensitziges Topmodell Extreme+ kostet der rumänische Crossover sehr wettbewerbsfähige 22.150 Euro. Wer sich bei Ausstattung und Motor bescheidener gibt, ist sogar schon mit 17.800 Euro dabei. Fünfsitzig beginnt der Jogger-Spaß bei lediglich 16.800 Euro. Zum Vergleich: Der günstigste VW Up ist nicht nur halb so viel Auto, er kostet auch mindestens 14.555 Euro (Stand alle Preise: Februar 2023). In der Halbleiterkrise ein echtes Wort: Ordert man den Jogger Extreme+, bei dem sich lediglich Motor, Sitze und Lackfarbe anpassen lassen, so bekommt man sein Fahrzeug mit sehr kurzer Lieferzeit. Dacia nennt dieses Versprechen "Up&Go". Sucht man nach Konkurrenz für den praktischen Rumänen, der übrigens auf der gleichen Plattform wie Renault Clio und Captur (CMF-B) fußt, steht man also ziemlich schnell achselzuckend da. Caddy & Co sind teuer und kompakte Vans à la Renault Scenic stehen zunehmend auf dem Abstellgleis. Wir stellen also konsterniert fest: Der neue Dacia Jogger (2021) ist bei seinem Marktstart tatsächlich konkurrenzlos. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Dacia Jogger (2022) im Video:
Erste Testfahrt im neuen Dacia Jogger (2021)
Das größte Pfund des neuen Dacia Jogger (2021) ist, neben dem Preis, der große und sehr variable Innenraum. Für die erste Testfahrt wählen wir den siebensitzigen, vollausgestatteten Extreme+. Der einfach gehaltene und von Hartplastik dominierte Innenraum wird hier mit netten Stoffapplikationen aufgewertet. Die Verarbeitung ist durchweg in Ordnung und für den Preis absolut angemessen. Die drei Sitzreihen steigen wie im Kino nach hinten an, was besonders Kindern einen tollen Ausblick ermöglichen dürfte. Auch wenn das Platzangebot nach hinten hin abnimmt: Auch zwei Erwachsene finden in Reihe drei, nach einer kleinen Klettereinlage, genügend Raum für Kurztrips. Trotz des Preisdrucks hat Dacia die Sitze im Fond maximal variabel entworfen. In Reihe zwei lässt sich nicht nur die Lehne umklappen, sondern der ganze Sitz nach vorne falten. Das hat umso mehr Sinn, wenn Reihe drei aus dem Auto entfernt wird. Die zwei Einzelsitze wiegen jeweils nur rund zehn Kilogramm und der Klappmechanismus ist maximal einfach gehalten. Die dann zur Verfügung stehende Ladefläche ist zwar nicht ganz eben, aber mit zwei mal ein Meter sehr großzügig dimensioniert. Das entspricht über 1800 Liter Ladevolumen. Alternativ lassen sich die Sitze wie in Reihe zwei im Ganzen nach vorne klappen. Ärgerlicher als die nicht elektrische Heckklappe des neuen Dacia Jogger (2021) ist die Stehhöhe darunter. Mit mehr als 1,85 Metern Körpergröße stößt man schnell mit dem Kopf an. Eine richtig gute Idee und ein Muss bei der Wahl der Ausstattung sind die in die Dachreling integrierten Querträger, die bis zu 80 Kilogramm tragen können und teures Zubehör obsolet machen.
Angemessener Fahrkomfort
Kann ein derart günstiges und mit dem Rotstift konstruiertes Auto wie der neuen Dacia Jogger (2021) einen angemessenen Fahrkomfort bieten? Jein. Das einfach konstruierte Fahrwerk und die simplen Feder-Dämpfer-Elemente funktionieren. Punkt. Die 2,90 Meter Radstand kommen nicht nur dem Platzangebot zugute, sondern sorgen auch für mehr Gelassenheit und Fahrkomfort als im kleineren Sandero, mit dem sich der Jogger vieles teilt. Auch die Seitenneigung hält sich in Grenzen, was bei 20 Zentimetern Bodenfreiheit so nicht zu erwarten war. Die Gleichteilestrategie beschert dem Jogger auch die Sitze des Sandero, was leider zum Punktabzug führt. Trotz manueller Höhenverstellung spendiert der Fahrersitz zu wenig Beinauflage, was schnell ermüdend wirken kann. Auch eine Lordosenstütze sucht man vergeblich. Dacia-typisch ist die eher rustikale Dämmung. Der kleine Dreizylinder kämpft mit dem Turbo um die akustische Vorherrschaft – angenehm ist dies nicht. Beim Bedienkomfort gibt es Licht und Schatten. Positiv hervorzuheben ist die Bedienung der Klimaautomatik. Dacia spart nicht an Knöpfen und das ist gut so. Ein Relikt aus längst vergessen geglaubten Zeiten sitzt hinter dem Lenkrad: ein Bediensatellit für das Radio, wie er schon seit den 90ern im Renault-Konzern zum Einsatz kommt. Das Infotainment – der Testwagen ist mit dem acht Zoll großen Top-System ausgestattet, das neben integrierter Navigation die kabellose Kopplung via Apple CarPlay und Android Auto ermöglicht – erledigt zuverlässig seinen Job. In der Basis fährt der neue Dacia Jogger (2021) übrigens mit einer Smartphone-Halterung und App-Anbindung vor – hier übernimmt das Smartphone kostengünstig die Entertainment-Funktionen.
