Volvo XC60/Alfa Romeo Stelvio/Audi Q5/Mercedes GLC: Test Ist der XC60 das beste Mittelklasse-SUV?
Schicker, sicherer, effizienter: Der neue Volvo XC60 lässt in unserem Test seinen erfolgreichen Vorgänger in vielen Belangen alt aussehen. Doch reichen seine Qualitäten, um Alfa Romeo Stelvio, Audi Q5 und Mercedes GLC in die Schranken zu weisen?
Der Volvo XC60 trat 2017 kein leichtes Erbe an. Schließlich konnten die Schweden vom 2008 an gebauten Vorgänger weltweit über eine Million Einheiten absetzten, davon rund 100.000 Stück allein in Deutschland. Mit deutlich erweiterter Sicherheitsausstattung, effizientem Biturbodiesel und stilvollem Interieur soll das Designerstück, das übrigens auf derselben Plattform aufbaut wie der mehrfache Testsieger XC90, an den Erfolg der ersten Generation anknüpfen. So jedenfalls die Theorie. Im Vergleichstest muss sich der junge Schwede aber zunächst gegen starke Wettbewerber behaupten: Mit dem ebenfalls noch taufrischen, 210 PS starken Alfa Romeo Stelvio 2.2 Q4, dem 190 PS leistenden Audi Q5 2.0 TDI und dem Mercedes GLC 250 d mit 204 PS warten gleich drei der wichtigsten Wettbewerber.
Der Volvo XC60 im Video:
Volvo XC60 gegen Audi Q5, Alfa Stelvio & Mercedes GLC im Test
Mit einer Länge von 4,69 Metern und einer Breite von 1,90 Metern gehört der Volvo XC60 zu den größeren Fahrzeugen im Segment. Dennoch bietet er vorn weniger Platz als die hier versammelten Wettbewerber. Fahrer und Beifahrer sitzen recht nah an den Türen, und der Dacheinzug ist ebenfalls nicht allzu weit weg von den Köpfen der Passagiere in Reihe eins. Gerade der Alfa Romeo Stelvio ist seitlich merklich luftiger geschnitten. Allerdings kostet das optionale Glasschiebedach unseres Testwagens wertvolle Kopffreiheit. Doch zurück zum XC60: Sein Fond offeriert zumindest zwei Erwachsenen viel Raum zur freien Entfaltung. Vor allem langbeinige Zeitgenossen freuen sich über die üppige Beinfreiheit. Im direkten Vergleich zu den Rivalen etwas mickrig bemessen ist dagegen der Kofferraum, der standardmäßig zwar alltagstaugliche 505 Liter schluckt. Doch ein maximales Ladevolumen von nur 1432 Litern ist für diese Fahrzeugklasse alles andere als ein Ruhmesblatt. Am ehesten für anspruchsvolle Transportaufgaben eignet sich hingegen der Mercedes GLC, der 1660 Liter Stauraum zur Verfügung stellt und gemeinsam mit dem Audi Q5 auch das größte Standard-Kofferraumvolumen (550 Liter) mitbringt. Dafür darf der Volvo das meiste Gewicht einladen. 589 Kilogramm kann der Testwagen mit auf Reisen nehmen und somit 170 Kilogramm mehr als der Stelvio, dessen Zuladung nur knauserige 419 kg beträgt. Markentypisch umfangreich ist die Sicherheitsausstattung des noblen Schweden. Bereits in der niedrigsten Ausstattungslinie beinhaltet sie unter anderem einen Notbremsassistenten inklusive Fußgängererkennung, Verkehrszeichenanzeige sowie einen aktiven Spurhalteassistenten. Für 1610 Euro extra fährt der XC60 sogar teilautonom. Dem hat allen voran der Alfa Stelvio im Test nur wenig entgegenzusetzen, selbst wenn auch er werksseitig eine Fußgänger-Erkennung oder einen Spurhalteassistenten mitbringt. Dafür fehlen Features wie eine Verkehrszeichenerkennung, ein Notrufassistent oder eine Einparkautomatik, die auch bei der Konkurrenz von Audi und Mercedes – jedenfalls gegen Aufpreis – zum guten Ton gehören. Eingewöhnung erfordert die Bedienung des XC60, dessen Bildschirm wie im größeren XC90 hochkant ausgeführt ist. Darüber werden nahezu sämtliche Funktionen bis hin zur Klimatisierung gesteuert, was während der Fahrt unnötig vom Geschehen ablenken kann – gerade im Vergleich zur MMI-Bedieneinenheit des Audi Q5 mitsamt intuitivem Dreh-Drück-Steller sowie großer Touchfläche zur Schreibeingabe von Namen im Telefonbuch oder von Navigationszielen.
