Continental GTC/AMG S 63 Cabriolet: Vergleichstest
Cabrio-Superlativen im Vergleich
- Bentley Continental GTC und Mercedes-AMG S 63 Cabriolet im Vergleichstest
- Fahrkomfort: Mercedes-AMG S 63 Cabriolet leiser bei geschlossenem Verdeck
- Motor/Getriebe: Bentley Continental GTC mit mächtigem W12
- Fahrdynamik: Bentley Continental GTC fährt straff und kontrolliert
- Umwelt/Kosten: Beide Fahrzeuge erhalten Null Punkte für den Basispreis
- Messwerte & technische Daten: Bentley Continental GT Convertible & Mercedes-AMG S 63 4Matic+ Cabriolet
- Fazit
Wo Leistungshunger und Geldbeutel keine Grenzen kennen, tragen der Bentley Continental GTC und das Mercedes-AMG S 63 Cabriolet eine herrlich feudale Rivalität aus. Mit mehr als 600 PS und Preisen von Einfamilienhäusern liefern sie sich einen Vergleichstest im offenen Superlativ.
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Bentley Continental GT Convertible | Mercedes-AMG S 63 4Matic+ Cabriolet |
---|---|---|
Karosserie (1000) | 554 | 560 |
Fahrkomfort (1000) | 749 | 790 |
Motor/Getriebe (1000) | 645 | 642 |
Fahrdynamik (1000) | 759 | 745 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2707 | 2737 |
Kosten/Umwelt (1000) | 129 | 148 |
Gesamtwertung (5000) | 2836 | 2885 |
Platzierung | 2 | 1 |
Nein – wir sind definitiv nicht übergeschnappt. Auch wenn es angesichts des strapaziösen Vergleichstests zweier sündhaft teurer und super seltener Luxus-Cabriolets wie dem Bentley Continental GTC und dem Mercedes-AMG S 63 Cabriolet vielleicht den Anschein hat. Doch Luftschlossreise- und Faszinationsgeschichten wurden schon genug erzählt über den Bentley Continental GTC mit seinem mächtigen Sechsliter-W12 oder das Mercedes-AMG S 63 Cabriolet in der bollernd aufgeladenen 63er-Version. Hier zählen jetzt Fakten, Messwerte und tatsächlich auch Kostenbilanzen. Denn am Ende soll – wie in allen anderen Klassen auch – das bessere Auto gewinnen. Also Motoren an, Verdecke runter und Bremsen los für den Vergleichstest der High-End-Cabriolets.
Mercedes-AMG S 63 Cabriolet im Video:
Bentley Continental GTC und Mercedes-AMG S 63 Cabriolet im Vergleichstest
Ihre volle Pracht entwickeln Bentley Continental GTC und Mercedes-AMG S 63 Cabriolet tatsächlich erst nach dem Öffnen des Verdecks. Das passiert zügig, voll elektrisch auf Knopfdruck und gelingt sogar während der Fahrt bis Tempo 60. Im Mercedes versteckt sich der Schalter übrigens unter dem großen, seitlich öffnenden Deckel der Mittelkonsole. Und während der aparte Duft feinsten Leders durch die Luft strömt, sucht man als kritischer Tester vergeblich nach kleinen Makeln. Aber jede noch so versteckte Naht sitzt perfekt, jeder dunkelste Winkel ist edel ausgeschlagen. Und doch ist es der Bentley, der den massiveren Eindruck beim Klopftest hinterlässt. Ob Mittelkonsole, Lautsprecherabdeckungen oder Dekorflächen – nur der Engländer verströmt bei solchen Details die in dieser Preisklasse erwartbare Solidität. Beim Raumangebot sollte das S-Klasse Cabrio angesichts einer Länge von mehr als fünf Metern dem gut 18 Zentimeter kürzeren Bentley im Vergleichstest aber klar überlegen sein. Doch die Platzunterschiede sind marginal. Auf den vorderen Sitzen wird einem jedenfalls hier wie dort viel Bewegungsfreiheit geboten, die im Bentley nur etwas durch die höhere Mittelkonsole beschränkt wird. Hinten dagegen kommen Erwachsene in der S-Klasse etwas besser unter – vorausgesetzt, die Vordersitze wurden weit nach vorn gefahren. Denn Beinfreiheit gibt es hinten weder in der S-Klasse noch im Continental. Wer angesichts der ehrwürdigen Ahnenreihen – denkt man an den Bentley Azure oder den märchenhaften W111 zurück – vollwertige Viersitzer erwartet, wird also enttäuscht. Gleiches gilt für das Kofferraumvolumen von nur 235 Litern (Bentley) beziehungsweise 250 Litern (Mercedes). Bei geschlossenem Dach vergrößert sich das Gepäckabteil des Mercedes-AMG S 63 Cabriolet immerhin auf 350 Liter. Aus dem Vollen schöpfen die Cabrios dagegen bei der Sicherheitsausstattung. Mercedes setzt hier mit seinem üppig bestückten Flaggschiff sozusagen traditionell den Maßstab. Aber auch im Bentley Continental GTC gibt es einen Nachtsichtassistenten, Head-up-Display oder den Abstandsregler mit autonomen Fahrfunktionen – zusammen im Touring-Paket für 6290 Euro.
