Der Jaguar XE S bringt frischen Wind in die Mittelklasse und will die Benchmark unter den sportlichen Limousinen werden. Dieses Ziel führt über den ebenfalls brandaktuellen BMW 340i.
Sechs Jahre nach dem Produktionsende des X-Type steigt Jaguar erneut in das hart umkämpfte Premium-Mittelklasse-Segment ein. Der erklärte Lieblingsfeind des Briten: der BMW 3er. Der fahraktive Bajuware gilt immer noch als die sportliche Limousine schlechthin und erhielt im Zug der jüngsten Modellpflege einen neuen Top-Sechszylinder mit 326 PS. Ein idealer Maßstab also, an dem sich der 340 PS starke Jaguar XE S messen lassen muss. Das insgesamt bessere Platzangebot finden die Passagiere indes im BMW vor. Der Jaguar fügt Fahrer und Beifahrer zwar noch kommod ins Cockpit ein, hinten fordert die coupéhaft flach auslaufende Dachlinie jedoch ihren Tribut und schränkt die Kopffreiheit empfindlich ein. Den Kofferraum der edlen Raubkatze muss über eine deutlich kleinere Ladeluke befüllt werden muss als der des BMW.
Das Gesamtvolumen liegt außerdem 30 Liter unter dem des 3er, der 480 Liter für Transportgut bereitstellt. Und auch in Sachen Materialanmutung hat der BMW seine Doppelniere vorn. An der Verarbeitung hingegen gibt es kaum etwas auszusetzen. Dafür punktet der Jaguar mit seiner umfangreichen Sicherheitsausstattung. Dass der Jaguar XE als betont sportliches S-Modell nicht unbedingt auf Samtpfoten angeschlichen kommt, war zu erwarten. Dennoch erfreut die Raubkatze dank adaptiver Dämpfer (Serie) mit einem sehr ordentlichen Federungskomfort. Diese Eigenschaft teilt der Brite mit seinem bayerischen Konkurrenten, der ebenfalls mit elektronisch einstellbaren Dämpfern (1100 Euro) an den Start geht. Aufgrund der kleineren Räder rollt der BMW allerdings noch etwas geschmeidiger ab und federt auch insgesamt noch eine Spur sensibler an.
Der Jaguar wird von einem 340 PS starken Kompressor-V6 angeschoben – und zwar mit Nachdruck. Voll durchbeschleunigt, erreicht der XE S die 100-km/h-Marke in 5,1 Sekunden. Dies reicht allerdings nicht aus, um den BMW abzuschütteln. Dass der seidig laufende BMW-Reihensechszylinder-Turbo dazu im Test noch zwei Liter weniger Kraftstoff als der Jaguar-V6 verbraucht, unterstreicht seine Klasse zusätzlich. Flottes Einlenkverhalten, lebendiges Heck, hohes Gripniveau – der leichtfüßig auftretende Jaguar präsentiert sich auf unserem Handlingkurs in Bestform und bietet ein hohes Maß an Fahrfreude. Die Lenkung des XE S hinterlässt allerdings ein zwiespältiges Bild. Ganz anders der agile BMW, dessen schwergängigere Lenkung ähnlich präzise, aber mit deutlich mehr Feedback arbeitet. Dennoch ist er nur 0,7 Sekunden schneller auf unserer Handlingstrecke. Ein echtes Glanzlicht setzt der Brite beim Bremsen.
Jaguar bremmst besser als BMW
Sowohl in kaltem als in warmem Komponentenzustand benötigt die Katze weniger als 34 Meter, um aus 100 km/h zum Stehen zu kommen. Gegen die Macht der Jaguar-Anker ist der BMW mit seinen deutlich längeren Bremswegen chancenlos. Dass derart potente Sportlimousinen nicht zum Discounter-Tarif zu haben sind, liegt auf der Hand. Die Grundpreise sowie die Aufwendungen für die vielen verlockenden Extras sind allesamt hoch. Und auch in Sachen Unterhaltskosten liegen beide Wettbewerber auf einem ähnlichen Niveau. Vorteil für den Jaguar: Die dreijährige Herstellergarantie beinhaltet die Inspektionskosten für denselben Zeitraum. Der BMW punktet dafür mit den wesentlich niedrigeren Kraftstoffkosten.
AUTO ZEITUNG
Unser Fazit
Der neue Jaguar XE S ist für das Segment der sportlichen Mittelklasse-Limousinen eine echte Bereicherung. Die charakterstarke wie stimmgewaltige Raubkatze präsentiert sich nicht nur markentypisch komfortabel, sondern fährt bei Bedarf gehörig die Krallen aus und zeigt sich von ihrer besonders fahraktiven Seite. Dazu verzögert der Brite wie ein veritabler Sportwagen. Den Test gewinnt dennoch der BMW 340i. Der herausragende Turbo-Reihensechszylinder, die hochwertige Innenraumqualität sowie das großzügigere Platzangebot sichern dem Münchner den entscheidenden Vorsprung.