Bester Fahrkomfort im Audi Q5
Wie der Audi Q5 und der Mercedes GLC, geht auch der Volvo XC60 mit einer optionalen Luftfederung an den Start. Einen Vorteil im Federungskomfort bringt dem Skandinavier diese 2270 Euro teure Option allerdings nicht ein, jedenfalls nicht im unbeladenen Zustand. Sowohl Kanten als auch Querfugen nimmt der XC60 recht trocken. Voll beladen spricht er zwar gerade auf Kanten etwas sanfter an, auf sehr schlechten Straßen gerät der Aufbau dann jedoch recht kräftig in Bewegung. Überraschend hölzern, etwa auf überstehenden Gullydeckeln, präsentiert sich in diesem Test auch der Mercedes GLC. Zudem melden sich bei unserem Testwagen unschöne Geräusche aus den Untiefen des Fahrwerks beim Überfahren extrem buckeliger Pisten aufwartet. Erst bei maximaler Beladung überspielt der Daimler zumindest grobe Anregungen so geschmeidig, wie man es von einem Mercedes erwartet. Bei kleineren Anregungen bleibt die Tendenz zur Stößigkeit dagegen erhalten. In Summe den besten Federungskomfort bringt der Audi Q5 mit. Sein Fahrwerks-Set-up überzeugt sowohl im unbeladenen als auch im voll beladenen Zustand mit dem sanftesten Ansprechverhalten und dem insgesamt besten Schluckvermögen beim Überfahren von groben Straßenschäden. Allerdings neigt der Ingolstädter im Comfort-Modus etwas zum Nachschwingen. Mit der Wahl des Auto-Modus im Drive- Select-Menü lässt sich diese Eigenart allerdings einfach abstellen. Ebenfalls deutlich besser als beim Rest des Feldes ist die wirkungsvolle Geräuschdämmung. Dank der optionalen, 150 Euro günstigen Akustikverglasung unseres Testwagens blendet der Q5 Windgeräusche auch bei hohen Geschwindigkeiten bis auf ein Minimum aus. Der Alfa Stelvio hingegen macht aus seiner sportlichen Gesinnung keinen Hehl und weist tendenziell ein eher nervöses Federungsverhalten auf. Selbst auf der Autobahn ist die Karosserie des Italieners stets in Bewegung. Darüber hinaus sind seine Federungsreserven bei maximaler Gewichtsauslastung wesentlich früher erschöpft als bei den Wettbewerbern. Querfugen und andere kleinere Anregungen absorbiert der Alfa aber souveräner als die luftgefederte Konkurrenz. Ein weiterer kleiner Komfortmakel: Derzeit gibt es für den Stelvio noch keine Optionssitze. Die Serienstühle überzeugen aufgrund der recht kurzen Sitzfläche und des fehlenden Seitenhalts im Vergleich zu den ausnahmslos komfortablen Sport- beziehungsweise Komfortsitzen der Konkurrenten im Test nur bedingt. Erst ab dem Herbst werden bequeme Sportsitze für den Alfa verfügbar sein.
