BMW 1er/Seat Leon/VW Golf: Vergleichstest
1er, Leon und Golf im Dreizylinder-Clinch
- BMW 1er, Seat Leon und VW Golf im Vergleichstest
- Fahrkomfort: Abzüge für Federung des BMW 1er
- Motor/Getriebe: Seat Leon & VW Golf haben beim Sprint das Nachsehen
- Fahrdynamik: BMW 1er zeigt sich gewohnt sportlich
- Umwelt/Kosten: Seat Leon minimal günstiger als der VW Golf
- Messwerte und technische Daten BMW 116i, Seat Leon 1.0 eTSI und VW Golf 1.0 eTSI
- Fazit
Die technisch eng verwandten Seat Leon 1.0 eTSI und VW Golf 1.0 eTSI treffen im Vergleichstest auf den Konkurrenten BMW 1er als 116i. Welcher Kompakte mit Dreizylinder überzeugt am meisten?
Gesamtbewertung (max. Punkte) | BMW 116i | Seat Leon 1.0 eTSI | VW Golf 1.0 eTSI |
Karosserie (1000) | 590 | 592 | 591 |
Fahrkomfort (1000) | 651 | 697 | 698 |
Motor/Getriebe (1000) | 626 | 644 | 651 |
Fahrdynamik (1000) | 711 | 683 | 685 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2578 | 2616 | 2625 |
Kosten/Umwelt (1000) | 390 | 419 | 418 |
Gesamtwertung (5000) | 2968 | 3035 | 3043 |
Platzierung | 3 | 2 | 1 |
Die Kompakt-Klassiker VW Golf 1.0 eTSI, Seat Leon 1.0 eTSI sowie der BMW 1er als 116i treffen im Vergleichstest aufeinander. Während BMW auf einen klassischen Verbrenner setzt, kommt bei VW und Seat Mild-Hybrid-Technik zum Einsatz. Von Neuwagenkäufer:innen wird heutzutage viel verlangt – in erster Linie, weil sie sich und ihren Mobilitätsanspruch besser kennen müssen als früher. Noch vor 20 Jahren reichte es, sich zwischen Diesel und Benziner zu entscheiden. Hier und da bestand noch die Option auf mehr Leistung. Heute stehen allein für den neuen VW Golf zwischen 15 und 20 unterschiedliche Antriebe zur Auswahl. Dreizylinder-Benziner, Vierzylinder-Diesel, Erdgasvarianten, Mild- oder Plug-in-Hybride und dann noch die Sportmodelle rund um GTI und Golf R. Wer beim Kauf nicht nur den Preis entscheiden lassen will, muss also tief in die Materie einsteigen. Das ist bei den Mitbewerbern nicht anders, auch wenn einige von ihnen, wie der Seat Leon, immerhin auf die gleiche Technik aus dem Modularen Querbaukasten (MQB) des VW-Konzerns setzen. Etwas übersichtlicher ist das Angebot bei BMW. Will man beispielsweise beim 1er unterhalb von 30.000 Euro bleiben, kommt hier nur das Einstiegsmodell 116i mit 109 PS starkem Dreizylinder infrage.
Der Seat Leon (2020) im Video:
BMW 1er, Seat Leon und VW Golf im Vergleichstest
Von den Abmessungen her unterscheiden sich die drei Kompakten des Vergleichstests nur um eine Handbreit voneinander. Dabei liegt ausgerechnet der VW Golf mit 4,28 Metern Außenlänge etwas unter dem Klassendurchschnitt. Innerlich überzeugen aber vor allem Seat Leon und VW Golf mit familientauglichem Raumangebot. Vorn wie hinten genießt man eine ausgesprochen luftige Bewegungsfreiheit. Die Materialauswahl ist aber bei weitem nicht so hochwertig wie im BMW 116i. Im Einser geht es dafür aber auf der Rückbank etwas beengter zu. Vier Erwachsene können im BMW 1er dennoch auch mal länger unterwegs sein. Dabei bleibt sogar noch genügend Platz im Kofferraum übrig. Der ist mit 380 bis 1200 Liter nicht viel kleiner als jener von VW Golf 1.0 eTSI (381 bis 1237 Liter) oder Seat Leon 1.0 eTSI (380 bis 1301 Liter). Als Nutztiere eignen sich die beiden VW-MQB-Geschwister dennoch eher als der BMW. Sowohl die Anhängelast (1,3 Tonnen) als auch die Zuladung von rund 500 Kilogramm sind größer als beim 116i. Dafür punktet der Münchener bei der Bedienbarkeit. Nahezu alles lässt sich sowohl über die ausgereifte iDrive-Steuerung, die Sprachbedienung oder den Touchscreen einstellen. Bei VW und Seat wurden haptische Knöpfe fast vollständig aus dem Innenraum verbannt. Klimatisierung, Multimedia und Sicherheitssysteme werden umständlich über das Zentraldisplay gesteuert. Die Menüführung auf dem Touchscreen ist im Seat dabei etwas intuitiver gestaffelt als im VW. Der Golf kontert mit der besten Sicherheitsausstattung. Auch wenn im Basismodell längst nicht alles verbaut ist, kann sich die Liste an zusätzlichen Sicherheits-Features und modernen Fahrassistenten sehen lassen. Seiten-Airbags für die hinteren Passagier:innen gibt es beispielsweise nur bei ihm. Ansonsten lassen aber auch die Konkurrenten nichts an modernem Sicherheitszubehör vermissen.
