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Abbiegeassistent Lkw: Pflicht & nachrüsten

Abbiegeassistent bei Lkw soll in Ortschaften verpflichtend werden

Christina Finke
Inhalt
  1. Grüne fordern: Nur noch Lkw mit Abbiegeassistenten in geschlossenen Ortschaften
  2. Bundesverkehrsminister Scheuer & Petition pro Lkw-Abbiegeassistenzsystem
  3. ADAC: Abbiegeassistenten zum Nachrüsten für Lkw im Test 
  4. So funktioniert der Abbiegeassistent

Die Grünen fordern eine verpflichtende Einführung von Abbiegeassistenten. Und: Der ADAC hat mehrere Assistenzsysteme für Lkw getestet – mit überwiegend positiven Ergebnissen. Dieser Artikel wurde am 18.11.2020 aktualisiert.

Die Grünen wollen per Gesetz festlegen, dass künftig nur noch Lkw mit Abbiegeassistent in geschlossenen Ortschaften fahren dürfen. Ein entsprechender Gesetzentwurf stand Mitte November 2020  zu ersten Beratung auf der Tagesordnung des Bundestags. "Lkw dürfen in Verkehrssicherheitszonen nur am Straßenverkehr teilnehmen, wenn sie mit dem Stand der Technik zur Sicherung des verkehrlichen Umfeldes ausgerüstet sind", heißt es da. Solche Zonen sollen geschlossene Ortschaften sein. Die örtlichen Behörden sollen demnach Ausnahmen festlegen können – etwa, wenn auf einer Straße gar kein Abbiegen möglich ist. Eine EU-weite verpflichtende Einführung von Abbiegeassistenten ist erst ab Juli 2022 für neue Fahrzeugtypen und ab Juli 2024 für neue Fahrzeuge vorgesehen. Eine Pflicht zum Nachrüsten gibt es nicht. Die technischen Hilfen sollen verhindern, dass Laster-Fahrer beim Abbiegen Radfahrer oder Fußgänger übersehen. Dabei kommt es immer wieder zu sehr schweren Unfällen. Ein grundsätzliches Lob für den Grünen-Plan kam vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat. Die Initiative sei begrüßenswert, heißt es in einer Einschätzung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Idee, Ortschaften und städtische Räume zu Verkehrssicherheitszonen zu erklären und Lastwagen ohne Abbiegeassistenten dort zu verbieten, sei "interessant". Allerdings sehen die Verkehrssicherheitsexperten Probleme bei den Fristen, die den Grünen vorschwebe: Sie wollen den Abbiegeassistenten von Juli 2021 an für 7,5-Tonner und ein Jahr später für alle Nutzfahrzeuge innerorts verpflichtend machen. Bis Ende 2025 soll alternativ eine Begleitperson dabeisitzen können, die das Abbiegen überwacht. Letzteres sei "in der Realität nicht durchführbar", heißt es in der Bewertung. Die Fristen seien problematisch, weil für die Nachrüstung Montagekapazitäten bereitgestellt werden müssten. Es brauche ein entsprechendes Förderprogramm, weil nicht jeder Betrieb sich die Umrüstung leisten könne.

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Grüne fordern: Nur noch Lkw mit Abbiegeassistenten in geschlossenen Ortschaften

Auch Bundesverkehrsminister Andras Scheuer (CSU) drängt auf die zeitnahe Einführung von Abbiegeassistenten für Lkw – europaweit. "Technisch ist es machbar. Deswegen müssen wir jetzt Tempo machen", sagte der Minister im Juni 2019. "Das europarechtliche Thema ist, dass wir 2022 und 2024 erst die verpflichtende Einführung haben." Nach Angaben des CSU-Politikers hat das Bundesverkehrsministerium seine Zuschüsse für die Nachrüstung von Lkw mit den Abbiegeassistenten von fünf auf zehn Millionen Euro verdoppelt. Mithilfe des Förderprogramms seien bislang 3900 Lkw mit den Assistenten ausgerüstet worden. Dabei handelt es sich allerdings um einen freiwilligen Einbau. "Es dreht sich da um ein System, dass 800, 900, 1300 Euro kostet. Es gibt in Deutschland einige Hersteller, die diese Abbiegeassistenzsysteme nachrüsten", sagte Scheuer. Die EU will eine Pflicht für Abbiegeassistenten für neue Lkw ab 2022 erlassen. Die Bundesregierung wäre für eine schnellere Einführung von Abbiegeassistenten für Lkw, verweist aber auf die nötige EU-Regelung.

