Mit dem Kia ProCeed und dem Kia XCeed haben die Koreaner zwei Interpretationen der Kompaktklasse im Angebot. Technisch nahezu identisch liegt der Unterschied hier im Design. Ob sich Schein und Sein die Waage halten, klärt der Vergleichstest.
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Kia ProCeed 1.4 T-GDI | Kia XCeed 1.4 T-GDI |
Karosserie (1000) | 595 | 570 |
Fahrkomfort (1000) | 687 | 680 |
Motor/Getriebe (1000) | 691 | 677 |
Fahrdynamik (1000) | 676 | 642 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2649 | 2569 |
Kosten/Umwelt (1000) | 452 | 470 |
Gesamtwertung (5000) | 3101 | 3039 |
Platzierung | 1 | 2 |
Der Vergleichstest zwischen Kia ProCeed und Kia XCeed zeigt die Entwicklung der vergangenen Jahre. Das formale Urmeter der Kompaktklasse war der Fünftürer – je nach Lesart mit Schräg- oder Steilheck. Für die Mehr-als-ein-Kind-Familie gab es noch eine Kombi-Ausgabe. Doch die Zeiten haben sich geändert. Längst ist der Lifestyle in dieses eher Nutzwert-orientierte Fahrzeugsegment eingezogen und hat das Thema Design gehörig aufgewertet. Die Folge: Neue Karosserieformen sind entstanden, mit denen die Hersteller ihre Modellpaletten auffächern.
Der Kia Sorento im Video:
Kia ProCeed und Kia XCeed im Vergleichstest
Mit Kombiheck, niedriger, nach hinten coupéartig verflachter Dachlinie, wirkt der Kia ProCeed wie die koreanische Ausgabe eines Shooting-Brakes. Ganz anders der Vergleichstest-Gegner Kia XCeed: Mit identischem Radstand (2,65 Meter), dafür aber hochbeiniger und mit Kunststoff-Beplankung Offroad-Attitüde demonstrierend, geht er als SUV oder Crossover durch. Seine mit 4,39 Metern gegenüber seinem Konkurrenten um 21 Zentimeter kürzere Außenlänge macht sich am ehesten beim Ladevolumen bemerkbar: 594 bis 1545 Liter fasst der ProCeed, wo sich der Kia XCeed mit 426 bis 1378 Litern begnügt. Ansonsten fühlen sich die Passagiere aber hier großzügiger untergebracht. Für beide gilt: An Materialauswahl und Verarbeitung gibt es wenig auszusetzen. Und die leicht erlernbare Bedienung zeigt, dass das Festhalten an klassischen Drucktasten sowie Drehknöpfen neben einem modernen Touchscreen alles andere als altmodisch ist. Eine derartige Bedienarchitektur lässt sich im Gegensatz zu jener der vielen inzwischen knopflosen Konkurrenten intuitiver erfassen. Gut ist zudem die Lehnenfernentriegelung vom Kofferraum aus, die allerdings nur der Kia ProCeed bietet. Auch fährt der schöne Kombi seinem Rivalen bei der Sicherheitsausstattung mit serienmäßiger Rückfahrkamera und Gepäckraumtrennnetz davon.
Komfort: Zwei-Zonen-Klimaautomatik im Kia ProCeed Serie
Trotz optionaler 18-Zoll-Bereifung federt der Kia XCeed recht geschmeidig über die unterschiedlichsten Fahrbahnreliefs. Währenddessen verkneift er sich ungebührliche Aufbaubewegungen. Einzig angejahrte Kopfsteinpflaster-Wege reichen die Feder-Dämpfer-Einheiten etwas schlechter gefiltert an die Passagiere weiter. Im Vergleichstest fällt die Fahrwerksabstimmung des ProCeed klar straffer aus. So reduziert die Zugstufendämpfung Ausfederbewegungen deutlich, was aber keineswegs in einem gänzlich unkomfortablen Fahrverhalten mündet. Dennoch spüren die Insassen auf schlechten Straßen vernehmlicher, was der Kia ProCeed so gerade unter die Räder nimmt. Abmildernd wirken dabei seine bestens konturierten Vordersitze, die je nach Fahrernatur gegenüber dem weicher gepolsterten XCeed-Gestühl die Gesäßmuskulatur später ermüden lassen. In der zweiten Reihe dreht sich das Bild: Hier reisen die ProCeed-Passagiere nicht so entspannt mit etwas stärker angewinkelten Beinen. Der Akustik-Komfort lässt in beiden Kandidaten keine großen Wünsche offen. Subjektiv sticht die Crossover-Version des Ceed mit etwas deutlicher vernehmbaren Abrollgeräuschen hervor. Für das Wohlbefinden an Bord hat der Kia ProCeed eine serienmäßige Zwei-Zonen-Klimaautomatik – diese kostet für den Kia XCeed 770 Euro Aufpreis.