Fahrkomfort: Abzüge für Federung des BMW 1er
Schon die erste Sitzprobe des Vergleichtests macht deutlich, wie unterschiedlich sich Autos der Kompaktklasse anfühlen können. Sowohl die Vordersitze im Seat Leon als auch die im VW Golf laden durch ihre weichen Polster und die großzügige Ausformung zum entspannten Cruisen ein. Dagegen passt sich das BMW-Sportgestühl dem Körper wie ein perfekt sitzender Turnschuh an. Bequem sind beide Auslegungen. Etwas mehr Spielraum bei der Sitzhaltung lassen allerdings Seat Leon 1.0 eTSI und VW Golf 1.0 eTSI zu. Das gilt besonders für ihre bequemen Rückbänke. Ergonomisch muss man aber auch im Einser seit der neuen Generation mit Frontantrieb keine Abstriche mehr machen. Beim Federungskomfort hingegen schon. Zumindest, wenn – wie im Testwagen – das M Sportfahrwerk mit zehn Millimeter Tieferlegung für 350 Euro eingebaut ist. Auch wenn die Auslegung sportlich ambitionierten Fahrer:innen gefallen dürfte, ist der Aufbau des BMW 1er selbst auf vermeintlich ebener Piste ständig in Bewegung. Auf Beton-Autobahnen mit Querfugen kann das schon mal zu rhythmischem Kopfnicken führen. Mit mehr Feingefühl gehen da die zwei Konkurrenten ans Werk. Beide verzichten auf adaptive Stoßdämpfer (DCC) und führen ihre 18-Zoll-Räder dennoch geschmeidig über die meisten Untergründe. Dem VW Golf gelingt das mit noch etwas mehr Sanftmut. Nur auf schroffe Kanten oder Schienen an Bahnübergängen dürfte er gern noch feinfühliger reagieren.
Motor/Getriebe: Seat Leon & VW Golf haben beim Sprint das Nachsehen
Eigentlich ist der Begriff Einstiegsmodell bei Seat Leon und VW Golf nicht ganz richtig. Schließlich gibt es die Dreizylinder-Benziner auch ohne Mild-Hybrid-Unterstützung und mit 90 oder 110 PS. Unter der Haube arbeitet dann aber das gleiche Einliter-Aggregat (1.0 TSI). Den Vorteil der 110-PS-Varianten mit Mild-Hybrid-Unterstützung spüren aufmerksame Fahrer:innen sofort. Der Antrieb, der übrigens zwangsweise an das Siebengang-DSG gekoppelt ist, kann nämlich bis Tempo 130 den Motor abstellen und in den "Segelmodus" wechseln. Beim nächsten Gasbefehl bringt der 48-Volt-Riemen-Startergenerator den Verbrenner wieder blitzschnell auf Trab. Auch das Rekuperieren beherrscht das System unauffällig. Beim Heranrollen an eine rote Ampel speist der Generator elektrische Energie in den kleinen Lithium-Ionen-Akku, der sie beim Anfahren mit leichtem Zusatzpunch wieder abgibt. Das erhöht den Komfort und senkt den Verbrauch. Im Schnitt kommen Seat Leon und VW Golf mit rund sechs Litern auf 100 Kilometer aus. Der 116i braucht in diesem Vergleichstest fast einen Liter mehr. Dafür erledigt der BMW 1er den Sprint auf 100km/h etwas zügiger und verschleiert am besten, dass unter seiner Motorhaube ein Dreizylinder schuftet. Den Dreier-Takt hört man im VW Golf dagegen vor allem bei Volllast am deutlichsten.