Fahrkomfort: Mercedes-AMG S 63 Cabriolet leiser bei geschlossenem Verdeck
Egal in welches Auto man zuerst steigt – Bentley Continental GTC oder Mercedes-AMG S 63 Cabriolet – raus möchte man nur ungern wieder. Im Bentley sitzt man tiefer und besser ins Auto integriert auf perfekt ausgeformten Massagesesseln. In der S-Klasse reist man deutlich höher auf super softer und großzügigerer Polsterung. Einmal über die Alpen und zurück? Auf diesen Untersätzen ein Vergnügen – aber nur bis Tempo 100. Darüber zieht es bei geöffnetem Verdeck schon ordentlich, selbst wenn in der S-Klasse das ausgeklügelte Aircap-System mit Windlamelle an der Frontscheibe und ausfahrbarem Windschott für 1178 Euro an Bord ist. Geschlossen geht es im Mercedes dagegen so ruhig zu wie in einem Coupé. Hier liegt im Vergleichstest der wohl deutlichste Komfort-Unterschied der beiden. Denn im Bentley zischt und pfeift es bei Autobahngeschwindigkeiten viel lauter am Dach und an den Seitenscheiben. Das trübt den ansonsten so gediegenen Eindruck ein wenig. Ähnlich verhält es sich mit dem Federungskomfort. Zwar liegt der Continental mit optionaler 22-Zoll-Bereifung satter auf ebener Piste als die S-Klasse. Dafür dringen Fugen und Kanten in der Fahrbahn trotz der Dreikammer-Luftfederung deutlicher zu den Insassen durch. Auf schlechter Piste verliert der Bentley sogar etwas an Souveränität. Immerhin beruhigt sich der Aufbau nach stärkeren Anregungen schnell wieder. Dagegen schwingt die S-Klasse beispielsweise nach dem Überqueren von Eisenbahnschienen deutlich länger nach. Überhaupt ist das Cabriolet trotz der serienmäßigen Luftfederung weit vom Sänftencharakter der viertürigen S-Klasse entfernt. Das Abrollen und Anfedern der 20-Zoll-Räder geschieht zwar sanft, doch der 2,2 Tonnen schwere Aufbau ist ständig in Bewegung. Gullideckel oder Schlaglöcher geben über die Hinterachse zudem einen deutlich wahrnehmbaren seitlichen Impuls an die Insassen durch.
Motor/Getriebe: Bentley Continental GTC mit mächtigem W12
Während unter der Haube des S 63 die monströse Affalterbacher Allzweckwaffe vom Typ M177 (Vierliter-V8, Biturbo) sitzt, arbeitet im Continental GT mit dem Sechsliter-Biturbo-W12 der letzte VW-Riesenblock seiner Art. Scheinbar spielerisch schickt der gewaltige Zwölfzylinder bis zu 900 Newtonmeter (ab 1350 Touren) über das Doppelkupplungsgetriebe an alle vier Räder und den fast 2,5 Tonnen schweren Trumm in 3,8 Sekunden auf Tempo 100. Akustisch entlässt die Auspuffanlage zu dem Spektakel entweder turbinenhaftes Brausen (Comfort-Modus) oder giftiges Turbodonnern (Sport). So oder so ist das Vollgaserlebnis bei Bentley Continental GTC und Mercedes-AMG S 63 Cabriolet eine surreal physische Demonstration, die einen überwältigt. Dass man schon nach wenigen Sekunden jedes Tempolimit pulverisiert hat und 333 km/h schnell fahren könnte, sei nur am Rande erwähnt. Dass aber ausgerechnet die nominell "schwächere" Allrad-S-Klasse diesen Vergleichstestsrausch noch weiter treibt, lässt sich nur durch das um 200 Kilogramm geringere Gewicht erklären. Die bollernde V8-Gewalt in Kombination mit der Neustufen-Automatik hat mit dem fünf Meter langen Dickschiff jedenfalls leichtes Spiel und schiebt es in nur 11,5 Sekunden auf 200 km/h. So feinfühlig wie im Bentley lässt sich die Kraft bei spontanen Überholmanövern zwar nicht dosieren. Dafür verbraucht der V8 beim Vergleichstest im Schnitt rund einen Liter weniger als der W12.
