Alfa Romeo Giulia/Jaguar XE: Vergleichstest
Die Giulia misst sich mit dem XE
- Alfa Romeo Giulia und Jaguar XE im Vergleichstest
- Fahrkomfort: Alfa Romeo Giulia mit beeindruckender Geräuschdämmung
- Motor / Getriebe: Jaguar XE P250 sparsamer im Verbrauch
- Fahrdynamik: Tadellose Traktion beim Alfa Romeo Giulia
- Umwelt / Kosten: Jaguar XE P250 ist deutlich günstiger im Unterhalt
- Fazit
Alfa Romeo Giulia und Jaguar XE zählen hierzulande eher zu den Verkaufszwergen. Etwas unverständlich, bieten sie doch neben reichlich markentypischem Flair auch einige rationale Tugenden, wie der Vergleichstest beweist.
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Alfa Romeo Giulia 2.0 T Q2 | Jaguar XE P250 |
Karosserie (1000) | 605 | 587 |
Fahrkomfort (1000) | 715 | 726 |
Motor/Getriebe (1000) | 619 | 625 |
Fahrdynamik (1000) | 703 | 677 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2642 | 2615 |
Kosten/Umwelt (1000) | 287 | 307 |
Gesamtwertung (5000) | 2931 | 2920 |
Platzierung | 1 | 2 |
Es gibt Automodelle, denen fliegen die Sympathien nur so zu, selbst wenn sie nicht unbedingt zu den großen Leuchttürmen in den Verkaufscharts gehören. Die Alfa Romeo Giulia, hier im Vergleichstest gegen den Jaguar XE, ist so ein Typ. Mit ihrem italienschen Flair und ihrer betörenden Optik verzückt sie durchaus auch Rationalisten, denen es vorrangig um zweckmäßige Qualitäten bei einem Alltagsgefährt geht. Eine abermalige Produktaufwertung soll nun dabei helfen, die positive Grundeinstellung der Menschen in zahlreiche unterschriebene Kaufverträge umzumünzen. Ausgerüstet mit einem 280 PS starken Vierzylinder-Turbo und Hinterradantrieb stellt sich das Giulia Facelift im Vergleichstest einem weiteren Mittelklasse-Charakterkopf: das XE Facelift mit 250 PS. Der coole Brite fristet hierzulande ebenfalls eher ein Nischendasein, obwohl einige Tugenden für ihn sprechen.
Das Jaguar XE Facelift im Video:
Alfa Romeo Giulia und Jaguar XE im Vergleichstest
Mit 4,65 beziehungsweise 4,68 Meter Länge entsprechen der Alfa Romeo und der Jaguar von den äußeren Abmessungen her dem guten Klassendurchschnitt. Dennoch stellen das Giulia Facelift und das XE Facelift innen ein – sagen wir – passgenaues Raumangebot bereit. Vorn sitzen auch hochgeschossene Erwachsene ohne jegliches Gefühl der Beklemmung. Und selbst die Kofferraumvolumina von 480 (Alfa) und 439 Litern (Jaguar) dürften in den meisten Fällen vollkommen ausreichen. Hinten aber wird die Luft, gerade über den Scheiteln der Passagiere, dünner. Auch die Kniefreiheit erinnert in beiden Fällen eher an die moderner Kompaktfahrzeuge als an die ausgewachsener Mittelklässler. Ein Umstand, den auch das jüngste Facelift der Alfa Romeo Giulia freilich nicht ändern konnte. Dafür bekam die schöne Italienerin eine aufgewertete Sicherheitsausstattung spendiert. Wie auch der britische Kontrahent lässt sich der Alfa nun mit einigen Funktionen ausstatten, die das Fahren komfortabler und sicherer machen – darunter endlich eine Verkehrszeichenerkennung, ein Notrufassistent und autonome Fahrprogramme, beispielsweise für das stressfreie Bewältigen von Stausituationen. Die Bedienung hat ebenfalls dank berührungsempfindlichem Bildschirm hinzugewonnen, selbst wenn der Touchscreen – auch gemessen am Jaguar-XE-Monitor – immer noch recht klein ist. Ein altertümliches wie unwahres Vorurteil, mit dem die aktuelle Giulia eindrucksvoll aufräumt: Italienische Fahrzeuge sind nicht schlampig zusammengeschustert. Der Vergleichstest zeigt - vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Die gewählten Materialien entsprechen dem hohen Preis, und die Verarbeitung wirkt, im Gegensatz zu der des britischen Testwagens, der beim Überfahren gröberer Straßenschäden zuweilen unschöne Knarzgeräusche aus dem Armaturenträger von sich gibt, durchweg solide.
