Skoda Superb/VW Passat/Mazda 6/Ford Mondeo: Test Mittelklasse-Diesel im Vergleich
Gleiche Basis macht gleiches Auto? So einfach ist die Rechnung nicht. Wir untersuchen die Unterschiede zwischen dem taufrischen Skoda Superb und dem technisch nahezu identischen VW Passat im Detail. Die beiden treten gegen Ford Mondeo und Mazda 6 an. Vergleichstest.
Es ist schon traditionell eines der spannendsten Testduelle: Der größere Skoda Superb trifft auf den komfortableren VW Passat. Meist hatte der Passat das bessere Ende für sich. Auch in der neuen Generation teilen sich die beiden Limousinen aus dem Volkswagen-Konzern wieder eine Plattform, werden mit gleichen Motoren und Getrieben angeboten. Wie geht das Duell diesmal aus? Schafft es der günstigere tschechische Herausforderer, seinen teureren Konzernrivalen zu überholen? Um das herauszufinden, bestellten wir Passat und Superb inklusive 190 PS starker Turbodiesel-Motoren, passend dazu den Ford Mondeo 2.0 TDCi mit 180 Pferdestärken und den Mazda 6 mit 2,2-Liter Bi-Turbo-Selbstzünder und 175 PS.
Test: Skoda Superb, VW Passat, Ford Mondeo, Mazda 6
Wir wissen zwar nicht, welcher Vorstand im Superb chauffiert wird, doch bemitleiden muss man ihn deshalb nicht. Im Gegenteil: Wie eine Luxuslimousine bietet der Tscheche hinten geradezu verschwenderisch viel Platz um die Beine lang zu machen, und wenn der Direktor sich mal so richtig lässig hin äzen will, dann fährt er den Beifahrersitz einfach von hinten aus elektrisch nach vorn (60 Euro extra) oder klappt die Lehne gleich ganz um (90 Euro). Auf dem Weg zur Aktionärsversammlung bleibt im Kofferraum genug Platz für die Bilanzordner der letzten zehn Jahre (620 Liter Volumen, 508 Kilo Zuladung). Und damit der Chauffeur nicht abgelenkt wird, kann man das Multimedia-System via iPad auch von hinten aus steuern. Doch allzu viele Ablenkungsmöglichkeiten gibt’s vorne nicht. Alle Knöpfe, Schalter und Tasten sind in direkter Reichweite und eindeutig markiert, die Bedienung ist intuitiv. Sehr gut ist auch die Sicherheitsausstattung, zum Beispiel mit serienmäßiger Autonombremsung oder Crash-Früherkennung (440 Euro). Die Qualität der Materialien sowie deren Verarbeitung ist solide. Allein der Plastik-Ledermix-Geruch des Testwagens passte nicht zum guten Qualitätseindruck. Am Ziel parkt der Chauffeur mit serienmäßigen Parkpiepsern hinten – das Heck ist durch die steil abfallende Scheibe und voluminöse C-Säulen schlecht einsehbar – und steigt völlig entspannt aus den serienmäßigen Sitzen, denen man nur die einen Tick zu hohe Positionierung vorwerfen kann. Im VW Passat sitzt man vorn tiefer und eine Nuance mehr umschlossen (Komfortsitze: 1180 Euro). Die Bedienung unterscheidet sich praktisch nicht vom Superb, auch das Raumangebot vorne ist gefühlt gleich. Doch obwohl der VW etwas weniger Platz fürs Gepäck unter der Stufenheck-Klappe bietet (586 Liter Volumen) und ein paar Zentimeter weniger Luft zwischen Rücksitzbank und vorderer Lehne hat, weist er dem Superb im Detail die Grenzen auf. Zum Beispiel mit der besseren Rundumsicht auch dank Einparkhilfe vorn und hinten ab Werk, der höheren Variabilität mit Durchreiche zwischen Fond und Kofferraum oder mit der umfangreicheren Sicherheitsausstattung (Müdigkeitswarner, integrierte Kindersitze, Reifendruckanzeige, selbstversiegelnde Reifen). Auch die Qualitätsanmutung im Wolfsburger ist besser, mit geschäumten Verkleidungsteilen an Stellen, die man ohne Rückenverrenkungsgefahr kaum erreicht.