Fahrdynamik: Bentley Continental GTC fährt straff und kontrolliert
So vehement der Schub der beiden Allradler ist, so zurückhaltend sollte man sich dem Grenzbereich im kurvigen Terrain nähern. Der Bentley Continental GTC gibt einem dabei indes viel Rückmeldung und Vertrauen mit – in dem Mercedes-AMG S 63 Cabriolet gleicht eine Zeitenhatz auf abgesperrter Strecke dem Ritt auf einer Kanonenkugel. Weil man aus Kurven mit schier unaufhaltsamen Vortrieb und entlastetem Vorderbau herauskatapultiert wird, sollte man vor der nächsten Ecke mit genügend Wegreserve wieder in die Eisen steigen. Das Einnicken des Aufbaus, die für die 600-PS-Klasse relativ gefühllose Lenkung und die starken Wankbewegungen verwandeln Fahrdynamikspaß schnell in Schweißperlen. Dagegen läuft der straffe Bentley auf abgesperrter Strecke im Sportmodus zur Höchstform auf. Dank der guten Dosierbarkeit, der durch die 48-Volt-Wankaktuatoren stabilen Aufbaulage und der hecklastigen Antriebsverteilung kann man mit der zweieinhalb Tonnen schweren Luxusyacht sogar problemlos und präzise driften. Besser als die des Mercedes spricht auf Dauer auch die Bremse an. Bei den Verzögerungswerten hat aber die S-Klasse im Vergleichstest leicht die Nase vorn.
Umwelt/Kosten: Beide Fahrzeuge erhalten Null Punkte für den Basispreis
Ganze 675 Punkte könnten Autos in einem Vergleichstest nur für den Basispreis in testrelevanter Ausstattung erhalten. Bentley Continental GTC und Mercedes-AMG S 63 Cabriolet sichern sich nicht einen einzigen davon. Beide kosten deutlich mehr als 200.000 Euro und führen jede Kostendebatte ad absurdum. Wer sich ernsthaft für diese Luxus-Cabriolets interessiert, muss sich über Geld oder einen prognostizierten Wertverlust von 116.000 Euro in vier Jahren keine Gedanken machen. Viel wichtiger ist der mögliche Grad der Individualisierung. Und der erfüllt allein beim Interieur-Design in beiden Fällen höchste Ansprüche. Im hier gezeigten Bentley der First Edition stecken beispielsweise Extras im Wert von 64.193 Euro.
Messwerte & technische Daten: Bentley Continental GT Convertible & Mercedes-AMG S 63 4Matic+ Cabriolet
AUTO ZEITUNG 19/2019 | Bentley Continental GT Convertible | Mercedes-AMG S 63 4Matic+ Cabriolet |
---|---|---|
Technik | ||
Zylinder/Ventile pro Zylin. | W12/4; Biturbo | V8/4; Biturbo |
Hubraum | 5950 cm³ | 3982 cm³ |
Leistung | 467 kW/635 PS | 450 kW/612 PS |
Max. Drehmoment | 900 Nm | 900 Nm |
Getriebe/Antrieb | 8-Gang, Doppelkupplung/ Allrad, permanent | 9-Stufen-Automatik/ Allrad, permanent |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 2414/2435 kg | 2185/2232 kg |
Beschleunigung (Test) | ||
0 - 100 km/h | 3,8 s | 3,5 s |
0 - 150 km/h | 7,2 s | 6,7 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 333 km/h | 250 (300*) km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 35,1/34,7 m | 34,4/34,8 m |
Verbrauch (Test/WLTP) | 13,8/14,1 l SP/100 km | 12,7/11,0 l SP/100 km |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 328/336 g/km | 302/262 g/km |
Preise | ||
Grundpreis | 228.480 Euro | 193.911 Euro |
Testwagenpreis | 248.312 Euro | 205.774 Euro |
* Driver's Package (2261 Euro) mit Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf 300 km/h |
Dieser erlesene Vergleichstest der extrem kräftigen Luxus-Cabriolets Bentley Continental GTC und Mercedes-AMG S 63 Cabriolet entscheidet der 612 PS starke Mercedes-AMG für sich. Er ist etwas geräumiger, deutlich besser gedämmt und kostet weniger als sein Widersacher. Dass er dank seines famosen Biturbo-V8 obendrein schneller beschleunigt und weniger verbraucht, dürfte auch am Gewichtsvorteil von rund 200 Kilogramm liegen. Der Federungskomfort erfüllt im Vergleichstest allerdings nicht die Erwartungen an eine S-Klasse. Zweiter wird das neue Bentley Continental GTC. Es liegt in nahezu allen Disziplinen auf Augenhöhe mit dem süddeutschen Dickschiff. Bei der Fahrdynamik düpiert es der 635 PS starke Brite sogar. Was Kunden aber mehr schätzen dürften, ist die superbe Materialauswahl und -verarbeitung, die dem GTC eine herausragende Ausstrahlung beschert.