Fahrkomfort: Alfa Romeo Giulia mit beeindruckender Geräuschdämmung
Dabei liegt der Jaguar XE gerade bei kleineren Unebenheiten ruhiger als der durch das straffere Set-up stets etwas nervös wirkende Alfa Romeo Giulia. Zudem rollt die Raubkatze – bedingt durch die kleinere Rad-Reifen- Kombination – samtpfötiger ab und verarbeitet auch tiefere Schlaglöcher routinierter. Dafür geht es im Giulia Facelift leiser zu. Im Zuge des Facelifts erhielt ihr Auffbau einige zusätzliche Dämmungen und eine Akustikverglasung. Das Resultat: Speziell störende Windgeräusche blendet die Italienerin im Vergleichstest auf beeindruckende Weise aus. Dass das XE Facelift das Komfortkapitel dennoch für sich entscheiden kann, liegt an den äußerst bequemen, mit 2566 Euro aber auch recht kostspieligen Komfortsitzen. Sie verwöhnen mit einer tollen Polsterung, die auf langen Strecken Ermüdungserscheinungen vorbeugt, und engen selbst breitere Staturen nicht so arg ein wie die serienmäßigen Sportsitze des Alfa. Letztere bieten im Gegenzug bei beherzter Kurvenfahrt deutlich mehr Seitenabstützung.
Motor / Getriebe: Jaguar XE P250 sparsamer im Verbrauch
Doch nicht nur querdynamisch legt sich die Alfa Romeo Giulia mächtig ins Zeug, wie das spätere Fahrdynamik-Kapitel noch zeigen wird, sondern auch längsdynamisch. Mit ihrem 280-PS-Turbo-Vierzylinder sprintet sie wie von der Tarantel gestochen voran und lässt die 100-km/h-Marke nach nur 5,5 Sekunden hinter sich. Der 250 PS starke Jaguar XE kann nur ungläubig zuschauen und hechelt mit 7,1 Sekunden deutlich hinterher. Auch jenseits der 100 km/h legt die Italienerin bissiger an Tempo zu. Dafür hält sich der Brite, dem der Hersteller eine um zehn km/h höhere Endgeschwindigkeit attestiert, an der Tankstelle etwas mehr zurück: In unserem Vergleichstest reichen dem XE Facelift durchschnittlich 9,1 Liter Super, das Giulia Facelift nimmt 0,6 Liter mehr. Übrigens vertrauen beide Hersteller auf das unter anderem auch von BMW verwendete Achtstufen-Automatikgetriebe von ZF, das auch hier mit sanften und schnellen Übersetzungswechseln für Dynamik sowie guten Antriebskomfort sorgt.