Kleiner Motor
110 PS (81 kW) und 200 Newtonmeter maximales Drehmoment sind die bodenständigen Werte, die das Datenblatt des neuen Dacia Jogger (2021) in unserer Testwagenkonfiguration ausweist. Der TCe 110 ist wie auch das 10 PS schwächere und bivalente (Autogas + Benzin) Pendant TCe 100 Eco-G ein 1,0-Liter-Dreizylinder mit Turboaufladung. Klassisches Downsizing, das im WLTP-Zyklus zu 5,7 Litern Durchschnittsverbrauch beim TCe 110 führen soll. Und der Jogger liefert: Nach der rund 200 Kilometer langen und teils zügig absolvierten ersten Testfahrt meldet der Bordcomputer sehr ordentliche 6,7 Liter. Anders dürfte es aussehen, wenn man die 582 Kilogramm Zuladung des Testwagens ausreizt. Auch der im unbeladenen Zustand ausreichend quirlige Dreizylinder dürfte mit mehr Masse schnell zu kämpfen haben. Eine Automatik ist für den reinen Verbrenner übrigens auch gegen Aufpreis nicht erhältlich, die sechs Gänge wollen über einen mäßig geführten Schalthebel und über weite Wege selbst gewechselt werden. Freunde der Automatik kommen auf ihre Kosten, wenn sie den neuen Dacia Jogger (2021) als Vollhybrid (siehe unten) bestellen.
Wenig Fahrdynamik
Der neue Dacia Jogger (2021) präsentiert sich auf der ersten Testfahrt wenig dynamisch. Das liegt nicht nur an der bescheidenen Leistung seines Antriebs, sondern auch an der Abstimmung der übrigen Komponenten. Eine vergleichsweise indirekte Lenkung, ein konservativ abgestimmtes ESP und das wenig präzise Getriebe erziehen zu einer gelassenen Fahrweise. Das ist auch deutlich angebrachter, wenn im Fond eine halbe Fußballmannschaft sicher zum nächsten Spiel gebracht werden will. Wer Wert darauf legt: Der Jogger rennt in knapp über elf Sekunden auf 100 km/h und schafft als TCe 110 in der Spitze mehr als Tempo 180. Das ist schnell genug, um der Premiumkonkurrenz von Volvo, die bei 180 km/h abgeregelt ist, das Volvo-eske Heck zu zeigen. Die Assistenzsysteme des neuen Dacia Jogger (2021) erfüllen die gesetzlichen Vorgaben und nicht viel mehr. Das ist angenehm, wenn man die Systeme als störend empfindet und sowieso stets ausschaltet, aber ärgerlich, wenn man Wert auf Funktionen wie einen Spurhalteassistenten legt, den es auch nicht für gutes Geld gibt.