Deutlich mehr Hartplastik verbaut Ford im Mondeo. Zudem wirkt der Kölner nicht so solide verarbeitet wie seine Wettbewerber. Vorn und hinten bleibt genug Platz, und der Kofferraum mit großer Fließheck-Öffnung (wie im Superb) offeriert 550 Liter – genügend Platz für lange Reisen zu viert. Die gigantische Zuladung von 649 Kilo wird man wohl kaum ausreizen. Kritik gibt’s für die schlechte Übersichtlichkeit der 4,87-Meter-Karosse mit der wuchtigen Motorhaube. Akustische Parkhilfen rundum kosten extra (550 Euro). Seitenairbags hinten bietet Ford nicht, dafür aber Gurtairbags (300 Euro).Trotz moderner Sicherheitstechnik wie dieser verliert der Mondeo Punkte, weil viele Ausstattungsfeatures extra bezahlt werden müssen. Zum Teil verschachtelt sind die Menüs auf dem zentralen Touchscreen und im via Lenkradtasten bedienbaren, in die Instrumenteneinheit integrierten Display. Lob verdient allerdings die per Knopfdruck dimmbare Instrumentenbeleuchtung. In den Wettbewerbern muss man sich dafür durch diverse Untermenüs arbeiten. Der Mazda 6 wurde konzipiert für Fahraktive, die ins Auto integriert sitzen wollen, denen Ladevolumen und Variabiliät nicht über alles geht, die allerdings nicht auf eine hochwertige Verarbeitung verzichten und sicherheitsmäßig auf dem neuesten Stand unterwegs sein wollen. Hinten hat man im Vergleich spürbar weniger Platz als im Ford, Skoda und VW, die Karosserieübersicht aber passt – unterstützt von serienmäßigen Parksensoren. Die Bedienung ist gut – Multimedia via Dreh-/Drück-Steller oder im Stand auch über den Touchscreen. Teils kleinteilige Menüansichten erfordern jedoch etwas Eingewöhnung.
Kapitel Fahrkomfort: Jeder hat seine Stärke
Langer Radstand, adaptive Dämpfer, viele Klima-Features: Auf den ersten Blick hat der Superb das Komfortkapitel schon in der Tasche. Doch im Vergleich zum Passat sind die vorderen Sitze weniger gut konturiert, der Lehnenkopf nicht horizontal justierbar, und im Fond mangelt es etwas an Beinauflage sowie Seitenhalt. Nichts, worüber man klagen müsste, doch der Passat macht seine Sache eben immer einen Hauch besser – da nutzen dem Tschechen auch die größeren Ablagen nichts. Zwiegespalten sind wir beim Geräuschkomfort. Das Messgerät sagt: Im Passat säuselt’s und im Rest rauscht’s. Doch subjektiv gefällt uns der Mondeo mit Doppelverglasung am besten. Und wenn im Superb an Dämmmaterial gespart wurde, merkt man das nicht. Auffällig: Der Passat-TDI läuft bis 2000 /min unter Teillast knurriger als das baugleiche Aggregat im Skoda. Beim Federungskomfort wird besonders deutlich, dass es sich hier nicht um zwei identische Fahrzeuge in verschiedenen Gewändern handelt. Zwar verarbeiten beide mit ihren DCC-Fahrwerken (Superb 910 Euro, Passat 1180 Euro) Unebenheiten jedweder Couleur souverän, aber die Ausfederbewegungen sind an der Superb-Hinterachse stärker. Durch das ständige Bemühen, möglichst viel Harmonie zwischen Heck und Front zu bringen, beginnt sich die zunächst wenig angeregte Vorderachse mitzubewegen. So braucht die Karosserie mit 2,84 Meter Radstand immer etwas länger, bis sie sich wieder gesetzt hat. Ähnlich reagiert der ebenfalls adaptiv gedämpfte Ford Mondeo (2000 Euro im Paket), dessen Hinterachse eine Spur weniger stößig wirkt als beim Skoda und VW. Trotz eines Stahlfederfahrwerks (adaptive Dämpfer sind nicht erhältlich) und etwas strafferer Abstimmung bügelt der Mazda 6 Unebenheiten ebenfalls ziemlich gekonnt aus. Nur das stellenweise etwas harte Anfedern der Hinterräder trübt den guten Eindruck ein wenig. Erstaunlich: Voll beladen ändert sich dies kaum. Dagegen arbeiten die adaptiven Fahrwerke spürbar unsensibler, Mondeo und Passat gehen mit maximaler Beladung und im Extremfall sogar auf Block. Im Superb gefällt der geschmeidige Lauf über kleine Unebenheiten, bei der Fahrt über Querkanten und -fugen wirkt er an der Hinterachse jedoch stellenweise polterig.