Motor/Getriebe: Stelvio mit flottester Fahrleistung
Die Kombination aus geringstem Leergewicht und kräftigster Antriebseinheit inklusive schnell schaltender Achtstufen-Automatik beschert dem Alfa Stelvio die mit Abstand flottesten Fahrleistungen. So sprintet der sportliche Italiener in unserem Test in nur 6,6 Sekunden auf 100 km/h. Lediglich der mit einem ebenfalls 2,1 Liter großen Biturbodiesel bestückte Mercedes kann dem ungestümen Vorwärtsdrang des Stelvio halbwegs folgen und sprintet seinerseits in 7,5 Sekunden auf Landstraßentempo. Bei der Höchstgeschwindigkeit hat der Daimler den Zentralstern mit 222 km/h sogar vorn. Die jeweils 190 PS starken Wettbewerber von Audi Q5 und Volvo XC60 benötigen beide über acht Sekunden für den Standardsprint. Immerhin schafft der Q5 – nach langem Anlauf – eine Endgeschwindigkeit von 218 km/h. Überhaupt wirkt das aus vielen Konzern-Modellen bekannte TDI-Triebwerk in diesem Umfeld ungewohnt angestrengt, was sich auch durch den schlechtesten Beschleunigungswert bis 150 km/h offenbart. Allerdings ist der Volvo XC60 in dieser Disziplin lediglich 0,2 Sekunden schneller und bildet obendrein mit maximal 205 km/h auf der Autobahn das Schlusslicht. Dass ein kultivierter Diesel trotz anhaltender Diskussionen noch immer die sinnvollste Antriebsquelle für ein schweres SUV ist, beweisen unterdessen die Testverbräuche der vier Kontrahenten, die sich zwischen 7,1 (Audi) und 7,7 Litern (Mercedes GLC) je 100 Kilometer bewegen. Mit einem ähnlich kräftigen Otto-Motor wären diese Werte derzeit nicht zu erzielen.
Stelvio und GLC bei der Fahrdynamik gleichauf
Leichtfüßig, stabil in schnellen Kurven und auf dem Handlingkurs mit Abstand der Schnellste: Der Alfa Stelvio ist eindeutig der Sportler in diesem Quartett. Im Alltag noch eine Spur zu spitz, entfaltet seine sehr direkte und präzise Lenkung auf der Rundstrecke ihre volle Wirkung. Allerdings will der Stelvio mit viel Gefühl um die Ecken gescheucht werden, ansonsten bremst das extrem auf Sicherheit bedachte, nicht deaktivierbare ESP die Fuhre rigoros ein – was im Übrigen das eher langsame Tempo im Slalom erklärt. Wie schon im Motor-Kapitel ist es auch in Sachen Fahrdynamik der Mercedes GLC, der dem Alfa am dichtesten auf den Fersen bleibt. Seine Lenkung vermittelt in diesem Test-Umfeld am meisten Gefühl, und dank der tollen Traktion marschiert der Daimler aus engen Kurven weitgehend ohne Schlupf voran. Allerdings lässt die Bremsanlage des Stuttgarters einen klar definierten Druckpunkt vermissen. Darüber hinaus sind die Bremswege im Vergleich zu denen der Wettbewerber die längsten. Gerade der Volvo XC60 beweist mit einem fast schon sensationellen Kaltbremsweg aus Tempo 100 von nur 32,7 Metern, dass dies auch bei einem schweren SUV deutlich besser geht. Ansonsten bleiben der Volvo und auch der Audi Q5 fahrdynamisch vergleichsweise blass. Beide wirken kopflastig und umrunden den Handling-Kurs in eher gemächlichem Tempo.