Erste Testfahrt im neuen Dacia Jogger Hybrid (2023)
Mit dem Start des neuen Dacia Jogger Hybrid im Frühjahr 2023 erweitert die Marke das Portfolio des multifunktionalen Crossovers um eine interessante Antriebs-Option, die sich auf der ersten Testfahrt beweisen muss. Die Vollhybrid-Technik entstammt dem Konzernregal – unter anderem in Renault Clio und Captur wird sie bereits angeboten. Zwei E- sowie ein Benzinmotor addieren ihre Kraft auf eine Systemleistung von 141 PS (104 kW). Als Getriebe kommt eine aufwendige, von Dacia "Multi-Mode" getaufte, Konstruktion zum Einsatz, die keine Kupplung besitzt. Weil der Jogger Hybrid stets elektrisch anfährt, gehören die ersten zwei Gänge dem E-Motor. Bei sanftem Beschleunigen wird der Verbrenner von einem Hochvolt-Starter-Generator im optimalen Drehzahlbereich eingeschaltet um den 1,2 kWh "großen" Akku mit frischem Strom zu versorgen. Wird mehr Leistung abgerufen, klinkt sich der Benziner in den direkten Antrieb ein. Was kompliziert klingt, fährt sich relativ unspektakulär. Besonders dann, wenn der Verbrenner ausgeschaltet bleibt, verwöhnt der neue Dacia Jogger Hybrid (2023) mit vibrations- und geräuscharmem Antrieb. Dann leidet der Fahrkomfort nur durch Kleinigkeiten, etwa unschönen Geräuschen aus dem Getriebe oder aus der Karosserie, die nicht zu den verwindungssteifsten gehört.
Mehr PS dank Hybridantrieb
Schaltet sich der Verbrenner des neuen Dacia Jogger Hybrid (2023) dazu, ist es mit der Ruhe vorbei. Sein Klangbild ist zwar nur unter Volllast aufdringlich, aber vom seidigen Vorankommen im E-Betrieb ist dann nicht mehr viel zu spüren. Umso schöner, dass der Jogger endlich so viel Kraft hat, wie man vom immerhin bis zu siebensitzigen Crossover erwartet. Wo den kleinen Dreizylinder-Turbos die Puste ausgeht, kämpft sich der Hybrid weiter souverän voran. Einzig bei der Höchstgeschwindigkeit muss er seinen Brüdern den Vortritt lassen – bei 167 km/h ist Schluss. Und leider fehlt eine manuelle Gasse, um der Automatik auf die Sprünge zu helfen, etwa dann, wenn sie partout nicht hochschalten will. Wer nun glaubt, dass der technische Aufwand und das Mehr an Leistung zu größerem Durst führt, wird vom Vollhybrid sehr positiv überrascht. Nach der knapp 150 Kilometer langen Testrunde mit einem gemischten Fahrprofil und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 km/h meldet der Bordcomputer erstaunliche 4,5 Liter und eine rein elektrisch gefahrene Strecke von fast 95 Kilometern. Damit unterbietet er sogar die WLTP-Werksangabe für den Siebensitzer, die 4,9 Liter Verbrauch verspricht. Ob einem das die üppigen 4800 Euro Aufpreis für den neuen Dacia Jogger Hybrid (2023), der ab 24.800 Euro (Stand: Februar 2023) kostet, wert ist, ist eine andere Frage.
Technische Daten des Dacia Jogger TCe 110 & Dacia Jogger Hybrid 140
Dacia Jogger TCe 110 (7-Sitzer) | Dacia Jogger Hybrid 140 (7-Sitzer) | |
Technische Daten | ||
Motor | 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner | 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner, E-Motor, Hochvolt-Starter-Generator |
Getriebe/Antrieb | 6-Gang; manuell; Vorderrad | Multi-Mode-Automatik; Vorderrad |
Leistung | 81 kW/110 PS | 104 kW/141 PS |
Max. Drehmoment | 200 Nm | 205 Nm (E-Modus), 148 Nm (Verbrenner) |
Karosserie | ||
Außenmaße (L/B/H) | 4547/1784/1674 mm | 4547/1784/1674 mm |
Leergewicht/Zuladung | 1280/582 kg | 1460/535 kg |
Kofferraumvolumen | 160 bis 1807 l | 160 bis 1807 l |
Fahrleistungen (Werksangaben) | ||
Beschleunigung (0-100 km/h) | 11,2 s | 10,0 s |
Höchstgeschwindigkeit | 174 km/h | 167 km/h |
Verbrauch auf 100 km (Werk) | 5,7 l S | 4,9 l S |
Kaufinformationen (Stand: Februar 2023) | ||
Basispreis | 18.200 € (Essential) | 24.800 € (Expression) |
Der neue Dacia Jogger (2021) ist alles andere als perfekt und dennoch eine echte Empfehlung. Er bietet viel Platz, pfiffige Ideen, ist effizient und seinen günstigen Preis spür- und fühlbar wert. Wir würden uns allerdings über bequemere Sitze freuen. Der Hybrid 140 ist der beste, aber auch teuerste Jogger – noch effizienter und dank Automatik komfortabler im Umgang. An der Alltagstauglichkeit ändert sich übrigens nichts: Im Innenraum finden weiterhin bis zu sieben Sitze oder mehr als 1800 Liter Gepäck Platz.