Motor und Getriebe
Für den spontanen Ampelstart sind diese Diesel-Limos zwar nicht gemacht, aber auch sie können sprinten – der leichte Passat mit Doppelkupplungsgetriebe am schnellsten, Skoda (ebenfalls mit DSG) und der handgeschaltete, spritzige Mazda folgen dicht dahinter, der Mondeo braucht zum Wuchten seiner Masse etwas länger. Besonders temperamentvoll ist das Mazda-Triebwerk. Dank Doppelturbo zieht es bereits im untersten Drehzahlkeller kräftig an, dreht linear nach oben und macht selbst bei knapp 5000 Kurbelwellenumdrehungen nicht schlapp. Trotzdem geht ihm bei Tempo 223 die Puste aus. Stets ein paar hundert Umdrehungen niedriger laufen die aufgeladenen Selbstzünder der Wettbewerber, Skoda und VW haben sogar genug Punch für Tacho 245 und mehr. In Sachen Effizienz liegen alle vier Testwagen auf einem Niveau – nur der Skoda Superb braucht mit 6,4 Liter auf 100 Kilometer ein Wasserglas Diesel mehr – und rollen mit einer Tankfüllung mindestens 1000 Kilometer weit.
Fahrdynamik geht an den Passat
Okay, der Passat ist auf der Handlingstrecke und im Slalom mal wieder der Schnellste – die Performance geht aber auch auf das Konto der besseren Reifen im Vergleich zum Superb. Deren Leistung wirkt sich natürlich auch auf Lenkung, Fahrsicherheit und Traktion aus – wobei der Skoda serienmäßig mit der elektronischen Differenzialsperre XDS unterwegs ist.
Wirklich unsicher fährt hier keiner. Allerdings sticht hervor, dass die elektronischen Helfer im Passat am sensibelsten arbeiten und sich Mondeo sowie Superb bei Lastwechseln minimal mit dem Heck eindrehen. Viel wichtiger ist die Bremsleistung – und da fällt nur die nachlassende Wirkung der Mazda-Anlage unter zunehmender Belastung auf.
Umwelt und Kosten
Teurer Mazda, günstiger Ford – so könnte man meinen. Allerdings ist im 6er mit starkem Diesel fast alles Serie, bei Ford muss man vieles extra bezahlen. Knapp 3000 Euro trennen Passat und Superb, ansonsten sind die Kosten für beide fast immer gleich hoch. Besonders gut ist die umfangreiche Multimedia-Ausstattung des Superb und sein geringer Wertverlust. Die besten Garantiebedingungen bietet der Mazda, allerdings ist hier die Versicherung etwas teurer.
Gleichstand zwischen dem Skoda Superb 2015 und seinem Wolfsburger Erzrivalen VW Passat. Der nahezu baugleiche Tscheche punktet wie erwartet mit üppigem Raumangebot, günstigem Preis sowie gutem Komfort. Wolfsburg hat das moderner anmutende, im Detail perfekter verarbeitete und dynamischere Auto im Angebot – alles andere hätte uns auch sehr gewundert. Wer sich für einen der beiden interessiert, wird wohl nicht rational, sondern emotional entscheiden. Mit viel Platz, komfortablem Fahrwerk und effizientem Antrieb schiebt sich der schwere Ford Mondeo hauchdünn vor den Rivalen aus Japan. Der kräftig motorisierte und ebenfalls komfortable Mazda 6 kann sein dynamisches Potenzial nicht wie gewohnt ausspielen. Besonders die mäßigen Bremsen verhindern eine bessere Platzierung.