Umwelt/Kosten: Hohe Grundpreise bei allen Autos
Grundsätzlich gilt: Für ausgewiesene Sparfüchse dürfte keiner der vier edlen Allradler ernsthaft in Betracht kommen. Dazu sind bereits die Grundpreise zu hoch. Dass die Aufpreislisten zahlreiche teure Verlockungen bereitstellen, macht die Sache nicht besser. Der günstigste Wettstreiter im Test – sowohl vom Grund- als auch vom bewerteten Preis her – ist der Alfa Romeo Stelvio. Der vergleichsweise hohe Wertverlust und die mäßige Konnektivität vereiteln jedoch, dass der Italiener ein ernsthaftes Wörtchen im Kampf um den Sieg im Kostenkapitel mitreden kann. Letzteren sichert sich der Audi Q5, der inklusive der testrelevanten Extras zwar 2380 Euro teurer ist, dafür aber zumindest gegen Aufpreis mit der wesentlich umfangreicheren Multimedia-Ausstattung und dem geringsten Wertverlust punktet. Außerdem ist der Ingolstädter Bestseller in die günstigeren Typklassen eingestuft, was geringere Versicherungskosten mit sich bringt. Die teuren wertungsrelevanten Optionen des Volvo-Testwagens, die in Summe einen Aufpreis von 6690 Euro veranschlagen, sowie die wie beim Mercedes GLC recht hohen Werkstattkosten sorgen dafür, dass der Volvo XC60 im Kostenkapitel auf dem letzten Platz landet.
Technische Daten | Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel Q4 | Volvo XC60 D4 AWD |
Motor | 4/4, Turbodiesel | 4/4, Bi-Turbodiesel |
Hubraum | 2143 ccm | 1969 ccm |
Leistung | 210 PS | 190 PS |
Maximales Drehmoment | 470 Nm | 400 Nm |
Getriebe | 8-Stufen-Automatik | 8-Stufen-Automatik |
Antrieb | Allrad. permanent | Allrad, permanent |
0-100 km/h | 6,6 s | 8,4 s |
Höchstgeschwindigkeit | 215 km/h | 205 km/h |
Leergewicht | 1659 kg | 1896 kg |
Kofferraum | 525-1600 l | 505-1432 l |
L/B/H in mm | 4687/1903/1648 | 4688/1902/1658 |
Testverbrauch | 7,2 l D/100 km | 7,3 l D/100 km |
Grundpreis | 47.500 Euro | 48.050 Euro |
Testwagenpreis | 49.300 Euro | 54.740 Euro |
Platzierung | 4 | 3 |
Technische Daten | Audi Q5 2.0 TDI quattro | Mercedes GLC 250 d 4Matic |
Motor | 4/4, Turbodiesel | 4/4, Bi-Turbodiesel |
Hubraum | 1968 ccm | 2143 ccm |
Leistung | 190 PS | 204 PS |
Maximales Drehmoment | 400 Nm | 500 Nm |
Getriebe | 7-Gang, Doppelkupplung | 9-Stufen-Automatik |
Antrieb | Allrad. permanent | Allrad, permanent |
0-100 km/h | 8,2 s | 7,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 218 km/h | 222 km/h |
Leergewicht | 1770 kg | 1770 kg |
Kofferraum | 525-1600 l | 505-1432 l |
L/B/H in mm | 4663/1893/1659 | 4656/1890/1639 |
Testverbrauch | 7,1 l D/100 km | 7,7 l D/100 km |
Grundpreis | 47.000 Euro | 47.219 Euro |
Testwagenpreis | 51.680 Euro | 50.787 Euro |
Platzierung | 1 | 2 |
Der Volvo XC60 ist eine reizvolle Alternative zu den etablierten Kontrahenten. Die überragende Sicherheitsausstattung, die vehemente Verzögerung und der geräumige Fond gehören zu seinen Vorzügen. Allerdings ist der noble Schwede sehr teuer und kein Ausbund an Fahrdynamik – Rang drei. Der Test-Gesamtsieg geht an den Audi Q5, der mit dem besten Komfort und dem sparsamsten Antrieb punktet. Allerdings wirkt der 2,0-Liter-TDI hier ungewohnt müde. Auf dem zweiten Platz folgt der Mercedes GLC. Sein bulliger Biturbodiesel und die gebotene Fahrdynamik überzeugen. Auch sonst leistet sich der Daimler keine Schwäche – von den etwas langen Bremswegen einmal abgesehen. Dass der Alfa Romeo Stelvio zwei Kapitelsiege einfährt, zeigt, wie gut sein technisches Fundament ist. Mit ein bisschen mehr Feinschliff, gerade bei Sicherheitsausstattung, Konnektivität und Komfort, wäre sicherlich mehr möglich gewesen als der vierte Rang.