Fahrdynamik: Tadellose Traktion beim Alfa Romeo Giulia
In den querdynamischen Disziplinen beweist die Alfa Romeo Giulia, dass sie ihrer sportlichen Formensprache auch fahrdynamische Großtaten folgen lassen kann. Begünstigt durch die direkt übersetzte Lenkung fühlt sich die Giulia äußerst agil an und erreicht dank der satten Straßenlage, die kaum Seitenneigung zulässt, ein hohes Querbeschleunigungsniveau. Aufgrund der tadellosen Traktion schießt sie zudem mit großem Elan aus engen Kurven heraus. Allerdings erweist sich das nach wie vor nicht deaktivierbare ESP als Spaßbremse und schränkt das teils hohe fahrdynamische Potenzial des Giulia Facelifts unnötig ein. Ansonsten würde der Abstand zum Briten im Handling sowie im Slalom des Vergleichstests wohl noch größer ausfallen. Beim Jaguar XE lässt sich der elektronische Rettungsanker zwar deaktivieren, sportlicher macht ihn dies aber nicht. Die Lenkung spricht um die Mittellage nur verzögertan, das Fahrzeug wankt gerade in Wechselkurven deutlich mehr, und die weniger haftstarke Bereifung begünstigt einerseits ein ausgeprägtes Untersteuern am Kurveneingang und gleichzeitig eine kräftige Tendenz zum Leistungsübersteuern beim Herausbeschleunigen aus angsameren Kurven.
Umwelt / Kosten: Jaguar XE P250 ist deutlich günstiger im Unterhalt
Gemessen an der Alfa Romeo Giulia geht der Jaguar fast schon als Schnäppchen durch. Bei ähnlich umfangreicher Basisausstattung ist der Engländer rund 6000 Euro preiswerter. Auch mit den wertungsrelevanten Extras der Testwagen, die in den bewerteten Preis einfließen, ändert sich daran nur wenig. Darüber hinaus ist der Jaguar XE P250 deutlich günstiger in der Wartung sowie etwas billiger in der Versicherung. Der niedrigere Kraftstoffkonsum sorgt obendrein für geringere Aufwendungen an der Tankstelle. Kein Wunder also, dass das XE Facelift das Kostenkapitel des Vergleichstests mit durchaus komfortablem Vorsprung für sich entscheidet. Da helfen dem Giulia Facelift auch die großzügigeren Garantieleistungen nicht weiter.
AUTO ZEITUNG 17/2020 | Alfa Romeo Giulia 2.0 T Q2 | Jaguar XE P250 |
Technik | ||
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/4; Turbo | 4/4; Turbo |
Hubraum | 1995 cm³ | 1997 cm³ |
Leistung | 206 kW/280 PS, 5250 /min | 184 kW/250 PS, 5500 /min |
Max. Drehmoment | 400 Nm, 2250 /min | 365 Nm, 1300 - 4500 /min |
Getriebe/Antrieb | 8-Stufen-Automatik / Hinterrad | 8-Stufen-Automatik / Hinterrad |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 1429/1604 kg | 1536/1671 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 5,5 s | 7,1 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 240 km/h | 250 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 35,3 / 34,9 m | 35,5 / 35,2 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 9,7 / 8,6 l S /100 km | 9,1 / k.A l S /100km |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 230 / 195 g/km | 216 / k.A g/km |
Preise | ||
Grundpreis | 49.227 € | 43.271 € |
Testwagenpreis | 52.444 € | 46.931 € |
Beide Rivalen, das zeigt der Vergleichstest, fristen zu Unrecht ein Nischendasein auf unseren Straßen. Die Alfa Romeo Giulia begeistert mit reichlich Temperament und bietet auf kurvenreicher Strecke viel Fahrspaß. Im Zuge der sanften Modellüberarbeitung hob der Hersteller zudem die Sicherheits- und Multimedia-Ausstattung auf ein zeitgemäßes Niveau. Ebenfalls gut: die Verarbeitung und der Geräuschkomfort – Rang eins. Auch der elegante Jaguar XE P250, der in diesem Vergleichstest mit knappem Rückstand auf seine Rivalin ins Ziel kommt, erweist sich als reizvolle Alternative zu den Platzhirschen im Segment. Er bietet einen guten Fahrkomfort, viele Assistenzsysteme, ist dabei deutlich günstiger als seine Kontrahentin und verbraucht obendrein etwas weniger Kraftstoff.