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Bundesverkehrsminister Scheuer & Petition pro Lkw-Abbiegeassistenzsystem

Derzeit gibt es noch keine gesetzliche Pflicht für Abbiegeassistenten bei Lkw, trotz medienwirksamer Online-Petition. Deswegen hat TÜV Rheinland gemeinsam mit der Deutschen Verkehrswacht eine Aufklärungskampagne gestartet. "Einige der Unglücke beim Abbiegen von Lkw wären vermeidbar, denn es gibt bereits die entsprechenden technischen Mittel", sagt TÜV Rheinland-Mobilitätsexperte Thorsten Rechtien. Mit Aufklebern soll deshalb über den toten Winkel informiert und für die Gefahr sensibilisiert werden. Die großen und gut sichtbaren Aufkleber mit der Aufschrift "Vorsicht Toter Winkel" sollen andere Verkehrsteilnehmer warnen und werden dazu an Lkw oder Bussen angebracht. Ein Abbiegeassistenzsystem, wie von der Online-Petition gefordert, ersetzt der Aufkleber natürlich nicht. Das Thema Abbiegeassistenten bei Lkw erlangte im Mai 2018 Aufmerksamkeit, als Janine Schulz auf der Online-Plattform "We-Act" eine Petition zur verpflichtenden Einführung für Abbiegeassistenzsysteme für Lkw ab 7,5 Tonnen startete. Das Anschreiben der Abbiegeassistenten-Petition richtet Schulz direkt an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Unter der Überschrift "Retten Sie Leben", fordert sie ein Gesetz, dass EU-weit zur Installation von Abbiegeassistenten in Lkw verpflichtet. Innerhalb weniger Wochen gewann sie mit Ihrer Petition nicht nur die Stimmen 151.000 Unterstützer, sondern auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Vier Jahre vor der Petition für ein Abbiegeassistenzsystem wurde Schulz selbst Opfer eines Unfalls mit einem abbiegenden Lkw. Nachdem der Lkw ihre Beine und Hüfte überrolle, lag die damals 28-Jährige wochenlang im künstlichen Koma. Ein Jahr Krankenhausaufenthalt und 20 Operationen: Laut der Ärzte hatte die Bremerin Glück, sie hat gerade so überlebt. Doch die Geschichte von Janine Schulz ist kein Einzelfall, allein 2018 kamen laut des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clus (ADFC) mindestens 19 Radfahrer ums Leben.

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ADAC: Abbiegeassistenten zum Nachrüsten für Lkw im Test 

Der ADAC hat im April 2019 mehrere verfügbare Abbiegeassistenten für Lkw zum Nachrüsten in einem Test unter die Lupe genommen. Dabei schwankten die Kosten für die Abbiegeassistenten zwischen 760 und 2650 Euro bei einem Arbeitsaufwand für den Einbau von bis zu sechs Stunden. Die Ergebnisse waren überwiegend positiv: Jedes System konnte im Test die Vorschriften des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) erfüllen. Am besten schnitt das System AAS von Mekra Lang im ADAC-Test ab. Allerdings konnte kein Testkandidat den deutlich anspruchsvolleren Anforderungen auf internationaler Ebene, die voraussichtlich ab 2022 gelten, standhalten. So konnte etwa keins der getesteten Systeme Radfahrer erkennen, wenn sich zwischen Radfahrspur und Lkw-Fahrspur Hindernisse befinden. Der ADAC forderte die Hersteller dazu auf, hier technisch rasch nachzubessern. Zudem solle der Bund sein Förderprogramm aufstocken, um den Einbau der Systeme zu beschleunigen. Neben den Untersuchungen auf dem Testgelände ermittelten die ADAC-Tester auch im realen Straßenverkehr die Anzahl an Fehlauslösungen der Abbiegeassistenten aufgrund von Verkehrsschildern oder Bäumen am Straßenrand. Der Grund: Eine hohe Anzahl an Fehlauslösungen würde sich negativ auf die Akzeptanz und das Vertrauen des Fahrers auf das System auswirken. Die Abbiegeassistenten von MEKRA Lang Mobileye oder LUIS, die Radfahrer von Verkehrszeichen, Ampeln oder Bäumen unterscheiden können, verursachten im ADAC-Test eine geringe Anzahl an Fehlauslösungen. 

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So funktioniert der Abbiegeassistent

Die Abbiegeassistenten für Lkw überwachen je nach Hersteller durch Kameras, Ultraschallsensoren oder Radar seitlich am Lkw einen etwa 3,75 Meter breiten sowie maximal 19 Meter langen Streifen. Wird im toten Winkel auf der Beifahrerseite ein Radfahrer oder Fußgänger erkannt, geht am Armaturenbrett eine gelbe Warnleuchte an. Eine rote Leuchte blinkt, wenn Kollisionsgefahr droht und zusätzlich ertönt ein akustisches Warnsignal. In Zukunft sollen Warnsysteme in einer kritischen Situation sogar eine Notfallbremsung auslösen können. Somit könnte der pflichtmäßige Einsatz von Kameras und akustischen Warnsystemen schnell und kostengünstig Abhilfe schaffen. Bei herkömmlichen Herstellern könnte jeder Lkw mit einem entsprechenden System für etwa 1500 Euro ausgestattet beziehungsweise nachgerüstet werden. Damit werden die Lkw-Fahrer enorm entlastet: Das Risiko der Fahrer tragen aber unfreiwillig auch die anderen Verkehrsteilnehmer, vor allem Fußgänger und Fahrradfahrer. In der Vergangenheit wurden Lkw-Fahrer wegen Unfällen bei Abbiegevorgängen zu bis zu 150 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro verurteilt. Ab 90 Tagessätzen gelten die Fahrer als vorbestraft.

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