Fahrdynamik: BMW 1er zeigt sich gewohnt sportlich
Als teures Modell M Sport (5900 Euro Aufpreis) wurde dieser BMW 116i voll auf Fahrdynamik getrimmt. Lenkbefehle, Bremse, Gasannahme – alles wirkt fast so direkt und sportlich wie bei echten M-Modellen. Auch wenn sich sein Dreizylinder nicht so richtig nach M Sport anfühlt, kann sich der 116i auf dem abgesperrten Handlingkurs und im Slalomparcours doch deutlich von den beiden Verfolgern absetzen. Dass der Einser jetzt mit Vorderradantrieb unterwegs ist, merkt man dabei kaum. Allerdings lässt sich das leichte Schieben über die Vorderachse nach zackigem Einlenken nun nicht mehr mit einem gezielten Gasstoß kompensieren. Obwohl der Seat Leon 1.0 eTSI nahezu die gleichen Abmessungen wie der VW Golf 1.0 eTSI hat, fährt er sich fahrdynamisch eher wie ein kompakteres Auto. Und subjektiv wirkt er dabei nicht langsamer als der BMW 1er. Die Rückmeldung über Lenkrad und Pedale funktioniert gut, und sogar der knackige Motorsound passt zum sportlichen Anspruch des Spaniers. Am Ende liegt er fahrdynamisch aber gleichauf mit seinem Wolfsburger Zwilling. Lob verdienen alle drei Kontrahenten übrigens für die guten Bremsleistungen in diesem Vergleichstest. Für eine Vollbremsung von 100 auf 0 km/h brauchen alle drei Kompakte durchschnittlich rund 34 Meter.
Umwelt/Kosten: Seat Leon minimal günstiger als der VW Golf
Die Zeiten, in denen ein Seat Leon deutlich günstiger war als ein VW Golf, sind vorbei. Der Spanier startet mit 90 PS und Fünfgang-Handschaltung bei 20.570 Euro – ein Golf mit identischem Antrieb bei 20.700 Euro. Technisch gesehen handelt es sich bei beiden ja auch um das gleiche Auto. Allerdings unterscheiden sich die verschiedenen Ausstattungslinien. Den Mild-Hybrid gibt es für den Seat ab der Style-Ausstattung für 26.000 Euro. Beim VW Golf 1.0 eTSI setzt der Antrieb jedoch das Modell „Life“ für 28.085 Euro voraus. So ist selbst der BMW 116i in Basisausstattung für 26.850 Euro nicht teurer. Durch die vielen testrelevanten Extras des Testwagens muss er am Ende aber teurer eingepreist werden und verliert dadurch viele Punkte in diesem Vergleichstest. Obendrein liegen auch die Kraftstoffkosten und die Versicherungsprämien des BMW 1er höher.
Messwerte und technische Daten BMW 116i, Seat Leon 1.0 eTSI und VW Golf 1.0 eTSI
AUTO ZEITUNG 12/2021 | BMW 116i | Seat Leon 1.0 eTSI | VW Golf 1.0 eTSI |
Technik | |||
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 3/4; Turbo | 3/4; Turbo | 3/4; Turbo |
Hubraum | 1499 cm³ | 999 cm³ | 999 cm³ |
Leistung | 80 kW/109 PS 4300 - 6500 /min | 81 KW/110 PS 5500 /min | 81 kW/110 PS 5500 /min |
Max. Drehmoment | 190 Nm 1380 - 3800 /min | 200 Nm 2000 - 3000 /min | 200 Nm 2000 - 3000 /min |
Getriebe/Antrieb | 7-Gang, Doppelkupplung (opt.) Vorderrad | 7-Gang, Doppelkupplung, Vorderrad | 7-Gang, Doppelkupplung, Vorderrad |
Messwerte | |||
Leergewicht (Werk/Test) | 1340/1402 kg | 1260/1346 kg | 1227/1314 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 10,4 s | 10,7 s | 10,7 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 200 km/h | 192 km/h | 202 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 34,1/33,8 m | 33,7/34,4 m | 34,4/34,2 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 6,9/6,3 l S | 6,0/5,8 l S | 5,9/5,3 l S |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 164/149 g/km | 143/132 g/km | 140/125 g/km |
Preise | |||
Grundpreis | 26.850 € | 26.000 € | 28.085 € |
Testwagenpreis | 32.480 € | 28.790 € | 29.760 € |
Die moderne Kompaktklasse kann sich sehen lassen. Auch mit Dreizylinder-Benzinern erhält man hier für weniger als 30.000 Euro vollwertige Allrounder. Musterschüler in dieser Disziplin bleibt der VW Golf. Der Gewinner dieses Vergleichstests ist sehr geräumig, auch ohne Adaptiv-Fahrwerk komfortabel und als 1.0 eTSI dank Mild-Hybrid-Unterstützung auch noch extrem sparsam. Das Gleiche gilt für den technisch sehr eng verwandten Seat Leon. Weil er sich preislich aber nicht mehr so deutlich vom Wolfsburger absetzt, landet er knapp hinter ihm auf dem zweiten Platz. Dritter wird der BMW 116i, der hier mit einer sehr sportlich orientierten Ausstattung antritt. Kann er bei der Karosseriebewertung vor allem durch die besseren Materialien und die satte Verarbeitungsqualität noch mit den Kontrahenten mithalten, muss man beim Federungskomfort mit Sportfahrwerk viele Abstriche machen. Fahrdynamisch ist der BMW 1er allerdings eine Wucht.