Motor/Getriebe: Kia XCeed mit höherem Verbrauch
In den zwei hausinternen Gegnern arbeitet der bekannte 140 PS starke Turbo-Benzindirekteinspritzer, der einen recht positiven Eindruck hinterlässt. Ist das kleine Turboloch im Drehzahlkeller erst einmal überwunden, sorgt er mit 242 Newtonmetern für ordentlich Zugkraft und dafür, dass der Kia ProCeed die 100-km/h-Marke nach 8,9 Sekunden passiert. Im Kia XCeed dauert das sogar noch eine Zehntelsekunde weniger. Mit 210 km/h Höchstgeschwindigkeit bleiben im stylischen Kombi auch auf einer unlimitierten Autobahn kaum Wünsche offen. Die um zehn km/h niedrigere Höchstgeschwindigkeit des Kia XCeed dürfte dem höheren Aufbau und dem daraus resultierenden größeren Luftwiderstand geschuldet sein. Auf dessen Konto geht dann wohl auch der mit 7,6 Litern um 0,4 Liter höhere Verbrauch im Vergleichstest des Crossovers. Wichtig im Alltag ist darüber hinaus die Elastizität. Beide Kia beschleunigen von 60 auf 100 km/h im fünften Gang in unter acht Sekunden – das zeigt, dass sich der ausgesprochen kultiviert arbeitende 1,4-Liter-Vierzylinder für seine Hubraumklasse recht schaltfaul bewegen lässt. Dabei bereitet der Griff zum hier wie dort präzise geführten Schalthebeldes Sechsgang-Getriebes durchaus Freude.
Fahrdynamik: Straffere Fahrwerksabstimmung im Kia ProCeed
Die im Vergleich zu seinem Konkurrenten eher straffe Fahrwerksabstimmung kommt dem Kia ProCeed in der Handlingprüfung wie gerufen. Lenkbefehle setzt er nahezu verzögerungsfrei um und hält sich währenddessen nicht mit störender Seitenneigung auf. Geht der Fahrer in der Kurve vom Gas, verspürt er an der Hinterachse einen deutlichen Eindreheffekt, der dem ProCeed in engem Winkelwerk zu beachtlicher Agilität verhilft. Treibt es der Fahrer dabei zu toll, meldet sich das zum Vergleichstest deaktivierte ESC (ESP) rechtzeitig zum Dienst zurück und führt den Shooting Brake wieder auf den Pfad der Tugend. Beim Herausbeschleunigen aus Spitzkehren würde dem ProcCeed allerdings etwas mehr Traktion guttun. Zusammen mit den kräftig zupackenden und standfesten Bremsen liefert er dennoch eine gelungene fahrdynamische Vorstellung ab. Dem Kia XCeed merkt man dagegen seine eher komfortorientierte Abstimmung an. Zwar agiert er subjektiv mit etwas besserer Traktion, vollführt jedoch bei Kurvenfahrt deutlich stärkere Wankbewegungen, die insbesondere bei Richtungswechseln die Lenkpräzision beeinträchtigen. Auch bei ihm fördern gut kalkulierbare Lastwechselreaktionen den Eindruck von Lebhaftigkeit, die aber in der Summe hinter der des Kia ProCeed zurückbleibt.
Umwelt/Kosten: Sieben Jahre Garantie bei beiden Kontrahenten
Der Designer-Kombi kommt zwar in der Anschaffung knapp fünfeinhalbtausend Euro teurer, ist aber – wie bereits erwähnt – auch besser ausgestattet als sein Konkurrent. Da der prozentuale Wertverlust der beiden Testkandidaten kaum differiert, führt dies auch zu einer höheren Wertminderung des Kia ProCeed, die bei vierjähriger Haltedauer und 80.000 Kilometer Laufleistung rund 3000 Euro über der des Kontrahenten liegt. Die Aufwendungen für die Versicherung liegen wegen der identischen Typklasseneinstufungen auf einem Niveau. Die gleiche Technik führt laut ADAC auch zu übereinstimmenden Werkstatt-Beträgen. Kraftstoffkosten und Kfz-Steuer fallen beim Kia XCeed geringfügig höher aus. Dennoch gewinnt er das Kostenkapitel im Vergleichstest. Übrigens: Sieben Jahre Garantie bieten beide.
AUTO ZEITUNG 17/2020 | Kia ProCeed 1.4 T-GDI | Kia XCeed 1.4 T-GDI |
Technik | ||
Zylinder/Ventile pro Zylin. | R4/4; Turbo | R4/4; Turbo |
Hubraum | 1353 cm³ | 1353 cm³ |
Leistung | 103 kW/140 PS, 6000 /min | 103 kW/140 PS, 6000 /min |
Max. Drehmoment | 242 Nm, 1500 - 3200 /min | 242 Nm, 1500 - 3200 /min |
Getriebe/Antrieb | 6-Gang, manuell / Vorderrad | 6-Gang manuell / Vorderrad |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 1303/1378 kg | 1270/1376 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 8,9 s | 8,8 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 210 km/h | 200 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 34,5 / 34,8 m | 35,5 / 35,1 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 7,2 / 5,8 l S /100 km | 7,6 / 6,3 l S /100km |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 167 /135 g/km | 176 / 145 g/km |
Preise | ||
Grundpreis | 27.284 € | 21.826 € |
Testwagenpreis | 27.284 € | 24.263 € |
Den markeninternen Vergleichstest entscheidet der Kia ProCeed 1.4 T-GDI für sich. Der adrett gestylte Shooting Brake aus Korea überzeugt mit größerem Kofferraumvolumen und umfangreicherer serienmäßiger Sicherheitsausstattung. Im Antriebskapitel wirft er seine höhere Endgeschwindigkeit und den niedrigeren Verbrauch in den Ring. Auch bei der Fahrdynamik fährt er auf die Pole Position. Sein Hausgegner Kia XCeed 1.4 T-GDI bietet dagegen eine etwas übersichtlichere Karosserie, den besseren Federungskomfort und aufgrund seines niedrigeren Preises am Ende die bessere Kostenbilanz. Eines lehren beide: dass man Kompaktklasse-Technik äußerst attraktiv verpacken kann, ohne innere Werte zu vernachlässigen. Schein und Sein halten sich hier die Waage.